Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. April 2010
Aktenzeichen: 30 W (pat) 85/09

(BPatG: Beschluss v. 29.04.2010, Az.: 30 W (pat) 85/09)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patentund Markenamts vom 5. September 2008 und vom 8. April 2009 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung bezüglich der Waren "Reifen (Pneus), Felgen und Kompletträder sowie deren Teile für Landfahrzeuge" zurückgewiesen worden ist.

Die weitergehende Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung PARK ASSIST für die Waren und Dienstleistungen

"Radar-, Mikrowellen-, Druck-, optische, akustische, mechanische, hydraulische, magnetische, kapazitive, induktive, elektrische, elektronische und sonstige Sensoren und Sensorsignalverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeuge und deren Teile (soweit in Klasse 12 enthalten), Motoren für Landfahrzeuge, Reifen (Pneus), Felgen und Kompletträder sowie deren Teile für Landfahrzeuge, motorgetriebene Roller (Kinderfahrzeuge) und motorgetriebene Kinderautomobile (Kinderfahrzeuge); Einzel-/Großhandelsdienstleistungen, Einzelhandelsdienstleistungen für den Versandhandel, Dienstleistungen des Einzel-/Großhandels über das Internet, Einzelhandelsdienstleistungen mittels Teleshopping-Sendungen, sämtliche vorstehend genannten Dienstleistungen bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen, Kraftfahrzeugzubehör, Radar-, Mikrowellen-, Druck-, optischen, akustischen, mechanischen, hydraulischen, magnetischen, kapazitiven, induktiven, elektrischen, elektronischen und sonstigen Sensoren und Sensorsignalverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen, das Zusammenstellen (ausgenommen deren Transport) verschiedener Kraftfahrzeuge oder Kraftfahrzeugteile oder verschiedenen Kraftfahrzeugzubehörs oder verschiedener Radar-, Mikrowellen-, Druck-, optischer, akustischer, mechanischer, hydraulischer, magnetischer, kapazitiver, induktiver, elektrischer, elektronischer und sonstiger Sensoren und Sensorsignalverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren zu erleichtern; Vermittlung von Verträgen für Dritte über den Anund Verkauf von Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen, Kraftfahrzeugzubehör, Radar-, Mikrowellen-, Druck-, optischen, akustischen, mechanischen, hydraulischen, magnetischen, kapazitiven, induktiven, elektrischen, elektronischen und sonstigen Sensoren und Sensorsignalverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen; Umbau, Reparatur, Instandhaltung, Demontage, Wartung, Pflege, Reinigung und Lackierarbeiten von Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen, Kraftfahrzeugzubehör, Radar-, Mikrowellen-, Druck-, optischen, akustischen, mechanischen, hydraulischen, magnetischen, kapazitiven, induktiven, elektrischen, elektronischen und sonstigen Sensoren und Sensorsignalverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen, einschließlich Reparatur im Rahmen der Pannenhilfe von Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen, Kraftfahrzeugzubehör, Radar-, Mikrowellen-, Druck-, optischen, akustischen, mechanischen, hydraulischen, magnetischen, kapazitiven, induktiven, elektrischen, elektronischen und sonstigen Sensoren und Sensorsignalverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen; Veredelung und Tuning von Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen, Kraftfahrzeugzubehör, Radar-, Mikrowellen-, Druck-, optischen, akustischen, mechanischen, hydraulischen, magnetischen, kapazitiven, induktiven, elektrischen, elektronischen und sonstigen Sensoren und Sensorsignalverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen, soweit in Klasse 37 enthalten".

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patentund Markenamtes hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen -einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen -wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, beide Wortbestandteile seien in der englischen und deutschen Sprache bekannt. "Park" werde im Sinne von "Parkplatz-, (ein)parken" verwendet -"assist" bedeute "unterstützen, Hilfsvorrichtung" und sei die Abkürzung für "assistant, Assistent, Assistenz". Der Begriff "PARK ASSIST" sei ohne weiteres Nachdenken im Sinne eines Assistenten zum (Ein)Parken zu verstehen: die angemeldete Bezeichnung "PARK ASSIST" sage aus, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen Hilfen bzw. Hilfsmittel für das (Ein)Parken, auf dem Parkplatz darstellen oder damit in Verbindung stünden. Darüber hinaus werde der Begriff bereits von zahlreichen Konkurrenten in diesem Sinne und mit dem entsprechenden beschreibenden Inhalt für die entsprechenden Produkte tatsächlich verwendet.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, der Begriff "Park assist" verfüge in den beteiligten Verkehrskreisen über keine beschreibende Relevanz. Es handle sich nicht um einen üblichen Begriff der englischen Sprache. Der Verkehr werde im Zusammenhang mit Fahrzeugen bei dem Begriff "Park Assist" eher an einen Parkplatzhelfer oder Parkplatzwächter denken. Das Wort "Park Assist" werde im Englischen nicht als Einparkhilfe, sondern als Parkleitsystem verstanden und bezeichne daher nicht Eigenschaften des zu parkenden Fahrzeugs oder seiner Teile oder hierauf bezogener Dienstleistungen. Beide Einzelelemente der angemeldeten Bezeichnung seien in vergleichbaren Wortkombinationen für Kraftfahrzeuge oder deren Teile eingetragen worden. Selbst bei einem Verständnis im Sinne von Einparkhilfe sei eine beschreibende Bedeutung nicht für alle Waren und Dienstleistungen feststellbar, da ein bloßer Zusammenhang hierfür nicht ausreiche. "Reifen, Felgen und Kompletträder" würden nicht beim Einparken helfen, "Roller" würden nicht eingeparkt, beim Abstellen eines Fahrzeugs zur Reparaturzwecken spreche man nicht von einparken. Auch die Waren der Klasse 9 könnten nicht mit "Park Assist" beschrieben werden. Eine Einparkhilfe zeichne sich durch ein Steuerelement aus, Sensoren könnten dagegen nicht beim Einparken helfen, da sie nur passiv der Datenermittlung dienten. Der Verkehr sei an Marken mit den Bestandteilen "Park" und "Assist" gewöhnt und werde daher auch "PARK ASSIST" als Marke verstehen.

Die Sache sei an das Deutsche Patentund Markenamt zurückzuverweisen. Das Verfahren leide an einem erheblichen Mangel, da sich der Erinnerungsprüfer nicht ausreichend mit den Argumenten der Anmelderin auseinandergesetzt habe. Die Beschwerdegebühr sei zurückzuzahlen, da der Erinnerungsprüfer die Prüfung willkürlich und einseitig vorgenommen habe.

Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle vom 5. September 2008 und vom 8. April 2009 aufzuheben und die Eintragbarkeit der angemeldeten Marke festzustellen sowie die Beschwerdegebühr zurückzuzahlenhilfsweise, die Beschlüsse der Markenstelle vom 5. September 2008 und vom 8. April 2009 aufzuheben und die Angelegenheit an das Deutsche Patentund Markenamt zurückzuverweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen hinsichtlich der Waren "Reifen (Pneus), Felgen und Kompletträder sowie deren Teile für Landfahrzeuge" die absoluten Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht entgegen. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet, da die angemeldete Marke hinsichtlich der übrigen Waren und Dienstleistungen nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist, da sie eine für den Wettbewerb freizuhaltende, beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist, der auch jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können.

Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen Publikums vor allem als Folge des gemeinsamen europäischen Markts nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413 (Nr. 26) -Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2001, 1047, 1049 -LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 -Test it; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 326, 327 m. w. N.).

Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Kombination und der bloßen Summe der Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413 -BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 -KPN-Postkantoor).

Auf die Frage der geltend gemachten Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig nicht an. Ein Wortzeichen ist nämlich auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR, 2003, 450 -DOUBLE-MINT). Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck "dienen können".

Diese Voraussetzungen liegen bei der angemeldeten Begriffskombination "PARK ASSIST" vor. Die Wortmarke "PARK ASSIST" stellt eine Zusammensetzung aus zwei zum englischen Grundwortschatz gehörenden Wörtern dar, die gleichlautend bzw. nahezu gleichlautend auch in der deutschen Sprache existieren. Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 -SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 -BioID). Der Bestandteil "park" bedeutet in Verbindung mit Kraftfahrzeugen "Parkplatz, parken, einparken", das englische Verb "assist" hat die allgemeine Bedeutung "assistieren, helfen, Hilfestellung leisten, unterstützen" (vgl. Duden-Oxford-Großwörterbuch Englisch 3. Aufl. Mannheim 2005 (CD-ROM); LEO-Online Lexikon der TU München unter dict.leo.org; PONS Großwörterbuch für Experten und Universität, 1. Aufl. 2001). Der Bestandteil "park" wird z. B. -in Wort und Bedeutung im Deutschen gleichlautend -in der englischen Kombination "park position" (Park-Position) verwendet (vgl. LEO-Online Lexikon a. a. O.). Das Verb "assist" wird im technischen Bereich in der oben genannten Bedeutung in englischen Zusammensetzungen verwendet wie "brake assist" (Bremsassistent), "power assist" (Bremsgerät, Bremskraftverstärker), "power steering assist" (Lenkhilfe) (LEO-Online Lexikon a. a. O.).

Die englische Zusammensetzung "PARK ASSIST" reiht sich in die obengenannten vergleichbar gebildeten Zusammensetzungen mit dem Bestandteil "assist" ein und ist im Deutschen daher als "Park Assistent, Einparkhilfe" zu verstehen. Da die Bedeutung der Bestandteile nicht abstraktlexikalisch zu beurteilen ist, sondern stets im Zusammenhang mit den jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu sehen ist (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 -Bücher für eine bessere Welt), die im vorliegenden Fall sämtlich den Bereich der Kraftfahrzeuge, des Zubehörs für Kraftfahrzeuge und der zum Einsatz in Kraftfahrzeugen bestimmten Waren sowie darauf bezogener Dienstleistungen betreffen, steht die Bedeutung "Park, Einpark-" hier im Vordergrund. Die aus beschreibenden Bestandteilen sprachüblich zusammengesetzte Wortfolge "PARK ASSIST" in ihrer Gesamtheit enthält damit keinen Aussagegehalt, der über die Bedeutung ihrer einzelnen Bestandteile hinausgeht (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rdn. 29 -BioID).

In diesem Sinne wird der inländische Verkehr die angemeldete Marke ohne weiteres verstehen. Da der Begriff "Assistent" entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht nur eine Person bezeichnet, sondern wie anhand der oben angeführten Beispiele ersichtlich, auch technische Einrichtungen, die Hilfsoder Unterstützungsfunktionen ausüben (vgl. hierzu auch BPatG 26 W (pat) 185/04 -fleetassist; 29 W (pat) 238/02 -Order Assist; 30 W (pat) 271/97 -SmartAssist unter www.Bundespatentgericht.de), wird der Verkehr in Kenntnis dieser Bedeutung und im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen die angemeldete Marke "PARK ASSIST" nicht mit "Parkplatzhelfer" oder "Parkplatzwächter" übersetzen. Der Verkehr ist in der Werbesprache und insbesondere in den hier maßgeblichen Warenund Dienstleistungsbereichen an neue und auch schlagwortartige Wortkombinationen -gerade in englischer Sprache -gewöhnt, weshalb sich ihm der Sinngehalt von "PARK ASSIST" ohne weiteres erschließt. Es liegt für die fachlich informierten Verkehrskreise in Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen daher nahe, die angemeldete Bezeichnung "PARK ASSIST" als "Einparkhilfe" aufzufassen.

Entgegen der Ansicht der Anmelderin lässt sich ein so grundlegender Begriff wie "PARK ASSIST" für Einparkhilfe nicht auf eine Bedeutung "Parkleitsystem" reduzieren, sondern er kann dieses umfassen. Eine automatische Einparkhilfe erfordert vor dem automatischen Einparkbzw. Einlenkvorgang in jedem Fall eine genaue Abstandsmessung und ein Erkennen des vorhandenen Parkraumes als geeignet, was wiederum die Auswahl unter verschiedenen Parkbuchten oder Parkmöglichkeiten auch auf einem Parkplatz voraussetzt, so dass eine automatische Einparkhilfe letztendlich auch eine Art Parkleitsystem darstellen kann.

Zudem führen auch mögliche Bedeutungsvarianten der Einzelbestandteile nicht zur Schutzfähigkeit, da es nicht erforderlich ist, dass der Verkehr die angemeldete Bezeichnung in allen Bedeutungsmöglichkeiten als Sachangabe versteht (vgl. EuGH a. a. O. -DOUBLEMINT; a. a. O. -BIOMILD). Eine beschreibende Benutzung als Sachangabe für Waren und Dienstleistungen setzt insbesondere nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (vgl. BGH GRUR 2008, 900 -903 -SPA II). Entgegen der Ansicht des Anmelders steht die Bedeutung "Einparkhilfe" in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen hier jedoch deutlich im Vordergrund.

In Bezug auf die von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen ergibt die angemeldete Bezeichnung "PARK ASSIST" daher die zur Beschreibung geeignete, naheliegende Sachaussage, dass es sich nach Art und Beschaffenheit um Waren handelt, die als Einparkhilfe geeignet sind, hierzu verwendet werden oder dafür bestimmt sind, sich inhaltlich mit Einparkhilfe beschäftigen oder mit einer Einparkhilfe ausgestattet sind. Die beanspruchten Dienstleistungen können sich in naheliegender Weise hierauf beziehen, dienen zur Einparkhilfe oder beschäftigen sich inhaltlich damit.

Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht darauf an, ob die beanspruchten Waren und Dienstleistungen selbst mit "Einparkhilfe" beschrieben werden, da es sich bei "PARK ASSIST" auch um eine beschreibende Angabe zu Bestimmung und Verwendung der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen handeln kann. Daher können entgegen der Ansicht der Anmelderin sämtliche von der Zurückweisung umfassten Waren entweder selbst als Einparkhilfe geeignet sein oder z. B. als motorbetriebene Fahrzeuge mit einer solchen ausgestattet sein oder, wie z. B. Sensoren zur Abstandsmessung, für eine Einparkhilfevorrichtung bestimmt sein. Sämtliche beanspruchten Dienstleistungen, auch z. B. Reparaturarbeiten, können sich von ihrem Gegenstand auf eine Einparkhilfevorrichtung beziehen.

Auch eine mögliche begriffliche Unbestimmtheit des angemeldeten Begriffs "PARK ASSIST" steht der Annahme einer beschreibenden Sachangabe nicht entgegen. So können auch relativ allgemeine Angaben als verbraucherorientierte Sachinformationen in Betracht kommen, insbesondere, wenn sie allgemeine Sachverhalte beschreiben sollen. Vor allem bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten möglichst weiten Bereich warenoder dienstleistungsbezogener Eigenschaften beschreibend erfassen zu können (vgl. BGH GRUR 2003, 1050 -Cityservice). Dies ist hier der Fall, da "PARK ASSIST" als grundlegender und umfassender Begriff für eine Einparkhilfe jeglicher Art -vom speziell ausgerüsteten Seitenspiegel über den Abstandsmesser mit Warnton bis hin zum selbständig arbeitenden Lenksystem -alle von der Zurückweisung umfassten Waren und sämtliche beanspruchten Dienstleistungen ihrem Zweck nach in werblich anpreisender Form beschreibt. Selbst wenn der Begriff "PARK ASSIST" auf eine Wortschöpfung durch den Anmelder zurückzuführen wäre, so ist er doch sprachüblich gebildet, ohne weiteres verständlich und deshalb zur Beschreibung der Dienstleistungen geeignet, so dass seine freie Benutzung durch Dritte gewährleistet sein muss (vgl. BGH GRUR 2005, 578, 580 -LOKMAUS).

Entgegen der Ansicht des Anmelderin bedarf es -soweit die Eignung zur Beschreibung festgestellt worden ist -für die Begründung des Eintragungshindernisses wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses keines weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweises, dass und in welchem Umfang die angemeldete Marke als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. BGH a. a. O. SPA II; Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 240 m. w. N.).

Wegen des in Bezug auf die von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden Begriffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht, handelt es sich um eine deutlich und unmissverständlich beschreibende Angabe ohne jegliche begriffliche Ungenauigkeit. Die angesprochenen Verkehrskreise werden die Anmeldung daher auch nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel auffassen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Der Anmelder kann sich zur Ausräumung der Schutzhindernisse auch nicht auf eine seiner Meinung nach abweichende Eintragungspraxis berufen. Denn selbst aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken erwächst unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt; einer vorgängigen Amtspraxis kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. BGH GRUR 1997, 527, 528 -Autofelge; BGH BlPMZ 1998, 248, 249 -Today; GRUR 2005, 578 -LOKMAUS; GRUR 2008, 1093, 1095 -Marlene-Dietrich-Bildnis; EuGH a. a. O. -BioID; EuGH MarkenR 2009, 478, 484 [Nr. 57] -American Clothing/HABM; BPatG PMZ 2007, 160 -Papaya; 25 W (pat) 65/08 -Linuxwerkstatt; 24 W (pat) 142/05 -Volksflat auf der Internetseite des Gerichts).

2. Dagegen kann der angemeldeten Marke für die von der Anmelderin beanspruchten im Tenor genannten Waren "Reifen (Pneus), Felgen und Kompletträder sowie deren Teile für Landfahrzeuge" kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden. Im Gegensatz zu den zuvor genannten Waren handelt es sich um Erzeugnisse, die keinen erkennbaren Bezug zum Einparkvorgang oder einer Einparkhilfevorrichtung haben. Es lässt sich derzeit nicht feststellen, dass Reifen, Felgen und Kompletträder beispielsweise mit besonderen Eigenschaften oder besonderen Abmessungen ausgestattet wären, welche eine Hilfe beim Einparken bieten würde. So ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass "PARK ASSIST" als konkrete Angabe über Eigenschaften oder Bestimmung der unter dieser Marke angebotenen Waren dienen könnte und deswegen für die Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden müsste. An der angemeldeten Marke besteht in Bezug auf diese Waren daher kein Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Es ist aus obengenannten Gründen auch nicht ersichtlich, dass dem Zeichen die Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden; "PARK ASSIST" fehlt insoweit nicht die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Der Beschwerde war daher insoweit stattzugeben.

Für eine Zurückverweisung bestand keine Veranlassung.

3. Der zulässige Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist unbegründet. Gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG kann das Patentgericht anordnen, dass die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird. Die Rückzahlung als Ausnahme gegenüber dem Grundsatz der vom Verfahrensausgang unabhängigen Gebührenpflichtigkeit der Beschwerde wird nur aus Billigkeitsgründen angeordnet, d. h. in Fällen, in denen es auf Grund der besonderen Umstände unbillig wäre, die Beschwerdegebühr einzubehalten. Hierbei kommt es weder auf den Ausgang des Beschwerdeverfahrens noch auf die Feststellung eines vorwerfbaren Fehlers der Vorinstanz an (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 71 Rdn. 31). Billigkeitsgründe für die Rückzahlung können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern wie der Verletzung des rechtlichen Gehörs in der Vorinstanz ergeben. Fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts rechtfertigt die Rückzahlung an sich noch nicht. Diese kommt nur in Betracht, wenn die Rechtsanwendung als völlig unvertretbar erscheint, z. B. weil eindeutige gesetzliche Vorschriften oder eine gefestigte Amtspraxis bzw. eine ständige Rechtsprechung unbeachtet geblieben sind (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 71 Rdn. 32). Anhaltspunkte für eine derart fehlerhafte Verfahrensbehandlung vor dem Patentamt ergeben sich nicht. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist daher nicht veranlasst.

Winter Paetzold Hartlieb Cl






BPatG:
Beschluss v. 29.04.2010
Az: 30 W (pat) 85/09


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