Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. September 2005
Aktenzeichen: 25 W (pat) 248/03

(BPatG: Beschluss v. 15.09.2005, Az.: 25 W (pat) 248/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 31. Dezember 1994 bekanntgemachte Marke Spirudermist nach § 6 a WZG unter der Nummer 2 084 971 für die Waren

"Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Babykost"

eingetragen worden. Dagegen hat die Inhaberin der für die Waren

"Mittel zur Körper- und Schönheitspflege"

seit dem 15. Oktober 1984 eingetragenen Marke 1 069 148 Spiruskin Widerspruch erhoben.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke vor der Markenstelle mit Schriftsatz vom 12. Juli 2000 bestritten. Die Widersprechende hat darauf hin zu Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung mit Schriftsatz vom 02. August 2001 Preislisten, Broschüren, Packungen sowie eine eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 14. September 2001 hat sie eine weitere eidesstattliche Versicherung ihrer Geschäftsführer zu den erzielten Umsätzen mit der Marke Spiruskin in den Jahren 1990 bis 1995 vorgelegt.

Durch Beschluss der Markenstelle vom 18. August 2003 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zwar weise der übereinstimmende Anfangsbestandteil "Spiru-" wegen des Hinweises auf die Algenart "Spirulina" sprechenden Charakter auf. Die Vergleichsmarken unterlägen jedoch einer begrifflichen Ähnlichkeit, da die jeweiligen Endbestandteile "skin" und "derm" vom Verkehr als englisch- bzw. lateinischsprachige Begriffe für "Haut" erkannt würden. Eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr ergebe sich daraus jedoch nicht, da die Widersprechende zwar eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für den nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG relevanten Zeitraum 1998 bis 2003 glaubhaft gemacht habe, nicht jedoch für den nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG relevanten Zeitraum vom 31. Dezember 1989 bis 31. Dezember 1994, da die vorgelegten Produktproben und Preislisten nicht aus diesem Zeitraum stammten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie beantragt, den Beschluss der Markenstelle vom 18. August 2003 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Als Anlage zum Schriftsatz vom 12. März 2004 legt die Widersprechende Kopien von Preislisten und Rechnungen als Benutzungsunterlagen für den Zeitraum 31. Dezember 1989 bis 31. Dezember 1994 vor. Sie vertritt dazu die Auffassung, dass mit diesen Unterlagen und den bereits vor der Markenstelle eingereichten eidesstattlichen Versicherungen ein Benutzung auch für den vorgenannten Zeitraum glaubhaft gemacht worden sei. Zwischen den Vergleichsmarken bestehe auch Verwechslungsgefahr, da beide Marken wegen der in ihrer Bedeutung für "Haut" übereinstimmenden Bestandteilen "skin" und "derm" eine begriffliche Verwechslunsgefahr bestehe, wovon auch die Markenstelle ausgegangen sei. Sie macht ferner geltend, dass die Widersprechende über mehrere "Spiru"-Marken verfüge.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bestreitet weiterhin eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Widersprechende auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Inhaberin der angegriffenen Marke vor der Markenstelle eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 26 Abs 1 MarkenG für den nach § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG relevanten Zeitraum vom 31. Dezember 1989 bis 31. Dezember 1994 auch mit den im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens als Anlage zum Schriftsatz vom 12. März 2004 vorgelegten Unterlagen nicht glaubhaft gemacht hat.

Die ohne nähere Differenzierung vor der Markenstelle von der Inhaberin der angegriffenen Marke mit Schriftsatz vom 28. August 2000 erhobene und im Beschwerdeverfahren ausdrücklich wiederholte Nichtbenutzungseinrede umfasst sowohl die Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG als auch die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, da die Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der angegriffenen Marke bereits seit mehr als fünf Jahren eingetragen war und somit auch die tatbestandlichen Voraussetzungen der Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG erfüllt waren (vgl. dazu Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 43 Rdnr 35). Somit bestand für die Widersprechende aufgrund der von der Markeninhaberin erhobenen Einrede die Obliegenheit, die Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 26 MarkenG nach Art, Dauer und Umfang sowohl für den nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG relevanten Zeitraum der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch als auch nach § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG für den Zeitraum von fünf Jahren vor Veröffentlichung der angegriffenen Marke und damit für Zeitraum vom 31. Dezember 1989 bis 31. Dezember 1994 glaubhaft zu machen.

Dem ist die Widersprechende jedenfalls für den nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG relevanten Zeitraum nicht nachgekommen. Die im Beschwerdeverfahren durch Vorlage entsprechender Unterlagen, in denen ua Cremes und sonstige Hautpflegeprodukten mit der Bezeichnung "Spiruskin" aufgeführt sind, glaubhaft gemachte Verwendung der Widerspruchsmarke in Preislisten und Rechnungen reicht allein nicht für eine rechtserhaltende Benutzung der Marke nach § 26 Abs 1 MarkenG aus. Denn eine rechtserhaltende Benutzung erfordert eine funktionsgemäße, der verkehrsüblichen wirtschaftlichen Betätigung entsprechende Verwendung der Marke, die einen unmittelbaren Bezug zu den betroffenen Waren aufweist. Ein solcher unmittelbarer Bezug besteht jedoch grundsätzlich nur bei einer kennzeichenmäßige Verwendung der Marke auf der Ware selbst, ihrer Verpackung oder Umhüllung, sofern auf dem fraglichen Warengebiet Marken üblicherweise in dieser Form benutzt werden, da nur dann die Marke ihre Funktion verwirklicht, gegenüber dem Verkehr Waren verschiedener betrieblicher Herkunft zu kennzeichnen. Hingegen genügt es für eine rechtserhaltende Benutzung regelmäßig nicht, die Marke lediglich auf Briefbögen, in Preislisten bzw. Prospekten oder - wie hier- in Rechnungen zu benutzen (BGH GRUR 1996, 267, 268 - AQUA; BPatG GRUR 1996, 981, 982 - ESTAVITAL; BPatG GRUR 1998, 1032, 1033 - MAPAX/MAPAG; BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 14/02 v. 09.08.04 - SANTA HELENA/Sta. Helena; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl. § 26 Rdnr 14 u 21). Eine entsprechende funktionsgemäße Verwendung ist daher durch Vorlage geeigneter Glaubhaftmachungsmittel, aus denen eine Anbringung der Marke auf der Verpackung oder Umhüllung bzw. eine Verwendung der Marke in anderem, unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der Ware zu ersehen ist, darzulegen. Daran fehlt es aber vorliegend. Die von der Widersprechenden vor der Markenstellen vorgelegten Unterlagen wie zB Verpackungsmuster und Broschüren sind undatiert, so dass sie auch nicht geeignet sind, eine funktionsgemäße Verwendung der Widerspruchsmarke im hier maßgeblichen Zeitraum zu bestätigen (vgl dazu EuG, GRUR Int. 2005, 701, 703 Tz. 44 - SALVITA). Sie stehen offenbar auch in Zusammenhang mit der gleichzeitig vor der Markenstelle vorgelegten eidesstattlichen Versicherung zu den Umsätzen der Jahre 1996 bis 2000. Soweit die Widersprechenden im Beschwerdeverfahren eine weitere eidesstattliche Versicherung zu Umsätzen in den Jahren 1990 bis 1995 vorgelegt hat, kann dieser ebenfalls nichts über eine funktionsgemäße Verwendung der Widerspruchsmarke entnommen werden.

Die seitens der Widersprechenden glaubhaft gemachte Verwendung der Widerspruchsmarke in dem nach § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG relevanten Zeitraum auf Preislisten und Rechnungen wäre ausnahmsweise dann als rechtserhaltend anzusehen, wenn die Art der Ware eine unmittelbare körperliche Verbindung mit der Ware nicht ermöglicht bzw naheliegt oder zwingende wirtschaftliche Gründe einer solchen Verbindung entgegenstehen (BGH aaO - AQUA). Ein derartiger Ausnahmefall liegt jedoch hier nicht vor, da die Verwendung einer solchen Marke bei Mitteln der Körper- und Schönheitspflege nicht nur ohne weiteres möglich, sondern auch üblich ist.

Gerichtliche Aufklärungshinweise nach § 82 Abs 1 Satz 1 iVm §§ 139, 278 ZPO waren nicht veranlasst. Insbesondere war der Senat nicht gehalten, die Widersprechende auf die Vorlage zusätzlicher Mittel zur Glaubhaftmachung der weiterhin bestrittenen Benutzung hinzuweisen. Dies wäre sowohl mit dem im Rahmen des Benutzungszwangs herrschenden Beibringungsgrundsatz als auch mit der Neutralitätspflicht des Gerichts nicht zu vereinbaren. Die nach § 139 Abs 1 ZPO bestehende Hinweis- und Aufklärungspflicht des Gerichts findet dort ihre Grenzen, wo die Widersprechende ihrer Pflicht zu vollständigen Erklärung nach § 128 Abs 2 ZPO nicht mit der erforderlichen Sorgfalt nachkommt und insbesondere entsprechende Hinweise an eine Partei deren verfahrensrechtliche Position stärken und gleichzeitig die der anderen Partei schwächen würden (vgl BPatG GRUR 1996, 981, 982 - ESTRAVITAL; BPatG GRUR 2000, 900, 902 - Neuro-Vibolex; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 43 Rdnr 71 u 75). Dies gilt umso mehr, als die Grundanforderungen an die Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung in ständiger Rechtsprechung geklärt und keine neueren abweichenden Entwicklungen zu verzeichnen sind, ein Hinweis über die Notwendigkeit weiteren Vorbringens also auch nicht aufgrund einer unklaren Rechtslage veranlasst war.

Da es bereits an einer funktionsgemäßen Benutzung der Widerspruchsmarke fehlt, kann die Frage, ob die Benutzung der Marke in Bezug auf ihre Form, ihren Umfang und ihre Dauer als rechtserhaltend angesehen werden könnte, ebenso dahingestellt bleiben wie auch die Frage, ob und in welchem Umfang zwischen den beiderseitigen Marken die Gefahr von Verwechslungen besteht. Insoweit weist der Senat jedoch darauf hin, dass er ebenso wie die Markenstelle in dem angefochtenen Beschluss dazu neigen würde, eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken zu verneinen. In schriftbildicher und klanglicher Hinsicht ist eine entsprechende Verwechslungsgefahr wegen der sich insoweit deutlich unterscheidenden aufweisenden Endsilben "-skin" bzw. "-derm" beider Markenwörter von vornherein auszuschliessen. Begriffliche Ähnlichkeit besteht zwar im Aussagegehalt beider Marken, da der übereinstimmende Anfangsbestandteil "Spiru-" auf die Algenart "Spirulina" hinweist und die abweichenden Endbestandteile "-derm" bzw "-skin" in ihrer Bedeutung als "Haut" als Hinweis auf den Anwendungsbereich der beanspruchten Waren verstanden werden könnten. Dieser übereinstimmende Aussagegehalt beider Marken ist aber rein beschreibender Natur und daher grundsätzlich nicht schutzfähig, so dass eine insoweit bestehende Übereinstimmung auch eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr nicht begründen dürfte.

Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Kliems Bayer Merzbach Na






BPatG:
Beschluss v. 15.09.2005
Az: 25 W (pat) 248/03


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