Bundespatentgericht:
Urteil vom 16. Juli 2009
Aktenzeichen: 5 Ni 90/09

(BPatG: Urteil v. 16.07.2009, Az.: 5 Ni 90/09)

Tenor

1.

Das europäische Patent 0 715 672 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 8, 12 und des Patentanspruchs 15, soweit dieser auf einen oder mehrere der Patentansprüche 1 bis 8 und 12 rückbezogen ist, für nichtig erklärt.

2.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des am 30. August 1994 unter Inanspruchnahme der Priorität der australischen Anmeldung AU PM092193 vom 30. August 1993 angemeldeten und u. a. mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patentes EP 0 715 672 (Streitpatent), dessen deutscher Teil vom Deutschen Patentund Markenamt unter der Nummer DE 694 34 331 T2 geführt wird. Das in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlichte Streitpatent betrifft eine "Baustellenplattform" und umfasst nach der Streitpatentschrift (EP 0 715 672 B1) 17 Patentansprüche. Die Patentansprüche 1 bis 8, 12 und 15 haben in der deutschen Übersetzung DE 694 34 331 T2 der Streitpatentschrift folgenden Wortlaut:

1.

Baustellenplattform, umfassend eine feststehende Tragkonstruktion (102, 107), die dafür ausgelegt ist, an einer Decke eines im Bau befindlichen Gebäudes ortsfest befestigt zu werden, ein Aufnahmedeck (103) mit einer äußersten Kante, das von der Tragkonstruktion getragen wird und hin sowie wieder zurück bewegt werden kann, und zwar indem es waagerecht zwischen mindestens einer Innenendposition und mindestens einer Außenendposition relativ zu dem Gebäude verschoben wird, und Sicherheitsabsperrmittel (104, 105), die sich mit dem Deck bewegen lassen und sich längs dessen äußerster Kante erstrecken, gekennzeichnet durch Feststellmittel (112; 126, 127, 128; 142), die dazu dienen, das Deck (103) in mindestens einer Außenendposition lösbar zu verriegeln.

2.

Baustellenplattform nach Anspruch 1, die außerdem Antriebsmittel (108, 118, 119) umfasst, um das Deck zwischen den genannten Positionen zu verschieben.

3.

Baustellenplattform nach Anspruch 1 oder Anspruch 2, bei der die feststehende Tragkonstruktion (102) zwei im Wesentlichen parallele, quer mit einem Zwischenraum angeordnete Führungsträger (102) und zwei Paare von in der Länge einstellbaren Streben (107) umfasst, die jeweils mit den Führungsträgern verbunden sind.

4.

Baustellenplattform nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei der die Sicherheitsabsperrmittel mindestens zwei sich längs der Seitenkanten des Decks (103) erstreckende Absperrungen (104) und mindestens ein sich längs einer Endkante des Decks erstreckendes Tor (105) umfassen.

5.

Baustellenplattform nach Anspruch 3, bei der sich das bewegliche Deck (200) als selbsttragender Ausleger (200) erstrecken kann, wenn es in der Außenendposition ist, und Seitenkantenränder aufweist, die jeweils mit den Führungsträgern in Eingriff stehen.

6.

Baustellenplattform nach Anspruch 5, bei der jeder Seitenkantenrand des beweglichen Decks einen Deckträger (304) umfasst, der innerhalb eines Kanals eingebettet ist und sich in Längsrichtung längs zu diesem bewegen lässt, wobei der Kanal durch jeweils einen der Führungsträger (302) definiert ist, und wobei ein Deckboden (301) von den Deckträgern getragen wird und sich zwischen ihnen erstreckt.

7.

Baustellenplattform nach Anspruch 5 oder Anspruch 6, bei der sich die feststehenden Tragmittel (201) gänzlich innerhalb des Gebäudes befinden.

8.

Baustellenplattform nach einem der vorhergehenden Ansprüche, die außerdem Sicherungsmittel (403, 404) umfasst, um die Längsbewegung des beweglichen Decks (400) relativ zur Tragkonstruktion (401) zu ermöglichen, aber die Trennung des beweglichen Decks (400) von der Tragkonstruktion (401) zu verhindern.

12. Baustellenplattform nach Anspruch 2, bei der die Antriebsmittel einen Antriebsmotor (108, 208) umfassen.

15. Baustellenplattform nach einem der vorhergehenden Ansprüche, die außerdem manuell aufrichtbare Verstrebungsmittel (129) umfasst, die die Tragkonstruktion (102) und das bewegliche Deck (103) versteifen, wenn das Deck in der Außenendposition ist.

Die Klägerinnen machen geltend, die Gegenstände der angegriffenen Ansprüche des Streitpatents seien nicht patentfähig, da sie sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergäben.

Sie berufen sich hierzu auf das Fachwissen des Fachmannes und folgende vorveröffentlichte Druckschriften:

Anlage KSB8: AU 63 026/90 Anlage KSB9: GB 759 187 Anlage KSB10: FR 1 528 135 Anlage KSB11: US 4 444 289 Anlage KSB12: EP 0 226 169.

Die Klägerinnen beantragen, das europäische Patent 0 715 672 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 8, 12 und des Patentanspruchs 15, soweit dieser auf einen oder mehrere der Patentansprüche 1 bis 8 und 12 rückbezogen ist, für nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er verteidigt das Streitpatent hilfsweise mit den in der Verhandlung überreichten Fassungen des Patentanspruchs 1 (Hilfsanträge 1 und 2).

Bei Hilfsantrag 1 ist an Patentanspruch 1 angefügt:

"..., and wherein the entirety of an outbooard portion of the construction platform is retractable inwardly."

Bei Hilfsantrag 2 ist an Patentanspruch 1 angefügt:

"..., and wherein the entirety of an outbooard position of the construction platform is retractable inwardly to an inboard position."

Er tritt den Ausführungen der Klägerinnen in allen Punkten entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents im angegriffenen Umfang für patentfähig, zumindest in einer der beschränkten Fassungen, wobei die Unteransprüche von dem schutzfähigen Anspruch 1 getragen würden.

Zur Stützung seines Vorbringens übergibt er eine "Decision of a delegate of the commissioner of patents" des australischen Patentamts (Patent Application No. 680683).

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Unterlagen verwiesen. Die beiden Klagen vom 19. November 2007 (5 Ni 90/09 (EU)) und 15. April 2009 (5 Ni 115/09 (EU)) wurden mit Beschluss vom 4. Juni 2009 zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Gründe

Die Klagen, mit denen der in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Absatz 1 lit a EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, sind zulässig und begründet.

I.

Das Streitpatent betrifft eine Baustellenplattform. Derartige Plattformen werdenz. B. bei einem im Bau befindlichen Gebäude von mehreren Stockwerken benötigt, um die Zulieferung bzw. Beseitigung von Materialien zu erleichtern.

Gemäß den Ausführungen in der Streitpatentschrift umfassen frühere bekannte einziehbare Plattformdecks im Allgemeinen semipermanente Tragbalken der Art, wie sie für herkömmliche, unbewegliche Bodenplattformen verwendet werden, sowie ein von diesen Balken getragenes, horizontal bewegliches Aufnahmedeck. Jedoch wurden die bereits bekannten Konstruktionen beweglicher Decks weithin als instabil und daher unsicher erachtet und haben daher in der Praxis keine Anwendung gefunden. Bei einigen Bauverfahren, insbesondere solchen mit Schwinggerüsten oder mechanischen Gerüstplattformen, die an Türmen aufund absteigen, waren die außen liegenden Teile der die Decks tragenden Balken hinderlich und unerwünscht.

Davon ausgehend liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Bauplattform bereit zu stellen, die eines oder mehrere der oben genannten Defizite der früher vorgeschlagenen Plattformen beseitigt oder zumindest vermindert.

Gelöst wird diese Aufgabe durch den erteilten Patentanspruch 1, der in gegliederter Form folgende Fassung hat:

"Baustellenplattform, umfassend 1.

eine feststehende Tragkonstruktion (102, 107), die dafür ausgelegt ist, an einer Decke eines im Bau befindlichen Gebäudes ortsfest befestigt zu werden, 2.

ein Aufnahmedeck (103) mit einer äußersten Kante, 2.1 das von der Tragkonstruktion getragen wird, 2.2 das zwischen mindestens einer Innenendposition und mindestens einer Außenendposition relativ zu dem Gebäude waagrecht hin und zurück verschiebbar ist.

3.

Sicherheitsabsperrmittel (104, 105)

3.1 die sich mit dem Aufnahmedeck (103) bewegen lassen, 3.2 die sich längs der äußersten Kante des Aufnahmedecks (103) erstrecken, 4.

Feststellmittel (112; 126, 127, 128; 142), die dazu dienen, das Aufnahmedeck (103) in mindestens einer Außenendposition lösbar zu verriegeln.

Die Unteransprüche haben vorteilhafte Weiterbildungen der Baustellenplattform zum Inhalt.

II.

1. Zur erteilten Fassung des Streitpatents Es mag dahinstehen, ob der Gegenstand nach dem erteilten Patentanspruch 1 des Streitpatents neu ist, er ist zumindest nicht das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit. Nach dem Verständnis des Fachmanns, der hier in Übereinstimmung mit den Parteien als Fachhochschulingenieur des Maschinenbaus mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion von Baugeräten und Bauzubehör anzusehen ist, ist die Baustellenplattform nach Anspruch 1 durch den Gegenstand der australischen Anmeldeschrift AU 63 026/90 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen nahe gelegt.

Aus der AU 63 026/90 ist eine Bausstellenplattform bekannt, die mit Ausnahme der Feststellmittel (Merkmal 4) alle Merkmale nach Anspruch 1 des Streitpatents aufweist. Die Baustellenplattform nach der AU 63 026/90 (dort S. 1A, z. 2 und 3) umfasst also -in Bezug gesetzt zu den Merkmalen des Anspruchs 1 des Streitpatents 1. eine feststehende Tragkonstruktion 94 (Fig. 40), die dafür ausgelegt ist, an einer Decke eines im Bau befindlichen Gebäudes ortsfest befestigt zu werden (S. 10, Z. 14 bis 18 i. V. m.

S. 8, Z. 20 bis 23 und Fig. 19), 2. ein Aufnahmedeck 95 (Fig. 40) mit einer äußersten Kante, 2.1 das von der Tragkonstruktion 94 getragen wird (S. 10, Z. 19 bis 21)

2.2 das zwischen mindestens einer Innenendposition und mindestens einer Außenendposition relativ zu dem Gebäude waagrecht hin und zurück verschiebbar ist (S. 10, Z. 19 bis 21, Fig. 40), 3.

Sicherheitsabsperrmittel 47 (Fig. 32, S. 8 Z. 14 bis 16)

3.1 die sich mit dem Aufnahmedeck 95 bewegen lassen (Fig. 40), 3.2 die sich längs der äußersten Kante des Aufnahmedecks 95 erstrecken (Fig. 40).

Die anders lautenden Ausführungen des Beklagten, die Merkmale 1, 3 ,3.1 und 3.2 seien bei der Baustellenplattform nach der AU 63 026/90 nicht verwirklicht, vermögen nicht zu überzeugen.

Gemäß Merkmal 1 soll die feststehende Tragkonstruktion dafür ausgelegt sein, an einer Decke eines im Bau befindlichen Gebäudes ortsfest befestigt zu werden.

Wie der Beschreibung der AU 63 026/90 S. 10, Z. 16 bis 18 zu entnehmen ist, kann die Tragkonstruktion 94 bei Bedarf mit sog. "props" in Position gehalten werden. Was unter "props" zu verstehen ist, ergibt sich aus S. 8, Z. 20 bis 22 und Fig. 19, nämlich Stützen 43, 44 mit höhenverstellbaren Stempeln 35. Bei Verwendung dieser Stützen ergibt sich somit eine feststehende Tragkonstruktion, die dafür ausgelegt ist, an einer Decke eines im Bau befindlichen Gebäudes ortsfest befestigt zu werden, wie es auch im Merkmal 1 des erteilten Anspruchs 1 beansprucht ist.

Die Merkmale 3, 3.1 und 3.2, wonach Sicherheitsabsperrmittel vorgesehen sind, die sich mit dem Aufnahmedeck bewegen lassen und sich längs der äußersten Kante des Aufnahmedecke erstrecken, gehen eindeutig aus Fig. 40 der AU 63 026/90 hervor.

Als Unterschied zu der Baustellenplattform nach der AU 63 026/90 verbleibt ausschließlich das Merkmal 4:

Feststellmittel, die dazu dienen, das Aufnahmedeck in mindestens einer Außenendposition lösbar zu verriegeln.

In der AU 63 026/90 ist keinerlei Aussage über derartige Feststellmittel gemacht worden. Für den Fachmann ist es jedoch gerade bei Konstruktionen auf einer Baustelle selbstverständlich, Unfallgefahren zu erkennen und Vorrichtungen so zu gestalten, dass Unfälle vermieden werden. Aus fachmännischer Sicht ist es deshalb nahe liegend, wenn nicht sogar erforderlich, an der Baustellenplattform entsprechende Feststellmittel vorzusehen, welche eine unkontrollierte Bewegung des Aufnahmedecks verhindern. Ein unkontrolliertes Bewegen und Sich-Verschieben des Aufnahmedecks würde nämlich eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben der Bauarbeiter darstellen. Deswegen wird ein Fachmann das Vorhandensein von Feststellmitteln als ganz selbstverständlich erachten und deren Notwendigkeit automatisch beim Studium der AU 63 026/90 mitlesen, selbst wenn diese Feststellmittel dort nicht ausdrücklich erwähnt sind.

Lediglich beispielhaft für das Wissen und die Kenntnisse des Fachmannes sei in diesem Zusammenhang auf die GB 759 187 verwiesen, die eine Baustellenplattform (S. 1, Z. 9 bis 14) zeigt, bei der ein Aufnahmedeck 68 vorgesehen ist, das gegenüber einer Tragkonstruktion 47 verschoben werden kann (S. 3, Z. 52 bis 68). Weiterhin ist ein Feststellmittel 77 vorgesehen, welches das Aufnahmedeck 68 in einer beliebigen Position -und damit auch in einer Außenendposition -verriegeln kann (S. 3, Z. 66 bis 68).

2. Zu den Hilfsanträgen 1 und 2 a) Die Patentansprüche gemäß den Hilfsanträgen sind zulässig.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ergibt sich aus dem erteilten Patentanspruch 1 i. V. m. Sp. 10, Z. 4 bis 8 der Streitpatentschrift. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ergibt sich aus dem erteilten Patentanspruch 1 i. V. m. Sp. 2, Z. 15 bis 19 der Streitpatentschrift. Die Unteransprüche entsprechen den Unteransprüchen gemäß Hauptantrag.

Die Zulässigkeit des Patentanspruchs gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 ist von den Klägerinnen bestritten worden. Die hinzugefügten Merkmale sind jedoch sowohl ursprünglich als auch in der Streitpatentschrift offenbart und beinhalten entgegen der Auffassung der Klägerinnen auch gegenständliche Merkmale, welche eine spezielle konstruktive Ausgestaltung des Baustellenplattform bedingen.

b) Der Gegenstand nach Hilfsantrag 1 bzw. 2 ist zumindest nicht das Ergebnis erfinderischer Tätigkeit.

Wie bereits oben ausgeführt, ist eine Baustellenplattform nach der erteilten Fassung des Streitpatents durch die in der AU 63 026/90 offenbarte Baustellenplattform in Verbindung mit dem Wissen des Fachmanns zur Unfallverhütung nahe gelegt.

Von dieser bekannten Baustellenplattform unterscheidet sich die Baustellenplattform nach den Hilfsanträgen 1 bzw. 2 dadurch, dass der außen befindliche Teil der Plattform teilweise (Hilfsantrag 1) oder ganz (Hilfsantrag 2) in das Gebäude zurückgezogen werden kann.

Eine Baustellenplattform, die über die Gebäudefront hinausragt, kann Arbeiten an anderen Teilen des Gebäudes behindern, insbesondere an übereinander liegenden Stockwerken. Wenn der Fachmann sonach ausgehend von der Baustellenplattform nach der AU 63 026/90 vor der Aufgabe steht, eine derartige Baustellenplattform so weiterzubilden, dass keine Teile der Baustellenplattform über die Front des Gebäudes überstehen, so wird er sich im einschlägigen Stand der Technik umsehen und dabei auf die FR 1 528 135 stoßen. Diese Druckschrift offenbart bereits eine Baustellenplattform, umfassend eine feststehende Tragkonstruktion 1, 2, 3, die dafür ausgelegt ist, an einer Decke eines im Bau befindlichen Gebäudes ortsfest befestigt zu werden (Fig. 5 bis 8), ein Aufnahmedeck 4 mit einer äußersten Kante, das von der Tragkonstruktion 1, 2, 3 getragen wird und hin sowie wieder zurück bewegt werden kann, und zwar indem es zwischen mindestens einer Innenendposition und mindestens einer Außenendposition relativ zu dem Gebäude verschoben wird. Diese bekannte Baustellenplattform zeichnet sich darüber hinaus auch noch dadurch aus, dass der außen befindliche Teil der Plattform ganz in das Gebäude zurückgezogen werden kann (vgl. Fig. 5 bis 8).

Wenn der Fachmann diese Lehre auf eine Baustellenplattform nach der AU 63 026/90 überträgt, gelangt er auf direktem Wege und ohne Schwierigkeiten zu einer Baustellenplattform nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2. Eine derartige Übertragung hat auch nahe gelegen, da dem Fachmann bereits allein durch eine Betrachtung der Figuren der FR 1 528 135 die nunmehr beanspruchte Ausgestaltung als Lösung der Aufgabe, ein Überstehen über die Gebäudefront zu verhindern, ins Auge fällt.

Die Patentansprüche 1 gemäß Hilfsantrag 1 und 2 unterscheiden sich lediglich dadurch, dass die Plattform gemäß Hilfsantrag 2 ganz, gemäß Hilfsantrag 1 dagegen nur teilweise in das Gebäude zurück gezogen werden soll.

Wenn aber -wie oben ausgeführt -ein vollständiges Zurückziehen der Plattform durch den nachgewiesenen Stand der Technik nahe gelegt ist, so gilt dies auch für ein nur teilweises Zurückziehen der Plattform, da es im Belieben des Fachmannes liegt, ob er die Plattform ganz oder nur teilweise in das Gebäude zurückziehen möchte.

Der Patentanspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 ist somit nicht gewährbar.

3. Hinsichtlich der angegriffenen Unteransprüche 2 bis 8, 12 und 15 in der erteilten sowie in den hilfsweise beanspruchten Fassungen, die der Beklagte wegen der nach seiner Auffassung bestehenden Schutzfähigkeit des Gegenstands nach Anspruch 1 ebenfalls für schutzfähig hält, ist ein eigenständiger erfinderischer Gehalt nicht ersichtlich (BGH Urt. v. 12. Dezember 2006 -X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 -Schussfädentransport).

III.

Als Unterlegener hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 PatG, 709 ZPO.

Schuster Gutermuth Schneider Hildebrandt Küest Pü/Cl/Pü






BPatG:
Urteil v. 16.07.2009
Az: 5 Ni 90/09


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