Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 20. Januar 2003
Aktenzeichen: 13 A 362/01

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 20.01.2003, Az.: 13 A 362/01)

Tenor

Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres insoweit entgegenstehenden Bescheides vom 3. September 1999 - BK 4e-99-029/E 25.06.99 - verpflichtet, die im vorgenannten Bescheid ausgesprochene Entgeltgenehmigung rückwirkend auf den Zeitpunkt des jeweiligen Abschlusses der bis zum Erlass des vorgenannten Bescheids geschlossenen Zusatzverträge zu erteilen.

Im Óbrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten beider Rechtzüge tragen die Klägerin und die Beklagte jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 51.129,19 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin betreibt u.a. Telekommunikationsnetze im Ortsbereich. Sie schloss mit anderen Netzbetreibern Verträge (Basisverträge) über den Zugang zu ihren Teilnehmeranschlussleitungen (TAL). Diese Verträge enthielten u.a. Regelungen über den räumlichen Zugang (Kollokation) zu den TAL, die Entgelte für die Bereitstellung des Zugangs sowie den Bereitstellungsprozess, und zwar die taggenaue Umschaltung innerhalb eines Zeitfensters von Montag bis Freitag von 12.00 bis 16.00 Uhr. Zudem schloss die Klägerin mit mehreren dieser Netzbetreiber jeweils eine "Zusatzvereinbarung über zusätzliche Leistungen zu besonderen Zeiten" (Zusatzverträge), und zwar über Zugangsbereitstellungen außerhalb des im Basisvertrag festgelegten Zeitfensters, wofür sie zusätzlich zum Entgelt des Basisvertrages ein die Mehrkosten für Arbeiten außerhalb der Regelarbeitszeit (zu besonderen Zeiten) abgeltendes Entgelt verlangte. Nach den von ihrer Rechtsvorgängerin übernommenen tariflichen Verpflichtungen muss sie für Arbeitsleistungen außerhalb der Regelarbeitszeit unabhängig von ihrer tatsächlichen Dauer zwei Stunden hinzurechnen.

Unter dem 26. Mai, 24. Juni, 30. Juli, 4. August, 12. August und 13. August 1999 beantragte die Klägerin bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) die Genehmigung der Entgelte für den Zugang zur TAL zu besonderen Zeiten, die sie am 15. März 1999 in einem zweiten Zusatzvertrag mit der Firma O. - D. sowie mit weiteren 12 Netzbetreibern vereinbart hatte und der Höhe nach früher bereits genehmigten Entgelten aus anderen gleichartigen Zusatzverträgen entsprachen. Das Entgelt für die Bereitstellung der TAL zu besonderen Zeiten (Variante 1) betrug 146,-- DM netto und berechnete sich im Rahmen sog. "Projekte zu besonderen Zeiten" (Variante 2) nach dem Aufwand unter Anwendung der Stundensätze gemäß ihrer AGB "Sonstige Dienstleistungen". Unter dem 13. August 1999 beantragte sie überdies, die Genehmigung der Entgelte auf alle künftig noch abzuschließenden Zusatzverträge über Leistungen zu besonderen Zeiten zu erstrecken sowie sie - entsprechend ihren früheren Antragsbegehren - rückwirkend zum Abschlusszeitpunkt des jeweiligen Zusatzvertrages zu erteilen.

Mit Bescheid vom 3. September 1999 genehmigte die Beklagte - befristet bis zum 31. März 2000 - ein Entgelt für die Bereitstellung der TAL zu besonderen Zeiten von 146,-- DM pro Schaltung für 1 bis 24 Schaltungen, 73,50 DM pro Schaltung für 25 bis 52 Schaltungen und 54,50 DM pro Schaltung ab 53 Schaltungen jeweils pro Woche (Variante 1) und die Anwendung der Stundensätze für die Abrechnung nach Aufwand (Variante 2), wobei sie der Genehmigung Rückwirkung versagte und sie nur für die bis dahin einzelvertraglich vereinbarten Entgelte erteilte. Zur Begründung führte die Beklagte an: Die Genehmigung eines höheren Entgelts scheitere an der Unvollständigkeit der vorgelegten Kostenunterlagen bezüglich der Gemeinkosten. Unter Bezug auf die Genehmigung vom 11. November 1998 - Gegenstand des Verfahrens 1 K 10406/98 VG Köln - sei im Rahmen des Ermessens nach § 2 Abs. 3 TEntgV ein Entgelt von 146,-- DM pro Schaltung für 1 bis 24 Schaltungen zu akzeptieren. Die Versagung einer Genemigung eines einheitlichen Entgelts pro Schaltung für alle Netzbetreiber gründe darauf, dass zwei Netzbetreiber mit Zusatzverträgen mit zusammen 64 % aller Schaltungen zu besonderen Zeiten die weit aus größte Nachfrage hielten und der zeitliche Mehraufwand pro Schaltung bei ihnen geringer ausfalle.

Mit ihrer am 2. Oktober 1999 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen: Für ihr Anfechtungs- und Feststellungsbegehren habe sie wegen der strittigen Genehmigungspflicht für die beantragten Entgelte ein Rechtsschutzinteresse. Die Entgelte unterlägen keiner Genehmigungspflicht nach § 39 TKG. Selbst wenn man mit dem Verwaltungsgericht, Urteil vom 6. April 2000 - 1 K 7606/97 -, von einer grundsätzlichen Genehmigungspflicht für Entgelte für netzabhängige Leistungen im Zusammenhang mit einem besonderen Netzzugang ausgehe, müsse eine solche für den Zugang zur TAL zu besonderen Zeiten verneint werden, weil die TAL weder ein "Telekommunikationsnetz" noch Teil dessen sei und Netzzugang nicht gewährt werde. Jedenfalls sei der Zugang zu besonderen Zeiten nicht von wesentlicher Bedeutung für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs. Der TAL-Zugang sei durch die Basisleistung während der üblichen Geschäftszeiten in ausreichendem Maße gewährleistet. Sie habe auch Anspruch auf Erteilung der rückwirkenden Genehmigung. Eine solche entspreche dem Zweck der nach dem Telekommunikationsgesetz als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestalteten Entgeltgenehmigung. Werde die Einhaltung der Entgeltmaßstäbe des Telekommunikationsgesetzes festgestellt, so bestehe für den Staat kein Anlass, den Willen der Parteien wie vertraglich vereinbart, nämlich dass das Rechtsgeschäft vom Zeitpunkt seines Abschlusses an mit den vereinbarten Konditionen wirken solle, nicht zur Durchführung kommen zu lassen. Telekommunikationsrechtliche Vorschriften stünden der Annahme einer rückwirkenden Genehmigung nicht entgegen, § 29 TKV, der ein Inkrafttreten von Entgeltänderungen erst einen Monat nach ihrer Veröffentlichung vorsehe, gelte nur für von Endkunden zu entrichtende Entgelte. Die Entscheidungsfristen des § 28 TKG sprächen nicht gegen eine Rückwirkung der Entgeltgenehmigung, weil sie das regulierte Unternehmen vor langer Wartezeit bis zur Entgeltgenehmigung und damit vor Zinslasten schützen wolle. § 29 TKG besage nichts zur zeitlichen Wirkung der Genehmigung, sondern wolle lediglich aus Verfahrensgründen die Nichterhebung von Entgelten bis zur Genehmigung sicher stellen. Ein Rückwirkungsausschluss rechtfertige sich nicht als Schutz der Wettbewerber vor Rückstellungen, weil diese notwendige Rückstellungen selbst durch vorherige Inanspruchnahme der angebotenen Leistungen auslösten und daher nicht schutzwürdig seien. Wettbewerber könnten nicht darauf vertrauen, für die in Anspruch genommene Leistung überhaupt kein Entgelt entrichten zu brauchen, sondern allenfalls von einer bei noch nicht vorliegender Entgeltgenehmigung gewährten Stundung ihrer Zahlungspflicht ausgehen. Eine Rückwirkung der Entgeltgenehmigung fördere den Wettbewerb insoweit, als der Anspruch des Leistungserbringers ab Vertragsschluss gesichert sei und deshalb kein Anlass für ein Leistungsverweigerungsrecht bestehe. Ein Ausschluss der Rückwirkung werde nicht durch die Praxis der Regulierungsbehörde ausgeglichen, eine - regelmäßig auf den Zeitpunkt der Antragstellung rückwirkende - vorläufige Genehmigung nach § 78 TKG zu erteilen. Auch in diesem Fall laufe sie als Leistungserbringerin Gefahr, ihre Leistung unentgeltlich erbringen zu müssen, weil die vorläufige Genehmigung im behördlichen Ermessen stehe und deshalb auch bei Einhaltung der Entgeltmaßstäbe abgelehnt werden könne. Schließlich sei die Verweigerung der Rückwirkung unverhältnismäßig, weil sie auf eine den Wettbewerbern bis zur Genehmigungserteilung unentgeltlich zu erbringende Leistung hinausliefe. Sie sei auch nicht als Sanktion für eine verzögerte Stellung eines Genehmigungsantrages zu rechtfertigen, weil im Telekommunikationsgesetz eine Verpflichtung zur unentgeltlichen Leistungserbringung durch das marktbeherrschende Unternehmen nicht geregelt sei. Ihr stehe überdies im Ergebnis ein Anspruch auf Erteilung der Entgeltgenehmigung losgelöst von einer Einzelvertragsvereinbarung zu.

Nach teilweiser Rücknahme ihres ursprünglichen Verpflichtungsbegehrens hat die Klägerin beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom 03.09.1999 aufzuheben und festzustellen, dass eine Genehmigungspflicht für die Entgelte für die Bereitstellung der TAL zu besonderen Zeiten nicht besteht,

2. hilfsweise, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 03.09.1999 zu verpflichten, ihr für die Entgelte für die Bereitstellung der TAL zu besonderen Zeiten die Genehmigung auch rückwirkend zum Zeitpunkt des jeweiligen Abschlusses der bis zum Erlass des Bescheides vom 03.09.1999 geschlossenen Zusatzverträge und bezogen auf einen Standardvertrag zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Das Entgelt für die Schaltung der TAL zu besonderen Zeiten sei nach § 39 TKG i.V.m. § 25 Abs. 1 TKG genehmigungspflichtig, weil sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Realisierung des Netzzugangs stehe und für diesen von wesentlicher Bedeutung sei. Die Einrichtung eines Zugangs im Basiszeitfenster (montags bis freitags von 12.00 bis 16.00 Uhr) beeinträchtige den Geschäftsbetrieb der Kunden und erschwere oder verhindere die Gewinnung von Geschäfts- und Großkunden für die Wettbewerber und sei deshalb nicht ausreichend. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine rückwirkende Entgeltgenehmigung. Dies ergebe sich aus dem Wesen der Exante-Genehmigung, das darin bestehe, Entgelte gegenüber Vertragspartnern erst nach Überprüfung anhand der Entgeltmaßstäbe des Telekommunikationsgesetzes wirksam werden zu lassen. Ein Rückwirkungsausschluss liege im Interesse der Wettbewerber nach schnellstmöglicher Planungssicherheit, das in den kurzen Entscheidungsfristen nach § 28 TKG zum Ausdruck komme. Andernfalls könnte die Klägerin ohne wirtschaftliches Risiko durch Verzögerung der Antragstellung die Wettbewerber über den an die Klägerin zu entrichtenden Preis im Unklaren lassen. Auch § 29 TKG und § 29 TKV sprächen gegen die Annahme einer Rückwirkung. Dass die Klägerin unter Umständen vorübergehend bis zum Ergehen der endgültigen Genehmigung unentgeltlich leisten müsse, sei jedenfalls dann nicht unverhältnismäßig, wenn sie das späte Ergehen einer Genehmigungsentscheidung durch Stellen eines verspäteten oder nicht genehmigungsfähigen Genehmigungsantrages zu vertreten habe. Wenn sie am Tage des Vertragsschlusses einen gesetzeskonformen Entgeltgenehmigungsantrag stelle, entstehe keine Genehmigungslücke. Denn vorausgesetzt eine summarische Prüfung ergebe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Genehmigungsfähigkeit der beantragten Entgelte, könne eine auf den Zeitpunkt der Antragstellung rückwirkende vorläufige Genehmigung nach § 78 TKG ergehen. Diese sei für den Fall der endgültigen Genehmigung niedrigerer Entgelte mit einer Rückerstattungsklausel zu Lasten der Klägerin versehen. Hierdurch werde dem Interesse der Wettbewerber an Planungssicherheit Rechnung getragen, weil sie das vorläufige Entgelt als Maximalentgelt einkalkulieren könnten.

Das Verwaltungsgericht Köln hat durch das angefochtene Urteil vom 9. November 2000, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene und rechtzeitig begründete Berufung der Klägerin.

Sie trägt vor: Die Leistung Zugang zur TAL zu besonderen Zeiten sei nicht genehmigungspflichtig. Entgegen der Rechtsprechung des Senats sei der Zugang zur TAL kein besonderer Netzzugang im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 3 TKG. Entgelte für Arbeiten zu besonderen Zeiten, d.h. außerhalb von Regelarbeitszeiten, unterfielen nicht der Genehmigungspflicht nach § 39 TKG, weil sie entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Köln nicht wesentlich für die Herstellung eines funktionierendem Wettbewerbs seien. Wesentlichkeit in diesem Sinne liege vor, wenn es von der Angemessenheit der Preise für den jeweiligen Netzzugang abhänge, ob Wettbewerber Endkundenprodukte zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten könnten. Dies sei gegeben für Entgelte für die Durchführung von Schaltarbeiten zur Regelarbeitszeit - die ausreichend und zumutbar sei -, nicht aber außerhalb dieser. Die Beklagte halte die Basiszeitfenster für die Schaltarbeiten selbst nicht für unzumutbar. Ihr Feststellungsbegehren im Hauptantrag sei nicht anderweitig rechtshängig, weil er auf die in den jeweiligen Genehmigungsanträgen bezeichneten Entgelte bezogen sei, und im Übrigen auch begründet. Ihrem Entgeltgenehmigungsantrag vom 25. Juni 1999 sei zu entsprechen gewesen, weil die von ihr vorgelegten Kostennachweise vollständig gewesen seien und die Genehmigung - wie vom Verwaltungsgericht zutreffend erkannt - rückwirkend zum Vertragsschluss zu erteilen sei. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass nach betriebswirtschaftlicher Definition Gemeinkosten einer bestimmten Dienstleistung oder einem bestimmten Produkt weder direkt noch indirekt über einen plausiblen kausalen Zusammenhang zugerechnet werden können. Eine "Relevanz" der Gemeinkosten für die Leistungen zu fordern, für die das Entgelt erhoben werden solle, sei verfehlt. Ebenso verfehlt sei, eine Übersicht der Kostenstellen des Gesamtunternehmens zu fordern, wenn, wie hier, dem Produkt, dessen Entgeltgenehmigung anstehe, nur die Gemeinkosten der jeweils verfahrensgegenständlichen Dienstleistung zugeordnet seien. Hier seien die Gemeinkosten der Organisationsebenen Unternehmensbereich (UB), Vorstandsbereich Geschäfts- und Privatkunden (GP) und Oberste Ebene (DTAG) zugeordnet gewesen und vollständig nachgewiesen sowie in Anlage 5 zum Genehmigungsantrag ausführlich beschrieben, inklusive Aufteilung des Gemeinkostenblocks auf die Unternehmenssparten und ermittelte Gemeinkostenzuschläge auf die einzelnen Wertschöpfungsbereiche. Eine bis ins Detail aufgeschlüsselte Darlegung der Gemeinkosten-Kostenstellen des Gesamtunternehmens verlange § 2 Abs. 2 TEntgV nicht. § 3 Abs. 1 TEntgV schreibe lediglich vor, dass die vorgelegten Kostennachweise Ausgangspunkt der Prüfung der Entgelte an den Entgeltmaßstäben seien, nicht aber die hernach zu treffende Entscheidung, nämlich Genehmigungsablehnung oder - wofür die Gesetzessystematik spreche - Genehmigung oder Teilgenehmigung auf Grundlage sonstiger Erkenntnisse der Regulierungsbehörde. Auch § 3 Abs. 4 Satz 1 TEntgV erlaube nicht den Umkehrschluss, dass fehlende oder unvollständige Kostennachweise zur Genehmigungsversagung führten. Zwar sei der Regulierungsbehörde eine Prüfung von in der Sphäre des beantragenden Unternehmens liegenden Tatsachen ohne dessen Mitwirkung nicht möglich, doch sei auch ein Entgeltgenehmigungsverfahren ein Verwaltungsverfahren und die Behörde gemäß § 24 Abs. 1 VwVfG zur Sachverhaltsermittlung und zum Rückgriff auf ihre sonstwie erlangten Kenntnisse zur Höhe der Ist-Kosten oder zu den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung und deshalb zu einer Genehmigungsentscheidung verpflichtet. Wenn sich die Unvollständigkeit der Kostennachweise wie hier lediglich auf eine einzelne, den übrigen Positionen gemäß § 3 Abs. 2 TEntgV angemessen zuzuschlagende Position beziehe, die übrigen Kostennachweise aber vollständig sein, stehe einer Genehmigung auf der Grundlage der nachgewiesenen Kosten nichts entgegen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und

a) den Beschluss der Beklagten vom 3. September 1999 (Az. BK 4e-99-029/E 25.06.99) aufzuheben und festzustellen, dass eine Genehmigungspflicht für die Entgelte für die Bereitstellung der Teilnehmeranschlussleitung zu besonderen Zeiten nicht besteht;

b) hilfsweise: unter teilweiser Aufhebung des Beschlusses der Beklagten vom 3. September 1999 (Az. BK 4e-99-029/E 25.06.99) die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Genehmigung für die Entgelte für die Bereitstellung der Teilnehmeranschlussleitung zu besonderen Zeiten gemäß ihrem Antrag vom 25. Juni 1999 zu erteilen.

Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin entgegen: Auch Entgelte für Leistungen zu besonderen Zeiten seien nach § 39 TKG genehmigungspflichtig. Die von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Kostennachweise seien unvollständig. Die Genehmigung sei nicht rückwirkend zu erteilen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung im Beschlusswege nach § 130a VwGO, weil er sie einstimmig für teilweise begründet und im Übrigen für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Parteien sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit sie die Frage einer Genehmigungspflicht von Entgelten für die Bereitstellung des Zugangs zur TAL zu besonderen Zeiten und ggf. die Frage einer Standardvertragsbezogenheit der Entgeltgenehmigung betrifft (1.), zu Recht abgewiesen. Soweit sie auf die Zuerkennung einer Rückwirkung der Genehmigung auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gerichtet ist (2.), hat es die Klage zu Unrecht abgewiesen.

(1.) Die mit dem Hauptantrag verfolgte Kombination von Anfechtungs- und Feststellungsklage, die allein darauf gestützt ist, dass das hier streitige Entgelt für die Bereitstellung des Zugangs zur TAL zu besonderen Zeiten (Schaltung zu besonderen Zeiten) nicht genehmigungspflichtig sei, ist in ihrem ersten Teil unbegründet, in ihrem zweiten Teil bereits unzulässig.

a) Der angefochtene Bescheid vom 3. September 1999 geht zu Recht von einer Genehmigungspflicht für die Entgelte aus, die mit den im Antrag vom 24./25 Juni 1999 genannten Unternehmen vereinbart worden sind. Entgelte für die Bereitstellung des Zugangs zur TAL zu besonderen Zeiten sind nach §§ 39, 25 Abs. 1 ff. TKG - vorab - genehmigungspflichtig. Die Bereitstellung des Zugangs zur TAL zu besonderen Zeiten ist Gewährung eines besonderen Netzzugangs, der - zwischen den Parteien unstreitig - der Regelung des § 39 TKG unterfällt. Auch aus Sicht des Senats ist eine solche Schaltung zu besonderen Zeiten für die den Zugang zur TAL suchenden Wettbewerber die wichtigste Modalität der Bereitstellung des Zugangs zur TAL und deshalb zuvorderst anzubieten. Denn die weitaus größte Zahl der Endkunden, insbesondere Geschäftskunden der Wettbewerber, wird eine umschaltungsbedingte Unterbrechung der Nutzungsmöglichkeit ihres Anschlusses bzw. ihrer Erreichbarkeit keinesfalls zu den üblichen Geschäftszeiten hinnehmen und, wäre sie dazu gezwungen, eine Umschaltung auf den Wettbewerber sogar ablehnen. Die von der Klägerin so bezeichnete "zusätzliche" Leistung der Schaltung zu besonderen Zeiten baut denknotwendig auf der Basisleistung der Bereitstellung des Zugangs zur TAL auf und ist isoliert betrachtet keine eigenständig existierende Leistung. Wegen ihres unlöslichen Zusammenhangs mit der Basisleistung ist sie selbst Bereitstellung des Zugangs zur TAL, wenn sie auch zu "teureren" Zeiten erfolgt, und nicht nur eine zusätzlich isoliert betrachtbare Service-Leistung. Die Leistung "Bereitstellung des Zugangs zur TAL zu besonderen Zeiten" ist daher ihrem Wesen nach genauso Schaltung des besonderen Netzzugangs wie die Schaltung zu Basisvertrags-Zeiten. Insoweit kommt dem Zeitpunkt der Leistung für die hier entscheidende Frage ihrer Qualifizierung als Gewährung von - besonderem - Netzzugang i.S.d. § 39 TKG keine Bedeutung zu, wohl aber für die Entgelthöhe der Quasi-Tarifvariante "Bereitstellung des Zugangs zur TAL zu besonderen Zeiten".

b) Das Begehren, gerichtet auf die Feststellung, das Entgelt für die Schaltung zu besonderen Zeiten sei nicht genehmigungspflichtig, ist bereits wegen fehlenden Feststellungsinteresses nach § 43 Abs. 1 VwGO unzulässig. Das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses in der Form der Genehmigungspflicht für die streitgegenständlichen Entgelte kann, wie oben ausgeführt, bereits im Rahmen der Anfechtungsklage gegen den Genehmigungsbescheid geklärt werden und ist dort geklärt. Die Notwendigkeit eines isolierten diesbezüglichen Feststellungsausspruches ist nicht erkennbar. Im Übrigen wäre das Feststellungsbegehren nach den obigen Ausführungen auch unbegründet.

(2.) Die hilfsweise verfolgte Verpflichtungsklage mit dem Ziel einer Entgeltgenehmigung gemäß dem Antrag der Klägerin vom 24./25. Juni 1999 ist teilweise begründet.

a) Die Klägerin hat Anspruch auf eine - unter dem 24./25. Juni 1999 erteilte beantragte - Entgeltgenehmigung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der jeweiligen Vertragsabschlüsse mit den im Antrag genannten Unternehmen. Soweit der angefochtene Genehmigungsbescheid eine solche Rückwirkung ausdrücklich versagt, ist er rechtswidrig und deshalb aufzuheben.

Keine Bedenken bestehen dagegen, den Erklärungswert des angefochtenen Bescheids dahin zu interpretieren, dass er auch die Entgeltvereinbarung der Klägerin mit den im Genehmigungsantrag vom 24./25. Juni 1999 genannten Unternehmen erfasst. Zwar ist ausgehend vom Wortlaut des Bescheidtenors nur der Antrag zu 1.1 und 1.2 positiv beschieden und "der" Antrag im Übrigen abgelehnt, wobei es sich ausgehend von der Darstellung auf Seite 6 des Bescheids um den Antrag vom 26. Mai 1999 betreffend Entgeltvereinbarung mit der Fa. U. handelt. Auf Seite 7/8 des Bescheids ist jedoch der mit dem Entgeltgenehmigungsverfahren U. verbundene Genehmigungsantrag vom 24./25. Juni 1999 betreffend Entgeltvereinbarung mit den dort genannten Unternehmen dargestellt. Die Verbindung machte nur Sinn, wenn die Beschlusskammer ihre zu treffende Entscheidung auch für die im letztgenannten Antrag in Bezug genommenen Entgelte wirksam werden lassen wollte. Letzteres wird bestätigt durch die Formulierung in Bescheidtenor 1. und 2. "... das Entgelt ..., soweit es in bislang abgeschlossenen Verträgen ... vereinbart ist", die auch das Entgelt der mit Genehmigungsantrag vom 24./25. Juni 1999 in Bezug genommenen Verträge erfasst. In dem Sinne hat auch die Klägerin den angefochtenen Bescheid verstanden. Der Senat interpretiert deshalb den angefochtenen Bescheid dahin, dass die erteilte Genehmigung zu Antrag 1.1 und Antrag 1.2 lediglich eine aus dem Gesamtzusammenhang erkennbare ungewollte Falschbezeichnung ist und auch die im Antrag vom 24./25. Juni 1999 benannten Entgeltvereinbarungen erfasst sowie die Genehmigung dieser nicht etwa abgelehnt oder der sie betreffende Genehmigungsantrag unbeschieden geblieben ist. Ob der allein zum Gegenstand des hilfsweisen Berufungsbegehrens gemachte Entgeltgenehmigungsantrag vom 24./25. Juni 1999 auch denjenigen vom 30. Juli 1999 erfassen kann, kann offen bleiben.

Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 14. Dezember 2001 - 13 B 1362/01 -, S. 10 ff. BA, entschieden, dass einer Entgeltgenehmigung nach § 25 Abs. 1, 28, 29, 39 TKG Rückwirkung zukommt, und dazu ausgeführt:

"Soweit dem angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin (Bescheidtenor zu 2.) die Ansicht zugrundeliegt, die Genehmigung der Entgelte habe Wirkung lediglich exnunc und dem Marktbeherrscher stehe für vor der Entgeltgenehmigung erbrachte Leistungen keinerlei Entgelt zu, kann dem nicht gefolgt werden.

§ 29 Abs. 2 Satz 1 TKG ist zu entnehmen, dass die Vereinbarung der Entgelte - und damit ggf. auch der gesamte Vertrag - mit ihrer Genehmigung volle Wirksamkeit erlangt. Und zwar erlangt die Entgeltvereinbarung auf der gegenwärtigen Erkenntnisgrundlage des Senats in Übereinstimmung mit der Ansicht des Verwaltungsgerichts Rechtswirksamkeit vom Anfang der Vertragsvereinbarung an, womit der Genehmigung entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin Rückwirkung zukommt - ohne dass dies in der Genehmigung ausdrücklich zu betonen wäre -. Das folgt zwar nicht bereits aus der zivilrechtlichen Regelung des § 184 Abs. 1 BGB, sondern vielmehr aus dem die Genehmigungspflicht vorsehenden Telekommunikationsgesetz.

Bereits der durch § 184 Abs. 1 BGB vorgeprägte juristische Sprachgebrauch lässt vermuten, dass der TKG-Gesetzgeber bei der Formulierung des Begriffs Genehmigung die Vorstellung von einer Rückwirkung hatte. Hiervon ausgehend, hätte es schon einer klaren und eindeutigen Formulierung im Telekommunikationsgesetz oder zumindest eines ebenso klaren und eindeutigen Hinweises in den Gesetzesmaterialien bedurft, dass der Entgeltgenehmigung entgegen dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch keine Wirkung extunc, sondern exnunc zukomme. Hieran fehlt es.

Auch fordern Sinn und Zweck der Entgeltgenehmigung vom Gesetzgeber keine Wirkung der Genehmigung exnunc und verlangen sie auch keine dahingehende Interpretation des § 29 Abs. 2 TKG. Sinn und Zweck der Entgeltgenehmigung ist die Überprüfung der vereinbarten Entgelte anhand des Maßstabes des § 24 TKG. Der Marktbeherrscher soll für seine der Vorabpreiskontrolle unterliegenden Leistungen keine Entgelte erhalten, die dem vorgegebenen Maßstab nicht genügen. Entsprechen sie diesem oder werden sie von der Regulierungsbehörde dem entsprechend gekürzt genehmigt, darf er die genehmigten Entgelte für seine Leistungen beanspruchen. Das darf er bei ausschließlicher Orientierung an Sinn und Zweck der Entgeltregelung auch dann, wenn er seine Leistungen bereits vorab erbracht hat. Andererseits ist der Wettbewerber nicht dahingehend schutzwürdig, für vorab erlangte Leistungen des Marktbeherrschers keinerlei Entgelt zahlen zu müssen. Das vom Telekommunikationsgesetz verfolgte Ziel der Chancengleichheit der Wettbewerber gegenüber dem Marktbeherrscher dürfte auch bei Durchführung eines konkreten Vertragsverhältnisses zu beachten sein, würde aber geradezu in eine Begünstigung des Wettbewerbers umgekehrt, wenn der Marktbeherrscher ggf. auf unabsehbare Zeit zu einer unentgeltlichen Vorleistung an den Wettbewerber verpflichtet wäre. Ein dahingehendes Ansinnen wäre mit grundlegenden Wertungen der Wirtschaftsordnung und des Zivilrechts sowie dem Angemessenheitsgebot des Erwägungsgrundes 7 der ONP-Richtlinie 90/387/EWG, Abl. Nr. L 192/1, unvereinbar und das vom TKG-Gesetzgeber mit der Entgeltregulierung beabsichtigte Anliegen rechtfertigt es nicht, dem Marktbeherrscher das Entgelt vorzuenthalten, was ihm materiellrechtlich an sich zusteht. Für die Annahme, dass im Zusammenhang mit der Entgeltregulierung, und zwar durch Versagung einer Rückwirkung der Entgeltgenehmigung, eine Sanktionierung einer versäumten oder verzögerten Anbringung eines Entgeltgenehmigungsantrages und damit eine Schwächung der Marktmacht des Marktbeherrschers beabsichtigt gewesen sei, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Wofür er bestraft werden soll, wenn er den Entgeltgenehmigungsantrag - im Idealfall - gleich nach Vertragsvereinbarung und zudem der Höhe nach beanstandungsfrei stellt, die Genehmigung prüfungsbedingt aber erst nach Wochen erteilt wird, ist unerfindlich.

Dafür, dass der TKG-Gesetzgeber tatsächlich von einer Rückwirkung der Genehmigung auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausging, sprechen schließlich auch die Materialien des Gesetzgebungsverfahrens. In der amtlichen Begründung zu § 28 des Gesetzentwurfs, dem späteren § 29 TKG, heißt es zu Abs. 2: "Falls das marktbeherrschende Unternehmen andere als die genehmigten Tarife in Rechnung stellt, ist der Vertrag nur dann wirksam, wenn sie durch die genehmigten Tarife ersetzt werden."

Vgl. BT-Drucks. 13/3609, S. 45.

Ersetzen eines Vertragsteils dürfte dahin zu verstehen sein, dass er schlicht ausgetauscht wird und der Vertragsinhalt nach dem Austausch so zu handhaben ist, als wäre er nie anders als mit dem geänderten Teil zustandegekommen. Demgemäß sollen inhaltliche Modifikationen des Vertrages auf den Zeitpunkt des - bereits vor der Entgeltgenehmigung liegenden - Wirksamwerdens des Vertrages gleichsam zurückdatiert werden. Für ein solches Verständnis spricht die in der Begründung gebrauchte Formulierung "ist der Vertrag ... wirksam". Wäre eine Verlagerung des Wirksamwerdens des Vertrages einschließlich der Entgelthöhe auf den Zeitpunkt der Genehmigung gewollt gewesen, hätte sich für die Gesetzesbegründung die Formulierung "wird der Vertrag ... wirksam" aufgedrängt und dem entsprechend im Gesetz die Formulierung "Verträge ... werden mit der Maßgabe wirksam ..." erwartet werden können. Demnach treten lediglich die genehmigten Tarife an die Stelle der vereinbarten und bleibt der vor der Genehmigung liegende Zeitpunkt der Wirksamkeit des Vertrages unberührt, womit automatisch dieser Wirksamkeitszeitpunkt auch die neuen Tarife erfasst, so dass der Genehmigung im Ergebnis Rückwirkung zukommt.

Bestätigt wird diese Interpretation durch den weiteren Gang des Gesetzgebungsverfahrens. Der Bundesrat schlug in seiner Stellungnahme zu § 28 Abs. 2 Satz 1 des Entwurfs eine abweichende Formulierung vor, weil der Ausdruck "mit der Maßgabe" auch bedeuten könne, dass genehmigte Tarife automatisch an die Stelle der nicht genehmigten träten. Die Bundesregierung lehnte diesen Vorschlag ab und bestätigte den Automatismus.

Vgl. hierzu BT-Drucks. 13/4438 S. 12 u. 34.

Gerade der gewollte Automatismus des schlichten Austausches der Tarife spricht dafür, dass der Gesetzgeber von einem einheitlichen Wirksamkeitszeitpunkt für alle Inhaltsteile des Vertrages ausgehen und den ursprünglichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Vertrages unverändert belassen wollte, womit konsequenterweise der Genehmigung Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages zukommt.

Für die Rückwirkung der Entgeltgenehmigung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses spricht schließlich auch ihr Charakter. Der Behördenakt der Genehmigung bewilligt nicht etwa eine Leistung an den Marktbeherrscher, was für eine Wirkung exnunc spräche. Er gestattet vielmehr, wie die Antragsgegnerin in ihrer erstinstanzlichen Erwiderung (Seite 4) ausführt, eine zukünftige Handlung, nämlich die Erhebung eines bestimmten Entgelts, nachdem die Überprüfung der Entgelthöhe eine Vereinbarkeit mit dem Maßstab des § 24 TKG ergeben hat. Die Entgelterhebung in der Zukunft schließt allerdings nicht aus, dass der das Entgelt begründende Tatbestand in der Vergangenheit liegt. Damit reduziert sich die Genehmigung ihrem Wesen nach auf das Ergebnis einer bloßen Rechtskontrolle. So gesehen besteht kein Bedürfnis, der Entgeltgenehmigung eine Rückwirkung auf Entgelttatbestände im Zeitraum vor der Genehmigung zu versagen.

Der von der Antragsgegnerin herangezogene § 43 Abs. 1 VwVfG, wonach ein Verwaltungsakt im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe gegenüber dem Betroffenen wirksam wird, gibt für eine Wirkung der Genehmigung exnunc nichts her. Denn der Zeitpunkt des äußeren Wirksamwerdens der Maßnahme als Verwaltungsakt besagt nichts über das zeitliche Ausmaß seiner - inneren - Regelung. Es können daher vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Verwaltungsaktes ab Regelungen für Tatbestände sowohl der Zukunft als auch der Vergangenheit getroffen werden.

Soweit die Antragsgegnerin meint, eine verspätete Stellung eines Entgeltantrages des Marktbeherrschers könne nicht sanktionslos bleiben, und offenbar deshalb der Entgeltgenehmigung lediglich Wirkung exnunc zulegen will, lässt sie sich lediglich von Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten leiten. Die von ihr für geboten gehaltene Sanktion ist auch nicht erforderlich. Zunächst hat die Antragsgegnerin nicht dargetan, dass die Antragstellerin grundsätzlich verspätete oder unzureichend ausgestattete Genehmigungsanträge stellte. Wohl ist bekannt, dass viele ihrer Anträge von der Antragsgegnerin als mit unzulänglichen Kostennachweisen versehen nach § 2 Abs. 3 TEntgV abgelehnt worden sind, und dürfte ein dahin gehendes Verhalten des Marktbeherrschers nicht stets auf Unwilligkeit, sondern zumindest häufig auf das Fehlen geeigneter Kostenerfassungssysteme zurück zu führen sein. Ferner kann der Wettbewerber für den Fall, dass der Marktbeherrscher nach Abschluss eines Netzzugangs- oder Zusammenschaltungsvertrages mit ihm nicht alsbald einen Entgeltgenehmigungsantrag stellt, die Regulierungsbehörde anrufen, die dem Marktbeherrscher kurzfristig Gelegenheit zur Antragstellung mit Nachweisen geben und notfalls eine Entgeltfestsetzung von Amts wegen einleiten sowie unter Anwendung der Vergleichsmarktbetrachtung ein Entgelt festsetzen kann. Dies kann, wie oben dargestellt, auf der Grundlage des § 78 TKG aber auch des Art. 4 Abs. 3 VO Nr. 2887/2000 erfolgen. Mit von der Antragsgegnerin relativ realitätsnah festgesetzten vorläufigen Entgelten ist dem Interesse der Wettbewerber an einer hinreichenden Kalkulationsgrundlage ausreichend Rechnung getragen; der Marktbeherrscher ist dem gegenüber nicht gehindert, nach der ggf. auf Vergleichsmarktbasis erfolgten vorläufigen Entgeltfestsetzung einen Genehmigungsantrag für höhere Entgelte mit geeigneten Kostennachweisen zu stellen. Als sorgfältiger, im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a TKG leistungsfähiger Wettbewerber muss dieser eventuelle Entgeltnacherhebungen des Marktbeherrschers nach endgültiger Genehmigung von die vorläufigen Tarife überschreitenden Entgelten in seine Endpreise einkalkulieren. Dies erscheint nicht unbillig, ist doch im Falle zu niedriger vorläufiger Entgeltfestsetzungen die vom Wettbewerber in Anspruch genommene Leistung zumindest teilweise vom Marktbeherrscher vorfinanziert worden. Diese Vorfinanzierung und die Gefahr, ohne Entgeltgenehmigungsantrag nebst erforderlichen Kostennachweisen einem oktroyierten nicht Kosten deckenden Entgelt ausgesetzt zu sein, lässt erwarten, dass der Marktbeherrscher die Restunsicherheit des Wettbewerbers über das entgültige Entgelt nicht ausnutzen wird. Eine Nacherhebung von Entgelten wird entgegen den von der Antragsgegnerin in einem andereren Verfahren geäußerten Befürchtungen, soweit ersichtlich, auch nach Jahren des Rechtsstreits nicht etwa einer Rückabwicklung oder völligen Neuregelung der Vereinbarung bedürfen, sondern lediglich ein Nachhalten des Umfangs der erfolgten Lieferung erfordern. Die von der Antagsgegnerin an anderer Stelle aufgezeigte Möglichkeit, der Marktbeherrscher könne ein auf 11 bis 12 Wochen befristetes Inkrafttreten des Vertrages vereinbaren, um ein Entgeltgenehmigungsverfahren vorzubereiten und abzuwarten, hat mit der normativen Frage einer Genehmigungswirkung ex nunc und einer Vorleistungspflicht des Marktbeherrschers nichts zu tun und ist auch als "praktische Lösung" nicht akzeptierbar, weil sie wegen der nach wie vor möglichen, die Frist des § 28 Abs. 2 TKG ausschöpfenden Ablehnung des Entgeltgenehmigungsantrags wegen unzureichender Nachweise oder anderer Gründe lediglich eine zeitliche Verschiebung der Problematik bewirkt und sich überdies der Wettbewerber auf eine Befristung nicht einlassen muss. Die von der Antragsgegnerin befürchtete Einebnung der Unterschiede zwischen der Ex ante- und der Ex post-Regulierung durch Wirkung der Entgeltgenehmigung ex tunc überzeugt nicht. Denn es verbleibt nach wie vor für den Marktbeherrscher bei einer u.U. jahrelangen, der Ex post-Regulierung fremden Vorfinanzierungspflicht, die eine nicht unerhebliche Starthilfe für den Wettbewerber bedeutet, und die Ungewissheit einer dem Grunde und der Höhe nach offenen und deshalb in keiner Weise wirtschaftlich verwertbaren Forderung, so dass nicht von einem Ersetzen der Ex ante-Regulierung durch die Ex post-Regulierung gesprochen werden kann. Die in § 28 Abs. 3 TKG vorgesehene Befristung von Entgelten spricht ebenfalls nicht gegen eine Genehmigungsrückwirkung, weil sie von ihr nicht berührt wird und der Regulierungsbehörde durch die Möglichkeit vorläufiger Entgeltfestsetzungen eine nicht unerhebliche Beeinflussung des Marktgeschehens verbleibt. Auch aus § 80 Abs. 2 TKG lässt sich gegen eine Genehmigungsrückwirkung nichts herleiten. Er zielt lediglich auf ein alsbaldiges Wirksamwerden der Entscheidung der Regulierungsbehörde, kann aber "klare Zustände" schon deshalb nicht schaffen, weil die Entscheidung selbst bei Wegfall des Suspensiveffeks der gerichtlichen Gestaltung unterliegt. Schließlich spricht auch die Frist des § 28 Abs. 2 TKG nicht gegen eine notfalls gerichtlich erstreitbare Entgeltgenehmigung mit Rückwirkung, weil auch im Rechtsstreit nur die vom Marktbeherrscher im Verwaltungsverfahren vorgelegten Kostennachweise Berücksichtigung finden dürften. Vor dem Hintergrund kann entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin keine Rede davon sein, die Interessen der Nutzer und die Sicherstellung von Wettbewerb gingen ins Leere oder der Marktbeherrscher könne den Beginn eines funktionsfähigen Wettbewerbs bestimmen oder der Regulierungsauftrag werde ad absurdum geführt. Nur am Rande sei angemerkt, dass die Regulierungsbehörde selbst im Beschluss vom 16. Oktober 1998 - BK 4e-98-016/E 30.07.98 - im Ergebnis eine Entgeltgenehmigung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungsinanspruchnahme ausgesprochen hat, auch wenn dies - nur - wegen der begünstigenden Wirkung für die Vertragspartner geschehen ist."

Hieran hält der Senat nach Überprüfung fest, zumal auch der Hinweis der Beklagten, das regulierte Unternehmen könne mit einem rechtzeitigen Entgeltgenehmigungsantrag die Festsetzung vorläufiger Entgelte beantragen, zu keiner fairen Problemlösung führt. Denn wie der vorliegende Fall verdeutlicht, in welchem eine vorläufige Teilgenehmigung versagt worden ist, obwohl die Entgelthöhe von 146,- DM netto von der Regulierungsbehörde in einem früheren parallel liegenden Entgeltgenehmigungsverfahren selbst ermittelt worden ist, dürfte die Aussicht der Klägerin auf Erlangung vorläufig genehmigter oder angeordneter Entgelte nur sehr gering sein.

Vgl. hierzu auch: Lünenbürger, Rückwirkende Entgeltgenehmigungen im Telekommunikationsrecht€, CR 2001, 84 ff.

Die Verpflichtung zur Erteilung einer rückwirkenden Genehmigung entfällt nicht etwa deshalb, weil die Beklagte wegen unvollständiger Kostennachweise überhaupt keine Genehmigung hätte erteilen dürfen. Der dahingehenden Ansicht des Verwaltungsgerichts folgt der Senat in Übereinstimmung mit den Beteiligten nicht. § 3 Abs. 1 und 4 TKG bietet weder ausdrücklich noch sinngemäß noch im Zusammenhang mit anderen Vorschriften einen Anhaltspunkt dafür, dass das Ermessen der Regulierungsbehörde aus § 2 Abs. 3 TEntgV auf eine Antragsablehnung oder Aufforderung zur Nachbesserung der Kostennachweise beschränkt sei. Im Übrigen spricht gegen die letztgenannte Reaktionsmöglichkeit die nicht unbegrenzte Bearbeitungsfrist für die Behörde und gegen die erstgenannte das Interesse der Wettbewerber an alsbaldiger Kalkulationssicherheit. Der Wortlaut des § 2 Abs. 3 TEntgV ist insoweit offen, als er der Behörde auf unvollständige Kostennachweise die Genehmigungsablehnung zwar erlaubt, aber sonstige Reaktionen - wie Durchentscheidung auf der Grundlage der Nachweise oder unter Heranziehung sonstwie erlangter Behördenerkenntnisse oder Aufforderung zur zeitgerechten Nachbesserung der Kostenunterlagen - auch nicht ausschließt, erst recht nicht verbietet.

b) Soweit der Verpflichtungsantrag der Klägerin durch seine Bezugnahme auf den zur Entgelthöhe uneingeschränkten Genehmigungsantrag vom 24./25.Juni 1999 auch auf Genehmigung eines nicht nach der Anzahl der Schaltungen gestaffelten Entgelts zielen sollte, ist die hilfsweise Verpflichtungsklage unbegründet.

Es bedarf keiner Auseinandersetzung des Senats mit den - gestaffelten - Herabsetzungen des (Ausgangs-)Entgelts von 146,00 DM ab 25 Schaltungen. Denn zum einen hat die Klägerin diese Herabsetzungen weder grundsätzlich noch der Höhe nach angegriffen, zum anderen erscheinen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid zu diesen Herabsetzungen einleuchtend und überzeugend. Es besteht deshalb für den Senat kein Anlass, insoweit auch ohne konkrete Angriffe der Klägerin nach Fehlern zu suchen.

Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27. April 2002 - 9 CN 1.01 -, DVBl. 2002, 1409.

Soweit die Klägerin - auch - in der Berufung die Vollständigkeit der von ihr im Entgeltgenehmigungsverfahren vorgelegten Kostennachweise behauptet, kommt es hierauf nicht an. Denn die Regulierungsbehörde hat unabhängig von den von der Klägerin vorgelegten Kostennachweisen das mit Antrag vom 10. Dezember 1999 begehrte Entgelt in Höhe von 146,00 DM genehmigt. Insoweit fehlt es an einer rechtlichen Beschwer für die Klägerin.

Sollte die Klägerin ihren Antrag vom 13. August 1999, die Entgeltgenehmigung auch auf alle künftig noch abzuschließenden Zusatzverträge gleichen Inhalts zu erstrecken, auch im vorliegenden Verfahren weiter verfolgen wollen, wäre ein dahin gehendes Begehren unbegründet. Es liefe nämlich auf eine nach § 39 TKG nicht mögliche Entgeltgenehmigung eines Standardvertrages hinaus. Der Senat hat bereits entschieden und hält daran fest, dass die Engeltgenehmigung nach §§ 39, 25 Abs. 1 ff TKG nur einzelvertragsbezogen erteilt werden kann.

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2001 - 13 A 3112/00 -.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO, die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage der Genehmigungspflichtigkeit der Entgelte für Zugriff auf die TAL zu besonderen Zeiten und der Frage der Rückwirkung der Entgeltgenehmigung zuzulassen.

III.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 GKG.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen den Beschluss mit Ausnahme der unanfechtbaren Streitwertfestsetzung steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu.

Die Revision ist bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein- Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses schriftlich einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, eingelegt wird. Die Revision muss den angefochtenen Beschluss bezeichnen.

Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, einzureichen.

Für das Revisionsverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Revision. Danach muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 20.01.2003
Az: 13 A 362/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/f689e33a0d60/OVG-Nordrhein-Westfalen_Beschluss_vom_20-Januar-2003_Az_13-A-362-01




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