Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. April 2008
Aktenzeichen: 26 W (pat) 1/07

(BPatG: Beschluss v. 09.04.2008, Az.: 26 W (pat) 1/07)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 9. April 2008, Aktenzeichen 26 W (pat) 1/07, entschieden, dass die Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Anmeldung zur Wortmarke 305 43 273.7 cabletech abgewiesen wird.

Die Markenstelle für Klasse 37 hatte die Anmeldung aufgrund fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie argumentierte, dass die angemeldete Marke aus den englischen bzw. französischen Begriffen für "Kabel" und "Technik" bestehe und vom Verkehr als "Kabeltechnologie" verstanden werden würde. Da die Dienstleistungen der Klasse 37 in direktem Zusammenhang mit der Verlegung von Kabeln stünden, sei die Marke nicht unterscheidungskräftig.

Die Anmelderin der Marke legte Beschwerde ein und argumentierte, dass auch andere Interpretationen des Begriffs möglich seien und die Dienstleistungen allenfalls am Rande mit der Kabeltechnologie zu tun hätten. Zudem sei die Entscheidung der Markenstelle nicht im Einklang mit der Praxis anderer Gerichte und des Deutschen Patent- und Markenamts.

Das Bundespatentgericht wies die Beschwerde der Anmelderin ab. Es kam zu dem Schluss, dass die angemeldete Marke für die beanspruchten Dienstleistungen einen beschreibenden Begriffsgehalt aufweise. Der Begriff "tech" sei eine gängige Abkürzung für "technologie" und "cable" sei als deutsches Wort den Verbrauchern geläufig. Die Zusammenfügung der beiden Bezeichnungen sei sprachüblich. Somit würde die Marke lediglich den Gegenstand der Dienstleistungen beschreiben, ohne einen betrieblichen Herkunftshinweis zu geben. Auch der Hinweis der Anmelderin auf andere Voreintragungen mit dem Zeichenbestandteil "Tech" konnte das Gericht nicht überzeugen.

Da die Marke somit keine Unterscheidungskraft aufweise und zudem ein Freihaltebedürfnis bestehe, wurde die Beschwerde zurückgewiesen. Das Bundespatentgericht sah keine Notwendigkeit, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, da die Entscheidung auf der geltenden Rechtsprechung beruht und keine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt. Es besteht auch kein Bedarf für eine Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 09.04.2008, Az: 26 W (pat) 1/07


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Für die Dienstleistungen

"Einrichtung und Betrieb von Kommunikationsverbindungen aller Art einschließlich Tiefbau, Leitungsverlegungen, Sende- und Empfangseinrichtungen für drahtlose Kommunikation; Projektierung und Planung von Kommunikationsverbindungen aller Art einschließlich Tiefbau, Leitungsverlegungen, Sende- und Empfangseinrichtungen für drahtlose Kommunikation"

ist die Wortmarke 305 43 273.7 cabletechangemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 37 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Marke setze sich aus dem englischen bzw. französischen Begriff für "Kabel" und "Tech" als gebräuchliche Abkürzung für "Technik, Technologie" zusammen. In der Zusammensetzung werde der angesprochene Verkehr den angemeldeten Begriff als "Kabeltechnologie" verstehen. Dabei sei auch die Verbindung von zwei Substantiven im Englischen nicht ungewöhnlich. Ob es sich um eine Wortneubildung handele, sei unerheblich, da sich eine Sprache in ständiger Entwicklung befinde. Die angesprochenen Verkehrskreise stellten zu allen angemeldeten Dienstleistungen einen direkten Bezug her und nähmen keinen Herkunftshinweis an. Die Dienstleistungen der Klasse 37 stünden in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Kabeltechnologie, da für die Errichtung und den Betrieb von Telekommunikationsanlagen (z. B. Fernsehen, Internet, Telefon) die Verlegung von Kabeln erforderlich sei. Dies gelte auch für Sende- und Empfangseinrichtungen der drahtlosen Kommunikation sowie die Dienstleistungen der Klasse 42, da die Einrichtung selbst mittels Kabelanschluss mit einem anderen Medium verbunden sein könne.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, die deutsche Übersetzung "Kabeltechnologie" sei nur eine zulässige Interpretation des angemeldeten Begriffs neben z. B. "Technologie für Kabel", "Kabelstruktur", "Gestaltung von Kabeln". Die Bezeichnung "cabletech" stelle ein lexikalisch nicht nachweisbares Kunstwort dar. Die Kombination eines an sich technischen Begriffs wie "Kabel" mit "tech" sei redundant und daher nicht sprachüblich. Die beanspruchten Dienstleistungen hätten allenfalls am Rande mit der "Kabeltechnologie" zu tun; dies gelte in besonderem Maße für die Sende- und Empfangseinrichtungen für drahtlose Kommunikation. Ein allgemeines Freihaltebedürfnis an dem angemeldeten Begriff bestehe nicht. Die Entscheidung der Markenstelle liege auch nicht auf einer Linie mit der neueren Entscheidungspraxis der Gerichte und sei mit der Eintragungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts nicht vereinbar.

Die Anmelderin beantragt daher sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und hilfsweise die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet. Der angemeldeten Marke fehlt für die mit der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung weist eine Marke dann auf, wenn sie geeignet ist, die Waren und/oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen stammend zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027,1029 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2002, 804, 805, 809 - Philips). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, wenn diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und/oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (vgl. EuGH GRUR 2001, 1149 - BRAVO). Kann demnach einer Marke ein für die fraglichen Waren und/oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH a. a. O. - Cityservice).

Die angemeldete Marke weist einen für die in der Anmeldung genannten Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf. Der Begriff "tech" ist in der englischen Sprache eine gängige Abkürzung für "technology" (vgl. HABM PAVIS PROMA R0646/01-2 - HOMETECH). Der ebenfalls englische Begriff "cable" ist dem Grundwortschatz zuzurechnen und in seiner deutschen Bedeutung "Kabel" - nicht zuletzt aufgrund der Wortähnlichkeit - den inländischen Verbrauchern ohne weiteres geläufig. Auch die Zusammenfügung der beiden Bezeichnungen ist sprachüblich. Maßgeblich für die Schutzfähigkeit zusammengesetzter Ausdrücke ist, ob der durch die Kombination bewirkte Gesamteindruck über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinausgeht oder sich in deren bloßer Summenwirkung erschöpft (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 BIOMILD; GRUR Int. 2005, 1012, 1014 - BioID). Letzteres ist vorliegend der Fall. Wie die Markenstelle dargelegt und mit Beispielen belegt hat, existieren zahlreiche zusammengesetzte Hauptwörter aus zwei Substantiven mit dem Bestandteil "cable" im Englischen; in dieses Schema der Wortbildung fügt sich die vorliegend angemeldete Marke nahtlos ein. "Cabletech" ist ohne weiteres als "cabletechnology" erkennbar und lässt sich wörtlich mit "Kabeltechnologie" übersetzen. Damit bringt die vorliegende Wortkombination in beschreibender Weise den Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen zum Ausdruck. Auch Kabelbeschaffenheit und Verlegungstechnik sind dem technischen Fortschritt unterworfen, so dass "Kabeltechnologie" in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen lediglich darauf hinweist, dass sich diese auf die Anwendung der verfügbaren Kabel-Technik beziehen. Einen betrieblichen Herkunftshinweis wird der Verkehr dieser beschreibenden Aussage nicht entnehmen. Eine dem Sinn nach widersprüchliche Wortzusammensetzung mit der Begründung, der Begriff "Kabel" weise einen technischen Bedeutungsgehalt auf, lässt sich entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht feststellen; gerade weil zwei technische Begriffe vorliegen, ergänzen sich diese sinnvoll. Die von der Anmelderin dargelegte Mehrdeutigkeit ist - ungeachtet dessen, dass die von der Anmelderin genannten weiteren Übersetzungen nicht wörtlich und daher fernliegender sind - unbeachtlich, sofern nur ein beschreibender Sinngehalt besteht, was vorliegend für die Bedeutung "Kabeltechnologie" ohne Weiteres zu bejahen ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 146 ff. - DOUBLEMINT). Zudem ist für die Annahme des Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG kein lexikalischer oder sonstiger Nachweis erforderlich, dass die Angabe im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. EuGH a. a. O. - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).

Wie die Markenstelle zutreffend dargelegt hat, besteht der beschreibende Sinngehalt der angemeldeten Bezeichnung auch hinsichtlich aller angemeldeten Dienstleistungen. Die Dienstleistung "Einrichtung und Betrieb von Kommunikationsverbindungen aller Art einschließlich Tiefbau, Leitungsverlegungen, Sende- und Empfangseinrichtungen für drahtlose Kommunikation" schließt die Verlegung von Leitungen (die naturgemäß mittels Kabel erfolgt) zum einen sogar wörtlich mit ein; zum anderen erfordern Einrichtung und Betrieb von Kommunikationsverbindungen (wie z. B. Telefon oder Internet) vielfältige Anschlüsse, die über Kabel laufen. Aber auch im Bereich der drahtlosen Kommunikation sind Kabel für die Sende- und Empfangseinrichtungen erforderlich (so z. B. für den drahtlosen Internet-Zugang über WLAN). Gleiches gilt im Hinblick auf die Dienstleistungen der Klasse 42, da die Projektierung und Planung von Kommunikationsverbindungen auch alle erforderlichen, mit Kabeln zu verlegenden Anschlüsse umfasst (im Übrigen bezieht sich die Dienstleistung der Planung und Projektierung u.a. auch hier explizit auf das Verlegen von Leitungen). Ein direkter beschreibender Zusammenhang lässt sich daher entgegen der Auffassung der Anmelderin auch in Bezug auf die mit der Anmeldung beanspruchten Projektierungs- und Beratungsdienstleistungen feststellen.

Die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist damit insgesamt zu verneinen, so dass die Frage eines fehlenden Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG im Ergebnis dahingestellt bleiben. Da der beschreibende Aussagegehalt der angemeldeten Bezeichnung "Cabletech" indes so deutlich und unmissverständlich hervortritt, dass sie ihre Funktion als Sachbegriff ohne weiteres erfüllen kann, ist eine derartige Bezeichnung den Mitbewerbern als beschreibende Angabe zur freien Verwendung offenzuhalten (vgl. BPatG GRUR 2004, 873, 874 - FRISH). Ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist daher entgegen der Auffassung der Anmelderin ebenfalls gegeben.

Soweit die Anmelderin auf zahlreiche Voreintragungen mit dem Zeichenbestandteil "Tech" verweist, sind zum einen die im Recherchesystem DPINFO erscheinenden Marken teilweise noch im Anmelde-Stadium; zum Teil betreffen sie andere Waren-/Dienstleistungsklassen oder erscheinen als Zusammensetzung mit nicht lediglich beschreibendem Aussagegehalt. Den eingetragenen Marken stehen indes zahlreiche Zurückweisungen von Wortkombinationen mit dem Bestandteil "Tech" gegenüber (vgl. PAVIS PROMA, so etwa HOMTECH, LABOTECH, ÖKOTECH, POWERTECH, SHOWTECH).

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nicht veranlasst. Es ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gegeben, sondern über die vorliegende Anmeldung kann auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs auf Grund der Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil nicht von Entscheidungen anderer Senate des Bundespatentgerichts oder anderer nationaler Gerichte abgewichen worden ist.

Dr. Fuchs-Wissemann Reker Kopacek Bb






BPatG:
Beschluss v. 09.04.2008
Az: 26 W (pat) 1/07


Link zum Urteil:
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