Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 5. Oktober 2009
Aktenzeichen: 8 U 11/09

(OLG Hamm: Urteil v. 05.10.2009, Az.: 8 U 11/09)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 12. November 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

A.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines in der Gesellschafterversammlung der "L GmbH & Co. KG" am 31.03.2000 gefassten Beschlusses.

Beim Kläger handelt es sich um einen Gründungskommanditisten der mit Gesellschaftsvertrag vom 15.11.1990 gegründeten oben genannten KG sowie um den ehemaligen Geschäftsführer der Komplementär - GmbH. Die Beklagten waren ebenfalls Kommanditisten der KG, die im Laufe des Jahres 2008 durch Formwechsel in die "L GmbH" umgewandelt wurde. Wegen des Inhalts des Gesellschaftsvertrages der KG wird auf die Anlage K 6 Bezug genommen.

Nachdem es zwischen dem Kläger und den übrigen Gesellschaftern der KG ab dem Jahr 1999 zu Spannungen gekommen war, fand am 31.03.2000 eine Gesellschafterversammlung statt, in der über den Tagesordnungspunkt "Beschlussfassung über den Ausschluss des Kommanditisten Herrn D aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft" abgestimmt wurde. Als Abstimmungsergebnis ist im Protokoll der Gesellschafterversammlung festgehalten, dass "die Gesellschafter der Gesellschaft beschlossen" haben, "dass Herr D als Kommanditist aus der Gesellschaft ausgeschlossen ist". Wegen der weiteren Einzelheiten des Ablaufs der Gesellschafterversammlung vom 31.03.2000 wird auf den Inhalt des Protokolls vom 07.04.2000 - Anlage B 1 - verwiesen.

Im weiteren Verlauf kam es zu mehreren Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien; unter anderem erhob der Kläger vor dem Landgericht Hagen Klage auf Feststellung, dass der am 31.03.2000 gefasste Beschluss nichtig sei (Az.: 21 O 71/00). Am 29.03.2001 schlossen die Parteien einen notariell beurkundeten Vergleich, der die streitigen Rechtsverhältnisse insgesamt erledigen sollte. Wegen des Inhalts des Vergleichs wird auf die Ablichtung der notariellen Urkunde (Urkunden - Nummer xxx/2001 des Notars E2 in F) verwiesen (Anlage K 1). Am 30.03.2001 nahm der Kläger seine Klage mit Blick auf die in § 15 Ziffer 1. des genannten Vergleichs getroffene Regelung zurück.

Am 14.10.2002 erklärte die Kommanditgesellschaft die Anfechtung des Vergleichs wegen arglistiger Täuschung. Das Landgericht Hagen wies mit am 09.04.2003 (Anlage K 2) verkündetem Urteil eine gegen den Kläger gerichtete Vollstreckungsabwehrklage der KG ab (Az.: 22 O 160/02). Die dagegen gerichtete Berufung der Gesellschaft wies das Oberlandesgericht Hamm - Az.: 27 U 72/03 - mit Urteil vom 07.10.2004 zurück (Anlage K 3). Der Bundesgerichtshof hob auf die Revision der KG am 20.06.2005 das genannte Urteil des Oberlandesgerichts Hamm auf und verwies die Sache zurück (Az.: II ZR 232/04; Anlage K 4). Mit am 27.09.2006 verkündetem Urteil änderte der Senat daraufhin das oben genannte Urteil des Landgerichts Hagen ab und erklärte die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars E2 für unzulässig. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, dass der notarielle Vergleich infolge der erklärten Anfechtung nichtig sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Senatsurteils vom 27.09.2006 (Az.: 8 U 159/05; Anlage K 5) Bezug genommen.

Der Kläger hat in der Folgezeit die in dem Vergleich vom 29.03.2001 enthaltenen Regelungen als gegenstandslos angesehen und mit Schriftsatz vom 22.12.2006 erneut Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des am 31.03.2000 gefassten Gesellschafterbeschlusses erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die Klage sei zulässig, da er insbesondere über das erforderliche Feststellungsinteresse verfüge. Der angefochtene Beschluss sei deswegen unwirksam, weil kein wichtiger Grund für eine Ausschließung vorgelegen habe. Im Übrigen sehe der Gesellschaftsvertrag überhaupt nicht vor, dass ein Kommanditist durch Beschluss der Gesellschafterversammlung ausgeschlossen werden könne.

Die Beklagten sind der Meinung gewesen, die Klage sei bereits unzulässig, da aufgrund eines am 27.07.2006 verkündeten Urteil des Senats (Az.: 8 U 187/06) rechtskräftig feststehe, dass der Kläger per Ausschließungsverlangen der Gesellschafterversammlung am 28.10.2005 aus der KG ausgeschlossen worden sei. Ferner habe er die in § 8 V des Gesellschaftervertrages normierte Anfechtungsfrist von 2 Monaten versäumt. Da er seine ursprüngliche Klage zurückgenommen habe, könne er den Beschluss vom 31.03.2000 fristwahrend nicht mehr erneut anfechten.

Das Landgericht Hagen hat der Klage mit am 12.11.2008 verkündetem Urteil stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei zulässig; insbesondere verfügte der Kläger deswegen über das besondere Feststellungsinteresse, weil ihm bis zum 28.10.2005 noch alle gesellschafterlichen Rechte innerhalb der KG zugestanden hätten. Der angefochtene Beschluss vom 31.03.2000 sei ferner unwirksam, da der Gesellschaftsvertrag der KG keine Regelung enthalten habe, wonach der Ausschluss eines Gesellschafters durch Beschluss der Gesellschafterversammlung habe erfolgen können. Der Vertrag sehe in § 13 lediglich vor, dass die übrigen Gesellschafter durch schriftliche Erklärung - die hier nicht vorliege - das Ausscheiden eines Gesellschafters verlangen könnten. § 8 V des Gesellschaftsvertrages, der eine Anfechtungsfrist von 2 Monaten statuiere, sei vorliegend nicht anwendbar; auch lägen die Voraussetzungen der Verwirkung nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten zu den tatsächlichen Feststellungen und zur Begründung des landgerichtlichen Urteils wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Urteil ist den Beklagten am 09.01.2009 zugestellt worden. Sie haben am 17.11.2008 und am 22.01.2009 gegen die Entscheidung Berufung eingelegt, die sie nach entsprechender Fristverlängerung am 09.04.2009 begründet haben. Sie nehmen im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug, das sie vertiefen und ergänzen. Sie behaupten, die Parteien hätten die in § 13 des Gesellschaftsvertrages der KG enthaltene Regelung zum Ausschluss von Gesellschaftern in der Vergangenheit übereinstimmend so verstanden und praktiziert, dass die Ausschließung eines Gesellschafters durch Beschluss habe herbeigeführt werden können, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorhanden gewesen sei. Sie vertreten zudem die Auffassung, die Klage habe dementsprechend nur binnen der in § 8 V des Vertrages kodifizierten Frist von zwei Monaten ab Beschlussfassung erhoben werden können. Darüber hinaus verfüge der Kläger nicht über ein besonderes Feststellungsinteresse, da er am 28.10.2005 wirksam aus der KG ausgeschlossen worden sei; zudem sei die Klage wegen des Einwands der anderweitigen Rechtshängigkeit und Rechtskraft unzulässig. Letztlich habe der Kläger sein Recht zur Klage infolge Zeitablaufs verwirkt.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Hagen vom 12.11.2008 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und nimmt gleichfalls im Wesentlichen auf seinen erstinstanzlichen Vortrag Bezug, den er vertieft und ergänzt. Er meint, § 8 V des Gesellschaftervertrages sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar; auch könne § 13 des Vertrages nicht so ausgelegt werden, dass er eine Beschlussfassung über den Ausschluss eines Gesellschafters ermögliche. Das besondere Feststellungsinteresse liege überdies nicht zuletzt deswegen vor, weil er als (ehemaliger) Kommanditist der "KG" noch Kontrollrechte ausüben könne.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze Bezug genommen.

B.

Die Berufung ist zulässig, hat allerdings in der Sache keinen Erfolg, da die Feststellungsklage sowohl zulässig als auch begründet ist. Im Einzelnen:

I. Zulässigkeit der Klage:

1.

Die Feststellungsklage ist auf das Nichtbestehen eines konkreten Rechtsverhältnisses gerichtet. Dem Rechtsverhältnis i. S. d. § 256 I ZPO ist eine Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder einer Sache zu subsumieren, die ein subjektives Recht enthält oder aus der solche Rechte entspringen können (vgl. BGHZ 22, 43 ff.; Zöller/ Greger, 27. Auflage, § 256 ZPO, Rdnr. 3). Bloße Vor- / Tatfragen oder abstrakte Rechtsfragen können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein, sondern nur das Rechtsverhältnis als solches (BGH NJW 1977, 1288 ff.; BGH NJW 1982, 1878 ff.; Zöller/ Greger § 256 ZPO, Rdnr. 3). Zwar ist der Klageantrag nach seinem Wortlaut nicht auf Feststellung einer derartigen Beziehung gerichtet, sondern auf die Feststellung der Unwirksamkeit einer Rechtshandlung. Jedoch kann die Wirksamkeit bzw. Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen - soweit für sie (wie hier) kein besonderes Verfahren vorgesehen ist - Gegenstand einer Feststellungsklage eines Gesellschafters sein, da sein Mitgliedschaftsverhältnis durch sie betroffen wird (BGH NJW 2006, 374 ff.; BGH NJW - RR 1992, 227; BGH NJW 1999, 3113 ff.; Baumbach/Hopt, 33. Auflage, § 119 HGB, Rdnr. 31; vgl. auch Ulmer/Schäfer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, 5. Auflage, § 709 BGB, Rdnr. 113 f.; Zöller/Greger § 256 ZPO, Rdnr. 4). Der Streit über die Wirksamkeit von Beschlüssen schafft Rechtsunsicherheit. Über ihre Rechtmäßigkeit oder Unwirksamkeit muss daher möglichst bald Klarheit geschaffen werden (BGH NJW - RR 1992, 227).

2.

Der Antrag ist ferner nicht deswegen unzulässig, weil der Kläger das Bestehen / Nichtbestehen eines vergangenen Rechtsverhältnisses begehrt (vgl. dazu BGHZ 37, 137 ff.; Zöller/Greger § 256 ZPO, Rdnr. 3a). Die Feststellungsklage bezieht sich auf einen Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 31.03.2000, mit dem der Kläger aus der KG ausgeschlossen werden sollte. Mittlerweile ist er allerdings unstreitig am 28.10.2005 aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden, so dass der erstgenannte Beschluss durch den Vorgang vom 28.10.20005 gleichsam überholt wurde. Gleichwohl kann ausnahmsweise ein vergangenes Rechtsverhältnis zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden, wenn sich aus ihm nach dem Vortrag des Klägers Rechtsfolgen für Gegenwart oder Zukunft ergeben können (vgl. BAG NJW 1997, 3396; BAG NZA 2000, 775 f.; Zöller/Greger § 256 ZPO, Rdnr. 3a). So liegt der Fall hier: Der Kläger berühmt sich für den Zeitraum von 1999 bis zum 28.10.2005 noch Forderungen in Bezug auf Gewinn und Abfindungsguthaben; außerdem macht er in seiner Eigenschaft als ehemaliger Kommanditist Kontrollrechte i. S. d. § 166 HGB geltend. Wenngleich § 166 HGB für den ausgeschiedenen Kommanditisten nicht mehr gilt (vgl. BGHZ 50, 316 ff.; Baumbach/Hopt § 166 HGB, Rdnr. 2; Ulmer/Schäfer Gesellschaft bürgerlichen Rechts § 716 BGB, Rdnr. 13), hat er hinsichtlich der Zeitspanne vor seinem Ausscheiden die aus § 810 BGB und aus § 242 BGB folgenden Einsichts- und Auskunftsrechte (BGH WM 1989, 878 ff.; BGH NZG 2008, 623 ff.; BGH NJW 2000, 2276 f.; Baumbach/Hopt § 166 HGB, Rdnr. 2; Ulmer/Schäfer Gesellschaft bürgerlichen Rechts § 716 BGB, Rdnr. 13).

3.

Zudem verfügt der Kläger über das besondere Feststellungsinteresse i. S. d. § 256 I ZPO. Ein derartiges Interesse ist vorhanden, wenn bezüglich des Rechts des Klägers eine gegenwärtige Unsicherheit besteht, weil der Beklagte das Bestehen des Rechts ernsthaft bestreitet oder in Zweifel zieht (BGH NJW 1986, 2507 f.; Zöller/Greger § 256 ZPO, Rdnr. 7). Ein Feststellungsinteresse ist allerdings nicht gegeben, wenn der Kläger auf eine bessere Rechtsschutzmöglichkeit hätte zurückgreifen können (vgl. Zöller/ Greger § 256 ZPO, Rdnr. 7a m. w. N.).

a) Das Feststellungsinteresse entfällt nicht deswegen, weil der Kläger am 28.10.2005 wirksam aus der KG ausgeschlossen wurde, da er bis zu diesem Zeitpunkt nach wie vor Ansprüche gegen die Gesellschaft haben mag, die auf seiner Kommanditistenstellung beruhen; zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Ausführungen zu 2., die hier sinngemäß gelten.

b) Auch wenn der Kläger in Bezug auf Gewinnansprüche eine Leistungsklage vor dem Landgericht Hagen erhoben hat (Az.: 21 O 28/09), entfällt das Feststellungsinteresse nicht. Denn er berühmt sich ferner eines Abfindungsanspruchs, zu dessen Geltendmachung er Prüfungsberichte, Jahresabschlüsse usw. einsehen will, bevor er ihn beziffern kann. Die Relevanz der erstrebten Feststellung reicht über den eigentlichen Abfindungsanspruch hinaus, zumal sich der anspruchsbegründende Sachverhalt derzeit noch in der Entwicklung befindet. Selbst wenn der Anspruch schon teilweise beziffert werden könnte, ist seine Höhe maßgeblich von der Wirksamkeit des am 31.03.2000 gefassten Beschlusses abhängig. Zudem steht es einem Anspruchssteller frei, ob er bezüglich des bereits bezifferbaren Teils seines Anspruchs Leistungsklage und im Übrigen Feststellungsklage erhebt (vgl. BGH VersR 1991, 788 f.; Zöller/Greger § 256 ZPO, Rdnr. 7a).

4.

Die Feststellungsklage ist ferner nicht mit Blick auf den vor dem Landgericht Hagen unter dem Az.: 24 O 33/05 und dem Senat unter dem Az.: 8 U 187/06 geführten Rechtsstreit gem. § 261 III Nr. 1 ZPO unzulässig.

a) Insofern ist schon keine Rechtshängigkeit mehr gegeben, da die genannte Entscheidung des Senats rechtskräftig ist. Außerdem bezog sich der zugrunde liegende Rechtsstreit nicht auf den identischen Streitgegenstand wie das hiesige Verfahren (vgl. Zöller/Greger § 261 ZPO, Rdnr. 8 ff.). Auszugehen ist von einem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff, wonach sich der Streitgegenstand aus dem Antrag und dem von den Parteien vorgetragenen Lebenssachverhalt (= Klagegrund) zusammensetzt (vgl. BGH NJW 2003, 2317 ff.; BGH NJW 2004, 1252 ff.; BGH WM 2006, 1877 ff.; Zöller/ Vollkommer Einleitung, Rdnr. 83). Der Lebenssachverhalt in den Rechtsstreiten Landgericht Hagen 22 O 185/06 (also dem hiesigen Verfahren) und Landgericht Hagen (Az.:24 O 33/05) / Senat (Az.:8 U 187/06) unterscheidet sich allerdings insofern, als Gegenstand des letztgenannten Rechtsstreits ein Verhalten der Gesellschafterversammlung vom 28.10.2005 war, während sich das vorliegende Verfahren auf eine Beschlussfassung vom 31.03.2000 bezieht. Es liegen zwei unterschiedliche Lebenssachverhalte vor, wenngleich sie jeweils die Kommanditistenstellung des Klägers betreffen.

b) Mit Blick auf Rechtsstreite, die vor dem Landgericht Hagen unter den Aktenzeichen 22 O 154/08 und 21 O 28/09 rechtshängig sind, sind die Voraussetzungen der anderweitigen Rechtshängigkeit i. S. d. § 261 III Nr. 1 BGB ebenfalls nicht gegeben. Die vorliegende Feststellungsklage wurde vor den Klagen in den gerade genannten Verfahren erhoben, so sich das Prozesshindernis des § 261 III Nr. 1 ZPO allenfalls in Bezug auf die letztgenannten Rechtsstreitigkeiten stellen könnte.

5.

Dem Klageantrag steht ferner nicht der Einwand der Rechtskraft mit Blick auf das Verfahren Landgericht Hagen (Az.: 24 O 33/05) und Senat (Az.: 8 U 187/06) entgegen (vgl. dazu Zöller/Greger vor § 253 ZPO, Rdnr. 19a). Dieses Prozesshindernis ist nur gegeben, wenn die jeweiligen Streitgegenstände identisch sind, was - wie ausgeführt - wegen des im Zivilprozess geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs vorliegend nicht der Fall ist.

II. Begründetheit der Klage:

Die Klage ist begründet, da der am 31.03.2000 gefasste Beschluss, wonach der Kläger als Kommanditist aus der Gesellschaft ausgeschlossen ist, nichtig ist. Im Einzelnen:

1.

Die Feststellungsklage war gegen die Beklagten als die (Mit-) Gesellschafter der KG zu richten (Baumbach/Hopt § 119 HGB, Rdnr. 32; vgl. Ulmer/Schäfer Gesellschaft bürgerlichen Rechts § 709 BGB, Rdnr. 113). Wenngleich der Kläger nicht die Komplementär - GmbH verklagt hat, ist dies für die Erfolgsaussichten der Klage ohne Belang.

a) Zum einen sind die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft grundsätzlich nicht als notwendige Streitgenossen i. S. d. § 62 I ZPO anzusehen (vgl. Zöller/Vollkommer § 62 ZPO, Rdnr. 7, 17 und 21; Ulmer/Schäfer Gesellschaft bürgerlichen Rechts § 709 BGB, Rdnr. 113). Zum anderen ist die Klage ist nur gegen solche Gesellschafter zu richten, die auf Gesellschafterversammlungen stimmberechtigt sind, da auch nur sie an einer Beschlussfassung mitwirken können. Gem. § 8 II Satz des Gesellschaftsvertrages der KG (nachfolgend als GV bezeichnet) haben "Gesellschafter ohne Pflichteinlage" kein Stimmrecht. Aus § 4 II, III GV geht hervor, dass die Komplementär - GmbH keine Einlage geleistet hat, so dass sie demzufolge über kein eigenes Stimmrecht verfügt.

b) Stimmrechtsauschlüsse der vorliegenden Art können gesellschaftsvertraglich wirksam vereinbart werden (Baumbach/Hopt § 119 HGB, Rdnr. 12 f.). Die Grenze der zulässigen Regelung wird lediglich dann überschritten, wenn in die Rechtsstellung des entsprechenden Gesellschafters unmittelbar eingegriffen wird (vgl. vgl. BGH NJW 1987, 3124 ff.; Baumbach/Hopt a. a. O.). So liegt der Fall hier allerdings nicht, da die "KG" in der Rechtsform der GmbH & Co. KG organisiert war. Da die Haftung des Komplementärs als Folge der Rechtsform "GmbH" lediglich auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist (vgl. BGH NJW 1993, 2100 f.; Baumbach/Hopt Anhang zu § 177a HGB, Rdnr. 25), bleiben die Auswirkungen eines ohne Mitwirkung der GmbH gefassten Gesellschafterbeschlusses wegen der beschränkten Haftung stets überschaubar (BGH NJW 1993, 2100 f.).

c) Obwohl die KG Im Jahr 2008 i. S. d. § 1 I Nr. 4 UmwG durch Formwechsel in die "L GmbH" umgewandelt wurde, war die Klage nicht gegen die GmbH zu richten. Denn die Beklagten haben am 31.03.2000 als Gesellschafter der KG an einer Beschlussfassung mitgewirkt, die sich auf den Ausschluss des Klägers als Kommanditisten bezog. Er ist weder mit der GmbH noch mit ihren Gesellschaftern Rechtsbeziehungen eingegangen.

2.

Der am 31.03.2000 gefasste Beschluss, den Kläger als Kommanditisten aus der KG auszuschließen, ist gem. § 134 BGB nichtig. Gem. §§ 133, 140, 161 II HGB ist die Ausschließung eines Gesellschafters - auch eines Kommanditisten - nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch gerichtliche Entscheidung möglich, nicht hingegen durch Beschluss der Gesellschafterversammlung, was der Rechtssicherheit dienen soll (vgl. BGHZ 31, 295 ff.; Baumbach/Hopt § 140 HGB, Rdnr. 1).

a) Die §§ 133, 140, 161 II HGB enthalten allerdings dispositives Recht - vgl. schon § 133 III HGB -, weswegen die Ausschließung durch gesellschaftsvertragliche Regelung erleichtert werden kann (vgl. BGHZ 31, 295 ff.; BGHZ 68, 212 ff.; BGH NJW - RR 1997, 925 f.; BGH ZIP 2005, 1322 ff., Juris - Rdnr. 32 f.; Baumbach/Hopt § 140 HGB, Rdnr. 30).

b) Der Gesellschaftsvertrag der KG sieht in § 13 I lit. c) vor, dass ein Gesellschafter ausscheidet, wenn er den übrigen Gesellschaftern Anlass gibt, nach § 133 HGB die Auflösung der Gesellschaft und nach § 140 HGB seine Ausschließung zu verlangen und wenn die übrigen Gesellschafter das Ausscheiden ihm gegenüber in Form einer schriftlichen Erklärung postulieren. Die genannte Bestimmung ist gem. §§ 133, 157 BGB nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zunächst so auszulegen, dass die Ausschließung eines Gesellschafters einen wichtigen Grund i. S. d. §§ 133 I, II, 140 I HGB erfordert. Nach dem Wortlaut der zitierten Regelung ist ein Beschluss der Gesellschafterversammlung in Bezug auf die Ausschließung nicht notwendig. Wird ein entsprechender Beschluss allerdings gefasst, so reicht er zur Ausschließung eines Gesellschafters nicht aus; vielmehr hat er lediglich vorbereitenden Charakter (vgl. auch Senat, Urteil vom 17.09.2007, Az.: 8 U 187/06). Entscheidend für die Ausschließung ist der Zugang einer schriftlichen Erklärung des Ausscheidungsverlangens durch die übrigen Gesellschafter. Nach der in § 13 I lit. c) GV getroffenen gesellschaftsvertraglichen Regelung verfügt die Gesellschafterversammlung nicht über die Kompetenz, wirksam über die Ausschließung zu beschließen (vgl. Senat a. a. O.). Zwar behaupten die Beklagten, alle Gesellschafter hätten § 13 I lit. c) GV stets so verstanden, dass eine entsprechende Kompetenz bestanden habe, doch ist dieser Vortrag nicht hinreichend belegbar. Allein der pauschale Hinweis, die Regelung sei in der Vergangenheit "unbeanstandet praktiziert" worden (Bl. 265 GA), reicht angesichts des klaren Wortlauts des § 13 I lit. c) GV, der die Grenze einer jeden Auslegung bildet, nicht aus. Außerdem treten die Beklagten für die Richtigkeit ihrer Behauptung keinen Beweis an.

aa) Unter Berücksichtigung der o. g. Grundsätze war der am 31.03.2000 gefasste Beschluss gem. § 134 BGB nichtig. Ausweislich des Wortlauts des Protokolls vom 07.04.2000 (Anlage B 1) steht fest, dass die Gesellschafterversammlung unmittelbar über die Ausschließung des Klägers beschlossen hat. Der Beschluss stellt keine Vorbereitungshandlung oder eine bloße Absichtserklärung dar, von dem in § 13 I lit. c) GV vorgesehenen Recht auf Versendung eines schriftlichen Ausschließungsvermerks Gebrauch zu machen. Vielmehr sollte er die Ausschließung des Klägers konstitutiv bewirken, wozu der Gesellschafterversammlung nach der in § 13 I lit. c) GV getroffenen Regelung allerdings - wie ausgeführt - die Kompetenz fehlte.

bb) Auch der Inhalt des Schreibens der Rechtsanwälte E und Partner vom 04.05.2000 (Anlage B 4) lässt mit Blick auf den Inhalt des Protokolls vom 31.03.2000 keine andere Beurteilung zu. Das Schreiben kann insbesondere nicht gem. §§ 133, 157 BGB im Sinne eines schriftlichen Ausscheidungsverlangens der Gesellschafter interpretiert werden. Wie dargestellt, haben die Gesellschafter in § 13 I lit. c) GV bestimmt, dass der Zugang eines entsprechenden Schreibens rechtsgestaltenden Charakter haben soll; seinem Inhalt soll eine konstitutive Wirkung zukommen. Dass es eine derartige Wirkung entfalten sollte, lässt sich dem genannten Schreiben vom 04.05.2000 aber gerade nicht entnehmen. Vielmehr enthält es den bloßen Hinweis, dass der Kläger als "ausscheidender Gesellschafter" sein Ausscheiden beim Handelsregister anzuzeigen habe. Der Wortlaut lässt nur die Auslegung zu, dass der Verfasser davon ausging, die Ausschließung als solche sei bereits rechtswirksam erfolgt, so dass auf sie allenfalls deklaratorisch Bezug genommen zu werden brauche. Mit dem Schreiben sollte der Kläger lediglich auf die Rechtsfolgen hingewiesen werden, die eine bereits erfolgte - und nach Auffassung des Ausstellers des Schreibens vom 04.05.2000 wirksame - Ausschließung mit sich bringt.

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Parteien § 13 I lit. c) GV ferner nicht (konkludent) dahingehend modifiziert, dass die Ausschließung eines Gesellschafters durch Beschluss der übrigen Gesellschafter möglich sein soll. Zwar ist eine konkludente Änderung des Gesellschaftsvertrages möglich. An eine Modifizierung ausdrücklich geregelter Punkte - z. B. durch tatsächliche Übung - sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BGH NJW 1985, 1229 f.; Ulmer/Schäfer Gesellschaft bürgerlichen Rechts § 705 BGB, Rdnr. 56; Baumbach/Hopt § 105 HGB, Rdnr. 60). Eine einmalige oder nur vorübergehende Abweichung genügt in aller Regel nicht, wenn sich der übereinstimmende Änderungswille der Beteiligten nicht aus zusätzlichen Umständen ableiten lässt. Nur wenn eine langjährige, vom Vertrag abweichende Praxis festgestellt werden kann, besteht eine tatsächliche Vermutung für eine entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrages (vgl. BGH NJW 1978, 1001 f.; Ulmer/Schäfer Gesellschaft bürgerlichen Rechts § 705 BGB, Rdnr. 56; Baumbach/Hopt § 105 HGB, Rdnr. 60).

aa) Nach Maßgabe dieser Grundsätze haben die Beklagten schon nicht schlüssig dargelegt, dass eine Vertragsänderung dergestalt stattgefunden hat, dass die Ausschließung eines Gesellschafters durch Beschluss der übrigen Gesellschafter möglich sein soll. Allein der Umstand, dass am 31.03.2000 ein Ausschließungsbeschluss gefasst wurde, genügt insofern nicht, zumal der Kläger die Wirksamkeit dieses Beschlusses nicht nur aus inhaltlichen, sondern auch aus formalen Gründen bezweifelt hat. Inwiefern eine Modifikation des § 13 I lit. c) GV in der Vergangenheit von den Parteien "gelebt" wurde, legen die Beklagten - wie ausgeführt - nicht dar, zumal sie nicht vortragen, wann - ggf. welche - Gesellschafter aus der KG ausgeschlossen worden sind.

bb) Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass der Kläger in seiner Klageschrift vom 07.04.2000 ab Seite 5 (Anlage BB 2) und in der Klageschrift vom 22.12.2006 ab Seite 6 - nahezu wortgleich - umfangreich zum Vorliegen eines wichtigen Grundes Stellung bezogen hat. Hiermit hat er nicht zum Ausdruck gebracht, dass der Gesellschaftsvertrag nach seinem Verständnis dahingehend modifiziert worden sei, einen Gesellschafter durch Beschluss auszuschließen. Wie bereits ausgeführt, muss ein wichtiger Grund i. S. d. §§ 133 I, II, 140 I HGB neben dem schriftlichen Ausscheidungsverlangen vorliegen; ist ein derartiger Umstand nicht gegeben, kommt es auf die sonstigen Ausschließungsvoraussetzungen nicht mehr an. Darüber hinaus lassen die zitierten Klageschriften erkennen, dass sich der Kläger gegen die persönlichen Vorwürfe zur Wehr setzen wollte, welche die Beklagten zur Grundlage des Ausschließungsbeschlusses gemacht haben. Darüber hinaus ist nicht von der Hand zu weisen, dass seine Prozessbevollmächtigten letztlich aus anwaltlicher Vorsorge umfassend zur Frage der Wirksamkeit der Ausschließung vorgetragen haben; hieraus kann nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, der Kläger habe die Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung zur Ausschließung verbindlich akzeptiert. Dies gilt um so mehr, als er im vorliegenden Rechtsstreit die Auffassung vertritt, eine Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung sei gar nicht möglich gewesen. Auch aus einem etwaigen Verhalten des Klägers in Bezug auf das Handelsregister ergibt sich keine andere rechtliche Beurteilung. Selbst wenn er sich hier wiederum auf das Fehlen eines wichtigen Grundes in Bezug auf seine Ausschließung gestützt haben sollte, impliziert dies nicht, dass er den Beschluss vom 31.03.2000 im Übrigen als ordnungsgemäß ansah. Allein der Umstand, dass sich der Kläger nicht stets auf sämtliche in Betracht kommenden Nichtigkeitsgründe beruft, besagt nicht, dass § 13 I lit. c) GV durch eine langjährige gesellschafterliche Übung im Sinne der Beklagten modifiziert wurde.

cc) Hinzu kommt, dass auch die Beklagten letztlich nicht von einer Änderung des § 13 I lit. c) GV ausgehen. Am 28.10.2005 haben sie den Kläger nämlich durch ein schriftliches Verlangen aus der Gesellschaft ausgeschlossen und damit das in § 13 I lit. c) GV statuierte Verfahren beachtet. Dieses Verhalten ist nur so zu erklären, dass sie der Meinung waren, zwischen den Gesellschaftern der KG herrsche gerade keine Einigkeit darüber, ob die zitierte Bestimmung im eingangs genannten Sinn nachträglich geändert wurde.

3.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine (Ausschluss-) Frist zur Klageerhebung nicht verstrichen. Eine gesetzliche oder am Leitbild des § 246 AktG orientierte Klagefrist existiert im Rahmen der Geltendmachung der Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen einer Kommanditgesellschaft nicht (BGH NJW 1999, 3113 ff.; BaumbachHopt § 119 HGB, Rdnr. 31). Ein Gesellschaftsvertrag kann aber vorsehen, dass die Geltendmachung der Mangelhaftigkeit von Beschlüssen gegenüber der Gesellschaft innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen muss (BGH NJW 1999, 3113 ff.; BGH NJW 1983, 1056 ff.; Ulmer/Schäfer Gesellschaft bürgerlichen Rechts § 709 BGB, Rdnr. 114; vgl. Baumbach/Hopt § 119 HGB, Rdnr. 32). So liegt der Fall hier, da § 8 V GV bestimmt, dass Gesellschafterbeschlüsse nur binnen zwei Monaten durch Klage beim zuständigen Gericht angefochten werden können, wobei die Frist mit dem Ablauf des Tages beginnt, an dem der Gesellschafter Kenntnis von dem Beschluss erlangt.

a) § 8 V GV findet allerdings für Ausscheidungsverlangen i. S. d. § 13 I lit. c) GV keine Anwendung (vgl. auch schon Senat, Urteil vom 17.09.2007, Az.: 8 U 187/06). Wie bereits ausgeführt, können nach § 13 I lit. c) GV Beschlussfassungen über die Ausschließung keinen konstitutiven, sondern allenfalls einen vorbereitenden Charakter haben, weswegen die in § 8 V GV vereinbarte Ausschlussfrist für Klagen gegen die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen aufgrund teleologischer Reduktion keine Anwendung findet.

b) Auch wenn die Gesellschafter am 31.03.2000 - entgegen der Bestimmung des § 13 I lit. c) GV - einen nach ihrer Vorstellung konstitutiven Ausschließungsbeschluss gefasst haben, ergibt sich daraus keine andere rechtliche Beurteilung. Angesichts der schwerwiegenden Rechtsbeeinträchtigung, die mit dem Entzug der Gesellschafterstellung verbunden ist, muss der Gesellschaftsvertrag einschränkend dahingehend ausgelegt werden, dass die vertraglich festgelegte Klagefrist in Fällen wie dem vorliegenden nicht gelten soll. Die Klausel des § 8 V GV kann sich nicht auf Ausschließungsbeschlüsse beziehen, welche die Gesellschafterversammlung nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages - wie hier - gar nicht hätte fassen dürfen, d. h. die von vornherein unzulässig waren (BGHZ 68, 212 ff.; Baumbach/Hopt § 119 HGB, Rdnr. 32). Die zitierte Klausel, wonach Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nur innerhalb einer Frist von zwei Monaten angefochten werden können, kann sich nur auf einen Katalog von Maßnahmen beziehen, für die nach dem Willen der Gesellschafter die Gesellschafterversammlung zuständig sein soll (vgl. BGHZ 68, 212 ff.). Da die Klausel des § 8 V GV - trotz des umfassenden Wortlauts - zumindest Zweifel daran bestehen lässt, ob die Klagefrist auch für den Fall gilt, dass der Ausschließungsbeschluss von vornherein unzulässig ist, kann sie nicht bei Beschlüssen der Gesellschafterversammlung eingreifen, die darauf gerichtet sind, einen Gesellschafter auszuschließen, obwohl die Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung nach Gesetz und Gesellschaftsvertrag nicht besteht. Dem kann nicht entgegengehalten werden, solche Beschlüsse müssten ebenso behandelt werden wie Beschlüsse, die zwar unwirksam sind, über deren Gegenstand die Gesellschafterversammlung aber zumindest beschließen konnte. Für die Beurteilung eines Ausschließungsbeschlusses macht es einen entscheidenden Unterschied, ob sich die Gesellschafterversammlung bereits Befugnisse anmaßt, die ihr gar nicht zustehen, oder ob sie bei korrekter Anwendung gesellschaftsvertraglicher Bestimmungen lediglich wegen der inhaltlich fehlerhaften Beurteilung eines Sachverhaltes zu einer unrichtigen Entscheidung kommt (vgl. BGHZ 68, 212 ff.).

c) Da nach dem oben Gesagten die Bestimmung des § 8 V des Gesellschaftsvertrages im vorliegenden Fall nicht angewandt werden kann, ist die am 22.12.2006 eingereichte und am 17.01.2007 / 18.01.2007 zugestellte Klage (Bl. 21 f. GA) rechtzeitig erhoben worden.

4.

Der Kläger hat das Recht zur Geltendmachung der Unwirksamkeit des Beschlusses vom 31.03.2000 ferner nicht i. S. d. § 242 BGB verwirkt; die Unwirksamkeit des Beschlusses ist demzufolge nicht infolge Zeitablaufs geheilt worden. Ein Recht ist verwirkt, wenn es der Berechtigte längere Zeit nicht geltend gemacht (sog. Zeitmoment) und sich der Verpflichtete darauf eingerichtet hat (sog. Umstandsmoment) - und er sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte -, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde, so dass die verspätete Geltendmachung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (BGH NJW - RR 2005, 180 ff.; BGH WM 2004, 1518 ff.; BGH NJW 1999, 3113 ff.; BGHZ 25, 47, 51 f.; BGHZ 84, 280, 281; vgl. ferner BGH NJW 2006, 219 f.; BGH NJW 2008, 2254 ff., Juris - Rdnr. 22; Palandt/Heinrichs § 242 BGB, Rdnr. 87).

a) Da fehlerhafte Beschlüsse, die im Rahmen der Gesellschafterversammlung einer KG gefasst wurden, nicht lediglich anfechtbar, sondern gem. §§ 134, 138 BGB nichtig sind, kann ihre Unwirksamkeit nicht nur im Wege einer Anfechtungsklage, sondern auch auf sonstige Weise geltend gemacht werden (vgl. BGHZ 81, 263 ff.; BGHZ 85 , 350 ff.; Baumbach/Hopt § 119 HGB, Rdnr. 31; ähnlich Ulmer Gesellschaft bürgerlichen Rechts § 709 BGB, Rdnr. 110 und 113). Eine gesetzliche Klagefrist existiert - wie ausgeführt - insofern nicht; vielmehr sind die Gesellschafter mit Rücksicht auf ihre Treuepflicht lediglich gehalten, sich in "angemessener" Zeit auf einen Beschlussmangel zu berufen, sofern sie sich nicht dem Verwirkungseinwand aussetzen wollen (BGH NJW 1991, 1890 f.; BGH NJW 1999, 3113 ff.; Ulmer Gesellschaft bürgerlichen Rechts § 709 BGB, Rdnr. 110; Baumbach/Hopt § 119 HGB, Rdnr. 32). Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen des Zeitmoments erfüllt. Das Interesse des Gesellschafters, die Nichtigkeit eines Beschlusses geltend zu machen, kollidiert mit dem Interesse der übrigen Gesellschafter und der Allgemeinheit an der Beseitigung eines rechtsunsicheren Zustands. Mit Blick auf den Rechtsgedanken des § 256 VI AktG ist von der Verwirklichung des Zeitmoments auszugehen, wenn seit der Kenntnis vom Beschlussinhalt und der Geltendmachung seiner Unwirksamkeit jedenfalls mehr als drei Jahre verstrichen sind (vgl. auch BGH WM 1991, 509 ff.; BGH NJW 1999, 3113 ff.; Baumbach/Hopt § 119 HGB, Rdnr. 32; ähnlich Ulmer/Schäfer Gesellschaft bürgerlichen Rechts § 709 BGB, Rdnr. 110). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass der Kläger mit Schriftsatz 07.04.2000 schon einmal Klage erhoben hatte, die er allerdings nach Abschluss des Vergleichs vom 29.03.2001 gem. § 269 ZPO zurückgenommen hat. Denn selbst wenn man für den Beginn des Zeitmoments auf März des Jahres 2001 abstellt, wäre die o. g. Frist verstrichen. Dass der Kläger infolge des Vergleichsschlusses und der sich hieran anschließenden Rechtsstreitigkeiten erst nach dem Urteil des Senats vom 27.09.2006 (Az.: 8 U 159/05) wieder Veranlassung hatte, eine Feststellungsklage zu erheben, betrifft nicht das Zeitmoment, sondern hat allein im Rahmen des Umstandsmoments dazu sogleich - Bedeutung.

b) Die Voraussetzungen des Umstandsmoments liegen allerdings nicht vor. Die insofern darlegungs- und beweisbelastete Beklagten (hierzu Palandt/Heinrichs § 242 BGB, Rdnr. 96) haben insofern bislang nicht substantiiert vorgetragen. Das Umstandsmoment ist nur verwirklicht, wenn die verspätete Geltendmachung deswegen als Verstoß gegen Treu und Glauben zu werten ist, weil sie eine unbillige Härte begründen würde (BGH NJW 2003, 824; Palandt/Heinrichs § 242 BGB, Rdnr. 95). Es ist in der Regel erfüllt, wenn der Schuldner im Hinblick auf die Nichtgeltendmachung des Rechts konkrete (Vermögens-) Dispositionen getroffen hat (vgl. BGH NJW 1984, 1684 f.; Palandt/ Heinrichs § 242 BGB, Rdnr. 95).

c) Die KG, deren Kommanditisten die Beklagten waren, hat ihre in dem am 29.03.2001 geschlossenen notariellen Vergleich abgegebenen Erklärungen am 14.10.2002 angefochten, so dass die Beklagten davon ausgehen mussten, die getroffenen Regelungen, die den Kläger veranlasst hatten, die beim Landgericht Hagen (Az.: 21 O 71/00) erhobene Klage zurückzunehmen, seien im Falle der wirksamen Ausübung des Gestaltungsrechts gem. § 142 I BGB nichtig. Die Wirksamkeit der erklärten Anfechtung war darüber hinaus Streitgegenstand des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Hamm (Az.: 27 U 72/03) und des sich daran anschließenden Revisionsverfahrens vor dem Bundesgerichtshofs (Az.: II ZR 232/04). Da dieser das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht Hamm zurückverwiesen hatte, stand frühestens mit Erlass des Senatsurteils vom 27.09.2006 (Az.: 8 U 159/05) fest, dass die in dem o. g. notariellen Vertrag getroffenen Regelungen keinen Bestand haben würden. Vor diesem Hintergrund konnten die Beklagten nicht davon ausgehen, dass der Kläger die Unwirksamkeit des am 31.03.2000 gefassten Beschlusses akzeptieren werde. Ein Vertrauenstatbestand wurde zudem deswegen nicht geschaffen, weil der Kläger rund zwei Monate nach Zustellung des gerade zitierten Senatsurteils, die am 25.10.2006 erfolgte, erneut Feststellungsklage erhoben hat. Auch mit Blick auf die in § 142 II BGB getroffene Regelung, wonach sich derjenige, der die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts kannte, nach erfolgter Anfechtung so behandeln lassen muss, als wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte, ergibt sich keine andere Bewertung. § 142 II BGB verhält sich lediglich über den Bezugspunkt der Bösgläubigkeit (Palandt/ Ellenberger § 142 BGB, Rdnr. 4) und betrifft damit eine zeitliche Komponente. Die Vorschrift kann allerdings weder nach Wortlaut noch nach Sinn und Zweck herangezogen werden, um rückwirkend einen Vertrauenstatbestand zu fingieren.

d) Ferner haben die Beklagten nicht dargelegt, welche (Vermögens-) Dispositionen sie im Vertrauen auf die Wirksamkeit der am 31.03.2000 beschlossenen Ausschließung des Klägers getroffen haben. Sie waren sich vielmehr des Umstands bewusst, dass die Parteien seit 2000 zahlreiche Rechtsstreitigkeiten geführt haben, die - zumindest mittelbar - mit der Ausschließung des Klägers verbunden waren. Dass die Beklagten auf die Wirksamkeit des Beschlusses vom 31.03.2000 nicht vertraut und insoweit keine Dispositionen getroffen haben, zeigt sich letztlich daran, dass sie den Kläger am 28.10.2005 erneut aus der KG ausgeschlossen haben. Eines derartigen Vorgangs hätte es nicht bedurft, wenn die Beklagten bereits davon ausgegangen wären, der am 31.03.2000 gefasste Beschluss sei uneingeschränkt wirksam gewesen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO i. V. m. §26 Nr. 8 EGZPO.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision gem. § 543 II ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache besitzt weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.






OLG Hamm:
Urteil v. 05.10.2009
Az: 8 U 11/09


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