Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Juli 2003
Aktenzeichen: 33 W (pat) 142/01

(BPatG: Beschluss v. 08.07.2003, Az.: 33 W (pat) 142/01)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Januar 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortmarke METACONTROL ist für die Dienstleistungen Klasse 35: Werbung und Marketingdienstleistungen; Unternehmensberatung, insbesondere Finanzberatung und Erstellen von Firmenstrukturkonzepten; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung;

Klasse 36: Finanzdienstleistungen, insbesondere Handel mit Kapitalbeteiligungen, wie Kaufen, Halten, Anbieten, Verkaufen sowie Emittieren und Plazieren; Geldgeschäfte; Immobilienwesenzur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 24. Januar 2001 wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Marke, die eine derzeit nicht nachweisbare Wortschöpfung sei, bestehe aus den Worten "META" und "CONTROL". Dabei drücke das ursprünglich aus dem Griechischen stammende, mittlerweile eingedeutschte Präfix "META" in Bildungen mit Substantiven aus, dass sich etwas auf einer höheren Stufe befinde, darüber angeordnet sei oder hinter etwas stehe. Das unmittelbar daran angeschlossene englische Wort "CONTROL" bedeute als Substantiv "Aufsicht, Verwaltung; Kontrolle" bzw. als entsprechendes Verb "kontrollieren, leiten, unter sich haben". Auf dem Gebiet der Ökonomie hätten sich darüber hinaus aus "Control" seit längerem Fachbegriffe mit einer spezifischen Bedeutung hervorgebildet, wie etwa "Controlling" und "Controller", wobei "Controlling" spezifisch ökonomisch eine Teilfunktion der Unternehmensführung sei, die Planungs-, Kontroll-, Steuerungs- und Koordinationsaufgaben wahrnehme, um die Entscheidungsträger mit den notwendigen Informationen zur Steuerung des Unternehmens zu versorgen. Das von Controllern durchgeführte Controlling umfasse u.a. die Durchführung von Analysen, betriebswirtschaftlicher Methodenwahl, Entscheidungsvorbereitung, und Investitions- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen". Die maßgebenden Verkehrskreise würden die angemeldete Wortkombination "METACONTROL" daher im Sinne einer "Metakontrolle", d.h. einer "übergeordneten Kontroll- bzw. Überwachungsfunktion" verstehen und damit im Sinne einer besonderen Spielart des Controlling im umschriebenen Sinne. Für sämtliche beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 36 sei es von Vorteil, wenn sie unter einer übergeordneten Kontrolle erbracht würden. Im Rahmen der beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 handle es sich um den Bereich, der klassischer Weise dem Controlling unterworfen werde, so dass das angemeldeten Markenwort auch auf diesem Sektor einen sachbeschreibenden Inhalt habe; der sehr ähnlich gebildete und als gleichbedeutend zu erachtende Begriff des "Meta-Controlling" werde bereits verwendet.

Gegen den Zurückweisungsbeschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Der Begriff "METACONTROL" - so trägt er vor - sei ein aus den Worten "META" und "CONTROL" zusammengesetztes Phantasiewort. Bei seinen beiden Bestandteilen handle es sich in der deutschen Übersetzung um mehrdeutige, unscharfe Begriffe, deren Kombination zu einem Phantasiewort wiederum zu einem mehrdeutigen Begriff führe und der nicht zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der angesprochenen Dienstleistungen, also insbesondere von Finanzdienstleistungen, Werbung und Marketingdienstleistungen, dienen könne, so dass ein Freihaltungsbedürfnis nicht bestehe. Dem Begriff "METACONTROL" könne in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen auch kein im Vordergrund stehender Begriffsinhalt zugeordnet werden. "METACONTROL" enthalte weder eine Sach- noch eine Werbeaussage noch handle es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde. Die Interpretation durch die Markenstelle, die nur eine von mehreren Möglichkeiten sei, erfordere mehrere Schritte.

Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Nach Übersendung umfangreichen Recherchematerials durch den Senat hat der Anmelder das Dienstleistungsverzeichnis auf die Dienstleistungen "Werbung; Immobilienwesen" beschränkt.

II.

Die zulässige Beschwerde des Anmelders hat in der Sache Erfolg, da das Zeichen für die nach der zulässigen Einschränkung noch vom Beschwerdeverfahren betroffenen Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist und insoweit kein Freihaltebedürfnis besteht (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl. BGH WRP 2001, 1082 - marktfrisch; GRUR 2002, 540 - OMEPRAZOK, m.w.N.). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH a.a.O.).

Nach diesen Grundsätzen - aber auch, soweit die Anforderungen an die Unterscheidungskraft durch das Urteil des Europäischen Gerichtshof vom 6. Mai 2003 (RS C-104/01, TZ 59) strenger geworden sein sollten - verfügt die angemeldete Marke für die noch beanspruchten Dienstleistungen über die erforderliche Unterscheidungskraft.

Bei "META" handelt es sich um ein auch im Deutschen in Fremdwortzusammensetzungen geläufiges Präfix, das regelmäßig in substantivischer oder adjektivischer Verbindung verwendet wird und je nach Wortkombination unterschiedliche Bedeutungen aufweist, die auf einen Wandel, einen Wechsel in einen anderen Zustand hinweisen oder auf etwas, das auf einer höheren Stufe steht, darüber angeordnet ist oder hinter etwas steht (vgl. Duden, Das Fremdwörterbuch, 7. Aufl. 2001). Der zweite Zeichenbestandteil "CONTROL" ist das englische Wort sowohl für "kontrollieren" (to control) als auch für "Kontrolle" und gehört zum Grundwortschatz (Klett, Thematischer Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, Ausgabe 1999). Für die vorliegende konkrete Zusammensetzung, die entsprechend den Begriffen "Metaphysik, Metakommunikation" oder "Metakritik" sprachüblich gebildet ist, ergibt sich für die angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich sowohl um Fachpublikum als auch um Endverbraucher handelt, ohne weiteres die Bedeutung "Metakontrolle" im Sinne einer "übergeordneten Kontrolle". Dies entspricht auch dem Ergebnis der Internetrecherche des Senats, wonach es sich bei dem Begriff "Metacontrol" nicht um ein Phantasiewort handelt, sondern um einen wissenschaftlichen Fachbegriff, zu dem auch ein deutsches Pendant existiert, nämlich "Metakontrolle" bzw. "Meta-Kontrolle". Neben den Bereichen EDV, Psychologie, Pädagogik und Gehirnforschung wird der Begriff in der Betriebswirtschaftslehre verwendet (siehe Einführung in die BWL Uni Klagenfurt; Controlling als Koordinationsfunktion - vgl. auch Q plus 2002, S. 6100.11), und zwar im Zusammenhang mit dem sog. Controlling, d.h. dem unterstützenden Subsystem der Führung eines Unternehmens, das Planung, Kontrolle, sowie Informationsversorgung koordiniert. Allen Anwendungsbereichen ist aber gemeinsam, dass sich der Begriff jeweils auf eine übergeordnete (Kontroll-) Ebene bezieht.

Hinsichtlich der noch beanspruchten Dienstleistungen spielt eine derartige Kontrolle allenfalls in der Betriebsstruktur der Anbieter eine interne Rolle, jedenfalls besitzt das Markenwort für "Werbung; Immobilienwesen" keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt. Ebenso wenig handelt es sich hier im Gegensatz zu den Bereichen EDV, Psychologie, Pädagogik, Gehirnforschung oder Betriebswirtschaftslehre um einen geläufigen Begriff. Insgesamt fehlt es daher an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, daß der Verkehr die angemeldete Bezeichnung nur im Sinne einer rein beschreibenden Aussage hinsichtlich der damit gekennzeichneten Dienstleistungen wertet, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen wird.

2. Das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind nur solche Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (u.a.) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen oder dienen können (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE; BGH MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; BGH GRUR 1999, 988, 989; BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU). Dies ist hier nicht der Fall. Eine Verwendung der Bezeichnung als beschreibende Angabe auf den einschlägigen Dienstleistungsgebieten ist nach den Recherchen des Senates nicht nachweisbar. Von einem auf einer gegenwärtigen Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Da, wie oben bereits ausgeführt wurde, der Marke "METACONTROL" keine konkrete Aussage in Bezug auf Merkmale der noch beanspruchten Dienstleistungen zugeordnet werden kann, liegen auch keine Hinweise dafür vor, daß Dritte künftig insoweit ein legitimes Interesse an der werblichen Verwendung der angemeldeten Marke haben könnten.

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BPatG:
Beschluss v. 08.07.2003
Az: 33 W (pat) 142/01


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