Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. November 2002
Aktenzeichen: 7 W (pat) 13/02

(BPatG: Beschluss v. 13.11.2002, Az.: 7 W (pat) 13/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluß der Patentabteilung 13 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Oktober 2001 aufgehoben. Das Patent 42 37 405 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 4 und Beschreibung Seiten 1 bis 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2002, 5 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 6, gemäß Patentschrift.

Die Teilanmeldung wird an das Patentamt verwiesen.

Gründe

I Die Beschwerde der Patentinhaberin ist gegen den Beschluß der Patentabteilung 13 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Oktober 2001 gerichtet, mit dem das Patent 42 37 405 nach Prüfung des auf den Einspruchsgrund der fehlenden Patentfähigkeit gestützten Einspruchs mit der Begründung widerrufen worden ist, daß der Gegenstand des seinerzeit geltenden Patentanspruchs 2 vom 17. November 1997 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung die Teilung des Patents erklärt. Sie hat für das Stammpatent neue Ansprüche 1 bis 4 mit einer neuen Beschreibung und für die Teilanmeldung neue Ansprüche vorgelegt.

Die Patentinhaberin macht geltend, der Gegenstand des angefochtenen Patents in der nunmehr verteidigten Verfassung stelle eine patentfähige Erfindung dar. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent aufrechtzuerhalten mit den jeweils am 13. November 2002 überreichten Patentansprüchen 1 bis 4 mit 7 Seiten Beschreibung, Zeichnungen nach Patentschrift.

Die Einsprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, daß der Patentgegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe und daher nicht patentfähig sei.

Die Einsprechende hat im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und im Beschwerdeverfahren zum Stand der Technik folgende Druckschriften genannt:

1. deutsche Offenlegungsschrift 24 58 728 2. US-PS 4 004 343 3. deutsche Offenlegungsschrift 35 02 287 4. deutsche Offenlegungsschrift 2 166 608 5. Grünwald, Fertigungsverfahren in der Gerätetechnik, VEB-Verlag Technik, 2. Aufl, Berlin 1985, S 410 bis 425 6. Kleine Enzyklopädie Technik, Pfalz Verlag, Basel 1965, S 268 bis 271, 7. Nichtrostende Stähle - Eigenschaften Verarbeitung Anwendungsnormen, Verlag Stahl Eisen, 2. Aufl, Düsseldorf 1989, S 16 bis 39 und 184 bis 189, 8. Rost- und säurebeständige Stähle, Druckschrift der Stahlwerke Südwestfalen AG, Ausgabe April 1970, S 66 bis 79, 9. Küppers, Schmidt, Einfluß der Austenitstabilität auf das Verhalten von Stählen, in: Bänder Bleche Rohre, Ausgabe 10 - 1986, S 209 bis 215 10. Rieker, Morris, Steffen, Formation of hard microcrystalline layers on stainless steel by laser alloying, in: Materials Science and Technology, June 1989, Vol. 5, 11. Auerbach, Randschichtumgeschmolzene und randschichtumschmelzlegierte Schichten, in: Galvanotechnik, 79 (1988) Nr. 7, S 2162 bis 2168.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Verfahren zur Herstellung eines Kerns einer Kraftstoffeinspritzvorrichtung, wobei die Kraftstoffeinspritzvorrichtung eine Ventilstange und einen elektromagnetischen Aktuator umfaßt, der aus einer in einem Gehäuse angeordneten elektromagnetischen Spule und einem aus einem einzigen Werkstück hergestellten festen Kern gebildet ist, wobei der Kern aus zwei magnetischen Abschnitten und einem dazwischen befindlichen nichtmagnetischen Abschnitt besteht, und der Brennkraftmaschine Kraftstoff durch Hin- und Herbewegen der Ventilstange mittels des elektromagnetischen Aktuators zugeführt wird, mit den Schritten:

a) Formen eines nichtmagnetischen Werkstücks aus einem nichtmagnetischen, austenitischen rostfreiem Stahl in die Gestalt des festen Kerns, b) erste Wärmebehandlung des Werkstücks, c) Umwandeln des wärmebehandelten, nichtmagnetischen, austenitischen, rostfreien Werkstücks in ein magnetisches, martensitisches Werkstück, d) örtliche zweite Wärmebehandlung in einem mittleren Abschnitt des magnetischen, martensitischen Werkstücks zur Umwandlung des magnetischen, martensitischen mittleren Abschnitts in einen nichtmagnetischen, austenitischen mittleren Abschnitt, dadurch gekennzeichnet, daß

e) das Formen des nichtmagnetischen Werkstücks und die erste Wärmebehandlung des Werkstücks durch Heißschmieden in einem Temperaturbereich metastabilen Austenits stattfinden, wobei dieser Temperaturbereich nicht niedriger als die matensitische Umwandlungstemperatur ist, f) das Umwandeln des heißgeschmiedeten, nichtmagnetischen, austenitischen, rostfreiem Werkstück in ein magnetisches, martensitisches Werkstück durch Abkühlen des Werkstücks nach dem Heißschmieden vorgenommen wird."

Die Ansprüche 2 bis 4 sind auf Merkmale gerichtet, mit denen das Verfahren nach Anspruch 1 weiter ausgebildet werden soll.

Laut Beschreibung (S 2, Z 7 bis 10, iVm S 1, Z 3 bis 7) soll die Aufgabe gelöst werden, ein verbessertes Verfahren zum Herstellen eines festen Kerns für einen elektromagnetischen Aktuator einer Kraftstoffeinspritzvorrichtung nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 zu schaffen.

Für weitere Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.

II Die frist- und formgerechte Beschwerde ist zulässig und hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang teilweise Erfolg.

1. Die Teilungserklärung ist zulässig. Im Stammpatent verbleiben der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 2 und Maßnahmen zu dessen weiterer vorteilhafter Ausgestaltung. Der Rest des angefochtenen Patents wird Gegenstand der Teilungsanmeldung.

Die Patentinhaberin hat auf einen eventuellen Rückfall der Teilanmeldung in das Stammpatent gemäß PatG § 39 Abs 2 verzichtet.

2. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 4 sind zulässig. Der Anspruch 1 geht zurück auf den erteilten Anspruch 2 iVm dem erteilten Anspruch 1 sowie auf die Beschreibung, Spalte 3, Zeilen 35 bis 45. Der Anspruch 2 entspricht dem erteilten Anspruch 11. Die in den Ansprüchen 3 und 4 angegebenen Merkmale sind in den Zeilen 32 und 38 der Spalte 3 der Beschreibung offenbart. Die vorgenannten Beschreibungsteile waren auch in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen enthalten.

3. Der Gegenstand des Patents in der nunmehr geltenden Fassung stellt eine patentfähige Erfindung im Sinne des PatG § 1 bis § 5 dar.

Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu.

In der deutschen Offenlegungsschrift 2 166 608 ist beschrieben, daß der rohrförmige Kern eines elektromagnetisch betätigten Ventils, zB für eine elektronisch gesteuerte Kraftstoffeinspritzung (S 22, maschinengeschriebene Numerierung, Abs 3), ausgehend von einem nichtmagnetischen austenitischen Werkstück durch Erwärmen und anschließendes Abkühlen in einen magnetischen martensitischen Zustand umgewandelt wird und daß anschließend ein mittlerer Abschnitt durch selektives Glühen wieder in seinen nichtmagnetischen austenitischen Zustand umgewandelt wird. Von diesem bekannten Verfahren unterscheidet sich das Verfahren nach Anspruch 1 des vorliegenden Patents im wesentlichen dadurch, daß bei der dem Abkühlen zum Umwandeln in den martensitischen Zustand vorangehenden Wärmebehandlung ein Heißschmieden des Werkstücks bei einer Temperatur vorgenommen wird, die oberhalb der Temperatur liegt, bei der ein Umwandeln vom metastabilen austenitischen Zustand in den martensitischen Zustand stattfindet.

Ein solcher Verfahrensschritt ist auch in keiner der übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften offenbart.

Das Verfahren nach Anspruch 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist auch das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Bei den in der deutschen Offenlegungsschrift 2 166 608 beschriebenen Verfahren wird von einem rostfreien austenitischen Rohr ausgegangen. Der Fachmann, als welcher hier ein Maschinenbauingenieur mit Erfahrungen auf dem Gebiet der stählernen Werkstoffe und deren Verarbeitung anzusehen ist, weiß, daß solche Rohre in vielerlei Abmessungen und Stahlqualitäten gehandelt werden. Von daher ergibt sich keine Notwendigkeit zu einer Umformung des Rohres, insbesondere nicht durch Schmieden.

In der Druckschrift ist als Alternative zur Wärmebehandlung und anschließenden Abkühlung eine Kaltbearbeitung zur Transformation von Austenit in Martensit angegeben (Übergang S 9 zu S 10). Auch hieraus ergibt sich keine Anregung dafür, ein Heißschmieden des rohrförmigen Kerns oberhalb der martensitischen Umwandlungstemperatur vorzusehen, dh den Kern zu schmieden, ohne dabei die genannte Gefügeumwandlung anzustreben.

Auch die Berücksichtigung der übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften kann dem Fachmann die Lehre des Anspruchs 1 nicht nahelegen. Zwar ist in der Veröffentlichung "Einfluß der Austenitstabilität auf das Verhalten von Stählen" (D9) ein Zusammenhang zwischen der Temperatur, bei der eine Verformung eines austenitischen Werkstoffs stattfindet, und der dabei eintretenden Umwandlung von Austenit in Martensit beschrieben. Da bei dem patentgemäßen Verfahren aber die Umwandlung von Austenit in Martensit beabsichtigt ist (bevor in einem Teilbereich eine Rückumwandlung in Austenit vorgenommen wird), gibt auch die vorgenannte Literaturstelle dem Fachmann keine Veranlassung, ein Heißschmieden oberhalb der martensitischen Umwandlungstemperatur vorzusehen.

Die übrigen Druckschriften liegen vom Gegenstand des angefochtenen Patents in der nunmehr geltenden Fassung weiter ab und haben auch in der mündlichen Verhandlung keine Rolle mehr gespielt.

Dr. Pösentrup Richter Köhn ist wegen Erkrankung an der Leistung der Unterschrift gehindert Eberhard Dr. Pösentrup Schmitz Na






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