Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Juli 2002
Aktenzeichen: 28 W (pat) 30/02

(BPatG: Beschluss v. 10.07.2002, Az.: 28 W (pat) 30/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 10. Juli 2002 (Aktenzeichen 28 W (pat) 30/02) die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen. Im Markenregister ist die Marke "BONRISI" unter der Rollennummer 300 11 342 für bestimmte Waren eingetragen. Die Inhaberin einer älteren Gemeinschaftsmarke hat dagegen Widerspruch eingelegt. Die Markenstelle für Klasse 31 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Die Widersprechende hat daraufhin Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der jüngeren Marke anzuordnen. Die Markeninhaberin beantragt dagegen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Gericht hat entschieden, dass die Beschwerde zwar zulässig, aber nicht erfolgreich ist. Um über eine Verwechslungsgefahr im Sinne des Markengesetzes zu entscheiden, müssen verschiedene Faktoren wie die Ähnlichkeit der Waren, die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und die Ähnlichkeit der Marken abgewogen werden. In diesem Fall handelt es sich um identische Waren, daher kann der Abstand zwischen den Marken besonders deutlich sein. Bei der Ware "Reis" wird der Durchschnittsverbraucher den Bestandteil "Risi" ohne weiteres als Hinweis auf Reis verstehen und nicht als Herstellerhinweis. Der Bezug zu Reis steht für den Verkehr im Vordergrund. Auch die weiteren Waren der Widerspruchsmarke, bei denen das Wort "Risi" keine Aussagekraft hat, führen nicht zu einer Verwechslungsgefahr. Daher wird die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen. Es fällt keine Kostenentscheidung an. (Textlänge: 313 Wörter)




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 10.07.2002, Az: 28 W (pat) 30/02


Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

In das Markenregister eingetragen ist unter der Rollennummer 300 11 342 die Marke BONRISI nach einer Beschränkung des Warenverzeichnisses im Beschwerdeverfahren nunmehr noch als Kennzeichnung für folgende Waren:

Kl 29: Reis Kl 31: land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten; frisches Obst und Gemüse; Sämereien, lebende Pflanzen und natürliche Blumen, Futtermittel, Malz.

Die Inhaberin der rangälteren Gemeinschaftsmarke 54.882 siehe Abb. 1 hat hiergegen Widerspruch erhoben. Diese Marke ist für folgende Waren eingetragen:

29 Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte, konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse, Gallerten (Gelees), Konfitüren, Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Fleisch-, Fisch-, Geflügel- und Wildkonserven; Fertiggerichte aus Fleisch, Fisch und Gemüse.

30 Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel, Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Zuckerwaren, Speiseeis, Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver, Salz, Pfeffer, Essig, Saucen, Gewürze und Kühleis.

Die Markenstelle für Klasse 31 des Deutschen Patent- und Markenamts hat - mit Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes - eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, auch bei identischen Waren reiche der Abstand der Marken aus, denn klanglich trete die zusätzliche Silbe BON in der jüngeren Marke deutlich hervor. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr scheitere daran, dass Risi als bekanntes Wort für das Grundnahrungsmittel Reis nicht Stammbestandteil einer Markenserie sein könne.

Die Widersprechende hat hiergegen Beschwerde eingelegt, denn nach ihrer Ansicht wird die jüngere Marke durch den Bestandteil RISI geprägt. "Bon" sei allgemein in seiner Bedeutung im Sinne von "gut" bekannt und werde vom Verkehr vernachlässigt. Die Widerspruchsmarke sei auch hinreichend aussagekräftig, denn "risi" heiße nicht nur Reis, sondern in der italienischen Sprache auch "du hast gelacht".

Die Widersprechende beantragt, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der jüngeren Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass das Wort Risi für die Ware Reis nicht unterscheidungskräftig ist, bei der Gegenüberstellung der Marken also auch der Bildbestandteil berücksichtigt werden müsse.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 165 Abs 4 und 5, 66 Abs 1 und Abs 2 MarkenG), hat - nach der entsprechenden Beschränkung des Warenverzeichnisses - aber keinen Erfolg.

Die Rechtsfrage, ob eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Absatz 1 Nr 2 Markengesetz vorliegt, ist unter Berücksichtigung des Einzelfalls durch die Abwägung insbesondere der Faktoren Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und Ähnlichkeit der Marken zu entscheiden (ständige Rechtsprechung zB EuGH MarkenR 1999, 20 - Canon; BGH MarkenR 2001, 204 - EVIAN/REVIAN). Im Bereich von identischen und stark ähnlichen Waren kann der Rechtsinhaber eines älteren Markenrechts einen besonders deutlichen Abstand jüngerer Marken verlangen, vorausgesetzt es liegen keine die Verwechslungsgefahr mindernde Umstände vor, wie zB ein eingeschränkter Schutzumfang seiner Marke.

Davon ist hier zumindest bei der identischen Ware "Reis" auszugehen. Insoweit sind die Anforderungen an den Markenabstand wegen des deutlich reduzierten Schutzumfangs der Widerspruchsmarke herabgesetzt. Ist nämlich die Ware Reis mit der Wort/Bild-Widerspruchsmarke gekennzeichnet, so wird der Durchschnittsverbraucher in dem Wort Risi ohne weiteres einen Hinweis auf Reis sehen und nicht an einen Herstellerhinweis denken. Auch wenn risi in der italienischen Sprache "du hast gelacht" bedeutet und dieser Bezug für den - eher intimen - Kenner der italienischen Sprache durch das lachende Kindergesicht verstärkt sein mag, so bleibt dies dem größten Teil des Verkehrs verborgen. Im Vordergrund steht für ihn der Bezug zu Reis, und dies erkennt er auch, selbst wenn ihm das italienische Wort risi nicht geläufig sein sollte, denn die Gerichte Risotto oder Risi-Pisi sind allgemein bekannt. In Hinblick auf die identische Ware Reis kann die Widersprechende Rechte aus dem Bestandteil Risi in ihrer Marke also nicht geltend machen.

Stellt man der Ware Reis im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke die noch am nächsten stehenden Warenbegriffe der Widerspruchsmarke gegenüber (zB Mehle und Mehlpräparate oder Milch und Milchprodukte wozu auch fertiger Milchreis gehört, sowie Fertiggerichte aus Fleisch, die auch Reis beinhalten können), so erweitert sich zwar der Schutzumfang der Widerspruchsmarke (denn Mehlprodukte und Reis beinhaltende Gerichte werden nicht mit Reis bezeichnet), der Abstand der Marken ist aber nicht so, dass er diesen allenfalls mittleren Warenabstand ausgleichen könnte. BONRISI und Risi können beim klanglichen Vergleich kaum miteinander verwechselt werden, denn die Vorsilbe BON ist nur schwer zu überhören. Auch ist sie dem allgemeinen Publikum aus bon appetit oder bonjour und dem deutsche Bon (Gutschein) geläufig und er kann sie sich leicht merken. Allerdings könnte derjenige, der die ältere Marke kennt, in der jüngeren Marke einen Bedeutungsinhalt etwa im Sinn von "guter Reis" und damit eine Art Premiummarke der älteren Marke sehen. Um eine derartige Verwechslungsgefahr (in gedanklicher Hinsicht) zu bejahen bedürfte es aber besonderer Anhaltspunkte zB über die Gewöhnung des Verkehrs an den Wortbestandteil der älteren Marke. Derartiges fehlt hier völlig. Weder konnte die Vertreterin der Widersprechenden Angaben zur Benutzung der Marke im Inland machen, noch konnte das Gericht eine solche Benutzung (zB im Internet) feststellen. Damit kann auch der Umstand, dass es sich bei RISI gleichzeitig um den Firmennamen der Widersprechenden handelt nicht gewichtet werden.

Bei den weiteren Waren der Widerspruchsmarke, bei denen das Wort Risi keinerlei Aussagekraft hat, (so zB Tee, Kakao, Kaffee, Honig, Eier usw), scheitert eine Verwechslungsgefahr an einer rechtlich beachtlichen Warennähe.

Hinsichtlich der Waren der Klasse 31 der angegriffenen Marke kommt eine Verwechslungsgefahr wegen der großen Warenferne ebenfalls nicht in Betracht.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, § 71 Abs 1 Satz 2 Markengesetz.

Stoppel Martens Schwarz-Angele Abb.1 http://agora/bpatgkollision/docs/28W(pat)30-02.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 10.07.2002
Az: 28 W (pat) 30/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/f7f5291a82b8/BPatG_Beschluss_vom_10-Juli-2002_Az_28-W-pat-30-02




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