Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Oktober 2004
Aktenzeichen: 25 W (pat) 228/03

(BPatG: Beschluss v. 28.10.2004, Az.: 25 W (pat) 228/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. September 2003 aufgehoben.

Die Löschung der angegriffenen Marke 300 15 054 wird aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 2 038 504 angeordnet.

Gründe

I.

Die Bildmarkeist am 18. Oktober 2000 unter der Nummer 300 15 054 für die Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Erstellen von Internet-Programmierungen; Firmenpräsentationen im Internet; Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken, auch über das Internet aufrufbar; Bereitstellen von Informationen im Internet, insbesondere zu den Themen Handys und WAP- (Wireless Application Protocol) Mobilfunkstandard; Dienstleistungen eines Online-Anbieters, nämlich Sammeln, Bereitstellen und Übermittlung von Informationen, Texten, Zeichnungen und Bildern, technische Kundenberatung; Computerberatungsdienste" in das Markenregister eingetragen worden.

Dagegen hat die Inhaberin der für die Waren "Software, nämlich ein elektronischer Teilekatalog (soweit in Klasse 9 enthalten)" geschützten und seit dem 17. Juni 1993 eingetragenen Marke 2 038 504 Widerspruch eingelegt.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 15. September 2003 den Widerspruch zurückgewiesen.

Ausgehend von einer allenfalls mittelgradigen Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke seien an den Abstand der Marken keine erhöhten Anforderungen zu stellen. Diesen Abstand von der Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke ein. Eine zur Verwechslungsgefahr führende klangliche Ähnlichkeit der Marken bestehe nicht, da die Wortbegriffe "Ariss" und "Atriss" ausreichende Unterscheidungsmerkmale aufwiesen. Zwar würden sie in Silbenzahl und Vokalfolge übereinstimmen, doch beeinflusse der zusätzliche Konsonant "T" am ohnehin stärker beachteten Wortanfang der Widerspruchsmarke hörbar das Gesamtklangbild und ermögliche so ein Auseinanderhalten der Marken. Dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher würden die vorhandenen Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken nicht entgehen. Eine Ähnlichkeit der Marken aus anderen Gesichtspunkten, die zu einer Verwechslungsgefahr führen könnte, sei weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Inhaberin der Widerspruchsmarke hat dagegen Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. September 2003 aufzuheben und die Löschung der Marke 300 15 054 anzuordnen.

Entgegen der Auffassung der Markenstelle bestehe Verwechslungsgefahr. Der für die Widerspruchsmarke geschützte Teilekatalog als Spezialform der Software sei ein Datenverarbeitungsprogramm und deshalb hochgradig ähnlich mit den beanspruchten Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Erstellen von Internet-Programmierungen; Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken; Computerberatungsdienste". Für die Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken sei von Bedeutung, dass die Marken in Silben- und Vokalfolge vollständig übereinstimmten. Der zusätzliche Konsonant "T" in der Widerspruchsmarke sei klangschwach und könne daher eine Ähnlichkeit der Marken nicht ausschließen. Da die Widerspruchsmarke durchschnittliche Kennzeichnungskraft besitze, bestehe selbst dann Verwechslungsgefahr, wenn man nur von einer mittleren Ähnlichkeit der Dienstleistungen ausgehen würde.

Die Inhaber der angegriffenen Marke haben sich zur Beschwerde nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache Erfolg.

Aufgrund der hochgradigen Ähnlichkeit der von den Vergleichsmarken beanspruchten Waren und Dienstleistungen und unter Zugrundelegung einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke besteht Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Ausgehend von der Registerlage sind die von den Vergleichsmarken beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht nur - wie die Markenstelle angenommen hat - mittelgradig ähnlich.

So besteht zwischen den Waren "Software, nämlich ein elektronischer Teilekatalog, soweit in Klasse 9 enthalten" der Widerspruchsmarke und den Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" der angegriffenen Marke eine erhebliche Ähnlichkeit, weil die von der Widerspruchsmarke erfasste Software in Form eines elektronischen Teilekatalogs eine spezielle Form eines Datenverarbeitungsprogramms darstellt und das Erstellen solcher Programme auch die Herstellung der für die Widerspruchsmarke eingetragenen Software umfassen kann. Vor diesem Hintergrund müssen enge Berührungspunkte auch zu den übrigen Dienstleistungen der Widerspruchsmarke "Erstellen von Internetpräsentationen, Firmenrepräsentationen im Internet; Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken, auch über das Internet abrufbar; Bereitstellen von Informationen im Internet; Dienstleistungen eines Online-Anbieters nämlich Sammeln, Bereitstellen und Übermittlung von Informationen, Texten, Zeichnungen und Bildern, technische Kundenberatung, Computerberatungsdienste" angenommen werden, da alle diese speziellen Dienstleistungen in Zusammenhang mit der Herstellung, dem Vertrieb und der Nutzung von Software in Form eines elektronischen Teilekatalogs (speziell im Internet) stehen können. Unerheblich ist, dass die Dienstleistung "Bereitstellen von Informationen im Internet insbesondere zu den Themen Handys und WAP-Mobilfunkstandard" erfolgen soll, da der Oberbegriff "Bereitstellen von Informationen im Internet" durch die mit "insbesondere" eingeleitete Themenangabe nicht darauf beschränkt ist, sondern darüber hinaus z.B. auch Informationen über die Waren der Widerspruchsmarke umfassen kann.

Angesichts dieser überdurchschnittlichen Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen und bei Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke - von der der Senat mangels anderer Anhaltspunkte ebenso wie die Markenstelle ausgeht - muss die jüngere Marke daher einen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke einhalten. Hierfür reichen die vorhandenen Unterschiede zwischen beiden Marken wegen der weitreichenden Überstimmungen aber nicht aus.

Auf Seiten der angegriffenen Marke ist dabei von dem Markenwort "Ariss" auszugehen. Auch wenn der erste Buchstabe der angegriffenen Marke aufgrund seiner grafischen Gestaltung nicht nur als "A", sondern möglicherweise auch als "D" gelesen werden könnte, entspricht die Bezeichnung "Ariss" der von den Anmeldern in der Markenanmeldung selbst vorgenommenen Wiedergabe. Es ist dann aber davon auszugehen ist, dass die angegriffene Marke auch unter dieser Bezeichnung im Geschäftsverkehr mündlich benannt wird, sie demnach auch der Prüfung einer klanglichen Verwechslungsgefahr zugrunde zu legen ist. Zudem ist die entsprechende Handhabung im angefochtenen Beschluss unwidersprochen geblieben.

Die beiden Markenwörter weisen in klanglicher Hinsicht eine erhebliche Ähnlichkeit auf. Der Unterschied zwischen ihnen besteht lediglich darin, dass bei der Widerspruchsmarke hinter dem Anfangsbuchstaben "A" der Konsonant "T" eingefügt ist. Ansonsten stimmen die Markenwörter in der Anzahl der Silben, im Sprechrhythmus - wobei in klanglicher Hinsicht unbeachtlich ist, dass die angegriffene Marke am Ende mit "-iss" geschrieben wird - und in der Vokalfolge A-I überein. Bei beiden Markenwörtern treten sowohl der betont gesprochene Anfangsbuchstabe "A" als auch die Endung "-is" klanglich markant hervor und sind daher geeignet, den Gesamteindruck der beiden Wörter bei den angesprochenen Verkehrskreisen nachhaltig zu bestimmen, zumal die Buchstabenfolge "-is (s)" als Endung für deutsche Wörter ungewöhnlich ist und vom Verkehr als typisch für Fremdwörter angesehen wird (BPatG, PAVIS PROMA, 27 W (pat) 175/01 - ANTESIS/ACTEBIS). Auch wenn entgegen der Auffassung der Widersprechenden der Konsonant "T" der Widerspruchsmarke nicht klangschwach ist, sondern klangstark hervortritt, führt dies nicht zu einer erheblichen Abweichung im Klangbild beider Marken, weil dem Konsonanten "T" der Konsonant "R" folgt, welcher auch an entsprechender Stelle in der angegriffenen Marke steht. Die klangliche Abweichung zwischen den Silben "-tris(s)" und "-ris" kann aber leicht überhört werden und fällt daher nicht derart ins Gewicht, dass sie geeignet wäre, die genannten Übereinstimmungen - denen bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr in der Regel größere Bedeutung zukommt - bei der klanglichen Wahrnehmung in den Hintergrund zu drängen. Da die Übereinstimmungen zudem auch quantitativ gegenüber den Unterscheiden deutlich überwiegen, können daher Verwechslungen der Markenwörter nicht ausgeschlossen werden, zumal der Verbraucher die Wörter in der Regel nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines meist undeutlichen Erinnerungsbildes gewinnt (vgl. Ströbele/Hacker, Markenrecht, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 162).

Die Beschwerde hat daher Erfolg.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Kliems Bayer Merzbach Fa






BPatG:
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Az: 25 W (pat) 228/03


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