Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Juni 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 68/04

(BPatG: Beschluss v. 13.06.2007, Az.: 26 W (pat) 68/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Oktober 2003 im Umfang der Löschungsanordnung aufgehoben und der Widerspruch aus der Marke 398 08 831 zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die ursprünglich für die Waren Handbetätigte Reinigungsgeräte zur Reinigung von Böden und anderen Oberflächen; handbetätigte Haushaltsgeräte und handbetätigte Kehrgeräte; elektrische Reinigungsgeräte zur Reinigung von Böden und anderen Oberflächen, insbesondere Hochdruckreiniger, Staubsauger und Dampfreiniger; elektrische Küchengeräte, nämlich Küchenmaschinen; Kaffeemaschinen, Waschmaschinen, Wäschetrockner, Schneidemaschinen; Reinigungsmittel für die Reinigung in Haushalt und Küche; Automobile, Motor- und Krafträder; Fahrrädereingetragene Wortmarke 301 12 343 GEKO ist Widerspruch eingelegt worden aus der für die Waren Bürsten, Haushaltsbürsten, Abwaschbürsten, Scheuerbürsten, WC-Bürsten, Besen, Kehrschaufeln, Kehr-Garnituren, WC-Garnitureneingetragenen prioritätsälteren Marke 398 08 831 gecko.

Die Markenstelle für Klasse 21 hat die Löschung der angegriffenen Marke, deren Warenverzeichnis im Lauf des Widerspruchsverfahrens beschränkt worden ist, wegen des Widerspruchs aus der Marke 398 08 831 für die Waren Handbetätigte Haushaltsgeräte; elektrische Reinigungsgeräte zur Reinigung von Böden und anderen Oberflächen, insbesondere Hochdruckreiniger, Staubsauger und Dampfreinigerangeordnet. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, bei klanglicher Identität der sich gegenüberstehenden Zeichen seien die Vergleichswaren ähnlich, da der weitgefasste Oberbegriff "handbetätigte Haushaltsgeräte" zweifellos auch die Waren der Widerspruchsmarke umfasse. Ebenso verhalte es sich mit dem Oberbegriff "Bürsten" der Widerspruchsmarke, der auch Teile von elektrischen Reinigungsgeräten zur Reinigung von Böden und anderen Oberflächen einschließe.

Hiergegen hat die Inhaberin der angegriffenen Marke Beschwerde eingelegt. Sie erachtet klangliche Unterschiede zwischen den Vergleichswörter für gegeben, da das "e" in der ersten Silbe der angegriffenen Marke lang gesprochen werde, das "e" in der Widerspruchsmarke jedoch kurz.

Zudem wendet sie sich gegen die Auffassung der Markenstelle, der Oberbegriff "handbetätigte Haushaltsgeräte" der angegriffenen Marke umfasse auch die Waren der Widerspruchsmarke, da "Bürsten" als Oberbegriff auch Teile von elektrischen Reinigungsgeräten zur Reinigung von Böden und Oberflächen sein könnten.

Unter "handbetätigten Haushaltsgeräten" verstehe man keine Besen, Kehrschaufeln, Kehrgarnituren oder WC-Garnituren, sondern beispielsweise Brotmaschinen mit Handantrieb, handbetriebene Haushaltsmühlen für Nüsse etc. Überdies habe die Inhaberin der angegriffenen Marke "handbetätigte Reinigungsgeräte zur Reinigung von Böden und anderen Oberflächen" sowie "handbetätigte Kehrgeräte", die Besen, Kehrschaufeln, Kehrgarnituren umfassten, aus dem Waren-/Dienstleistungsverzeichnis gestrichen. Nicht nachvollziehbar sei das Argument, der Oberbegriff "Bürsten" bei der Widerspruchsmarke sei ähnlich mit "elektrischen Reinigungsgeräten zur Reinigung von Böden und anderen Oberflächen, insbesondere Hochdruckreiniger, Staubsauger und Dampfreiniger". Zwar hätten Staubsauger (auch) Bürstendüsen, diese fielen aber nicht unter den Oberbegriff "Bürsten" der Widerspruchsmarke in der Klasse 21. Staubsauger und elektrische Reinigungsgeräte fielen in die (Maschinen-)Klasse 7; dies gelte auch für deren Spezialbürsten als mögliche Bestandteile.

In der mündlichen Verhandlung hat die Markeninhaberin das Warenverzeichnis der hier streitigen Waren wie folgt gefasst:

Elektrische Reinigungsgeräte zur Reinigung von Böden und anderen Oberflächen, nämlich Hochdruckreiniger, Staubsauger und Dampfreiniger, alle vorgenannten Waren nur für Haushaltszwecke, handbetätigte Haushaltsgeräte (mit Ausnahme von Bürsten oder Bürsten enthaltenden Waren).

Darüber hinaus hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der Widerspruchsmarke für "Staubsaugerbürsten" bestritten.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und die Nichtbenutzungseinrede als verspätet zurückzuweisen.

Sie verteidigt den Beschluss der Markenstelle, wonach die von der Inhaberin der angegriffenen Marke beanspruchten Hochdruckreiniger, Staubsauger und Dampfreiniger Bürsten als notwendigen Bestandteil enthielten, weshalb eine Ähnlichkeit zu den Bürsten der Widerspruchsmarke ohne Weiteres gegeben sei. Im Hinblick auf die von der Markeninhaberin erhobene Nichtbenutzungseinrede hat die Widersprechende zudem erklärt, dass Staubsaugerbürsten nicht im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke stünden, aber durch den Begriff "Bürsten" gedeckt seien.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde ist auch begründet, denn die Widerspruchsmarke unterliegt - selbst bei deren unterstellter Benutzung - einer Verwechslungsgefahr mit der angegriffenen Marke i. S. d. §§ 42, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG in keiner denkbaren Hinsicht.

Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd; GRUR 2005, 427, 428 - Lila-Schokolade; GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May).

Hinsichtlich der Waren "handbetätigte Haushaltsgeräte" sind nach erfolgter Einschränkung des Warenverzeichnisses der angegriffenen Marke "Bürsten und Bürsten enthaltende Waren" explizit ausgenommen, sodass insoweit jegliche Berührungspunkte mit den Waren der Widerspruchsmarke fehlen.

Im Hinblick auf die Waren "elektrischen Reinigungsgeräte zur Reinigung von Böden und anderen Oberflächen, insbesondere Hochdruckreiniger, Staubsauger und Dampfreiniger" ist gegenüber den Waren der Widerspruchsmarke eine gewisse - entfernte - Ähnlichkeit vorhanden.

Warenähnlichkeit ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die Vergleichswaren unter Berücksichtigung aller Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. BGH GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN; GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd).

Die beanspruchten elektrischen Reinigungsgeräte enthalten zwar nicht notwendigerweise Bürsten als Bestandteile, weisen diese aber häufig auf - so ist z. B. der Begriff der "Staubsaugerbürste" durchaus geläufig. Bei den Bürsten handelt es sich demnach um Einzel- bzw. Zubehörteile der elektrischen Reinigungsgeräte als Sachgesamtheit. Eine Warenähnlichkeit im Verhältnis von Sachgesamtheit und Einzelteilen ist indes nur ausnahmsweise zu bejahen, wenn nämlich die Einzelteile bestimmend für die Sachgesamtheit oder als eigenständige Waren des Herstellers bzw. Händlers angesehen werden, wobei es keine Rolle spielt, ob die Einzelteile im Rahmen des Ersatzteilgeschäfts gesondert (nach)geliefert werden (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 76 m. w. N.). Gleiches gilt auch für das Verhältnis von Hauptware und Zubehör. Auch hier kann die Zubehöreigenschaft nicht bereits allein die Annahme der Ähnlichkeit begründen, es kommt vielmehr darauf an, ob die allgemeinen Ähnlichkeitskriterien erfüllt sind (vgl. BGH a. a. O. - Ferrari-Pferd). Da insoweit die elektrischen Reinigungsgeräte der angegriffenen Marke ebenso wie die Bürsten bzw. Bürstenwaren der Widerspruchsmarke, in denen auch solche für Staubsauger enthalten sein können, sowie die Kehrgeräte der Widerspruchsmarke denselben Verwendungszweck aufweisen, nämlich Reinigung von Böden und Oberflächen, ist zumindest anhand dieses Kriteriums eine Warenähnlichkeit zwar noch zu bejahen (vgl. hierzu auch Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Aufl., S. 51 mittlere Spalte: in der dort zitierten Entscheidung 26 W (pat) 848/63 wurde Gleichartigkeit nach altem Recht zwischen "Bürstenwaren" und "elektrisch oder mit Motorkraft betriebenen Großraum-Bodenreinigungsmaschinen (mit Ausnahme der in solchen Maschinen verwendeten Bürsten) festgestellt). Im Rahmen dieser Ähnlichkeit ist indes ein gewisser Warenabstand anzunehmen, da erhebliche Unterschiede der Vergleichswaren in der Beschaffenheit (einerseits elektrische Geräte, andererseits mechanische Bürsten) bestehen. Hinzu kommt noch, dass der Verkehr die Vorstellung gleicher Herstellungsstätten von elektrischen Reinigungsgeräten und Bürsten bzw. Bürstenwaren in der Regel nur im Hinblick auf das Ersatzteilgeschäft entwickeln und annehmen wird, dass ein Betrieb, der elektrische Reinigungsgeräte herstellt, nur zu diesen passende Bürsten herstellt, die etwa bei Abnutzung entsprechend ausgetauscht werden können. Hingegen werden die beteiligten Verkehrskreise nicht davon ausgehen, dass ein Hersteller von elektrischen Reinigungsgeräten vollkommen unabhängig von diesen Geräten Bürsten fertigt und vertreibt.

Selbst bei zugunsten der Widersprechenden unterstellter Benutzung der Widerspruchsmarke für "Staubsaugerbürsten" ist demnach bei im Rahmen der Wechselwirkungstheorie entsprechend zu gewichtender, vorliegend anzunehmender Warenferne sowie einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke von einem ausreichenden Abstand der Vergleichsmarken auszugehen.

Eine klangliche Verwechslungsgefahr ist nicht gegeben. Zwar stimmen Wortaufbau und Buchstabenfolge der Vergleichswörter weitgehend überein. Die differierende Konsonantenkombination "ck" bedingt jedoch eine kurze Aussprache des Vokals "e" in der Widerspruchsmarke gegenüber einer gedehnten Aussprache dieses Vokals in der angegriffenen Marke aufgrund des "nur" einfachen Konsonanten "k". In diesem Zusammenhang gilt es auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den Vergleichsmarken um relativ kurze Wörter handelt, die durch einzelne Abweichungen im Verhältnis stärker beeinflusst werden als längere Markenwörter (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 135 m. w. N.).

Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr ist ebenfalls zu verneinen. Durch den zusätzlichen Buchstabe "c" in der älteren Marke ergibt sich ein von der angegriffenen Marke abweichender optischer Eindruck, der angesichts der Warenferne der sich gegenüberstehenden Waren zum Ausschluss einer visuellen Verwechslungsgefahr als (noch) ausreichend zu erachten ist.

Hinzu kommt, dass die bestehenden klanglichen bzw. schriftbildlichen Ähnlichkeiten durch den unterschiedlichen Bedeutungsgehalt der Widerspruchsmarke, die die maßgeblichen Verkehrskreise ohne weiteres erfassen können, neutralisiert werden (vgl. BGH GRUR 1992, 130 Bally/Ball; PAVIS PROMA EuGH Rechtssache C 206/04 - SIR/ZIRH). Der Begriff "Gecko" bezeichnet - allgemein bekannt - eine Eidechsenart vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Gecko), so dass bei dem ganz überwiegenden Teil des Verkehrs, der die Widerspruchsmarke anhand ihres Sinngehalts erfasst, die einen Fantasiebegriff darstellende jüngere Marke nicht die Erinnerung an die ältere Marke wachrufen wird.

Für weitere Formen der Verwechslungsgefahr ist nichts vorgetragen oder ersichtlich.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG) besteht kein Anlass.






BPatG:
Beschluss v. 13.06.2007
Az: 26 W (pat) 68/04


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