Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Januar 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 6/02

(BPatG: Beschluss v. 29.01.2003, Az.: 32 W (pat) 6/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 29. Januar 2003 (Az. 32 W (pat) 6/02) eine Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben. In der Entscheidung des Patentamts wurde die Anmeldung der Wortmarke "handwerk.de" für bestimmte Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen. Das Patentamt begründete die Ablehnung damit, dass "Handwerk" als Sachhinweis dienen könne und der Zusatz ".de" als beschreibende Angabe angesehen werde.

Der Anmelder hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass auch einer reinen Internetadresse die Funktion als betrieblicher Herkunftshinweis zukomme. Zudem müsse die Marke als Ganzes betrachtet werden und der Begriff "handwerk.de" keine im Vordergrund stehende Sachangabe sei, da er nicht im Sprachgebrauch vorkomme.

Das Bundespatentgericht gibt der Beschwerde des Anmelders statt. Es stellt fest, dass die Marke weder die Voraussetzungen der fehlenden Unterscheidungskraft noch einer Produktmerkmalsbezeichnung erfüllt. Unterscheidungskraft ist die Fähigkeit einer Marke, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens erkannt zu werden. Das Gericht betont, dass "handwerk.de" als Internetdomain Unterscheidungskraft besitzt, da dem Verkehr bekannt ist, dass eine Internetadresse nur einmal vergeben wird.

Außerdem erfüllt die Marke nicht den Ausschlussgrund einer Produktmerkmalsbezeichnung. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Marke als Merkmalsbezeichnung für die beanspruchten Produkte verwendet wird. Daher gibt es keine Anhaltspunkte, dass die Marke in Zukunft als Produktmerkmalsbezeichnung dienen könnte.

Insgesamt kommt das Bundespatentgericht zu dem Schluss, dass die Zurückweisung der Markenanmeldung rechtswidrig war und hebt den entsprechenden Beschluss des Patentamts auf.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 29.01.2003, Az: 32 W (pat) 6/02


Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 19. Oktober 2001 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarkehandwerk.dewurde teilweise und zwar für die Waren und Dienstleistungen Bekleidungsstücke, Schuhwaren; Kopfbedeckungen; Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Telekommunikation; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Rechtsberatung und -vertretung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitungwegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass "Handwerk" im Hinblick auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen als Sachhinweis dienen könne und der Zusatz .de nach Art einer Second Level Domain als beschreibende Angabe angesehen werde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er weist darauf hin, dass auch einer reinen Internetadresse die Funktion als betrieblicher Herkunftshinweis zukomme. Im übrigen müsse von der Marke als Ganzes ausgegangen werden, mit der Folge, dass "handwerk.de" als Begriff, der nicht Eingang in den Sprachgebrauch gefunden habe, auch keine im Vordergrund stehende Sachangabe entnommen werden könne.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch das einer Produktmerkmalsbezeichnung im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG entgegen.

a) Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr; vgl. BGH, BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE).

Die Marke handwerk.de ist in Form einer Internetdomain gebildet. Internetdomains haben ohne weiteres Unterscheidungskraft, da dem Verkehr weitgehend bekannt ist, dass eine Internetadresse nur einmal vergeben wird und hinter der jeweiligen Domain deshalb nur ein bestimmter Anbieter stehen kann (vgl hierzu OLG Hamburg, MarkenR 2001, 213 - 1001 buecher.de).

b) Die Marke ist auch nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Sie besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen können. In seiner Gesamtheit ist "handwerk.de" keine eindeutige Angabe zu entnehmen, welches Merkmal hier bezeichnet wird. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Marke als Merkmalsbezeichnung für die beanspruchten Produkte verwendet wird. Anhaltspunkte dafür, dass die Marke künftig als Produktmerkmalsbezeichnung dienen könnte, sind nicht ersichtlich.

Winkler Dr. Albrecht Sekretarukbr/Na






BPatG:
Beschluss v. 29.01.2003
Az: 32 W (pat) 6/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/f1db040d6275/BPatG_Beschluss_vom_29-Januar-2003_Az_32-W-pat-6-02




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share