Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. September 2004
Aktenzeichen: 7 W (pat) 61/02

(BPatG: Beschluss v. 22.09.2004, Az.: 7 W (pat) 61/02)

Tenor

Die Beschwerde der Einsprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Beschwerde der Einsprechenden ist gegen den Beschluß der Patentabteilung 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. September 2002 gerichtet, mit dem das am 07. Juli 1998 angemeldete und am 18. Mai 2000 veröffentlichte Patent 198 30 244 mit der Bezeichnung "Einspritzkühler zur Temperaturregelung von überhitztem Dampf" nach Prüfung des gegen das Patent erhobenen Einspruchs in vollem Umfang aufrechterhalten worden ist.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des angefochtenen Patents gegenüber dem Stand der Technik nach der deutschen Gebrauchsmusterschrift 91 16 411 und unter Berücksichtigung des Wissens und Könnens des Fachmannes nicht patentfähig sei, insbesondere nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Den im Verfahren vor dem Patentamt ferner berücksichtigten druckschriftlichen Stand der Technik hat sie im Beschwerdeverfahren nicht mehr aufgegriffen.

Sie stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin widerspricht der Auffassung der Einsprechenden. Sie stellt den Antragdie Beschwerde zurückzuweisen.

Der Patentanspruch 1 lautet:

"Einspritzkühler zur Temperaturregelung von überhitztem Dampf, mit einer an einem Dampfrohr festlegbaren Kühlwasser-Zuführarmatur und einem davon abgehenden und in das Dampfrohr hineinragenden Düsenrohr, wobei die Zuführarmatur ein den Wasserdruck im Düsenrohr einstellendes Regelventil aufweist und das Düsenrohr mit mindestens einer sich in Abhängigkeit vom Wasser- und Dampfdruck einstellenden Düse ausgestattet ist, dadurch gekennzeichnet, dass jede Düse einen das Düsenrohr quer durchsetzenden, im Düsenrohr festgelegten rohrförmigen Düsentopf mit mindestens einer im Topfmantel innerhalb des Düsenrohres liegenden Wasser-Eintrittsöffnung, einem im Düsentopf unter Federspannung stehenden Düsenstift und eine ein Einspritzloch zeigende, auf das offene, aus dem Düsenrohr herausragende Topf-Stirnende aufgeschraubte Kappe aufweist, wobei der Düsenstift mit einer endseitigen Spitze mit dem Ausspritzloch zusammenwirkt und das andere aus dem Topfboden herausstehende Stirnende des Düsenstiftes eine vom Dampfdruck beaufschlagte Kolbenfläche bildet ."

Dem Patent liegt die Aufgabe zugrunde, einen einfachen und kostengünstigen Einspritzkühler in kompakter Bauweise und mit optimaler Kühlwasser- und Dampfdruckregelung zu schaffen (Streitpatentschrift Sp 1 Z 15 bis 18).

Weiterbildungen des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 sind in Patentansprüchen 2 bis 16 angegeben.

II Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg.

Der Gegenstand des Patents stellt eine patentfähige Erfindung iSd PatG §§ 1 bis 5 dar.

1. Die Zulässigkeit der Patentansprüche steht nicht in Zweifel.

2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem bisher aufgezeigten druckschriftlichen Stand der Technik unbestritten neu, denn in keiner der entgegengehaltenen Druckschriften ist ein Einspritzkühler mit sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Streitpatent beschrieben.

3. Der Einspritzkühler nach dem angefochtenen Patentanspruch 1 beruht gegenüber diesem Stand der Technik auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Als maßgeblicher Fachmann ist ein auf dem Gebiet der Dampferzeugung und -behandlung tätiger Maschinenbauingenieur anzusehen.

Der Patentgegenstand geht gemäß Streitpatentschrift aus von einem Einspritzkühler mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 wie er ua aus der deutschen Offenlegungsschrift 43 05 116 bekannt ist (StrPS Sp 1 Z 3 bis 14). Zur Lösung der og Aufgabe lehrt Anspruch 1 gemäß seinen kennzeichnenden Merkmalen im wesentlichen, dass jede (Wasserzuführ-) Düse eines gattungsgemäßen Einspritzkühlers aufweist - einen das Düsenrohr quer durchsetzenden und in diesem festgelegten, rohrförmigen Düsentopf mit einer Wasser-Eintrittsöffnung im Topfmantel innerhalb des Düsenrohres,

- einen im Düsentopf unter Federspannung stehenden Düsenstift mit einer Spitze an dem einen und einer Stirnfläche an dem anderen Stiftende,

- wobei die Spitze des Düsenstiftes mit einem Ausspritzloch zusammenwirkt, das in einer Kappe ausgebildet ist, die auf das aus dem Düsenrohr herausragende offene Topf-Stirnende aufgeschraubt ist, und das (andere) Stirnende des Düsenstiftes aus dem Topfboden heraussteht und eine vom Dampfdruck beaufschlagte Fläche bildet.

Aus den kennzeichnenden Merkmalen, daß der Düsentopf das Düsenrohr quer durchsetzt und das (stumpfe) Stiftende aus dem Topfboden heraussteht, ergibt sich, daß das Düsenstiftende unmittelbar in den Raum der Heißdampfströmung ragt. Der im Anspruch 1 verwendete Begriff "Kolbenfläche" für die Stirnfläche des stumpfen Endes des Düsenstifts vermittelt offensichtlich kein zusätzliches technisches Merkmal, sondern gründet sich lediglich auf die Vorstellung des axial im Düsentopf beweglichen Stiftes als kolbenähnliches Gebilde.

Die von der Einsprechenden im Beschwerdeverfahren einzig entgegengehaltene deutsche Gebrauchsmusterschrift 91 16 411 (Fig 1 und 2 und zugehörige Beschreibungsteile) offenbart eine Düse zum Einspritzen von Wasser in Heißdampfströme, die - in Übereinstimmung mit dem Patentgegenstand - ein Düsengehäuse (1) aufweist, das aus einem Düsentopf mit mantelseitiger Wassereintrittsöffnung (Bohrung 13) und einer auf das offene Ende des Düsentopfs aufgeschraubten Kappe mit Ausspritzloch (Fig 1, Öffnung 7) besteht, wobei in dem Düsengehäuse ein unter Federspannung (Druckfeder 12) gehaltener Düsenstift (Düsenkörper 2) mit einem spitzen (4) und einem stirnflächigen (stumpfen) Ende gleitbeweglich angeordnet ist. Die Spitze des Düsenstiftes wirkt mit dem Ausspritzloch derart zusammen, daß abhängig vom Wasserdruck im Düsentopf sie das Ausspritzloch verschließt oder für den Wasserdurchtritt mehr oder weniger freigibt.

Anders als beim Gegenstand nach Streitpatent ragt der Düsenstift bzw. Düsenkörper mit seinem stumpfen stirnseitigen Ende nicht aus dem Düsentopfboden bzw. Düsengehäuseboden heraus und in den Dampfströmungsbereich hinein. Der Düsengehäuseboden ist hier geschlossen. Der Innenraum ist jedoch - wie von der Patentinhaberin ausdrücklich eingeräumt wurde - mit Dampfdruck beaufschlagt. Dazu ist von der Düsenkörperspitze her eine axiale Bohrung (8) mit radialen Verzweigungen (Bohrungen 9) angelegt, die in den Federraum münden, der durch einen, bedarfsweise mit einer Dichtung (11) versehenen, Ringbund (10) des Düsenkörpers vom Kühlwasserraum (14) im Düsengehäuse abgetrennt ist. Über Ringspalte zwischen Düsenkörper und Düsengehäuse pflanzt sich der Dampfdruck in den Raum am stumpfen Stirnende des Düsenkörpers fort. Das wird nach den Ausführungen der Einsprechenden unterstützt, wenn durch Kondensation des Dampfes infolge der Umströmung des Düsengehäuses mit dem für die Einspritzung in das Dampfrohr vorgesehenen Kühlwasser der hintere Bereich des Düsengehäuses mit inkompressiblem Medium gefüllt ist. Es besteht danach bei der bekannten und der streitgegenständlichen Düse unbestritten Gleichwirkung dahingehend, daß jeweils die beiden Enden des Düsenkörpers mit dem Dampfdruck beaufschlagt sind, und die Ausspritzöffnung abhängig vom Wasserdruck durch Verschieben des Düsenkörpers entgegen der Kraft der Feder geöffnet wird.

Beim angefochtenen Einspritzkühler wird dies jedoch mit einer konstruktiven Lösung erreicht, die sich von der bekannten Ausbildung signifikant unterscheidet und durch sie auch nicht nahegelegt wird. Ihr liegt der Gedanke zugrunde, das stumpfe stirnflächige Ende des Düsenstiftes unmittelbar dem Dampfdruck auszusetzen. Realisiert ist dies beim Gegenstand nach Streitpatent dadurch, daß der Düsentopf bzw. das Düsengehäuse das wasserzuführende Düsenrohr quer durchsetzt, wodurch der Topfboden außenseitig mit Dampf in Berührung steht, sowie daß der Düsenstift durch eine Öffnung im Topfboden ragt und damit seinerseits dem Druck im Dampfrohr ausgesetzt ist. Das führt zu einem einfach herstellbaren Düsenstift und zu einer zuverlässigen Funktion der Düse, deren Gehäuseinnenraum nur mit dem einzuspritzenden Kühlwasser und nicht auch noch mit Dampf oder Kondensat, ggf. einer Kombination von beiden, wie bei der bekannten Düse bei bestimmten Betriebsbedingungen nicht ausgeschlossen werden kann, beaufschlagt ist. Weil bei der bekannten Düse nach dem deutschen Gebrauchsmuster 91 16 411 das rückseitige Düsenstiftende gerade nicht das Düsengehäuse durchdringt, vielmehr die Dampfdruckbeaufschlagung beider Düsenenden nur von der Ausspritzseite der Düse her in Betracht gezogen ist, fehlt es an Anregungen zu den konstruktiven Maßnahmen gemäß der Lehre des Anspruchs 1 nach dem Streitpatent.

Die übrigen entgegengehaltenen Druckschriften kommen dem Patentgegenstand nach dem angefochtenen Patentanspruch 1 nicht näher als die vorstehend berücksichtigten Entgegenhaltungen. Sie haben in der mündlichen Verhandlung auch keine Rolle mehr gespielt.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist nach alledem rechtsbeständig.

Gleiches gilt für die Gegenstände nach den Patentansprüchen 2 bis 16, die Weiterbildungen des Einspritzkühlers nach Anspruch 1 enthalten. Deren Patentfähigkeit wird von der des Gegenstandes nach Anspruch 1 mitgetragen.

Tödte Dr. Franz Köhn Frühauf Hu






BPatG:
Beschluss v. 22.09.2004
Az: 7 W (pat) 61/02


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