Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Februar 2009
Aktenzeichen: 30 W (pat) 53/07

(BPatG: Beschluss v. 12.02.2009, Az.: 30 W (pat) 53/07)

Tenor

1.

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patentund Markenamtes vom 24. Mai 2007 und vom 1. September 2006 insoweit aufgehoben, als darin der Widerspruch aus der Marke 395 39 552 auch für die Waren "Migränemittel, medizinische Kräutertees, medizinische Tees, Heilkräutertees, Diätnahrungsmittel für medizinische Zwecke, Diätgetränke für medizinische Zwecke" zurückgewiesen wurde. Insoweit wird die weitere Löschung der Marke 300 79 333 angeordnet.

2.

Im Übrigen wird die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Eingetragen am 26. Juni 2003 unter der Nummer 300 79 333 -nach Teillöschung im Widerspruchsverfahren -u. a. für die Waren:

Mittel zur Körperund Schönheitspflege; Hautpflegemittel; Babykost, Abführmittel, medizinische Abmagerungspräparate, Aldehyde für pharmazeutische Zwecke, Alkohol für medizinische Zwecke, Aluminiumacetat für pharmazeutische Zwecke, Anästhetika, antiparasitäre Mittel, Antirheuma-Armbänder, -reifen, -ringe, Antiseptika, Asthmatee, Äther für pharmazeutische Zwecke, Acetate für pharmazeutische Zwecke, Babykost, Badesalze für medizinische Zwecke, Badezusätze für medizinische Zwecke, therapeutische Badezusätze, Bakterienpräparate für medizinische Zwecke, bakteriologische Präparate für medizinische Zwecke, blutbildende Mittel, blutreinigende Mittel, Bonbons für medizinische Zwecke, Chinarinde für medizinische Zwecke, Chinin für medizinische Zwecke, Chinolin für medizinische Zwecke, Desinfektionsmittel für hygienische Zwecke, Detergentien für medizinische Zwecke, Diätgetränke für medizinische Zwecke, diätetische Substanzen für medizinische Zwecke, Diätnahrungsmittel für medizinische Zwecke, Eiweißgrundlage für medizinische Zwecke, Eiweißpräparate für medizinische Zwecke, Enzian für pharmazeutische Zwecke, Ester für pharmazeutische Zwecke, Eukalyptol für pharmazeutische Zwecke, Eukalyptus für pharmazeutische Zwecke, Fenchel für medizinische Zwecke, Fermente für pharmazeutische Zwecke, Fette für medizinische Zwecke; Formaldehyd für pharmazeutische Zwecke, Frostbeulenmittel, Frostsalbe für pharmazeutische Zwecke, Gelatine für medizinische Zwecke, Gelee Royal für medizinische Zwecke; Getränke, Gifte, Glucose für medizinische Zwecke, Glyzerin für medizinische Zwecke, Hämoglobin, Hämorrhoidenmittel, Harnsäure, pharmazeutische Präparate für die Hautpflege, Hefe für pharmazeutische Zwecke, Heilkräutertees, Kalkpräparate für pharmazeutische Zwecke, Kampfer, keimtötende Mittel, Kontrastmittel für medizinische Zwecke, Kontrazeptiva, Kräuter, Lecithin für medizinische Zwecke, Lotionen für pharmazeutische Zwecke, Magnesium für pharmazeutische Zwecke, Malz für pharmazeutische Zwecke, medizinische Kräutertees, medizinische Tees, Menthol, Migränemittel, Mineralsalze, Nährmittel auf Eiweißgrundlage für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen, Natriumsalze für medizinische Zwecke, Pektin für pharmazeutische Zwecke, Pepsine für pharmazeutische Zwecke, Peptone für pharmazeutische Zwecke, Pfefferminze für pharmazeutische Zwecke, Phenol für pharmazeutische Zwecke, Phosphate für pharmazeutische Zwecke, Rizinusöl für pharmazeutische Zwecke, Röntgenkontrastmittel für medizinische Zwecke, Salmiakpastillen, Schlankheitstee für medizinische Zwecke, Senföl für medizinische Zwecke, Sirupe für pharmazeutische Zwecke; Sonnenbrandsalben, Sonnenschutzmittel für pharmazeutische Zwecke, Sulfonamide, Tonika für medizinische Zwecke, Traubenzucker für medizinische Zwecke, Vaseline für medizinische Zwecke, Verdauungsmittel für pharmazeutische Zwecke, Vitaminpräparate, Weinstein für pharmazeutische Zwecke, Wismutpräparate für pharmazeutische Zwecke, Wurzeln mit medizinischer Wirkung, Zucker für medizinische Zwecke; sämtliche vorgenannten Waren nur zur humanen Verwendung; ausgenommen Neuroleptika; Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Kohlenhydratenist die Wortmarke Zelldon.

Widerspruch wurde erhoben aus der unter der Nummer 395 39 552 am 23. April 1996 für Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflegeeingetragenen Wortmarke ZELDOX, deren über Neuroleptika hinausgehende Benutzung im Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt bestritten wurde. Die Widersprechende hat Benutzungsunterlagen für ein Medikament zur Behandlung von Schizophrenie für den Zeitraum 2002 bis 2004 vorgelegt und eine weitergehende Benutzung nicht beansprucht.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patentund Markenamt hat in zwei Beschlüssen -einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen -die angegriffene Marke teilweise gelöscht. Im Umfang der obengenannten Waren der angegriffenen Marke hat sie den Widerspruch zurückgewiesen, wobei der Erstprüfer den Widerspruch für die Waren "Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke, pharmazeutische Präparate, Suppositorien" zunächst zurückgewiesen hatte, insoweit hat die Erinnerungsprüferin den Erstbeschluss aufgehoben und auch für diese Waren die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

In den Beschlüssen ist die Markenstelle von einer Benutzung der Widerspruchsmarke für ein rezeptpflichtiges Psychopharmakum, das zur Behandlung von Schizophrenie bestimmt ist, ausgegangen und hat nach der erweiterten Minimallösung die Ware "Psychopharmaka" zugrunde gelegt. Während der Erstprüfer davon ausgegangen war, dass selbst bei nur durchschnittlicher Warenähnlichkeit der zu fordernde durchschnittliche Markenabstand in klanglicher Hinsicht nicht mehr eingehalten sei, da Übereinstimmung in Silbenzahl, Betonung und der den Klang prägenden Vokalfolge bestehe, wogegen der Unterschied am Wortende nicht ausreichend deutlich sei, hat die Erinnerungsprüferin bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft eine eher unterdurchschnittlich ausgeprägte Markenähnlichkeit angenommen, da die Marken ein unterschiedliches Klangbild aufwiesen. Die erste Silbe "Zel" der Widerspruchsmarke werde eher gedehnt gesprochen, die erste Silbe "Zell" der angegriffenen Marke eher kurz. Die zweite Silbe der angegriffenen Marke mit dem stimmlosen Konsonanten "n" unterscheide sich von der Endsilbe "dox" der Widerspruchsmarke mit dem charakteristischen Sprenglaut recht deutlich. Schriftbildlich sei der Endkonsonant "x" sehr auffällig. Bei geringer Markenähnlichkeit bestehe Verwechslungsgefahr lediglich bei identischen oder hochgradig ähnlichen Waren. Die von der Löschung nicht betroffenen Waren seien nur gering ähnlich. Es handle sich um Rohstoffe oder Halbfabrikate für Medikamente und Präparate, die nicht als Fertigarzneimittel eingesetzt würden oder um Fertigarzneimittel, die nicht als Psychopharmaka eingesetzt würden. Hinsichtlich der Migränemittel und Psychopharmaka bestehe Indikationsverschiedenheit, zu Nahrungsergänzungsmitteln bestehe keine Übereinstimmung.

Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, es bestehe wegen der überwiegenden Übereinstimmung in den ersten fünf Lauten "Zeldo" eine große klangliche Nähe der Markenwörter, so dass schon bei entfernter Warenähnlichkeit Verwechslungsgefahr bestehe. Insbesondere die noch verbleibenden pharmazeutischen Präparate, Arzneimittel und medizinischen Fertigprodukte wie "medizinische Abmagerungspräparate, Anästhetika, bakteriologische Präparate für medizinische Zwecke, Hämorrhoidenmittel, pharmazeutische Präparate für die Hautpflege, medizinische Kräutertees, medizinische Tees, Migränemittel, Sirupe für pharmazeutische Zwecke; Tonika für medizinische Zwecke, Verdauungsmittel für pharmazeutische Zwecke, Wurzeln mit medizinischer Wirkung" seien im engeren Ähnlichkeitsbereich. Ausgehend von Psychopharmaka handele es sich zwar um Fertigarzneimittel mit unterschiedlicher Indikation, die aber dieselben Herstellungsstätten und Vertriebsorte aufwiesen. Hinsichtlich "Migränemittel" sei zu berücksichtigen, dass diese zwar einer eigenen Hauptgruppe der Roten Liste angehörten, aber ebenfalls zur Behandlung einer neurologischen Erkrankung eingesetzt würden. Sie legt weitere Benutzungsunterlagen für den Zeitraum 2004 bis 2008 vor.

Sie beantragt, die Beschlüsse des Deutschen Patentund Markenamtes vom 1. September 2006 und vom 24. Mai 2007 aufzuheben, soweit der Widerspruch zurückgewiesen wurde und die Löschung der Marke 300 79 333 in vollem Umfang anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie führt zur Begründung aus, seitens der Widerspruchsmarke seien ausschließlich Neuroleptika zugrunde zu legen, für die keine Warenähnlichkeit zu den verbleibenden Waren der angegriffenen Marke bestehe, da es sich bei diesen um Rohstoffe, Einzelsubstanzen und Halbfabrikate handle. Zu den Migränemitteln der angegriffenen Marke bestehe eine deutliche Indikationsverschiedenheit. Selbst bei geringer Warenähnlichkeit fehle es an einer die Verwechslungsgefahr begründenden Markenähnlichkeit, da die Vergleichsmarken trotz identischer Vokalfolge einen unterschiedlichen Sprechrhythmus und eine abweichende Betonung aufwiesen. Auch der beschreibende Anklang an "Zelle" in der angegriffenen Marke sei kollisionsmindernd zu berücksichtigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache zum Teil Erfolg.

Hinsichtlich der im Tenor genannten Waren besteht zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke 395 39 552 die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Absatz 1 Nr. 2 Markengesetz, so dass die Beschlüsse der Markenstelle insoweit aufzuheben und die weitere Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen war. Dagegen erachtet der Senat für die sonstigen vom Widerspruch noch umfassten Waren der angegriffenen Marke eine Verwechslungsgefahr nicht für gegeben, so dass die Beschwerde der Widersprechenden im Übrigen zurückzuweisen war.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st. Rspr. vgl. GRUR 2005, 513 -MEY/Ella May; GRUR 2004, 865, 866 -Mustang; GRUR 2004, 598, 599 -Kleiner Feigling; GRUR 2004, 783, 784 -NEURO-VIBO-LEX/NEURO-FIBRAFLEX).

Nach diesen Grundsätzen ist hier die Gefahr von Verwechslungen teilweise zu bejahen.

1.

Bei seiner Entscheidung hat der Senat mangels anderer Anhaltspunkte eine normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zugrunde gelegt.

2.

Nachdem die Widersprechende neue Benutzungsunterlagen für den weiteren Zeitraum von 2004 bis 2008 vorgelegt hat und die Inhaberin der angegriffenen Marke eine Benutzung der Widerspruchsmarke für Neuroleptika anerkannt hat, sind nach den Grundsätzen der sogenannten erweiterten Minimallösung "Psychopharmaka" zugrunde zu legen.

Die mit der Widerspruchsmarke "ZELDOX" benutzte Ware "Neuroleptika" lässt sich unter den Begriff "Pharmazeutische Präparate" ihres Warenverzeichnisses subsumieren. Nach ständiger Rechtsprechung wird die Widersprechende im Rahmen der Integrationsfrage dabei einerseits nicht auf das ganz spezielle mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Produkt festgelegt, andererseits aber auch der Rückgriff auf den eingetragenen Oberbegriff abgelehnt. Anerkannt wird im Arzneimittelbereich unabhängig von der tatsächlichen Verwendung die Benutzung im Bereich, der der jeweiligen Hauptgruppe der Roten Liste entspricht -hier also Psychopharmaka gemäß der Hauptgruppe 71 -ohne Festlegung auf einen bestimmten Wirkstoff, eine bestimmte Darreichungsform oder eine bestehende Rezeptpflicht (vgl. BPatG GRUR 2004, 954, 955 f. -CYNARETTEN/Circanetten; GRUR 2001, 513, 515 -CEFABRAUSE/CEFASEL; Ströbele/Hacker MarkenG, 8. Aufl. § 26 Rdn. 141 ff. m. w. N.). Eine weitergehende Benutzung hat die Widersprechende nicht geltend gemacht.

Danach ist für die Beurteilung der Warenähnlichkeit den von der angegriffenen Marke "Zelldon" beanspruchten Waren die Ware "Psychopharmaka" der Widerspruchsmarke gegenüber zu stellen.

3. Bei Berücksichtigung der von der Löschungsanordnung der Markenstelle nicht umfassten Waren der angegriffenen Marke können die beiderseitigen Marken noch zur Kennzeichnung identischer und eng ähnlicher Waren verwendet werden.

Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren ist anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebsoder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrer Nutzung, ihrer Eigenart als einander ergänzende Produkte - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein können, sie stammten aus demselben Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. BGH GRUR 2004, 594, 596 -Ferrari-Pferd; GRUR 2004, 600, 601 -dcfix/CD-FIX). Dabei reicht der Umstand, dass sich die Waren in irgendeiner Hinsicht ergänzen können, zur Feststellung der Ähnlichkeit noch nicht aus. Vielmehr ist eine gegenseitige Ergänzung in dem Sinne notwendig, dass dadurch die Annahme gemeinsamer oder doch miteinander verbundener Ursprungsstätten nahegelegt wird und damit auch der Kontrolle und Qualitätsverantwortung desselben Unternehmens (vgl. BPatG GRUR 2002, 345, 347 -ASTRO BOY/Boy). Daher liegt eine Warenähnlichkeit dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betroffenen Waren aus demselben Unternehmen oder ggf. aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Dabei ist für die Ähnlichkeit der Waren nicht die Feststellung gleicher Herkunftsstätten entscheidend, sondern die Erwartung des Verkehrs von einer Verantwortlichkeit desselben Unternehmens für die Qualität der Waren (vgl. BGH, GRUR 1999, 731 -Canon II).

Ausgehend von den als benutzt anzusehenden Waren "Psychopharmaka" der Widerspruchsmarke besteht teils Identität bzw. enge Ähnlichkeit im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu den Waren der angegriffenen Marke.

So werden zu den "Psychopharmaka" auch einfache pflanzliche oder homöopathische Präparate gezählt, wie z. B. solche auf der Basis von Johanniskraut, das als Antidepressivum verwendet wird oder auch pflanzliche Sedativa wie Hopfen, Baldrian oder Kava, die angstlösend und entspannend wirken. Da diese pflanzlichen Wirkstoffe auch in Form von Tees angeboten werden, werden die angegriffenen Waren "medizinische Kräutertees, medizinische Tees, Heilkräutertees" vom Warenbegriff "Psychopharmaka" der Widerspruchsmarke umfasst.

Hinsichtlich der angegriffenen Ware "Migränemittel" ist von enger Warenähnlichkeit auszugehen, die durch eine in der Regel vorliegende Indikationsverschiedenheit nur unwesentlich vermindert ist. Da es sich bei Migräne um eine neurologische Erkrankung mit einem vielgestaltigen Krankheitsbild handelt, die häufig auch unter Begleiterkrankungen wie z. B. zusammen mit einer Depression, mit Schlaflosigkeit oder Untergewicht auftreten kann, werden in solchen Fällen anstelle eines Kopfschmerzmittels oder auch gleichzeitig Antidepressiva verabreicht. "Diätnahrungsmittel für medizinische Zwecke, Diätgetränke für medizinische Zwecke", lassen sich im Rahmen einer Ernährungsumstellung bei psychischen Erkrankungen oder zur Vermeidung von Nebenwirkungen auf die Verdauungsorgane als ergänzende Waren verwenden. Für diese Waren der angegriffenen Marke lassen sich jedenfalls nach den obengenannten Grundsätzen Gemeinsamkeiten bei Verwendung, Vertrieb und Verkaufsstätten feststellen (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 14. Aufl., S. 11 re. Sp.), so dass ebenfalls von enger Warenähnlichkeit auszugehen ist.

Auch wenn Psychopharmaka häufig erst nach Konsultation eines Arztes und dann auf Rezept erworben werden, zählen zu diesem Bereich auch die einfachen, pflanzlichen Psychopharmaka, die rezeptfrei erhältlich sind und sich für eine Selbstmedikation eignen, so dass allgemeine Verkehrskreise jedenfalls in erheblichem Umfang zu berücksichtigen sind.

4. Unter Berücksichtigung der genannten Umstände sind an den markenrechtlichen Abstand in Bezug auf die identischen und enger ähnlichen Waren hohe Anforderungen zu stellen, denen die angegriffene Marke nicht (mehr) gerecht wird.

Soweit Fachleute allein wie Ärzte, Apotheker und deren Hilfspersonal mit den Marken in Berührung kommen, können Verwechslungen zwar eher ausgeschlossen sein, da dieser Personenkreis im Hinblick auf die verschiedenen Arzneiund Heilmittel besondere Fachkenntnisse hat, die ein Auseinanderhalten der Kennzeichnungen eher erleichtern können.

Der Senat hat aber erhebliche Zweifel, dass auch dem Durchschnittsverbraucher trotz der unterstellten größeren Aufmerksamkeit ein sicheres Auseinanderhalten der Markenwörter möglich ist. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Verwechslungsgefahr grundsätzlich nach dem Gesamteindruck zu beurteilen ist, zu dem in erster Linie die Übereinstimmungen beitragen (vgl. BGH GRUR 2004, 783 -NEURO-FIBRAFLEX/NEURO-VIBOLEX).

Unter diesen Voraussetzungen kommt die angegriffene Marke angesichts der bestehenden klanglichen Übereinstimmungen der Widerspruchsmarke zu nahe.

So stimmen die sich gegenüberstehenden zweisilbigen Markenwörter in der ersten Silbe "Zel(l)-" überein, wobei die Verdoppelung des Mittelkonsonanten "-l-" keinen hörbaren Unterschied bewirkt sowie in der Vokalfolge "-eo-" und im Anfangskonsonant "d" der zweiten Silbe. Da die Betonung in beiden Markenwörtern auf der zweiten Silbe liegt, werden beide Anfangssilben kurz gesprochen, eine gedehnte Aussprache des Vokals "e" in der Anfangssilbe "Zel" der Widerspruchsmarke liegt nicht nahe. Der verbleibende deutliche Unterschied in den Schlusskonsonanten "x" gegenüber "n" führt zwar zu einem prägnanter und härter wirkenden Silbenende "-dox" in der Widerspruchsmarke gegenüber der angegriffenen Marke. Es kann allerdings in nicht zu vernachlässigendem Umfang davon ausgegangen werden, dass auch der Vokal "o" in der Schlusssilbe "-don" der angegiffenen Marke kurz und nicht gedehnt gesprochen wird.

Die Abweichung am Wortende reicht daher nach Ansicht des Senats im Bereich identischer und eng ähnlicher Waren nicht mehr aus, um gegenüber den weitgehenden Übereinstimungen eine ausreichende Unterscheidung im klanglichen Gesamteindruck zu gewährleisten und Verwechslungen mit der notwendigen Sicherheit auszuschließen. Auch ein möglicher begrifflicher Anklang der angegriffenen Marke vermag sich angesichts dieser dominanten klanglichen Übereinstimmungen nicht kollisionsausschließend auszuwirken, zumal dieser bei der klanglichen Wahrnehmung auch bei der Widerspruchsmarke "ZELDOX" naheliegt.

Insoweit ist die Beschwerde der Widersprechenden begründet und sind die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

5. Hinsichtlich der übrigen Waren der angegriffenen Marke, die sämtlich einen lediglich geringen Grad der Warenähnlichkeit zu den Widerspruchswaren "Psychopharmaka" aufweisen, ist der erforderliche Abstand der Marken eingehalten. Wie die Markenstelle hinsichtlich dieser Waren zutreffend festgestellt hat, handelt es sich teils um Waren, die entweder als Grundstoffe oder Halbfabrikate in der Arzneimittelherstellung Verwendung finden oder teils um solche, die zwar im weitesten Sinne auch zur Gesunderhaltung des Körpers eingesetzt werden können, aber nicht um solche, die speziell zur Behandlung von Erkrankungen eingesetzt werden. Die verbleibenden Fertigpräparate zur medizinischen Verwendung finden aufgrund ihrer deutlichen Indikationsverschiedenheit keine gleichzeitige Verwendung bei der Verabreichung von Psychopharmaka. Damit besteht bei grundsätzlich ähnlichen Waren ein Warenabstand, der eine erhebliche Verringerung der Anforderungen an den Markenabstand rechtfertigt.

Auch wenn eine klangliche Annäherung beider Marken nicht zu verkennen ist, so reicht im Bereich geringer Warenähnlichkeit der durch die obengenannte klangliche Abweichung hervorgerufene Unterschied im Gesamtklangbild beider Marken aus, um auch bei Berücksichtigung einer nicht zeitgleichen oder in unmittelbarer zeitlicher Abfolge erfolgenden Wahrnehmung und eines erfahrungsgemäß häufigen undeutlichen Erinnerungsbildes (vgl. dazu EuGH MarkenR 1999, 236, 239 -Lloyd/Loints) und geringer Anforderungen an den Markenabstand eine Verwechslungsgefahr im markenrechtlich relevanten Umfang auszuschließen.

In schriftbildlicher Hinsicht halten die Vergleichsmarken im Bereich geringer Warenähnlichkeit in allen üblichen Wiedergabeformen ebenfalls einen noch ausreichenden Abstand ein. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Marken im Schriftbild erfahrungsgemäß mit etwas größerer Sorgfalt wahrgenommen werden als im eher flüchtigen Klangbild, das häufig bei mündlicher Benennung entsteht (vgl.

BPatG GRUR 2004, 950, 954 -ACELAT/Acesal), und am insoweit beachtlichen Wortende durch den markanten Buchstaben "x" hinreichend divergieren.

Insoweit ist die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

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BPatG:
Beschluss v. 12.02.2009
Az: 30 W (pat) 53/07


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