Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Juli 2010
Aktenzeichen: 27 W (pat) 532/10

(BPatG: Beschluss v. 23.07.2010, Az.: 27 W (pat) 532/10)

Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 vom 18. Februar 2009 wird aufgehoben, soweit die Markenstelle die Anmeldung für die Dienstleistungen

"Klasse 41: Bereitstellung und Vermietung von Beschallungs-, Beleuchtungsund Bühnentechnik; Bereitstellung und Vermietung von Bühnenund Theaterdekoration; Bühnendesign; Lichtdesign und Sounddesign Klasse 42: Dienstleistungen eines Ingenieurs; Dienstleistungen eines Industriedesigners; Technische Projektplanung; Konstruktionsplanung Klasse 45: Beratung auf dem Gebiet der Sicherheit"

zurückgewiesen hat.

Gründe

I.

Das Deutsche Patentund Markenamt hat mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 vom 18. Februar 2009 die Anmeldung der Bezeichnung EVENT-BRIGADE für Dienstleistungen der Klassen 41 bis 43 nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen, weil die aus den Bestandteilen "EVENT" in der bekannten Bedeutung "besonderes Ereignis" und "BRIGADE", der nicht nur für eine militärische Truppeneinheit, sondern auch für Arbeitsgruppen geläufig sei, zusammengesetzte angemeldete Bezeichnung vom Publikum, an welches sich die beanspruchten Dienstleistungen richteten, nur als Sachhinweis auf irgendeinen Anbieter verstanden werde, welcher Veranstaltungen organisiere und durchführe.

Mit ihrer Beschwerde bestreitet die Anmelderin im Wesentlichen, dass das Publikum die angemeldete Bezeichnung in der von der Markenstelle angenommenen Bedeutung verstehe.

Auf Hinweis des Senats hat die Anmelderin das Dienstleistungsverzeichnis wie folgt eingeschränkt:

"Klasse 41: Bereitstellung und Vermietung von Beschallungs-, Beleuchtungsund Bühnentechnik; Bereitstellung und Vermietung von Bühnenund Theaterdekoration; Bühnendesign; Lichtdesign und Sounddesign Klasse 42: Dienstleistungen eines Ingenieurs; Dienstleistungen eines Industriedesigners; Technische Projektplanung; Konstruktionsplanung Klasse 45: Beratung auf dem Gebiet der Sicherheit"

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 vom 18. Februar 2009 aufzuheben.

II. A. Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat nach der Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses Erfolg. Die angemeldete Kennzeichnung ist für die nunmehr nur noch beanspruchten Dienstleistungen nicht wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

1. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] - Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] -SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] -BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] -SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] - SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] -Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] -Das Prinzip der Bequemlichkeit).

Der Senat teilt dabei allerdings anders als die Anmelderin die Ansicht der Markenstelle, dass der Begriff "EVENT-BRIGADE" vom Publikum in Zusammenhang mit Dienstleistungen, welche unmittelbar mit der Organisation und Durchführung von Veranstaltungen befasst sind, nur als bloßer Sachhinweis auf irgendeinen hierauf spezialisierten Anbieter verstanden wird.

Etwas Anderes gilt indessen für die nach der Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses noch beanspruchten Dienstleistungen. Zwar mögen auch diese mittelbar der Durchführung von Events dienen, sie sind aber nicht unmittelbar bereits für die Organisation und Durchführung von Events ausreichend. Anders als die für ein Event erforderlichen organisatorischen und technischen Maßnahmen, welche in der Regel nur arbeitsteilig durch mehrere Personen erbracht werden können, bedarf es für diese Dienstleistungen nicht zwingend eines Tätigwerdens durch eine Arbeitsgruppe. Das Publikum wird daher nicht nur bei der Bereitstellung und Vermietung von Techniken und Dekorationen, sondern auch bei den beanspruchten Design-, Planungsund Beratungsdienstleitungen zwar dem Bestandteil "EVENT", nicht aber dem weiteren Bestandteil "BRIGADE" eine sachliche Bedeutung beilegen können, da dieser üblicherweise mit einer Arbeitsgruppe zu verbindende Begriff in Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen fremd wirkt und daher unverständlich bleibt. Mangels einer nahegelegten Sachbedeutung wird das Publikum daher eher dazu neigen, die angemeldete Bezeichnung in Zusammenhang mit den nach der Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses beanspruchten Dienstleistungen als Hinweis auf deren Herkunft aus einem bestimmten individuellen Unternehmen und damit als Marke für diese Dienstleistungen aufzufassen. Damit kann der angemeldeten Bezeichnung für diese Dienstleistungen aber das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft i. S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG letztlich nicht abgesprochen werden.

Da für die noch beanspruchten Dienstleistungen auch ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht ersichtlich ist, war auf die Beschwerde der Anmelderin nach der Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses der Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

B. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG besteht keine Veranlassung.

Dr. van Raden Kruppa Schwarz Me






BPatG:
Beschluss v. 23.07.2010
Az: 27 W (pat) 532/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/f6f9aa93dc94/BPatG_Beschluss_vom_23-Juli-2010_Az_27-W-pat-532-10




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share