Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Juni 2006
Aktenzeichen: 28 W (pat) 61/05

(BPatG: Beschluss v. 21.06.2006, Az.: 28 W (pat) 61/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortfolge Die fahrbare Litfaßsäulefür die Waren

"Maschinen und maschinelle Geräte für die Gebäudereinigung (soweit in Klasse 7 enthalten); selbstfahrende Wege- und Straßenkehrmaschinen, insbesondere staubaufnehmende Straßenkehrmaschinen, Kehrsaugmaschinen, Kehrmaschinen, Schneeräumer, Bodenpoliermaschinen, Bodenwaschmaschinen, und Bodenreinigungsmaschinen mit Aufnahmeeinrichtungen für Verunreinigungen; elektrische Industriestaubsauger; elektrische landwirtschaftliche und Gartenmaschinen und -geräte, elektrische Rasen- und Laubkehrmaschinen, elektrische Rasenmäher;

Handbetriebene Maschinen und maschinelle Geräte für die Gebäudereinigung; handbetriebene Wege- und Straßenkehrmaschinen, insbesondere staubaufnehmende Straßenkehrmaschinen, Kehrsaugmaschinen, Kehrmaschinen, Schneeräumer, Bodenpoliermaschinen, Bodenwaschmaschinen, und Bodenreinigungsmaschinen mit Aufnahmeeinrichtungen für Verunreinigungen; handbetriebene Industriestaubsauger; handbetriebene landwirtschaftliche und Gartenmaschinen und -geräte, handbetriebene Rasen- und Laubkehrmaschinen, handbetriebene Rasenmäher;

Fahrzeuge und Kleinkraftfahrzeuge, insbesondere Mehrzweckfahrzeuge zur Verrichtung von Straßenreinigungsarbeiten und/oder Winterdienstaufgaben, beispielsweise Schneeräumung und/oder landwirtschaftlichen und Gartenarbeiten, insbesondere zum Rasenmähen; Motorschneepflüge, -schneeräumer, -schneeschleudern, -sand- und -salzstreuer, -rasenmäher; Elektrofahrzeuge; Vierradgartentraktoren".

Die Markenstelle für Klasse 7 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat dies damit begründet, dass die Anmeldemarke als Synonym für einen fahrbaren bzw. beweglichen Werbeträger im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren über einen konkreten und unmittelbar beschreibenden Charakter verfüge und daher auf Art und Bestimmung der betreffenden Produkte hinweisen könne. Diese Eignung und die Gebräuchlichkeit der Verwendung des Begriffs "fahrbare Litfaßsäule" werde auch von verschiedenen Internetauszügen belegt, die der Anmelderin von der Markenstelle übermittelt wurden.

Ob die angemeldete Wortfolge zudem als freihaltungsbedürftige Angabe zu werten sei, wurde von Markenstelle offen gelassen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die eine rechtsirrige Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze durch die Markenstelle rügt, zumal auch die überreichten Internetauszüge nicht geeignet seien, das von der Markenstelle angenommene Verständnis des Verkehrs zu belegen. Von einem beschreibenden Anklang der angemeldeten Wortfolge könne im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren nicht die Rede sein. Bei der Bezeichnung "Die fahrbare Litfaßsäule" handle es sich vielmehr um eine ungewöhnliche und lexikalisch nicht nachweisbare Wortfolge. Der durchschnittliche Verbraucher stelle sich unter einer Litfasssäule eine regelmäßig mehrere Meter hohe, unbewegliche Säule vor. Vor diesem Hintergrund beinhalte die angemeldete Marke einen Widerspruch in sich, der ein begriffliches Spannungsfeld erzeuge, was einen Überraschungs- und Merkeffekt zur Folge habe.

Ein Freihaltebedürfnis bestehe ebenfalls nicht, da es sich bei der angemeldeten Wortfolge weder um eine Gattungsbezeichnung handle und sie auch nicht üblicherweise zur Kennzeichnung der vorgesehenen Waren im Verkehr benutzt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet. Nach Ansicht des Senats steht der Eintragung der angemeldeten Wortfolge sowohl das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als auch das einer freihaltungsbedürftigen Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Alle Zeichen oder Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, sollen den Wettbewerbern zur freien Verfügung verbleiben und nicht aufgrund einer Eintragung als Marke für ein Unternehmen monopolisiert werden können (vgl. hierzu EuGH GRUR 1999, 723 - "Chiemsee"). Unter den Begriff "sonstige Merkmale" fallen dabei alle beschreibenden Bezeichnungen, die für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit Bezug auf die maßgeblichen Produkte beschreiben (vgl. BGH WRP 2000, 95 - "FÜNFER"). Weiter ist es für das Allgemeininteresse an der freien Verwendung einer Bezeichnung nicht erforderlich, dass diese bereits lexikalisch nachweisbar ist (vgl. EuG GRUR-Int. 2005, 219, Rz. 36 - "DigiFilm und DigiFilmMaker") oder zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung bereits für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibend verwendet wird. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung, dass es ausreichend ist, wenn die Bezeichnung zu diesem Zweck verwendet werden kann (EuGH Mitt. 2004, 28 - "Doublemint").

Zwar lässt sich die angemeldete Wortfolge bislang nicht lexikalisch nachweisen. Doch hat bereits die Markenstelle zutreffend dargelegt, dass es mittlerweile völlig sprachüblich ist, im Zusammenhang mit einer entsprechenden Verwendung von Fahrzeugen von "fahrenden Litfaßsäulen" bzw. "fahrenden Litfasssäulen" zu sprechen. Dies deckt sich mit den Feststellungen des Senats, wonach mit diesem Sachhinweis regelmäßig die Eignung solcher Fahrzeuge beschrieben wird, als Werbemedium genutzt zu werden (vgl. http://www.hansnovak.de/Novak-News/Mobil2.htm). Das ist inzwischen nicht nur für Lastkraftwagen oder deren Anhänger gebräuchlich, sondern findet darüber hinaus weitere Verwendung für andere Fahrzeuge, wie beispielsweise Pkws (vgl. http://www.interrent.com/cms/de/de/fileadmin/user_upload/de/pdf/press/finanztest_10_2003.pdf), Straßenbahnen (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Mainzer_Stra%C3%9Fenbahn, unter Punkt 7 "Die Straßenbahn macht Werbung"), Busse (vgl. http://www.upjonline.de/index/87485) oder Fahrräder (vgl. http://nihola.de/de/presse/presseberichte/Ein+stabiles+Fass+auf+drei+R%E4dern+-+Fairkehr/). Diese Sprachgewohnheiten dokumentieren, dass im Fall der angemeldeten Marke ausgeschlossen werden kann, das inländische Publikum werde den Begriff "Litfaßsäule" ausschließlich als Hinweis auf ein unbewegliches, säulenförmiges Werbemittel verstehen.

Vielmehr ist bei lebensnaher Betrachtungsweise davon auszugehen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Wortfolge "Die fahrbare Litfaßsäule" im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren ohne jedes weitere Nachdenken den beschreibenden Hinweis darauf entnehmen werden, dass diese als mobile Werbeträger eingesetzt werden können. Selbst wenn letztlich ein anderer Bestimmungszweck der beanspruchten Arbeitsgeräte im Vordergrund steht, wie dies die Anmelderin zu Recht hervorhebt, beschreibt die angemeldete Marke ein sonstiges Merkmal im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 letzter Halbsatz MarkenG, das für die angesprochenen Kunden bei ihrer Kaufentscheidung von nicht unerheblichem Interesse sein kann und für die angesprochenen Abnehmer als "wichtige Produkteigenschaft" im Sinne der von der Anmelderin zitierten Entscheidung des Bundespatentgerichts "COOL BLUE" (BPatG, 24 W (pat) 315/03, auf PAVIS-CD-ROM) zu werten ist.

Offensichtlich ist dieser Aspekt auch der Anmelderin nicht verborgen geblieben, wie etwa ein Artikel des Hamburger Abendblatts ("Kehrmaschine kostet Oldesloe keinen Cent"), vom 28. April 2004, veranschaulicht, in dem über das Verkaufskonzept "Die fahrbare Litfaßsäule" der Anmelderin berichtet wird, mit dem die Anmelderin ihre Kunden auf finanzielle Vorteile hinweist, da die von ihr vertriebenen Kehrmaschinen die Eignung besitzen, als bewegliches Werbemedium eingesetzt zu werden.

Die Wortfolge "Die fahrbare Litfaßsäule" ist somit geeignet, als beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG Verwendung zu finden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 - "BIOMILD"), so dass die angemeldete Marke als freizuhaltende Angabe von der Eintragung ausgeschlossen ist.

Ihr fehlt im Bezug auf die beanspruchten Waren zudem jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eignung einer Marke, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von einer Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH WRP 2005, 99 - "Roximycin"). Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist etwa dann nicht gegeben, wenn die angesprochenen Verkehrskreise einer Bezeichnung für die beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - "Postkantoor").

Bei der Beurteilung der markenrechtliche Unterscheidungskraft ist auf die zu erwartende Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der maßgeblichen Waren abzustellen (vgl. nochmals EuGH "Postkantoor", a. a. O.).

Aufgrund der sprachüblichen Begriffsbildung und des ohne jede Mehrdeutigkeit dominierend im Vordergrund stehenden, produktbeschreibenden Aussagegehalts der angemeldeten Wortfolge, wird der maßgebliche Durchschnittsverbraucher ihr lediglich einen beschreibenden Sachhinweis darauf entnehmen, dass die beanspruchten Waren (auch) zum Einsatz als "fahrbare Litfaßsäulen" geeignet sind. Einen betrieblichen Herkunftshinweis werden die angesprochenen Verbraucherkreise in der angemeldeten Marke dagegen nicht sehen. Durch die Voranstellung des bestimmten Artikels "Die" wird ihr die hierfür erforderliche Unterscheidungskraft ebenfalls nicht vermittelt, da der Verkehr an diese werbeübliche Praxis zur Hervorhebung beschreibender Aussagegehalte seit langem gewöhnt ist (BPatG 29 W (pat) 107/01 - "Der Neckarbote", auf PAVIS-CD-ROM).

Wenn die Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung sinngemäß vorträgt, die Wortfolge "Die fahrbare Litfaßsäule" könne möglicherweise für Werbeträger einen gewissen beschreibenden Anklang aufweisen, lässt sie unberücksichtigt, dass dem inländischen Publikum seit längerem auch unterschiedliche Nutzfahrzeuge als mobile Werbeträger allgemein bekannt sind. Der Umstand, dass diese Praxis nun möglicherweise erstmals auf die mit der vorliegenden Anmeldung beanspruchten Waren übertragen wird, wie beispielsweise auf Geräte für die Gebäude- und Straßenreinigung oder landwirtschaftliche- und Gartenmaschinen, mag als neue Geschäftsidee zu werten sein. Keinesfalls kann daraus jedoch der Schluss gezogen werden, der angesprochene Verkehr werde aus diesem Gesichtspunkt eine betriebskennzeichnende Wirkung ableiten und den klaren und erkennbar produktbeschreibenden Bedeutungsgehalt der Anmeldermarke vernachlässigen.

Die Beschwerde war damit zurückzuweisen.






BPatG:
Beschluss v. 21.06.2006
Az: 28 W (pat) 61/05


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