Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Juli 2009
Aktenzeichen: 28 W (pat) 167/07

(BPatG: Beschluss v. 15.07.2009, Az.: 28 W (pat) 167/07)

Tenor

BPatG 152 Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Markenabteilung 3.1 des Deutschen Patentund Markenamts vom 26. März 2007 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Marke 305 24 338 wurde am 21. April 2005 angemeldet und am 2. Juni 2005 in das vom Deutschen Patentund Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen. Für dieses Verfahren hatte sich der Antragsteller für die Anmelderin, einem Unternehmen mit Sitz in Großbritannien, als Inlandsvertreter bestellt.

Nach der erfolgten Eintragung der Marke hat der Antragsteller mit Eingabe an das DPMA vom 25. November 2005 erklärt, dass er die Vertretung niederlege und die Streichung seiner Vertreterangaben im Register beantragt. Die Markenabteilung 3.1 des DPMA hat diesen Antrag mit Beschluss vom 26. März 2007 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die mitgeteilte Mandatsniederlegung bleibe gemäß § 96 Abs. 4 MarkenG solange wirkungslos, bis sich für die auswärtige Markeninhaberin ein neuer Inlandsvertreter bestellt habe. Bis dahin bleibe der Antragsteller als Vertreter der Markeninhaberin auch weiterhin im Register vermerkt.

Gegen diese Entscheidung der Markenabteilung wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde und beantragt sinngemäß, die angefochtene Entscheidung der Markenabteilung aufzuheben und unter Feststellung der Wirksamkeit der Vertretungsniederlegung die Streichung seiner Vertreterangaben für die Marke 305 24 338 im Register anzuordnen.

Zur Begründung trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, die Anwendung des § 96 Abs. 4 MarkenG komme vorliegend nicht in Betracht, da diese Norm ein laufendes Verfahren i. S. v. § 96 Abs. 1 MarkenG voraussetze, was hier aber nicht der Fall sei. An den bloßen Markenbesitz knüpfe die Regelung dagegen nicht an, so dass sie dem Antrag auch nicht entgegengehalten werden könne. Durch die Rechtsauffassung der Markenabteilung werde die verfassungsrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit von Rechtsund Patenanwälten in nicht gerechtfertigter Weise beschränkt, da sie letztlich auf die Möglichkeit einer zeitlich unbefristeten Zwangsbevollmächtigung eines einmal bestellten Inlandsvertreters hinauslaufen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Die von der Markenabteilung für ihre Entscheidung herangezogene Regelung des § 6 Abs. 4 MarkenG ist nur anwendbar, soweit und solange für ein markenrechtliches Verfahren oder eine Verfahrenshandlung gemäß § 96 Abs. 1 MarkenG die Bestellung eines Inlandsvertreters vorgeschrieben ist. Für die von der Markenabteilung angenommene Weitergeltung der Inlandsvertretung des Antragstellers auch außerhalb solcher anhängiger Verfahren besteht keine rechtliche Grundlage (vgl. auch BPatG GRUR 2009, 188 - Inlandsvertreter III).

Diese rechtliche Wertung hat der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung zum § 25 Abs. 4 PatG ausdrücklich bestätigt und hervorgehoben, dass die fehlende Benennung eines neuen Inlandsvertreters der Löschung des bisherigen Vertreters nicht in jedem Fall entgegensteht (vgl. BGH GRUR 2009, 701 ff. - Niederlegung der Inlandsvertretung). Vielmehr kann der Vertreter eines auswärtigen Schutzrechtsinhabers sein Mandat gegenüber dem DPMA außerhalb konkret anhängiger Verfahren wirksam niederlegen, ohne dass die Bestellung eines anderen Inlandsvertreters gegenüber dem DPMA oder dem BPatG angezeigt wird. Diese Ausführungen sind wegen der identischen Interessenlage und desselben Normzwecks unmittelbar auf die inhaltsgleiche Vorschrift des § 96 Abs. 4 MarkenG übertragbar. Dies ergibt sich auch aus den in der zitierten Entscheidung erfolgten Bezugnahmen des BGH auf die Parallelvorschriften des Markenrechts (vgl. insbesondere BGH a. a. O., Rdn. 16). Wenn bereits die zeitlich befristete Laufzeit eines Patents von maximal 20 Jahren einen generellen Zwang zur Vertreterbestellung zu Lasten des Inlandsvertreters ausschließt, muss dies umso mehr für Marken gelten, die als einzige Schutzrechte potenziell ewigen Bestand haben können. Auswärtige Anmelder bzw. Inhaber von Schutzrechten benötigen nicht ständig einen Inlandsvertreter, sondern nur dann, wenn sie an einem gesetzlich geregelten Verfahren vor dem DPMA oder dem BPatG teilnehmen bzw. Rechte aus dem fraglichen Schutzrecht geltend machen wollen (§ 96 Abs. 1 MarkenG). Der bloße Markenbesitz begründet dagegen für sich genommen noch keine Verpflichtung zur Bestellung eines Inlandsvertreters, da hierin gerade keine Teilnahme an einem gesetzlich geregelten Verfahren vor dem DPMA oder dem BPatG zu sehen ist (vgl. BGH a. a. O., Rdn. 15). Dies ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte von § 96 MarkenG. Mit dieser Norm sollte der Rechtsgedanke des § 87 Abs. 1 ZPO auf markenrechtliche Verfahren übertragen werden. Nach dieser zivilprozessualen Vorschrift wird in Anwaltsprozessen die Kündigung eines Vollmachtvertrags dem Gegner gegenüber erst dann rechtlich wirksam, wenn die Bestellung eines anderen Anwalts angezeigt wird. Die Norm des § 87 Abs. 1 ZPO bezieht sich aber ausschließlich auf laufende Verfahren und nicht auch auf darüber hinausgehende Zeiträume (vgl. BGH a. a. O., Rdn. 17).

Auch die gebotene Abwägung der Interessen von Behörden und Gerichten an der Gewährleistung eines unkomplizierten Verfahrensablaufs einerseits und der Interesse von Rechtsund Patentanwälten andererseits, spricht gegen die Notwendigkeit einer dauerhaften Vertretung von auswärtigen Schutzrechtsinhabern außerhalb anhängiger Verfahren (vgl. BGH a. a. O., Rdn. 18). Angesichts der damit für frühere Inlandsvertreter verbundenen gravierenden Belastungen, vermag die bloße Möglichkeit von bei praxisnaher Betrachtungsweise eher seltenen Zustellungsfällen keinen generellen, also auch außerhalb von anhängigen Verfahren geltenden Mandatszwang zu rechtfertigen. Dies gilt umso mehr, als die erzwungene Bindung an ein niedergelegtes Mandat bis zur Bestellung eines neuen Inlandsvertreters ein erhebliches und nahezu unkalkulierbares Haftungsrisiko bedeuten kann.

Ebenso wie § 25 Abs. 4 PatG ist deshalb auch die Regelung des § 96 Abs. 4 MarkenG nur bei laufenden Verfahren anzuwenden. Für eine Weitergeltung der Inlandsvertretung außerhalb markenrechtlicher Verfahren fehlt jede rechtliche Grundlage.

Die Präsidentin des DPMA hat nach der zitierten Entscheidung des BGH in der Mitteilung 4/09 vom 25. Juni 2009 erklärt, dass die bisherige Amtspraxis aufgegeben und ab sofort die vom BGH vertretene Rechtsauffassung vom DPMA bei der Anwendung der Vorschriften über die Niederlegung der Inlandsvertretung in sämtlichen Schutzrechtsbereichen Anwendung findet und dabei ausdrücklich auch die markenrechtliche Regelung des § 96 Abs. 4 MarkenG aufgeführt (s. BlPMZ 2009, 241). Allerdings ist durch diese amtliche Mitteilung keine Erledigung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens eingetreten, da von der Neuregelung Beschlüsse, die auf Grundlage der früheren Praxis ergangen sind, ausdrücklich unberührt bleiben.

Im Ergebnis kann damit ein eingetragener Inlandsvertreter außerhalb eines laufenden, markenrechtlichen Verfahrens i. S. v. § 96 Abs. 1 MarkenG bei Mandatsbeendigung die Löschung seiner Vertreterangaben aus dem Register verlangen, so dass der angefochtene, gegenteilige Beschluss der Markenabteilung auf die Beschwerde des Antragstellers aufzuheben war. Die beantragte Feststellung der Wirksamkeit der Vertretungsniederlegung sowie die Anordnung der Löschung der Vertreterangaben konnte nicht selbständig beschieden werden, sondern ist im Umfang der Tenorierung implizit enthalten, vorausgesetzt natürlich, dass aktuell kein markenrechtliches Verfahren oder eine Verfahrenshandlungi. S. v. § 96 Abs. 1 MarkenG der Markeninhaberin anhängig ist.

Stoppel Martens Schell






BPatG:
Beschluss v. 15.07.2009
Az: 28 W (pat) 167/07


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