Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. August 2002
Aktenzeichen: 28 W (pat) 93/00

(BPatG: Beschluss v. 07.08.2002, Az.: 28 W (pat) 93/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für die Waren

"Uhren, Uhrengehäuse und Uhrwerke"

am 20. Juni 1996 eingetragene und am 20. September 1996 veröffentlichte Marke 395 42 497 Hugo Maxist u.a. Widerspruch aus der Marke 2 021 917 erhoben worden, die am 7. Oktober 1992 u.a. für "Uhren" eingetragen worden ist, sich derzeit aber noch selbst im Widerspruchsverfahren befindet.

Die Markenstelle hat den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, dass selbst bei identischen Waren ein ausreichender Markenabstand im Gesamteindruck gegeben sei und die angegriffene Marke nicht auf den Bestandteil "Max" verkürzt werden könne, da dieser nicht allein präge.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde und macht geltend, angesichts der Warengleichheit sei ein sehr deutlicher Abstand zwischen den Marken zu fordern, der nicht mehr gewahrt sei. Die Marken seien quasi identisch, denn der Name "Hugo Max" werde vom Verkehr erfahrungsgemäß auf den Nachnamen "Max" verkürzt. Darüber hinaus sei aufgrund der großen Bekanntheit der Widerspruchsmarke auch für Uhren von einem entsprechend großem Schutzumfang auszugehen. Bei einer derartigen Annäherung der Marken müsse aber Verwechslungsgefahr angenommen werden.

Die Widersprechende beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin hat keinen Antrag gestellt und sich auch nicht in der Sache geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Auch der Senat ist der Ansicht, dass die Zeichen nicht verwechselbar nach § 9 Abs 1 Nr 2, 42 MarkenG sind.

Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist von der Ähnlichkeit der Waren, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und der Ähnlichkeit der Marken auszugehen. Zwischen diesen Faktoren besteht eine Wechselwirkung, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt.

Vorliegend stehen sich mit "Uhren" identische bzw. sehr ähnliche Waren gegenüber, so dass an den von den Marken zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr einzuhaltenden Abstand eher strenge Anforderungen zu stellen sind, denen die jüngere Marke jedoch noch gerecht wird.

Beim Vergleich der Zeichen auf Markenähnlichkeit ist vom Grundsatz auszugehen, dass bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr auf den Gesamteindruck der jeweiligen Marke abzustellen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um die Beurteilung der jüngeren Marke oder der älteren Widerspruchsmarke handelt. Daß sich die beiden gegenüberstehenden Zeichen nach dem Gesamteindruck sowohl in schriftbildlicher als in klanglicher Hinsicht deutlich unterscheiden, wird von beiden Beteiligten nicht in Abrede gestellt.

Allerdings kann auch einem einzelnen Bestandteil einer Marke eine u.U. besondere, das Gesamtzeichen allein prägende Kennzeichnungskraft beigemessen werden und deshalb bei einer Übereinstimmung einer Bezeichnung mit dem so geprägten Zeichen die Verwechslungsgefahr durchaus zu bejahen sein. Als ein solcher kollisionsbegründender Bestandteil kommt vorliegend nur das in beiden Marken vorhandene Wort "Max" in Frage, wie dies die Widersprechende trotz der graphischen Ausgestaltung ihrer Marke für sich zurecht mit der Begründung in Anspruch nimmt, dass Wortbestandteile erfahrungsgemäß zumindest dann den Gesamtcharakter einer Marke prägen, wenn sie wie vorliegend eigenständig kennzeichnend sind. Bei der angegriffenen Marke kann dieses Zeichenelement jedoch nur dann kollisionsbegründend sein, wenn es allein prägende Wirkung innerhalb dieser Marke hat, die sich für den Verkehr nicht zwingend als eine aus Vor- und Familienname zusammengesetzte Namensmarke darstellt, sondern auch in der Aneinanderreihung von 2 Vornamen bestehen kann, denn sowohl "Hugo" ("Viktor Hugo") wie "Max" (im Münchner Telefonbuch mehrfach als Nachname) können (primär) Vor- aber auch Nachnamen sein. Das gilt gleichermaßen für die Widerspruchsmarke. Verkürzt man aber die angegriffene Marke auf den Bestandteil "Max", würde das bedeuten, dass der weitere Name "Hugo" derart in den Hintergrund tritt, dass der Verkehr ihm keine Bedeutung mehr als mit zum Herkunftshinweis beitragendes Element beimißt. Dafür bestehen aber keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte. Zwar kann nach der Lebenserfahrung eine Neigung des Verkehrs festgestellt werden, Bezeichnungen in einer die Aussprechbarkeit und Merkbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen, was jedoch nicht uneingeschränkt für den Fall von Namen gilt. Dementsprechend war in der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Verwechslungsgefahr grundsätzlich bejaht worden, wenn zB. eine aus Vor- und Familienname zusammengesetzte Namensmarke mit einer Marke zusammentraf, die mit der Namensmarke nur hinsichtlich des den Familiennamen bildenden Bestandteils identisch oder verwechselbar ähnlich übereinstimmte. Begründet wurde dies damit, dass in einem solchen Fall der den Vornamen bildende Bestandteil der Namensmarke einer eigenständigen Kennzeichnungskraft entbehre, weil insoweit vom Verkehr angenommen werden könne, dass der Träger des Familiennamens gerade den betreffenden Vornamen habe. Diese Rechtsprechung ist indes vom Bundesgerichtshof inzwischen aufgegeben worden. In der Entscheidung "Rausch/Elfi Rauch" wurde festgestellt, dass der Verkehr jedenfalls auf dem Warengebiet der Klasse 3 daran gewöhnt sei, dass Kennzeichnungen aus einem vollständigen, Vor- und Familiennamen umfassenden Namen bestünden; er werde deshalb erfahrungsgemäß die betreffende Namensmarke so verstehen, wie sie ihm entgegentrete. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass der Name seine Einprägsamkeit auch als Teil der Individualisierung einer Person insgesamt gewinnt, wozu zwangläufig auch der Vorname gehöre. Diese Überlegungen hat der Bundesgerichtshof sodann dahingehend verallgemeinert, dass kein Erfahrungssatz mehr bestehe, dass sich der Verkehr bei Marken, die aus Vor- und Familiennamen bestehen, regelmäßig an dem Familiennamen als prägendem Bestandteil der Marke orientiere (vgl BGH GRUR 2000, 2031, 2032 - Carl Link). Beim Zusammentreffen von Marken, die einerseits aus Vor- und Familienname und andererseits nur aus dem Familiennamen bestehen, und erst recht beim Zusammentreffen eines Doppelvornamens mit einem Einzelvornamen kann mithin im Regelfall nicht mehr von einer die Verwechslungsgefahr begründenden Ähnlichkeit der Marken ausgegangen werden, sondern nur noch bei Vorliegen besonderer Umstände. Das kann der Fall sein, wenn der als Vorname verwendete Bestandteil eine auffällige Kennzeichnungsschwäche zB in Folge eines warenbeschreibenden Sinngehalts aufweist. Von einer prägenden Stellung des als Familienname fungierenden Markenbestandteils wird man des weiteren ausgehen können, wenn dieser Bestandteil für den Inhaber der älteren Marke eine besondere Kennzeichnungskraft erlangt hat. Nicht unberücksichtigt bleiben dürfen in diesem Zusammenhang auch die Gepflogenheiten auf dem jeweils angesprochenen Warengebiet. Alle diese besonderen Umstände sind im vorliegenden Verfahren indes nicht gegeben, zumal sich nach den Feststellungen des Senates zur Verkehrsübung auf dem Warensektor der Uhren folgendes Bild ergibt:

Kennzeichen bestehen dort zum überwiegenden Teil nur aus Familiennamen, aber ein ebenfalls nicht unerheblicher und daher nicht zu vernachlässigender Teil des Marktes bedient sich auch des Vor- und Familiennamens. Aus diesem Grund ist die Annahme gerechtfertigt, dass die überwiegenden Verkehrskreise die angegriffene Marke als Gesamtbegriff wahrnehmen und das aus Vor- und Familienname oder einem Doppelvornamen gebildete Kennzeichen in seiner Gesamtheit als betrieblichen Herkunftshinweis verstehen, ohne auf die genaue Individualisierung durch den jeweiligen oder einen der Vornamen zu verzichten. Damit nimmt der Markenteil "Hugo" aber an der Prägung des Gesamteindrucks teil, zumal es sich hierbei sogar um einen vorangestellten Familiennamen handeln könnte, wie das beispielsweise noch heute in Süddeutschland üblich ist.

Dass schließlich der in der Widerspruchsmarke verwendete Name für die Widersprechende eine besondere Kennzeichnungskraft erlangt haben soll, läßt sich nicht feststellen. Die von der Widersprechenden behauptete erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist in keiner Weise substantiiert vorgetragen noch durch entsprechende Belege nachgewiesen worden und muss daher unberücksichtigt bleiben.

Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die Beschwerde mithin keinen Erfolg haben. Vielmehr ist der Widerspruch zu Recht zurückgewiesen worden.

Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) sieht der Senat indes keine Veranlassung.

Stoppel Paetzold Voit Ko Abb.1 http://agora/bpatgkollision/docs/28W(pat)93-00.2.3.gif






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Beschluss v. 07.08.2002
Az: 28 W (pat) 93/00


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