Landgericht Dortmund:
Urteil vom 7. September 2011
Aktenzeichen: 10 O (Kart) 158/10

(LG Dortmund: Urteil v. 07.09.2011, Az.: 10 O (Kart) 158/10)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zur Vollstreckung gestellten Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein bundesweit tätiger Lieferant für Rohlinge, aus denen individuelle Kfz-Kennzeichen geprägt werden. Zum Teil ist die Klägerin an einigen lokalen Standorten von Kfz-Zulassungsstellen auch selbst als Schilderprägeunternehmen tätig, dies trifft auf die Kfz-Zulassungsstelle der Stadt N in der S-Straße 5 - 7 zu. Der Beklagte ist Ei­gentümer des Grundstücks S-Straße 5 - 7, auf dem die Kfz-Zulassungsstelle Räume gemietet hat, um dort ihrer amtlichen Tätigkeit nachzugehen. Auf dem großen Grundstücksgelände des Beklagten befin­det sich ein Schilderprägeunternehmen.

Betreiber des Schilderprägeunternehmens war zunächst jahrelang die C. Nunmehr wird das Prägeunternehmen von der L betrieben. Die C war ein Tochterunterneh­men der V, Schilderfabrik und Maschinenbau, in T. Die C war unter der Geschäftsadresse der V geschäftsansässig. Die V selber ist ihrerseits hauptsächlich Lieferant von Rohlingen für die Prägung von Kfz-Kennzeichen. Die V gehört zu einem Unter­nehmensverbund mit der L, die ihrerseits Rohlinge liefert und zugleich an den lokalen Standorten von Kfz-Zulassungsstellen durch Schilderprägeunternehmen vertreten ist, dies überwiegend durch Tochter­unternehmen oder durch Unternehmen, mit denen die L durch Gewinnabführungsverträge verbunden ist.

Im vorliegenden Rechtsstreit streiten die Parteien darum, ob der Beklagte in wettbewerbs- bzw. kartellrechtswidriger Weise zu Lasten der Klägerin handelt, und zwar in der folgenden Weise:

Die Klägerin betreibt ihr Gewerbe, welches die Prägung von Kfz-Schildern zum Gegenstand hat, auf dem Grundstück S-Straße 13. Dieses Grundstück liegt exakt gegenüber dem Grundstück S-Straße 5 - 7, also dem Grundstück des Beklagten. Dieses zeichnet sich dadurch aus, dass es über drei Einfahrten verfügt; das Grundstück, auf dem die Klägerin tätig ist, liegt in etwa auf Höhe der mittleren Einfahrt.

Die Klägerin trägt nun vor, dass sich der Beklagte aufgrund des Vertragsgeflechts mit der Unternehmensgruppe V und L, zu dessen Einzelheiten aus Sicht der Klägerin auf den Vortrag Blatt 6 - 7 der Akten Bezug genommen wird, zu deren willfährigen Werkzeug machen lassen und habe nun durch eigene Aktivitäten eine Behinderungssituation zum Nachteil der Klägerin geschaffen. Nachdem nämlich bekannt geworden sei, dass auf dem Grundstück S-Straße 13 ein konkurrierendes Schilderprägeunternehmen eingerichtet werden sollte, sei an der im Klageantrag angegebenen Grundstückseinfahrt, welche die mittlere Einfahrt des Grundstücks des Beklagten darstelle, zunächst ein Bauzaun aufgestellt worden, der mit dem bereits vorhandenen fest installierte Zaun verbunden worden sei. Zur näheren Illustration wird insoweit auf Anlage 12 Bezug genommen. Nachdem im Juni 2010 der Bauzaun auf Betreiben der städtischen Feuerwehr wieder entfernt worden sei, habe der Beklagte die streitgegenständliche Zufahrt mit einem festen Tor versehen. Dieses Tor sei seither während der Öffnungszeiten der Kfz-Zulassungsstelle ge­schlossen, werde nach Dienstende aber wieder für den Verkehr auf das Grundstück geöffnet. Dies stelle ein wettbewerbswidriges bzw. den Wett­bewerb zu Lasten der Klägerin beschränkendes Verhalten dar.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten zu unterlassen, den Zugang zu dem Grundstück N, S-Straße 5- 7 auf der Straßenseite gegenüber dem Grundstück S-Straße 13 während der Öffnungszeiten der auf dem Grundstück ansässigen Kfz-Zulassungsstelle der Stadt N für Besucher der Zulassungsstelle zu vereiteln, insbesondere indem die Zufahrt durch ein Tor geschlossen oder ein Bauzaun aufgestellt wird, so dass Zulassungsinteressenten an einem direkten Fußgän­gerverkehr zwischen Zulassungsstelle und dem in der S-Straße 13 ansässigen Schilderprägeunternehmen der Klägerin gehindert werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte weist daraufhin, dass, was unstreitig geblieben ist, das Grundstück jederzeit über die beiden anderen Zufahrten zugänglich ist. Die dritte, nämlich die mittlere, hier streitgegenständliche Zufahrt, sei für den Verkehr auf und von dem Grundstück eigentlich nicht erforderlich. Hintergrund der Errichtung des Tores sei, dass es dem Beklagten darum gegangen sei, Beeinträchtigungen des Grundstücks von außerhalb, etwa durch das Abstellen schrottreifer Pkw im Zusammenhang mit einem Ge­brauchtwagenhandel in der Nähe bzw. auch die Vermüllung des Grund­stücks durch Passanten zu unterbinden. Der Umstand, dass das Grund­stück ab 16.00 Uhr wieder geöffnet werde, hänge mit der Bitte eines wei­teren Mieters des Grundstücks, der eine Systemgastronomie betreibt, zu­sammen. Die vorherige Stellung des Bauzauns habe mit beabsichtigten Kanalisationsarbeiten zusammengehangen, die dann aber auf anderem Wege als durch Aufheben des Asphalts hätten durchgeführt werden kön­nen, weshalb auch die Entfernung des ohnehin nur provisorisch gedach­ten Bauzauns nicht auf Veranlassung der Feuerwehr geschehen wäre. Im Zusammenhang mit der Stellung des Bauzauns habe der Beklagte aber die positiven Nebeneffekte im Hinblick auf die Störungen durch rechtswid­riges Abstellen von Fahrzeugen etc. festgestellt, weshalb er sodann be­schlossen habe, die Zufahrt tagsüber dauerhaft zu schließen.

Im Hinblick auf das weitere wechselseitige Vorbringen wird auf die ge­wechselten Schriftsätze sowie auf die Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin kann vom Beklagten die begehrte Maßnahme unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verlangen. So kann die Klägerin den Abbau des Zauns insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt der §§ 20 Abs. 1, 33 GWB bzw. auch § 4 Nr. 10 UWG verlangen.

Dies folgt schon daraus, dass gemäß § 20 Abs. 1 GWB erforderlich wäre, dass ein marktbeherrschendes Unternehmen ein anderes Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigem Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, unmittelbar oder mittelbar unbillig behindern würde. Vorlie­gend ist festzuhalten, dass bereits nicht ersichtlich ist, inwiefern der Be­klagte vor Ort als "marktbeherrschendes Unternehmen" auftreten könnte. Insofern kann nur auf die Funktion des Beklagten als Gewerberaumvermieter abgestellt werden. Inwiefern er diese Stellung nutzt, um die Klägerin aus dem Markt zu drängen, ist weder vorgetragen, noch sonst wie ersichtlich, zumal es der Klägerin ohne weiteres möglich gewesen ist, in unmittelbarer Nähe zum begehrten Standort an einer Kfz-Zulassungsstelle ein Gewerbegrundstück zu mieten. Auf dem unmittelbaren Markt für Kfz-Schilder, also in unmittelbarer Konkurrenz zur Klägerin, ist der Beklagte hingegen überhaupt nicht tätig.

Zu einer anderen Bewertung führt auch der Vortrag der Klägerseite, der Beklagte übt als Eigentümer des Grundstücks die Verfügungsmacht über den Zugang zur behördlichen Zulassungsstelle aus und kanalisiere faktisch den Zugang für Schilderprägekunden auf die L. Dies könnte allein dann der Fall sein, wenn der Beklagte es in jeglicher Sicht verhindern würde, dass unmittelbar vom Grundstück, auf dem die Kfz-Zulassungsstelle betrieben wird, die Möglichkeit fußläufigen Erreichens des Beklagtengrundstücks verhindert würde. Dies ist aber gerade nicht der Fall, da unstreitig zwei weitere Zugänge des Beklagtengrundstücks existieren, auf dem sowohl die Kfz-Zulassungsstelle zu erreichen ist, als auch in umgekehrter Richtung ein Weg von der Kfz-Zulassungsstelle zum Beklagtengrundstück gegeben wäre.

Hinzu kommt, dass das Verhalten, selbst wenn ein solches im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB zu konstatieren wäre, jedenfalls sich als unbillig anzuse­hen ist, da sich der Beklagte auf sein Eigentumsrecht zurückziehen kann. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob tatsächlich Beeinträchtigungen durch Alt-Pkw oder Abfälle von Passanten vorgelegen haben, was zwi­schen den Parteien streitig ist. Es genügt, wenn aus Sicht des Beklagten solche Einschränkungen denkbar sind und er sie auf die geschilderte Art und Weise verhindern kann. Insofern liegt der Fall auch völlig anders als der Fall OLG Köln, 6 U 153/06, auf den die Klägerseite abzielt. Im dortigen Fall war die in Anspruch genommene Vermieterin nämlich eine Kommune, welche im Übrigen auch ihr Grundstück in einer derartigen Weise ver­schlossen hatte, dass ein unmittelbarer Zugang zum benachbarten Ge­werbegrundstück gar nicht mehr möglich war. Das OLG Köln hat dort da­rauf abgestellt, dass öffentlichrechtliche Gebietskörperschaften besonde­ren Pflichten unterworfen sind, weshalb die öffentliche Hand den ihr durch den Betrieb einer Kfz-Zulassungsstelle zufließenden Vorteil, Schilderprägern geeignete Gewerbeflächen zu überlassen, nicht derart ausnutzen darf, anderen Anbietern nicht auch Chancen einzuräumen. Eine solche Verpflichtung trifft den Beklagten als Privatmann aber gerade nicht. Viel­mehr ist er zunächst nicht daran gehindert, sein Eigentum im Sinne von § 903 BGB in einer Art und Weise zu gebrauchen, die ihm den größten Nut­zen bringt. Selbst im Fall des OLG Köln hat der Senat darauf hingewie­sen, dass auch die öffentliche Hand nicht gehalten ist, unter Zurückstel­lung ihrer eigenen berechtigten Interessen alles zu tun, um den Zugang zu einem nicht auf dem eigenen Grundstück angesiedelten Schilderprägeunternehmen so komfortabel wie nur möglich zu machen. Auch hier hat der Senat eigene Belange der Kommune als berücksichtigungsfähig erachtet. Umso mehr ist zum einen im vorliegenden Fall die durch den Beklagten vorgetragenen Aspekt zu berücksichtigen, insbesondere ist aber zum anderen zu berücksichtigen, dass, wie bereits oben festgestellt, weitere Zugangsmöglichkeiten zum Grundstück der Klägerin vorhanden sind, was im Fall des OLG Köln eben gerade nicht der Fall war. Vor die­sem Hintergrund scheiden ungeachtet aller weiteren durch die Klägerseite ins Feld geführten Aspekte ein entsprechender Anspruch aus wettbewerbs- bzw. kartellrechtlichen gegen die Beklagte aus. Da für den konkret geltend gemachten Anspruch, nämlich in die Beseitigung eines Tores auf dem Grundstück, auch kein kartellrechtlicher Anspruch gegen die unmittelbaren Mitbewerber zu sehen ist, kann ein Anspruch gegen den Beklagten auch nicht unter Zuhilfenahme des § 830 BGB konstruiert werden.

Aus den genannten Gründen besteht auch ein Anspruch aus § 823 bzw. § 1004 BGB in Verbindung mit § 823 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch den Beklagten zu Lasten der Klägerin nicht. Auch insoweit kann auf die oben skizzierte Argumentation des OLG Köln in der in Bezug genommenen Entscheidung verweisen werden.

Schließlich ist auch nicht ersichtlich, inwiefern eine Störhaftung des Be­klagten unter dem Gesichtspunkt der Fortsetzung eines pflichtwidrigen Unterlassens der Kommune bestehen könnte. Hier bleibt nicht nur der rechtliche, sondern auch letztlich der tatsächliche Ansatz der Klägerseite im Dunkeln.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbar findet ihre Grundlage in § 709 Satz 1 und 2 ZPO.






LG Dortmund:
Urteil v. 07.09.2011
Az: 10 O (Kart) 158/10


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