Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. März 2006
Aktenzeichen: 6 W (pat) 341/02

(BPatG: Beschluss v. 27.03.2006, Az.: 6 W (pat) 341/02)

Tenor

Das Patent wird in vollem Umfang aufrechterhalten.

Gründe

I.

Gegen das Patent 198 36 818, dessen Erteilung am 11. Juli 2002 veröffentlicht wurde, ist am 10. Oktober 2002 Einspruch erhoben worden.

Mit Schriftsatz vom 15. März 2006 hat die einzige Einsprechende ihren Einspruch zurückgenommen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Das Verfahren wird von Amts wegen ohne die Einsprechende fortgesetzt (§ 61 Abs. 1 Satz 2; § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG).

Der Senat hält das Patent in vollem Umfang aufrecht, da die Prüfung der Einspruchsgründe und der Entgegenhaltungen, wie nachfolgend kurz begründet, keinen Anlass gegeben hat, das Patent zu beschränken oder zu widerrufen.

1. Das Patent betrifft nach dem Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 1 ein Verfahren zur Abdichtung von Bodenflächen, insbesondere von Sohlen und Böschungen von Kanälen oder dergleichen, bei dem eine tonige Erdstoffmasse zur Homogenisierung zunächst aufbereitet und anschließend auf die Bodenfläche aufgebracht wird, dadurch gekennzeichnet, dass die aufbereitete tonige Erdstoffmasse in eine Vielzahl dreidimensionaler Körper zerteilt wird, dass die so hergestellten Körper auf die Bodenfläche aufgebracht werden und dass die sich auf der Bodenfläche befindlichen Körper so bearbeitet werden, dass sich die Vielzahl dreidimensionaler Körper zu einer dichten Schicht verformen.

Nach dem Wortlaut des nebengeordneten, auf die Verfahrensansprüche rückbezogenen Patentanspruchs 16 betrifft das Patent ferner eine Vorrichtung zur Abdichtung von Bodenflächen, insbesondere von Sohlen und Böschungen von Kanälen oder dergleichen, bei dem eine tonige Erdstoffmasse die zunächst aufbereitet worden ist, auf die Bodenfläche aufbringbar ist, zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass eine Einrichtung zur Zerteilung der tonigen Erdstoffmasse in eine Vielzahl dreidimensionaler Körper vorgesehen ist, dass eine weitere Einrichtung zur Einbringung der hergestellten Körper auf die Bodenfläche vorgesehen ist und dass ein Bearbeitungsgerät vorgesehen ist, das die sich auf der Bodenfläche befindlichen Körper so bearbeitet, dass die Vielzahl dreidimensionaler Körper zu einer dichten Schicht verformbar sind.

2. Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist neu.

In der Einspruchsbegründung war zum Stand der Technik vorrangig auf die vorveröffentlichte DE 36 22 133 C1 verwiesen worden, deren Inhalt dem Patentgegenstand neuheitsschädlich entgegenstehe. Das dort offenbarte Verfahren zeige nämlich - neben den übrigen mit dem erteilten Patentanspruch 1 übereinstimmenden Merkmalen - insbesondere auch den im letzten Merkmal des Kennzeichens angegebenen Verfahrensschritt, dass die sich auf der Bodenfläche befindlichen Körper so bearbeitet werden, dass sich die Vielzahl dreidimensionaler Körper zu einer dichten Schicht verformen. Das in der Entgegenhaltung beschriebene Herausdrücken der vorgefertigten Platten aus ihrer Ausstechform (vgl. dort Anspruch 4 i. V. m. Text Spalte 5, Zeilen 21 bis 30) bringe zwangsläufig ein Verformen der Platten mit der Wirkung eines Zusammenfließens ihrer Ränder und einem abdichtenden Zusetzen der zwischen den Platten (zunächst) vorhandenen Fugen mit sich. Dieser Vorgang sei gleichzusetzen mit dem "Bearbeiten" der sich auf der Bodenfläche befindlichen Körper dahingehend, dass diese sich nach der Lehre des erteilten Patentanspruchs 1 "zu einer dichten Schicht verformen".

Dem kann seitens des Senats nicht gefolgt werden.

So unterscheiden sich die beiden Verfahren maßgeblich darin, dass beim Patentgegenstand das Verformen von einer zunächst lose auf die Bodenfläche aufgebrachten Schüttung grobstückigen Materials ("Vielzahl dreidimensionaler Körper") zu einer dichten Schicht durch gezieltes Bearbeiten auf der Bodenfläche erfolgt, während bei der DE 36 22 133 C1 vorgefertigte Platten verlegt werden, die im verlegten Verbund bereits die fertige Schicht bilden, wobei lediglich im jeweiligen Randbereich noch verbleibende Fugen ohne zusätzlichen Bearbeitungsschritt als mehr oder weniger zufällige Wirkung des Herausdrückens aus den Plattenformen geschlossen werden. Diese beiden Verfahren als identisch anzusehen käme einer unzulässigen expost-Betrachtung gleich, bei welcher in Kenntnis der patentierten Lehre die flächig verlegten Platten nach der DE 36 22 133 C1 mit den dreidimensional aufgeschütteten Körpern beim Patentgegenstand verglichen werden, um dann die Wirkung des beim Herausdrücken auf die Plattenränder ausgeübten Drucks mit dem gezielten Verformen der dreidimensionalen Körper gleichzusetzen.

3. Da bei dem Verfahren nach der DE 36 22 133 C1, wie oben zur Neuheit ausgeführt, das entscheidende Merkmal des Bearbeitens der auf der Bodenfläche befindlichen Körper mit einem Verformen zu einer dichten Schicht fehlt, kann von dieser Druckschrift auch keine Anregung in Richtung auf die patentierte Lehre ausgehen, so dass diese auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

4. Der übrige in der Einspruchsbegründung angeführte bzw. im Erteilungsverfahren in Betracht gezogene Stand der Technik liegt noch weiter vom Patentgegenstand ab und steht dessen Patentfähigkeit ebenfalls nicht entgegen.

5. Der nebengeordnete Patentanspruch 16 betrifft eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1. Er hat eine Kombination von Merkmalen zum Inhalt, die - in Anpassung an den Charakter eines Vorrichtungsanspruchs - im wesentlichen mit den Merkmalen des Verfahrensanspruchs 1 übereinstimmen. Die Patentfähigkeit ist deshalb ebenfalls übereinstimmend zu beurteilen.

Nach alledem sind die Patentansprüche 1 und 16 mit den jeweils hierauf rückbezogenen, nicht platt selbstverständliche Ausgestaltungen betreffenden Unteransprüchen 2 bis 15 bzw. 17 bis 19 bestandsfähig.






BPatG:
Beschluss v. 27.03.2006
Az: 6 W (pat) 341/02


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