Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Mai 2007
Aktenzeichen: 33 W (pat) 53/05

(BPatG: Beschluss v. 22.05.2007, Az.: 33 W (pat) 53/05)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. März 2005 teilweise aufgehoben, nämlich soweit der Widerspruch für folgende Waren zurückgewiesen worden ist:

elektrische, photografische, Filmapparate und -instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Compact Discs; Digital Versatile Discs, Tonbänder, audiovisuelle Kassetten und Filme, Datenverarbeitungsgeräte und Computer.

Insoweit wird die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 398 68 776 angeordnet.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die am 25. November 1999 veröffentlichte Eintragung der Wortmarke 399 35 484 MEDIACS eingetragen für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 14, 16, 18, 25, 35, 38, 41, 42, u. a:

"elektrische, photografische Filmapparate und -instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; bespielte Bild-, Ton- und Bildtonträger, insbesondere Schallplatten; Compact Discs; Digital Versatile Discs, Tonbänder, audiovisuelle Kassetten und Filme, Computersoftware, insbesondere für Online-, interaktive, CD-ROM- und Multimedia-Anwendungen (soweit in Klasse 9 enthalten); Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Rechenmaschinen", ist im Umfang der oben wörtlich genannten Waren der angegriffenen Marke Widerspruch erhoben worden aus der am 17. März 1999 (ohne nachfolgendes Widerspruchsverfahren) eingetragenen Wort-/Bildmarke 398 68 776 u. a. für Rundfunk-, Fernseh-, Video- sowie Phonogeräte und hieraus bestehende Anlagen, einschließlich Ersatzteile und Zubehör, nämlich Tische und Gestelle hierfür, Tonbänder, Audio-Kassetten, Video-Kassetten (unbespielt), Videofilme (bespielt), digitale Bild- und Schallplatten, Kopfhörer, Mikrophone, Adapter, Verbindungskabel, Stecker, Phononadeln und -systeme, Kabel, Batterien und Akkus, Antennen und Glühlampen; Autoradios nebst Einbauhalterungen sowie -blenden; Telefonapparate einschließlich mobiler Telefone, Telefaxgeräte, telefonische Anrufbeantworter; Homecomputer; unbespielte Disketten und CD-Roms für Computer; Computerprogramme auf Disketten und CD-Roms, wobei der Widerspruch nur auf die o. g. Waren der Widerspruchsmarke gestützt worden ist.

Mit Beschluss vom 21. November 2003 hat die Markenstelle für Klasse 35 durch den Erstprüfer die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, nämlich für sämtliche angegriffenen Waren der jüngeren Marke mit Ausnahme der Ware "Rechenmaschinen", wobei der Entscheidungsausspruch - offenbar versehentlich - keine Teilzurückweisung des Widerspruchs enthält.

Hiergegen hat der Markeninhaber Erinnerung eingelegt. Im Laufe des Erinnerungsverfahrens hat er mit Schriftsatz vom 24. März 2005 die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung eingereicht.

Mit Beschluss vom 22. März 2005 hat der Erinnerungsprüfer den Beschluss des Erstprüfers aufgehoben, soweit in diesem die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden ist, und den Widerspruch vollständig zurückgewiesen. Nach Auffassung des Erinnerungsprüfers hat die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Da die Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der angegriffenen Marke noch nicht fünf Jahre eingetragen gewesen sei, komme vorliegend nur die Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG in Betracht. Mit den eingereichten Glaubhaftmachungsunterlagen sei die Ernsthaftigkeit der Benutzung nicht ausreichend belegt worden. Den Unterlagen ließen sich keine hinreichenden Angaben über die nach Person, Art und Umfang benutzungsrelevanten Verwendungshandlungen im entscheidungserheblichen Zeitraum entnehmen. Lediglich die vorgelegten Warenverpackungen von Computerperipheriegeräten und Datenträgern ließen gewisse Rückschlüsse auf Art und Form der Benutzung zu. Für diese Waren seien jedoch in der eidesstattlichen Versicherung keine Umsatzzahlen genannt worden, so dass der Benutzungsumfang nicht hinreichend nachgewiesen worden sei. Während es sich bei CDs und DVDs gerade um nicht beschreibbare Audio- und Videodatenträger handele, deren Inhalt lediglich über einen PC oder ein spezielles Lesegerät abgerufen, aber nicht mehr verändert werden könne, seien Computerperipheriegeräte als solche nicht vom Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke erfasst und ließen eine Subsumtion unter die eingetragenen Oberbegriffe wie "Homecomputer" problematisch erscheinen. Zumindest aber könnten Umsatzangaben für "Computer" nicht einfach mit Computerperipheriegeräten gleichgesetzt werden.

Im Übrigen fehle es jedenfalls an einem Nachweis über die Art und Weise der rechtserhaltenden Verwendungshandlungen. Unter Hinweis auf die Entscheidung des 27. Senats des Bundespatentgerichts vom 19. November 2002 (27 W (pat) 4/01) - Nora/NORMA) vertritt der Erinnerungsprüfer die Auffassung, dass die Verwendung einer Einzelhandelsmarke an den Rändern von Werbeanzeigen zusammen mit zahlreichen Artikeln aus dem Sortiment eines Einzelhändlers nicht den Anforderungen an eine rechtserhaltende Benutzung für die beanspruchten Waren genüge. Eine solche Benutzung als sogenannte Händlermarke werde der Herkunfts- und Unterscheidungsfunktion als Hauptfunktion der Marke nicht gerecht. Bei Werbeprospekten, Schildern und Preisaufstellern im Bereich des Elektro-Discounthandels fehle die unmittelbare Verbindung der Marken mit einer bestimmten Ware ebenso wie in dem der angeführten Entscheidung zu Grunde liegenden Fall.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Im Beschwerdeverfahren hat sie neue Benutzungsunterlagen vorgelegt. Für die dort abgebildeten Waren sei die Widerspruchsmarke, so meint sie, funktionsgemäß nach Art einer Warenmarke benutzt, da die Marke fest verbunden auf den Waren angebracht sei. Dies gelte auch unter Beachtung der Grundsätze der Entscheidung BGH GRUR 2005, 1047 - OTTO, zumal die Marke auf einer der Abbildungen deutlich erkennbar auf Banderolen aufgedruckt sei, die wiederum fest an die Warenverpackungen aufgeklebt seien. Damit bestehe eine feste Verbindung zwischen Marke und Waren. Aus dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherung vom 1. August 2005 und den darin genannten Umsatzzahlen gehe auch ein ausreichender Umfang der Benutzung für die jeweiligen Waren hervor. Auch wenn die Umsatzzahlen wegen einer abnehmenden Nachfrage nach "No-Name-Marken" zurückgegangen seien, so sei den Anforderungen an eine ernsthafte Benutzung nicht zuletzt im Hinblick auf das umsatzstärkste Jahr 2003 in jedem Fall genügt. Soweit die Widersprechende dabei Benutzungsunterlagen insbesondere zu Funktastaturen vorgelegt habe, sei von einer Glaubhaftmachung für den für sie eingetragenen Warenbegriff "Homecomputer" auszugehen, da Tastaturen zu den Hauptelementen eines Computers zählten. Außerdem folge aus der Glaubhaftmachung der Benutzung für Lautsprecher, dass auf Seiten der Widerspruchsmarke die für sie eingetragene Ware "Phonogeräte" nach § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG zu Grunde zu legen sei.

Unter Berücksichtigung der damit als rechtserhaltend benutzt nachgewiesenen Waren der Widerspruchsmarke bestehe bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr zu den angegriffenen Waren der jüngeren Marke. Jedenfalls in klanglicher Hinsicht liege zwischen den Marken eine beachtliche Ähnlichkeit vor, weshalb hohe Anforderungen an den Abstand der Waren zu stellen seien. Dieser Abstand bestehe zwischen den sich gegenüberstehenden Waren aus den Bereichen der EDV und Unterhaltungselektronik jedoch nicht. Diese seien weitgehend identisch, zumindest aber hochgradig ähnlich, was die Widersprechende näher ausführt.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 vom 22. März 2005 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke im Umfang des Widerspruchs anzuordnen.

Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Frage der Ernsthaftigkeit der rechtserhaltenden Benutzung weist er auf die im Jahr 2005 zurückgegangen Umsatzzahlen hin. Nach den Grundsätzen der neueren Rechtsprechung genüge es außerdem nicht den Anforderungen an eine funktionsgemäße Verwendung der Marke, dass die Widersprechende die von ihr verkauften Waren mit Aufstellern oder sonst nicht fest mit der Ware verbundenen Schildern o. Ä. kennzeichne. Insoweit sei allenfalls für wenige Waren von einer rechtserhaltenden Benutzung auszugehen. Aus der Vorlage von Benutzungsunterlagen zu Funktastaturen könne auch nicht eine Anerkennung der Benutzung für die Ware "Homecomputer" gefolgert werden. Tastaturen würden als isoliertes Zubehör von speziellen Herstellern wie Logitech angeboten, so dass man solche Waren nicht unter die von Computerherstellern produzierten (Gesamt-)Computer subsumieren könne. Zu weitgehend sei es auch, aus einer Benutzung für Lautsprecher auf eine rechtserhaltende Benutzung für die Gesamtheit der Ware "Phonogeräte" zu schließen. Im Übrigen bestehe zwischen den Marken keine Gefahr von Verwechslungen. Insbesondere könne nicht von einer klanglichen Verwechslungsgefahr ausgegangen werden. Dies gelte gerade auch deshalb, weil die angegriffene Marke nicht derart eindeutig dreisilbig sei, wie die Widerspruchsmarke.

In der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende klarstellend erklärt, dass sie den Widerspruch hinsichtlich der vom Erstprüfer nicht in seinen Entscheidungsausspruch einbezogenen Waren "Rechenmaschinen" zurücknehme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II 1. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist im Umfang der Löschungsanordnung teilweise begründet.

a) Nachdem der Markeninhaber zulässig die Nichtbenutzungseinrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG erhoben hat (die Alternative des § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG war mangels Ablaufs der Benutzungsschonfrist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der jüngeren Marke nicht zulässig), hat die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung für den danach maßgeblichen Benutzungszeitraum der letzten fünf Jahre vor der mündlichen Verhandlung für Lautsprecher (als Unterbegriff von Phonogeräten), (unbespielte) CDs; (unbespielte) Videokassetten und Batterien glaubhaft gemacht.

Für diese Waren hat die Widersprechende durch Vorlage entsprechender Abbildungen eine funktionsgemäße Benutzung der Marke als Warenmarke glaubhaft gemacht. Dies gilt zunächst für (Computer-)Lautsprecher, die unter die für die Widersprechende eingetragene Ware "Phonogeräte" subsumiert werden können. Die Widersprechende hat als Anlage zu den eidesstattlichen Versicherungen vom 17. Mai 2004 und 12. August 2005 mehrere Fotografien von entsprechenden Lautsprechern vorgelegt, auf denen die Widerspruchsmarke erkennbar an der Ware selbst aufgedruckt ist. In der Anlage a) zur eidesstattlichen Versicherung vom 17. Mai 2004 sind zudem Verpackungen des "MULTIMEDIA LAUT-SPRECHER SYSTEM MM-368" abgebildet, auf denen die Widerspruchsmarke neben der o. g. Produktbezeichnung und der Sachangabe "280 W" die einzige markenmäßig herausgestellte Kennzeichnung darstellt.

Aus der Art der abgebildeten Lautsprecher, einschließlich der als Anlage zur eidesstattlichen Versicherung vom 12. August 2005 vorgelegten Abbildung eines Subwoofer-Systems, ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu schließen, dass es sich hierbei um vollwertige Lautsprecher und nicht etwa um bloße, ohne eigene Stromversorgung betriebene Kleinst-Zubehörlautsprecher von Computern handelt. Der Senat legt daher eine funktionsgerechte Art der Benutzung von Lautsprechern zu Grunde, die ohne weiteres unter den für die Widersprechende eingetragenen Oberbegriff "Phonogeräte" subsumiert werden können.

Auch dem Umfang nach ist eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke für Lautsprecher glaubhaft gemacht worden. Für Lautsprecher sind erstmalig mit der eidesstattlichen Versicherung vom 12. August 2005 Umsatzzahlen genannt worden, wobei die getrennt angegebenen Umsätze für die beiden Produkte "Subwoofer System" und "Lautsprecher" zusammenzufassen sind. Für die Jahre 2003 und 2004 ergeben sich dabei Durchschnittsumsätze von etwa 80.000 € pro Jahr. Trotz einer dann im Jahr 2005 offensichtlich stark abnehmenden Tendenz erscheinen diese Umsätze noch als ernsthaft in dem Sinne, dass sie über eine lediglich der rein formalen Aufrechterhaltung der Marke dienende Scheinbenutzung hinausgehen. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass sich die Umsatzangaben für das Jahr 2005 nach dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherung lediglich auf die Zeit von Januar bis Mai 2005 beziehen. Im Übrigen wäre selbst eine sich nur über einen Zeitraum von zwei Jahren (2003 und 2004) erstreckende tatsächliche Benutzungsdauer noch als ernsthaft anzusehen. Berücksichtigt man ergänzend die äußerst niedrigen Anforderungen, die der Europäische Gerichtshof in der Entscheidung GRUR 2005, 47 Nr. 48 - Vitafruit an eine nach Dauer und Umfang ernsthafte Benutzung gestellt hat (4800 € bzw. 293 Kisten à 12 Einheiten Fruchtsaftkonzentrat für Endverbraucher in 11 Monaten auf dem spanischen Markt, wenngleich offenbar durch einen Kleinstbetrieb), so können hier an der Ernsthaftigkeit der Benutzung keine Zweifel bestehen. Im Übrigen geht aus dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherungen hervor, dass die Widerspruchsmarke mit Zustimmung ihrer Inhaberin durch konzerneigene Unternehmen benutzt wird, so dass auch den Anforderungen des § 26 Abs. 2 MarkenG genügt ist. Damit ist eine rechtserhaltende Benutzung von Lautsprechern, jedenfalls von Computerlautsprechern, glaubhaft gemacht worden, die unter den eingetragenen Begriff "Phonogeräte" fallen. Es bedarf keiner weiteren Prüfung, ob damit auf Seiten der Widerspruchsmarke allein der Unterbegriff "(Computer-)Lautsprecher" oder - im Wege der Integration - ein weitergehender Warenbegriff wie "Tonwiedergabegeräte" oder gar der eingetragene Oberbegriff "Phonogeräte" zugrunde zu legen ist, da sich dies auf die Frage der Verwechslungsgefahr nicht auswirkt (s. u.).

Auch für die Ware "unbespielte ... CD-Roms für Computer" ist die Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutzt worden. Dabei ist zunächst im Wege der Auslegung der Fassung des Warenverzeichnisses der Widerspruchsmarke davon auszugehen, dass der o. g. eingetragene Warenbegriff im Sinne "unbespielte CDs" auszulegen ist. CD-Roms sind wegen der Bedeutung des Kürzels "Rom" (Read Only Memory) nach ihrem eigentlichen Wortsinn bereits bespielte und somit nicht mehr bespielbare optischen Datenträger. Aus dem Zusammenhang des betreffenden Abschnitts des Warenverzeichnisses der Widerspruchsmarke ergibt sich jedoch, dass nur unbespielte CDs für Computer gemeint sein können, da es dort innerhalb eines durch Strichpunkte abgegrenzten Abschnitts heißt: "...; unbespielte Disketten und CD-Roms für Computer, Computerprogramme auf Disketten und CD-Roms; ...". Die Art der Gesamtformulierung und die Abgrenzung der beiden Arten von "CD-Roms" ergibt nur dann einen Sinn, wenn es sich bei "unbespielte Disketten und CD-Roms für Computer" um nicht bespielte Datenträger handelt.

Die als Anlage zu den eidesstattlichen Versicherungen eingereichten Abbildungen, einschließlich einer Abbildung in einem der als Anlage e) zur eidesstattlichen Versicherung vom 17. Mai 2004 eingereichten Prospekte, zeigen verschiedene Beispiele von CD-Verpackungen wie Metallboxen oder Spindeln, auf deren Oberseite die Widerspruchsmarke deutlich herausgestellt als zentrale Marke der Waren angebracht ist. Damit ist eine funktionsgemäße Art der Verwendung glaubhaft gemacht. Auch eidesstattlich versicherte Umsatzzahlen in Höhe von durchschnittlich 300.000 € für die Jahre 2003 und 2004 belegen nach Dauer und Umfang eine ernsthafte Benutzung.

Gleiches gilt für die Ware "Video-Kassetten (unbespielt)", wie die eingereichte Abbildung einer Videokassette bzw. deren Schachtel sowie die eidesstattlich versicherten Umsatzangaben von durchschnittlich etwa 100.000 € für die Jahre 2003 und 2004 zeigen.

Ebenso geht der Senat von einer rechtserhaltenden Benutzung der Ware "Batterien" aus, wobei auf die als Anlage zur eidesstattlichen Versicherung vom 12. August 2005 eingereichten Fotografien von Mignon- und Micro-Batterien, sowie die Umsatzzahlen von durchschnittlich etwa 100.000 € für die Jahre 2003 und 2004 verwiesen wird.

b) Eine weitergehende Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke ist hingegen nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden reichen Benutzungsunterlagen, die lediglich eine Benutzung für (nicht eingetragene) Computertastaturen zeigen, nicht aus, um daraus auf eine rechtserhaltende Benutzung für die Ware "Homecomputer" schließen zu können. Tastaturen sind bloße Eingabegeräte, die selbst keine - was aber für einen Computer wesensmäßig ist - Datenverarbeitung vornehmen. Eine Tastatur mag zwar zu einem vollständig ausgestatteten Computer gehören, und wird mit diesem überwiegend, aber nicht notwendig, als Gesamtset verkauft, es handelt sich letztlich jedoch nur um ein Peripheriegerät, das ähnlich wie Computermäuse oder Drucker auch isoliert verkauft wird und wirtschaftlich eine eigenständige Warenart darstellt. Dies zeigen nicht zuletzt auch die von der Widersprechenden vorgelegten Verwendungsbeispiele. Hieran hat sich seit der Zeit der Anmeldung der Widerspruchsmarke im Jahr 1998 auch grundsätzlich nichts geändert, allenfalls sind die früheren Homecomputer mit äußerst beschränkten Rechen- und Speicherkapazitäten inzwischen durch preiswerte vollwertige PCs und Notebooks für den Privatanwender ersetzt worden. Jedenfalls sind Homecomputer technischwirtschaftlich nicht von Tastaturen abgelöst worden, so dass die Widersprechende auch nichts aus der Berücksichtigung der Teilnahme ihres Warenverzeichnisses an der technischen Weiterentwicklung herleiten kann. Damit sind Tastaturen schon nicht unter die für die Widersprechende eingetragene Ware "Homecomputer" zu subsumieren. Da Tastaturen im Übrigen keinen Unterbegriff von (Home-)Computern, sondern eine eigene Warengattung darstellen (s. o.), stellt sich auch die Frage der Integration erst gar nicht.

Weiterhin ist auch für die noch in der eidesstattlichen Versicherung vom 17. Mai 2004 genannten Waren "Handys, Kameras, Fernseher, Computersoftware" keine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht worden. Soweit die Widersprechende hierzu überhaupt Abbildungen eingereicht hat, handelt es sich erkennbar um die Handelstätigkeit eines Medienhandelsunternehmens, das weitestgehend Markenware fremder Hersteller (gekennzeichnet mit deren Marken) verkauft. Insoweit wird die Widerspruchsmarke auf Prospekten, Einkaufstüten, Preisaufstellern usw. nur als typische Händlermarke verwendet, was nach neuerer Rechtsprechung für die rechtserhaltende Benutzung einer Warenmarke gerade nicht rechtserhaltend ist (vgl. BGH GRUR 2005, 1047 - OTTO; GRUR 2006, 150 - NORMA). Dies gilt auch für Preisetiketten, die mit der Kennzeichnung des Händlers versehen sind, aber nachträglich auf die Ware eines Drittherstellers aufgeklebt werden, da das so gekennzeichnete Etikett lediglich ein Hinweis darauf ist, dass das unter diesem Zeichen auftretende Unternehmen für die so ausgezeichneten Waren einen bestimmten Preis fordert (vgl. BGH, a. a. O., S. 152 - NORMA). Ähnlich wird eine nachträglich aufgeklebte, mit der Händlerkennzeichnung versehene Banderole vom Verbraucher nur als Versiegelung zur Sicherstellung der Unversehrtheit der Verpackung in den Verkaufsräumen des Medienhändlers aufgefasst. Damit ist für die genannten Waren schon keine funktionsgemäße Art der Verwendung der Marke glaubhaft gemacht worden, so dass bereits aus diesem Grund eine rechtserhaltende Benutzung nicht in Betracht kommt.

2. Unter Zugrundelegung der rechtserhaltend benutzten Waren der Widerspruchsmarke besteht im Umfang der unter Ziff. 1. des Entscheidungsausspruchs genannten Waren der angegriffenen Marke die Gefahr von Verwechslungen. Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. EuGH Mitt. 2006, 512 - THOMSON LIFE m. w. N.).

a) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte als normal zu beurteilen.

b) Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen liegen im Umfang der Löschungsanordnung teilweise im Identitätsbereich, im Übrigen im Bereich einer engeren Ähnlichkeit.

Die für die jüngere Marke eingetragenen elektrischen, fotografischen Filmapparate und -instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten, weisen zu den o. g. rechtserhaltend benutzten Geräten der Unterhaltungselektronik sowie Video- und Datenspeichermedien der Widersprechenden Berührungspunkte bei den Herstellungsbetrieben auf, da die Hersteller von Unterhaltungselektronik beiderseits sowohl Foto-/Filmgeräte als auch Lautsprecher herstellen. Zudem stellen Unternehmen wie A... oder B... sowohl Filmkameras als auch Videokassetten her, ebenso wie etwa C... neben Foto- und Filmapparaten auch CDs und D... auch Batterien herstellen. Zudem findet ein gemeinsamer Vertrieb in Medienmärkten statt. Damit besteht eine zumindest mittelgradige Ähnlichkeit.

Ebenso sind die für die jüngere Marke eingetragenen Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild mit den benutzten Waren der Widerspruchsmarke ähnlich, wobei hinsichtlich der Tonwiedergabegeräte sogar eine (Teil-)Identität mit den Lautsprechern der Widersprechenden besteht. Auch im Übrigen bestehen enge funktionelle Beziehungen als Tonverarbeitungsgeräte. Insoweit ist von einer hochgradigen Ähnlichkeit bis hin zu Teilidentität auszugehen. Daher konnte es auch dahinstehen, ob die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke über die tatsächlich benutzten (Computer-)Lautsprecher hinaus im Wege der Integration auch für weitere Tonwiedergabegeräte anzuerkennen war.

Des Weiteren sind die für die jüngere Marke eingetragenen Waren "Compact Discs; Digital Versatile Discs, Tonbänder, audiovisuelle Kassetten und Filme", identisch, zumindest hochgradig ähnlich mit den rechtserhaltend benutzten (unbespielten) Compact Discs und Video-Kassetten, was keiner weiteren Erläuterung bedarf.

Schließlich sind auch die für die jüngere Marke eingetragenen Datenverarbeitungsgeräte und Computer mit den Lautsprechern und unbespielten CDs der Widerspruchsmarke zumindest mittelgradig ähnlich. Hierfür sprechen gemeinsame Hersteller der beiderseitigen Waren (z. B. C...) und funktionelle Berührungspunkte im Multimediabereich.

c) Die angegriffene Marke hält den insoweit erforderlichen größeren Abstand zur Widerspruchsmarke in klanglicher Hinsicht nicht ein, wobei von einer offensichtlichen Prägung der Widerspruchsmarke durch ihren Wortbestandteil auszugehen ist.

Beide Marken weisen die gleiche Vokalfolge "eia" auf. Zumindest für einen noch erheblichen Teil des Verkehrs haben die Marken auch eine gleiche, d. h. dreisilbige Silbengliederung. Bei der Widerspruchsmarke ist die Dreisilbigkeit nicht zweifelhaft. Bei der jüngeren Marke ist die Silbengliederung zwar nicht eindeutig, so dass zugunsten des Markeninhabers davon auszugehen ist, dass - wie er meint erhebliche Teile des Verkehrs die Markenendung "-DIACS" ohne jeglichen Stimmabsatz aussprechen. Da die Vokalkombination "IA" aber nicht zu einem einheitlichen Laut verschmilzt, wie etwa bei "eu", "ei", ist jedoch auch mit nicht unerheblichen weiteren Teilen des Verkehrs zu rechnen, die die jüngere Marke dreisilbig "ME-DI-ACS" aussprechen werden. Letztlich kann dies dahinstehen, da Marke auch in anderen wichtigen Kriterien der klanglichen Ähnlichkeit übereinstimmen. Die regelmäßig stärker beachteten Wortanfänge sind bis etwa zur Wortmitte komplett identisch. Ebenso stimmen die Markenendungen überein, da sie beiderseits als "AKS" gesprochen werden. Zudem werden beide Marken auf dem ersten Vokal "E" betont. Letztlich unterscheiden sie sich allein durch den klangschwachen Mittelkonsonanten "M". Dieser Unterschied vermag angesichts der weitreichenden sonstigen Gemeinsamkeiten keine nennenswerte Abweichung des Gesamtklangcharakters zu bewirken. Insgesamt ist damit von einer hochgradigen klanglichen Ähnlichkeit der Marken auszugehen. Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof in jüngerer Zeit erneut betont, dass nicht die Unterschiede sondern das Maß an Übereinstimmungen den Beurteilungsmaßstab für die Verwechslungsgefahr bilden (BGH GRUR 2003, 1047, 1049 - Kellogg«s/Kelly«s).

Hinsichtlich der oben als ähnlich beurteilten Waren besteht damit eine Verwechslungsgefahr, so dass der angefochtene Beschluss teilweise aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke im Umfang der identischen bzw. ähnlichen Waren anzuordnen war.

3. Im Übrigen, nämlich hinsichtlich der noch streitgegenständlichen Waren "bespielte Bild-, Ton- und Bildtonträger, insbesondere Schallplatten; Computersoftware, insbesondere für Online-, interaktive, CD-ROM- und Multimedia-Anwendungen (soweit in Klasse 9 enthalten)" kann, unter alleiniger Berücksichtigung der nach § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG als benutzt zugrunde zu legenden Waren der Widerspruchsmarke keine Verwechslungsgefahr festgestellt werden, so dass die Beschwerde der Widersprechenden teilweise zurückzuweisen war.

Zu den für die jüngere Marke eingetragenen bespielten Bild-, Ton- und Bildtonträgern, insbesondere Schallplatten sind keine beachtlichen wirtschaftlichen Berührungspunkte mit den rechtserhaltend benutzten Waren der Widerspruchsmarke erkennbar. Dabei ist zu beachten, dass der Senat hinsichtlich der im Verzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltenen Formulierung "unbespielte Disketten und CD-Roms für Computer" gerade von unbespielten CDs ausgeht (s. o.). Das Wesen und der Wert bespielter Datenträger bestimmen sich wirtschaftlich aber allein anhand ihrer Inhalte, während der Datenträger insoweit nur eine Hülle darstellt. Damit war insoweit jegliche rechtlich erhebliche Ähnlichkeit zu verneinen.

Gleiches gilt für Computersoftware, insbesondere für Online-, interaktive, CD-ROM- und Multimedia-Anwendungen (soweit in Klasse 9 enthalten) der angegriffenen Marke, da auch diese Waren ihr Wesen und ihren Wert einzig aus der enthaltenen Software beziehen. Insoweit sind auch keine Überschneidungen bei den Herstellern oder in der Funktion ersichtlich.

Damit war die Beschwerde teilweise zurückzuweisen.






BPatG:
Beschluss v. 22.05.2007
Az: 33 W (pat) 53/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/fa0222e7e9e8/BPatG_Beschluss_vom_22-Mai-2007_Az_33-W-pat-53-05




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share