Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Februar 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 210/01

(BPatG: Beschluss v. 28.02.2007, Az.: 26 W (pat) 210/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Löschung der für die Ware

"Bier"

am 14. Januar 1999 als Bildmarke eingetragene Marke 398 58 886 Grafik der Marke 39858886.4 ist durch Beschluss der Markenabteilung 3.4. vom 25. September 2001 wegen des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG angeordnet worden.

Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass das mit der Bildmarke dargestellte russische Wort "Shiguljowskoje" zum Zeitpunkt der Eintragung als auch zum Entscheidungszeitpunkt über den Löschungsantrag einen Hinweis auf eine helle Biersorte dargestellt habe bzw. darstelle, die in Russland und in den baltischen Staaten hergestellt und vertrieben werde. Dies belegten die von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen, insbesondere die Stellungnahme des "Herstellerverbandes der Republik Russland für Bier und alkoholfreie Getränke". Auch der von der Antragstellerin vorgelegte Beschluss der "Agentur für Patente und Warenzeichen Russlands (Rospatent)" gelange zu der Erkenntnis, dass das angegriffene Markenwort eine konkrete Biersorte mit streng bestimmten Eigenschaften bezeichne. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sei daher ein konkretes Freihaltebedürfnis für den Im- und Export der Waren anzuerkennen. Der Handel mit den baltischen Staaten und Russland expandiere aufgrund entsprechender Handelsabkommen und Wirtschaftsvereinbarungen, wovon auch der Lebensmittelbereich in ansteigendem Maße betroffen sei. Es sei daher zu erwarten, dass in Zusammenhang mit dem regen Warenaustausch mit Russland auch russische Biersorten auf dem Markt angeboten und vertrieben würden. Das Freihaltebedürfnis gelte auch für die Wiedergabe der Bezeichnung in kyrillischer Schrift, da hierdurch ein mittelbarer Herkunftshinweis verbunden mit einem Hinweis auf die Originalität der Ware gegeben werde.

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde. Die angegriffene Marke stelle keine geläufige Biersortenbezeichnung dar. "Shiguljowskoje" bedeute "gebirgig" und besitze deshalb die Eignung, als Hinweis auf einen bestimmten Hersteller zu dienen. Ein Freihaltebedürfnis scheide bereits daher aus; zudem sei auch für das Verständnis eines Fremdwortes ausschließlich die Auffassung des inländischen Verkehrs maßgeblich, dem die angemeldete Marke in kyrillischer Schrift als Sachbezeichnung unbekannt sei. Lediglich diejenigen Verbraucherkreise, die aus Russland stammten (Russlanddeutsche oder russische Staatsbürger, die in Deutschland lebten), würden die russische Biermarke "Shiguljowskoje" erkennen und wissen, dass es sich dabei um das von der offenen Aktiengesellschaft "Shiguljowskoje Pivo" gebraute Bier handele. Sowohl ein gegenwärtiges als auch ein zukünftiges Freihaltebedürfnis seien damit ausgeschlossen. Der Beschluss der Appellationskammer der Agentur für Patente und Warenzeichen (Rospatent) in Russland vom 14. August 2000 hinsichtlich der eingetragenen russischen Marke Nr. 106 468, die den Bestandteil "Shiguljowskoje" als bloße Biersortenbezeichnung sehe, sei nicht rechtskräftig geworden, da gegen ihn das Rechtsmittel der Klage an die oberste Patentkammer eingelegt worden sei. Die Antragsgegnerin habe sich zwischenzeitlich von der Industrie- und Handelskammer des Gebietes Samara bestätigen lassen, dass "Shiguljowskoje" keine Gattungsbezeichnung für eine bestimmte Biersorte in Russland sei, sondern ein dem Markenschutz zugängliches Wort. Dieses Wort sei Gegenstand von vier Wort-/Bildmarken. Im Hinblick auf eine mögliche Wettbewerbssituation bestätige darüber hinaus ein russischer Markenrechtler in einem Artikel in der Zeitschrift "TOBACCO" (Ausgabe vom 2. Mai 2001), dass in der ehemaligen UdSSR bei der Herstellung von Bier nicht unabhängige Brauereien, sondern sog. Staatsbrauereien als (staatliche) Hersteller aufgetreten seien. In dem Beschluss vom 4. August 1999 zu dem russischen Begriff "Rossijskaia" (26 W (pat) 46/98) habe der beschließende Senat außerdem festgestellt, dass nur in dem Fall, in dem sich ein russischer Fachbegriff im Inland eingebürgert habe, auch ein Freihaltebedürfnis bestehe, da Russisch keine Welthandelssprache sei. Sie habe die fragliche Bezeichnung in kyrillischer Schrift angemeldet, da die interessierten Verkehrskreise in Deutschland das Bier nur bei kyrillischen, nicht aber lateinischen Schreibweise kaufen würden.

Die Antragsgegnerin beantragt daher sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, der Beschluss der "Russischen Agentur für Patente und Warenzeichen (Rospatent) Oberste Patentkammer" vom 25. Oktober 2001 sowie der Beschluss des "Bundesschiedsgerichts des Kreises Moskau" vom 29. Oktober 2003 bestätigten, dass die angegriffene Marke "Shiguljowskoje" eine Biersortenbezeichnung darstelle. Die Annahme der Antragsgegnerin, aus den vier geschützten russischen Marken mit dem Bestandteil "Shiguljowskoje" eine Schutzfähigkeit dieser Bezeichnung ableiten zu können, treffe nicht zu, zumal diese vier Marken bisher keiner behördlichen oder gerichtlichen Nachprüfung unterzogen worden seien. Hinsichtlich des von der Antragsgegnerin zitierten Artikels in der Zeitschrift "TOBACCO" sei festzuhalten, dass nach dem Zerfall der Sowjetunion die Inhaber von ehemaligen "Staatsmarken" aufgrund gerichtlicher oder behördlicher Entscheidungen anerkennen müssten, dass es sich um Sortenbezeichnungen handele. Beim Vertrieb der durch "Shiguljowskoje" bezeichneten Biersorte, die von den aus der ehemaligen Sowjetunion stammenden Spätaussiedlern gekauft werde, seien Handelsfirmen auf die entsprechende Bezeichnung angewiesen. Auf die Frage, ob der Verkehr die Bezeichnung "Shiguljowskoje" als Sachbezeichnung kenne, komme es nicht an; dies werde durch Entscheidungen wie "FLÄKT" (BPatG Mitt. 1986, 111) oder "VODNI STAVBI" (BPatG GRUR 1997, 286) bestätigt. Aufgrund der gerade in den letzten Jahren zunehmenden Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland sei eine Freihaltung erforderlich; dies ergebe sich in deutlichem Umfang auch aus den von der Antragstellerin vorgelegten Zahlen des Statistischen Bundesamtes über die Rangfolge im Außenhandel.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien ihren Standpunkt vertieft und ergänzt. Die Antragsgegnerin hat erklärt, sie stelle nicht in Abrede, dass das russische Wort "Shigulowskoje" seit Jahrzehnten bereits in der Sowjetunion verwendet und Bier mit dieser Bezeichnung von den damaligen Staatsbrauereien hergestellt worden sei.

II Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist nicht begründet. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den gemäß §§ 50 Abs. 2 Satz 2, 54 Abs. 1 MarkenG zulässigen Löschungsantrag hin zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

Die Eintragung einer Marke wird auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 MarkenG eingetragen ist und das Schutzhindernis auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung besteht (§ 50 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 MarkenG).

Zum Eintragungszeitpunkt stand der Eintragung der angegriffenen Marke für die registrierte Ware das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen; dieses Schutzhindernis besteht auch gegenwärtig.

Bei dem der russischen Sprache entstammenden, in kyrillischer Schrift wiedergegebenen Wort "Shiguljowskoje" handelt es sich um eine gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossene, freihaltebedürftige Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art bzw. der Beschaffenheit der in Rede stehenden Waren dienen kann (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

Wie sich aus den umfangreichen, bereits im Löschungsverfahren vor der Markenabteilung vorgelegten Unterlagen ergibt, wurde mit "Shiguljowskoje" in der früheren Sowjetunion und wird heute in den Nachfolgestaaten, in denen Russisch gesprochen oder zumindest verstanden wird, eine ganz bestimmte Biersorte der Gattung nach bezeichnet.

Ausweislich der Stellungnahme des "Herstellerverbandes für Bier und alkoholfreie Getränke der Republik Russland" vom 14. Januar 2000 handelt es sich bei der angegriffenen Bezeichnung um eine Biersorte, die von jeder Brauerei in Russland ohne jegliche Einschränkung hergestellt und verkauft werden kann; mehr als 100 Brauereien, die in der Stellungnahme beispielhaft namentlich aufgezählt werden, stellen "Shiguljowskoje" her. Zudem ergibt sich auch aus den von der Antragstellerin vorgelegten Etiketten einiger Bierflaschen unterschiedlicher Brauereien die Verwendung der angegriffenen Marke durch verschiedene Hersteller; dass diese möglicherweise Staatsbetriebe in der ehemaligen UdSSR waren, besitzt ebenso wenig eine unmittelbare markenrechtliche Relevanz wie die Frage, ob die Herstellung der Biersorte "Shiguljowskoje" gemäß der GOST-Norm R 51174-98 der Einhaltung eines bestimmten GOST-Standard unterworfen ist. Festzuhalten bleibt, was auch die Antragsgegnerin letztendlich nicht in Abrede gestellt hat, dass die angegriffene Marke in der ehemaligen Sowjetunion bereits von - wenn auch auf der Grundlage eines Staatsmonopols - einer Vielzahl von Brauereien hergestellt wurde und es sich somit nicht um eine Bezeichnung handelt, die nur einem bestimmten Hersteller zugeordnet werden kann. Dies wiederum legt die Annahme einer Gattungsbezeichnung nahe.

Die Einordnung der angegriffenen Marke als Bezeichnung einer Biersorte wird durch die diesbezüglich getroffenen russischen Gerichtsentscheidungen bestätigt. So ergibt sich aus der Begründung der mittlerweile rechtskräftigen Entscheidung des "Bundesschiedsgerichts des Kreises Moskau" vom 29. Oktober 2003, sowie aus den anderen diesbezüglichen Entscheidungen der Vorinstanzen (mit Ausnahme der Einzelrichterentscheidung des Wirtschaftsgerichts der Stadt Moskau vom 1. April 2003), dass es sich bei der angegriffenen Marke "Shiguljowskoje" um die Bezeichnung einer Biersorte handelt ("... Das Wort "Shiguljowskoje" ist eine greifbare Biersorte mit streng bestimmten Eigenschaften .... "). Weiterhin wird dort festgestellt, der Begriff sei allgemein gebräuchlich und somit einer Registrierung als Warenzeichen nicht zugänglich. Eine Verwendung sei nur zulässig, wenn diese "nicht dominierend" sei. Daraus folgt, dass die von der Antragsgegnerin zitierte Marke 106 468 zwar weiterhin Schutz in Russland genießt, allerdings nur mit der Einschränkung, dass aus dem Wortbestandteil "Shiguljowskoje" keine markenrechtlichen Ansprüche hergeleitet werden können, was gleichermaßen auch für die anderen russischen Markeneintragungen mit dem betreffenden Bestandteil gilt. Eine von der Antragsgegnerin zitierte neuerliche russische Markeneintragung (Nr. 191 158) mit dem Wortbestandteil "Shiguljowskoje" für die Ware "Malzbier" und die Dienstleistung "Verkauf von Bier" unterscheidet sich bereits aufgrund der beanspruchten Waren bzw. Dienstleistungen von der vorliegend angegriffenen Marke, sodass keine echte Vergleichbarkeit gegeben ist. Im Übrigen rechtfertigt auch die von der Markeninhaberin vorgelegte Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer des Gebietes Samara keine andere Beurteilung, da diese eine Schutzfähigkeit der angegriffenen Bezeichnung "Shiguljowskoje" maßgeblich aus den bereits eingetragenen Marken mit diesem Bestandteil herleitet. Dieser Einschätzung stehen indes die getroffenen Gerichtsentscheidungen klar entgegen.

Wenngleich diese Entscheidungen keinerlei bindende Wirkung haben, sind die Begründungen indes in sich schlüssig und überzeugend. Zudem wird ihre Richtigkeit durch die dem Senat vorliegenden sonstigen Unterlagen, insbesondere Material über die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung, zweifelsfrei belegt.

Da aufgrund der vorgelegten Unterlagen insgesamt kein Zweifel besteht, dass "Shiguljowskoje" als Biersortenbezeichnung eine unmittelbar beschreibende Angabe in Bezug auf die beanspruchte Ware "Bier" darstellt, ist ein starkes Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit dieser fremdsprachigen Warenangabe anzunehmen (vgl. BPatG GRUR 1997, 286 - VODNI STAVBY; BPatG PAVIS PROMA 28 W (pat) 75/01 - PINDJUR; BPatGE 48, 115 - Zeffir).

In Bezug auf Markenwörter, die keiner Welthandelssprache angehören, ist ein Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber dann anzunehmen, wenn ein entsprechender Warenverkehr feststellbar ist und eine Verwendung zumindest naheliegt (vgl. BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 46/98 - ROSSIJSKAJA). Dies setzt allerdings voraus, dass die beschreibende Verwendung der Sachangabe im Inland möglich und wahrscheinlich ist (BGH GRUR 1989, 421, 422 "Conductor"; GRUR 1992, 515, 516 "Vamos"). Es bedarf besonderer Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff tatsächlich zur Beschreibung in hervorgehobener Form verwendet oder jedenfalls hierfür benötigt wird (BGH GRUR 1994, 366, 368 "RIGIDITÉ II"; BGH GRUR 1991, 136, 137 f. "NEW MAN"). Dies ist unter Berücksichtigung der Warengattung, des Ausmaßes der Außenhandelsbeziehungen und des Sachbezugs der Bezeichnung zu beurteilen (BPatG Bl.f.PMZ 1985, 370 "Fläkt"), wobei insbesondere auch die quantitative Wahrscheinlichkeit des beschreibenden Gebrauchs berücksichtigt werden muss (BGH GRUR 1994, 366, 368 "RIGIDITÉ II"; GRUR 1994, 370, 371 "RIGIDITÉ III").

Demnach wäre die angegriffene, in kyrillischer Schrift eingetragene Bezeichnung selbst dann freihaltungsbedürftig, wenn die Bedeutung nicht von einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise erkannt würde.

Zum einen gilt es zu berücksichtigen, dass die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland seit dem Zusammenbruch der UdSSR im Zuge der Öffnung der Grenzen erheblich intensiviert worden sind; im Zuge der Globalisierung und dem ständigen Bestreben der Bundesrepublik, gerade die Beziehungen mit Russland zu fördern, ist daher anzunehmen, dass sich diese Tendenz auch weiterhin fortsetzt und sogar eher noch steigern wird. Dies betrifft gerade auch den Austausch von (Waren und) Dienstleistungen. Die von der Antragstellerin vorgelegten Zahlen über den Außenhandel bestätigen dies. Vor diesem Hintergrund ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Mitbewerber der Anmelderin die angegriffene Wortfolge im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr mit Russland benötigen werden, um die einschlägigen Waren sachgerecht zu beschreiben (vgl. BGH GRUR 1994, 370, 371 "RIGIDITÉ III"), um z. B. in werbemäßig hervorgehobener Form mit Aufschriften auf Kraftfahrzeugen oder in der Werbung auf die Art der angebotenen Waren hinzuweisen. Wenn auch im Warenverkehr zwischen Deutschland und Russland auf dem Gebiet alkoholischer Getränke Wodka die führende Stelle einnimmt, so hat - wie auch von der Markenstelle anschaulich dargestellt - die Tendenz zum Ausprobieren ausländischer Biere im Inland stetig zugenommen, was ebenso in Bezug auf russische Biere anzunehmen ist. Im Zuge der diesbezüglich expandierenden Handelsbeziehungen besteht daher für die Wettbewerber im Import ein Bedürfnis, die angegriffene Marke als Gattungsbezeichnung für Bier auch in kyrillischen Buchstaben (als Hinweis auf Originalität) zu verwenden, zumal der Verkehr angesichts der Verwendung kyrillischer Schriftzüge auf dem Frontetikett einer Flasche erwartet, dass es sich um ein in Russland hergestelltes Produkt handelt (vgl. OLG Köln Mitt. 2006, 233 - Russischer Sekt). Dementsprechend hat die Antragsgegnerin selbst in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass ein guter Umsatz die Verwendung der Biersortenbezeichnung in kyrillischer Schrift voraussetze. Hinzu kommt, dass in Deutschland eine nicht unbeachtliche Zahl (ca. 2 Millionen) von Spätaussiedlern bzw. Einwanderern aus der Sowjetunion leben, die als vorrangige Zielgruppe von aus Russland importierten Produkten zu berücksichtigen sind. Aufgrund der Russischkenntnisse in Wort und Schrift ist dieser Teil des Verkehrs ohne Weiteres in der Lage, die Originalaufschriften russischer Produkte zu verstehen, was die Verwendung der kyrillischen Produktbezeichnung erfordert. Die betreffenden Produkte, die vornehmlich in sog. "Russenläden" angeboten werden, sind aber auch anderen Kunden zugänglich, die möglicherweise in der ehemaligen DDR Russisch als erste Fremdsprache erlernt habe (vgl. BPatG, a. a. O. - Zeffir). Zudem finden sich mittlerweile in vielen deutschen Supermärkten Warenangebote mit russischen Lebensmitteln (und Getränken). Im Hinblick auf diesen insgesamt beachtlichen Vertrieb russischer Originalwaren im Inland und die dadurch bedingten bedeutsamen Warenimporte ist demnach insgesamt ein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber an der ungehinderten Verwendung der angegriffenen Bezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ohne Weiteres zu bejahen.

Soweit die Markeninhaberin - unter Verweis auf einige Enzyklopädien - geltend macht, bei der angegriffenen Bezeichnung stehe der Aussagegehalt im Sinne von "gebirgig" im Vordergrund, vermag dies die Annahme eines Freihaltebedürfnisses nicht auszuräumen. Dass eine Marke neben einer beschreibenden Aussage auch andere Bedeutungen aufweisen und insofern mehrdeutig sein kann, beseitigt für sich gesehen noch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, da die Bedeutung maßgeblich ist, die sich in Verbindung mit der fraglichen Bezeichnung aufdrängt (vgl. EuGH GRUR 2004, 146 ff. - DOUBLEMINT).

III Für eine Kostenauferlegung (§ 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.






BPatG:
Beschluss v. 28.02.2007
Az: 26 W (pat) 210/01


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