Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Februar 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 32/01

(BPatG: Beschluss v. 26.02.2003, Az.: 29 W (pat) 32/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Markenanmeldung mit der Bezeichnung "MultiMessage" zurückgewiesen. Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Anmeldung zurückgewiesen, da die Bezeichnung als beschreibender Fachbegriff im Telekommunikationsbereich verwendet werde. Die Anmelderin argumentierte, dass es sich um eine Wortneuschöpfung handle, die keine beschreibende Bedeutung habe und auf den Gebrauch des Präfix "multi" in Zusammensetzungen verweise. Das Gericht entschied, dass die Bezeichnung "MultiMessage" eine Mehrfachnachricht beschreibe und somit keine Unterscheidungskraft habe. Zusätzlich könne die Bezeichnung zur Beschreibung der Art und Beschaffenheit der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen. Auch der Verweis auf eine ähnliche Marke in Frankreich ändere nichts an der Beurteilung. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 26.02.2003, Az: 29 W (pat) 32/01


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Bezeichnung MultiMessagesoll für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9:

elektrische und elektronische Apparate und Instrumente;

Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und/oder Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; Geräte und Anlagen der Telekommunikation; Telefonkarten; Chipkarten; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computerprogramme auf Datenträger; alle Waren, soweit in Klase 9 enthalten.

Klasse 36:

Erfassung, Verarbeitung, Speicherung, Übertragung und/oder Abbuchung von Telekommunikationsgebühren, Auskunftsgebühren und Zugangsgebühren für Informationsdienste.

Klasse 38:

Telekommunikation;

Vermietung von Geräten zur Telekommunikation; Betrieb von Anrufbeantwortereinrichtungen und Mailboxen; Telefoninformations-, Auskunft- und Weitervermittlungsdienste.

Klasse 42:

Erstellen, Aktualisieren und Vermietung von Computer-Softwareals Wortmarke in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluß vom 9. November 2000 gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Die angemeldete Marke bedeute wörtlich "Mehrfach-Nachricht" und sie werde im Telekommunikationsbereich als Fachbegriff verwendet. Hierzu verweist die Markenstelle auf die Ankündigung der Anmelderin, ab 1. September 1999 mit der neuen Funktion "Multimessage" Kurznachrichten an bis zu zehn Empfänger gleichzeitig verschicken zu können, sowie auf den "E-Plus Multi-Message Service", der den Versand von SMS an jede Art von Empfänger ermögliche. "MultiMessage" charakterisiere somit als Oberbegriff die verschiedenen technischen Möglichkeiten, die mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen realisiert oder angestrebt werden können. Die angemeldete Bezeichnung stelle eine übliche Wortbildung dar, wie eine Vielzahl entsprechend gebildeter Wortkombinationen zeige, von denen sie als Beispiel die Verwendung des Begriffs "Multifaxe" genannt und als Anlage beigefügt hat.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung stützt sie sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und trägt vor, daß der Begriff "MultiMessage" eine Wortneubildung darstelle, die aus dem ursprünglich lateinischen Präfix "multi" und dem englischen Substantiv "message" bestehe. Das Präfix "multi" habe Eingang in viele Sprachen in der Bedeutung von "viel, vielfach, mehrfach" gefunden und sei Teil im Deutschen anerkannter und verwendeter Substantive und Adjektive wie Multimedia, Multimillionär, Multitalente, multifunktional und ähnlicher Begriffe. Das englische Substantiv "message" habe dagegen unterschiedliche Sinngehalte. Der zusammengesetzte Begriff "MultiMessage" sei jedenfalls im Deutschen unbekannt und er ergebe keinen Sinn. Auch sei er weder in Lexika zu finden noch als Suchbegriff im Internet aufrufbar. Es handele sich somit nicht um ein Wort der englischen Umgangs- oder Fachsprache, sondern um eine phantasievolle Wortneubildung. "MultiMessage" werde auch nicht warenbeschreibend verstanden. Korrekt hätte die Wortneubildung "multi messages" heißen müssen. Vor allem könnten unter die angemeldete Bezeichnung eine Vielzahl verschiedener Verwendungsmöglichkeiten fallen, wovon auch die Markenstelle ausgegangen sei. Der Hinweis auf "Multifaxe" überzeuge ebenfalls nicht, weil nicht die Begriffe "Multitelefon" oder "Multihandy" angemeldet worden seien. Außerdem sei die Bezeichnung "MULTIMESSAGE CIE" für den Verlag EDITIONS ELSEVIER-THOMAS SA in Frankreich für einschlägige Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 38 eingetragen.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der angemeldeten Marke stehen auch nach Auffassung des Senat die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

1. Der angemeldeten Bezeichnung "MulitMessage" fehlt nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG aufgestellten Grundsätzen (vgl BGH stRspr zuletzt WRP 2003, 517, 518 - Buchstabe "Z") jegliche Unterscheidungskraft, weil ihr für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der im Vordergrund stehende beschreibende Begriffsinhalt einer Mehrfachnachricht, bzw -meldung zugeordnet werden kann. Die angemeldete Marke besteht erkennbar aus dem Präfix "Multi-" und dem ursprünglich englischen Wort "message". Zwar handelt es sich um eine neue Wortkombination, die aber sprachüblich gebildet und zu einem ohne weiteres verständlichen Gesamtbegriff zusammengesetzt ist. Die Binnengroßschreibung ist für den Verkehr keinesfalls ungewöhnlich, sondern bei der Einführung eines neuen Gesamtbegriffs oder Fachwortes üblich und sie erleichtert die für Sachangaben erforderliche rasche Erfaßbarkeit der Gesamtaussage (vgl hierzu auch BPatG 29 W (pat) 26/00 - MultiPhone). Hierbei ist zu berücksichtigen, daß sowohl "Multi" als Teil von Wortzusammensetzungen in der Bedeutung von "vielfach, mehrfach" als auch das Wort "Message" seit längerem Teil der Deutschen Sprache sind und zwar im Sinne von "Mitteilung, Nachricht, Information, die durch die Verbindung von Zeichen ausgedrückt und vom Sender zum Empfänger übertragen wird (vgl DUDEN Band 5 Fremdwörterbuch). Auf dem Gebiet der Telekommunikation ist der Begriff "Message" den angesprochenen Verkehrskreisen nicht zuletzt wegen der weiten Verbreitung von SMS = Short Message Service vertraut. Darüber hinaus stellt "message" ein Fachwort für die elektronische Nachrichtenübermittlung dar (vgl Handbuch der Internationalen Rechts- und Verwaltungssprache Informationstechnik Deutsch/-Englisch, S 171 sowie S 179 "message handling" = MitteilungsÜbermittlung, "message transfer" Mitteilungs-Transfer und "Message Switching" = Nachrichtenvermittlung im Internet Glossar der Deutschen Telekom Unterrichtsblätter Heft 2, S 115).

Zusammensetzungen mit dem Bestandteil "Multi-" sind auf nahezu allen Gebieten, insbesondere auch im Bereich der Telekommunikation und der Datenverarbeitung anzutreffen (z.B. Multicasting, Multichannel Banking, Multilink, Multiplayer, Multiprotokoll-Router, vgl. Unterrichtsblätter aaO S 119). Daß die angemeldete Bezeichnung lexikalisch bisher nicht belegt ist, führt nicht zu deren Unterscheidungskraft. Nicht jede mögliche Verbindung des Präfix "Multi-" mit einem weiteren Begriff kann oder wird in Nachschlagwerken aufgenommen. Entscheidend ist, daß sich der Bedeutungsgehalt einer neuen Zusammensetzung für den verständigen und informierten Durchschnittsverbraucher ohne analytische Gedankenschritte erschließt.

Das ist wegen der Geläufigkeit der Begriffe der angemeldeten Bezeichnung hier der Fall. Dabei ist der Aussagegehalt von "MultiMessage" im Sinne von Mehrfachnachricht eindeutig und unmißverständlich . Er wird nicht dadurch mehrdeutig, daß sich die Mehrfachmeldung auf die Anzahl der Empfänger, der Nachrichten oder der eingesetzten Übertragungs- bzw Empfangsgeräte beziehen kann. Einer Sammelbezeichnung wie der angemeldeten ist eine begriffliche Unbestimmtheit immanent, die der Annahme der beschreibenden Sachangabe nicht entgegen steht (vgl BGH BlPMZ 2000, 33, 332 - Bücher für eine bessere Welt). Daher ist die Bezeichnung "MultiMessage" in allen vier Versionen, die die Anmelderin genannt hat, als beschreibende Angabe anzusehen.

Wird die angemeldete Bezeichnung in Verbindung mit den beanspruchten Geräten und Anlagen der Telekommunikation verwendet, so ist zu erwarten, daß der angesprochene Verkehr sie als Sachhinweis auf deren Eignung und Ermöglichung einer mehrfachen Benachrichtigung auffaßt. Anhaltspunkte für ein derartiges Verständnis ergeben sich zum einen auf Grund der von der Markenstelle angegebenen Beispiele der Ankündigung der Anmelderin: "Mit Xtra MultiMessaging können Sie per SMS im Inland bis zu zwanzig Freunde, Verwandte oder Kollegen gleichzeitig auf ihren Mobilfunk-Telefonen erreichen" sowie der Erläuterung des E-Plus Mulit-Message Service, der den Versand von Kurznachrichten (SMS) an jede Art von Empfänger (Handy, Faxgerät, eMail, Pager) ermöglicht. Darüber hinaus hat die Recherche des Senats, deren Ergebnisse in der mündlichen Verhandlung besprochen worden sind, gezeigt, daß die angemeldete Bezeichnung von weiteren Mitbewerbern beschreibend für "Free Multimessage Sms" verwendet wird sowie Gegenstand eines Berichts über geeignete Algorithmen"On Solving Multimessage Multicasting Problems" von Teofilo F. Gonzalez im Internet ist.

Der Aussagegehalt der angemeldeten Bezeichnung hat für die beanspruchten Dienstleistungen beschreibenden Charakter, weil mit ihr auf ein wesentliches Merkmal der Art und Beschaffenheit der Datenübertragung und der dazu erforderlichen Telekommunikationsgeräte und Computer-Software hingewiesen wird. Mehrfachnachrichten können nicht nur Daten, sondern auch Ton- und Bildmessages enthalten. Die Mehrfachnachrichten müssen umgewandelt, gesendet und empfangen werden. Hinsichtlich der "Erfassung, Verarbeitung, Speicherung, Übertragung und/oder Abbuchung von Telekommunikationsgebühren, Auskunftsgebühren und Zugangsgebühren für Informationsdienste", kann mit der angemeldeten Bezeichnung eine aussagekräftige Angabe gemacht werden, daß das Gebühreninkasso beispielsweise zugleich an den Zahlungsempfänger, den Zahlenden, die kontoführende Bank und an sonstige Berechtigte mitgeteilt wird.

2. Dem Eintragungsbegehren steht auch das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen. Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (u.a.) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren bzw. Dienstleistungen dienen können. Die von der Rechtsprechung für die Frage, ob sich die angemeldete Bezeichnung in bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen für eine beschreibende Verwendung eignet, aufgestellten Voraussetzungen sind auf Grund der Feststellungen des Senats zur fehlenden Unterscheidungskraft unter Ziffer 1. hier für die Wortneubildung "MultiMessage" gegeben (vgl BGH GRUR 1996, 770 - MEGA; BlPMZ 2000, 331 - Bücher für eine bessere Welt; WRP 2003, 517, 518 - Buchstabe "Z" m.w.N.; EuGH GRUR 1999, 723, 726 - Chiemsee).

3. Der Hinweis auf die französische Voreintragung führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn eingetragen ist dort nicht "MultiMessage", sondern "MULTIMESSA-GE CIE". CIE ist dabei eine gewillkürte Abkürzung der Markeninhaberin für "Composants Instrumentation Electroniques". Der Begriff "Compagnie" wird in der Regel anders abgekürzt (vgl. PONS Großwörterbuch Französisch/Deutsch 1996, 131). Auch ist die geläufige Abkürzung der Gesellschaftsform der societe anonyme SA, wie dies bei dem genannten Markeninhaber, dem Verlag EDITIONS ELSEVIER-THOMAS SA der Fall ist. Hinzu kommt, daß das französische Patentamt bei der Prüfung der Eintragungshindernisse davon ausgeht, daß die Verkehrskreise in Frankreich dem Sinngehalt englischer Ausdrücke eine beschreibende Bedeutung nicht beimessen - nicht zuletzt wegen des gesetzlichen Verbots, für rechtserhebliche Sachangaben fremdsprachige Wörter zu verwenden -, so daß englischsprachige Neubegriffe ungeachtet ihrer Bedeutung in der Ursprungssprache eher eingetragen werden.

4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht erfüllt, da der Senat bei seiner Beurteilung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs abgewichen ist noch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist (§ 83 Abs 2 MarkenG).

Grabrucker Pagenberg Voit Hu






BPatG:
Beschluss v. 26.02.2003
Az: 29 W (pat) 32/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/fa64cfcecb60/BPatG_Beschluss_vom_26-Februar-2003_Az_29-W-pat-32-01




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