Oberlandesgericht Hamburg:
Beschluss vom 30. Juli 2007
Aktenzeichen: 3 U 126/07

Tenor

Die Antragsteller tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert der Berufung wird ebenfalls auf € 20.000.- festgesetzt. Ab übereinstimmender Erledigungserklärung beläuft er sich auf die Summe der bis dahin entstandenen Kosten.

Gründe

Nachdem die Parteien den Rechtstreit in der Hauptsache im Hinblick auf die inzwischen erfolgte Auftragsvergabe übereinstimmend für erledigt erklärt haben, entspricht es nach Sach- und Streitstand billigen Ermessen, die Antragsteller mit den entstandenen Kosten zu belasten, § 91 a ZPO. Denn der Verfügungsantrag war von Anfang an unbegründet. Für das Begehr der Antragsteller gibt es keine Anspruchsgrundlage. Im Einzelnen:

1. Die Antragsteller haben sich mit Haupt- und Hilfsantrag gegen eine Klausel in den Vergabebedingungen der Ausschreibung für den Transport polizeilich sichergestellter Leichen gewandt. Nach dieser Klausel ist werbende Tätigkeit am Einsatzort in dezenter Form, insbesondere durch Fahrzeugbeschriftungen und Namensschilder mit Firmenlogo nicht ausgeschlossen. Erläuternd heißt es in einem Anschreiben vom 1. September 2006 (Anlage Ast. 2) dazu, dass dezente passive Werbung in Form der Firmennamens am Fahrzeug sowie eines Namensschildes mit Firmenlogo an der Kleidung des Personals nicht ausgeschlossen sei. Dagegen sei aktive Werbung, z. B. durch Verteilung von Geschäftskarten, nicht gestattet.

2. Die Antragsteller haben einen Gebotsantrag, mit dem die Antragsgegnerin verpflichtet werden sollte, diese Klausel der Leistungsbeschreibung aus dem Ausschreibungstext zurückzunehmen, gestellt und einen Hilfsantrag dahin, den Zuschlag nach der Ausschreibung mit der beanstandeten Bedingung nicht zu erteilen.

Die Antragsteller beanstanden die Werbeklausel als wettbewerbswidrig. Sie führe dazu, dass die ausgeschriebenen Leistungen zu Dumpingpreisen angeboten werden könnten, denn der Unternehmer, der den Zuschlag erhalte, könne sich durch den erlaubten werblichen Auftritt seiner Leute bei den Hinterbliebenen dergestalt schadlos halten, als mit der Erteilung von Bestattungsaufträgen zu rechnen und überdies der Weg für weitere werbliche Maßnahmen geebnet sei. Insoweit verleite die Antragsgegnerin zum Vertragsbruch.

3. Der Anspruch konnte mit Erfolg auf Normen des Wettbewerbsrechts nicht gestützt werden. Die beanstandete Bedingung in den Vergabeunterlagen ist nämlichkeine Wettbewerbshandlung im Sinne von § 2 Abs. 1, Nr. 1 UWG. Die Antragsgegnerin handelte nämlich nicht mit dem Ziel, zugunsten eines fremden Unternehmens die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern.

Unbeschadet der Frage, ob das Vorliegen einer Wettbewerbshandlung nur noch an Hand der objektiven Zielsetzung zu prüfen ist (so etwa: Piper/Ohly, § 2 UWG Rdn 20 ff und Fezer/Fezer, UWG, § 2 Rn 31 f) oder, ob nach wie vor eine Wettbewerbs(förderungs)absicht hinzukommen muss (so etwa Hefermehl/Köhler, UWG, 25. Aufl./2007, § 2 UWG Rdn 24 ff), ist hier nach beiden Auffassungen jedenfalls nicht zu vermuten, dass die Antragsgegnerin in Wettbewerbsförderungsabsicht oder objektiv mit dem Ziel, fremden Wettbewerb zu fördern, gehandelt hat.

Die Bedingungen einer Ausschreibung sind nicht schon per se Betätigungen wettbewerbsgerichteter Art € also objektiv zur Wettbewerbsbeeinträchtigung geeignete Handlungen (siehe zu diesem Tatbestandsmerkmal einer Wettbewerbshandlung: Fezer/Fezer, a.a.O., Rn 28) -, die objektiv darauf abzielen, den eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern. Sie umschreiben nur, welche Voraussetzungen der gesuchte Auftragnehmer erfüllen muss und welche Leistungen er zu welchen Bedingungen erbringen soll.

Der Antragsgegnerin kam es hier mit der Bedingung, dezente Hinweise auf das Unternehmen des Transporteurs der Leichen durch Fahrtzeugaufschriften und Namensschilder mit dem Firmenlogo nicht auszuschließen, allein darauf an, den Kreis der Bewerber zu erweitern und ihn nicht auf die wenigen Unternehmer zu beschränken, die sich den Vorhalt eines neutralen Leichenwagens leisten können. Dazu heißt es in dem bereits zitierten Schreiben vom 1. September 2006, dass mit dieser Regelung der zusätzliche Aufwand in Form des Vorhaltens von gesonderten neutralen Einsatzmitteln (Fahrzeuge und Dienstkleidung) ohne Firmenkennzeichnung vermieden werden solle. Damit zielte die beanstandete Maßnahme weder objektiv noch subjektiv darauf ab, den Wettbewerb desjenigen, der den Zuschlag erhalten würde, im Verhältnis zu dessen Mitbewerbern bei seinen zukünftigen Marktauftritt als Transporteur von sog. Polizeileichen zu fördern.

4. Auch die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs nach §§ 823, 1004 analog BGB wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs liegen nicht vor. Hier fehlt es aus den oben genannten Gründen bereits an einem betriebsbezogenen Eingriff.

5. Weitere Anspruchsgrundlagen des Zivilrechts sind nicht ersichtlich und die Antragsteller benennen solche auch nicht.

Für eine etwa nach Vergaberecht mögliche Beanstandung wäre die Vergabekammer nach § 104 GWB zuständig gewesen.

6. Dass das mit Gründen versehene Urteil des Landgerichts entgegen § 517 ZPO mit einem Tag Verspätung bei dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller zugestellt wurde, ist für die Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO irrelevant. Einzige Folge der entgegen § 310 Abs. 2 ZPO erfolgten Verkündung eines in Ermangelung von Tatbestand und Gründen unvollständigen Urteils, dessen Begründung außerhalb der Frist von § 517 ZPO und nach Berufungseinlegung nachgeholt wird, ist, dass es vom Rechtsmittelgericht als nicht mit Gründen versehen zu behandeln ist (siehe die Rechtsprechungsnachweise bei Zöller-Vollkommer, 26. Aufl./2007, Rz. 5 zu § 310 ZPO). Eine Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtstreits wegen fehlender Begründung wäre nicht in Betracht gekommen, weil die strengen Voraussetzungen von § 538 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.






OLG Hamburg:
Beschluss v. 30.07.2007
Az: 3 U 126/07


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