ArbG Essen:
Urteil vom 19. Dezember 2013
Aktenzeichen: 1 Ca 658/13

(ArbG Essen: Urteil v. 19.12.2013, Az.: 1 Ca 658/13)

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Der Streitwert wird auf 193.100.000 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem beendeten Geschäftsführerdienstverhältnis.

Die Klägerin gehört zum U.. Die U. hat ihre einzelnen Geschäftsbereiche unter anderen in Segmenten zusammengefasst. In den Jahren 1999-2000 waren die Bereiche" T." unter der Führung der U. in einem Segment zusammengefasst. In diesem Segment befand sich auch der operative Geschäftsbereich der H.. Im Jahre 2001 kam es zur Spaltung der Segmente: Die Führung des Teils "T." übernahm die U. T. AG, die des Teils "N." die U. N. AG, zu deren operativen Geschäftsbereich auch die H. gehörte. Im Jahre 2003 kam es zu einer erneuten Umgestaltung: Die U. N. AG sowie die U. Service AG wurden zur U. T. zusammengeführt.

Am 14.10.2003 wurde die U. H. (im folgenden U.) als 100-prozentige Tochter der seinerzeitigen U. H. H. gegründet. Im Oktober 2003 firmierte die Muttergesellschaft um in die V., später dann im Februar 2008 in die U. T.. Mit Wirkung zum 1.10.2009 wurde diese auf die U. N. J. - die Klägerin - verschmolzen. Des Weiteren wurde mit Wirkung zum 6.10.2009 die U. T. in die Klägerin verändert und in die Rechtsform der GmbH umgewandelt. Die Klägerin ist eine so genannte G. der U., der die Führung der so genannten C. N. Services zugewiesen ist.

Die U. hält an der Klägerin die mehrheitlichen Anteile. Es besteht ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Die Klägerin wiederum ist hundertprozentige Anteilseignerin der Klägerin. Der zwischen diesen Gesellschaften bestehende Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wurde mit Wirkung zum 30.9.2011 aufgehoben.

Die U. vertreibt neue und gebrauchte Obermaterialien wie Schienen, Schwellen und Weichen; dabei ist sie lediglich Beraterin und Handelspartnerin, produziert selbst jedoch keine Schienen. Beliefert werden sowohl die E. als auch private Unternehmen. Sie beschäftigt ca. 285 Mitarbeiter, wobei sie 10 regionale Verkaufsbüros in E. als Profitcenter betreibt. Jedes Büro betreut die Kunden aus dem räumlichen Einzugsgebiet; die Verkaufsbüroleiter sind mit hoher Entscheidungskompetenz ausgestattet. Die Schienen, die die U. vertreibt, werden bei der Firma U. (im Folgenden: U.) sowie zumindest bis zum Jahr 2008 in dem polnischen Schienenwerk I. gefertigt. Letzteres gehört zwischenzeitlich zu B..

Die Firma U. betreibt ein Schienenwerk in Duisburg. Ursprünglich gehörte die Firma zum U., wurde jedoch im Jahre 2001 an den w. Konzern verkauft.

Der Beklagte ist in verschiedenen Positionen seit dem 1.3.1999 innerhalb des U. Konzerns tätig. Er war im Hinblick auf die V. Mitglied der Geschäftsführung bis zur Verschmelzung auf die Klägerin im Oktober 2009. Seine Zuständigkeit bestand für die Bereiche Personal, Finanzen, Verwaltung, EDV/Organisationen und Controlling, ohne dass eine Geschäftsverteilung existierte. Mit Wirkung vom 10.1.2003 wurde er in das Führungsgremium der C. der U. N. AG aufgenommen. Kurzzeitig wurde er zum Vorstandsmitglied der U. T. sowie nach Umwandlung Mitglied der Geschäftsführung der Klägerin. Wegen der hier bestehenden Geschäftsordnung wird auf die Anlage K7 zur Klageschrift, Bl. 151 ff. d.A., Bezug genommen. Weiterhin wird Bezug genommen auf die "Grundsätze der Zusammenarbeit (Geschäftsordnung) für die Bereichsvorstände und die Geschäftsführungen der G. mit dem Vorstand der U. AG vom 28.10.2009, Anlage K1 zur Klageschrift (Bl. 112 ff. d.A.). Mit Wirkung zum 30.6.2011 legte der Beklagte die entsprechenden Ämter nieder.

Seit dem 14.10.2003 bis zum 17.11.2009 war der Beklagte darüber hinaus Geschäftsführer der U., auch hier zuständig für Personal, Finanzen, Verwaltung, EDV/Organisationen Controlling. Mitgeschäftsführer waren Herr I. und ab 2008 Herr Doktor N.. Herr C. war unter anderem für den Vertrieb zuständig. Eine Geschäftsverteilung existierte nicht.

Mit Wirkung zum 1.10.2009 schloss der Beklagte mit der U. einen Arbeitsvertrag; zeitgleich wurde der Dienstvertrag mit der Klägerin aufgehoben. Zudem wurde er zum Mitglied des Bereichsvorstandes der C. N. Service der U. ernannt. Hier blieb er zuständig für den Bereich H.. Auf den Arbeitsvertrag vom 9. September/26. September 2009 sowie das entsprechende Begleitschreiben vom 22.10.2009 wird Bezug genommen (Anlage K4 zur Klageschrift, Bl. 136 ff. der Akte). Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag vom 30.6.2011 beendet.

Das Bundeskartellamt sowie die Staatsanwaltschaft Bochum ermitteln gegen die U. wegen des Vorwurfs wettbewerbsbeschränkender Absprachen. Das Verfahren im Hinblick auf den Vertrieb von Schienen und anderen Oberbaumaterialien gegenüber der E. war anhängig unter dem Aktenzeichen B 12-11/11. Am 3.7.2012 erging ein zwischenzeitlich rechtskräftiger Bußgeldbescheid gegen die U., nach welchem diese ein Bußgeld i.H.v. 103.000.000 € zu zahlen hatte. Wegen des Inhaltes des Bußgeldbescheides wird auf die eingereichte Kopie, Anl. K2 zur Klageschrift (Bl. 119 ff. der Akte) Bezug genommen. Die Zahlung ist erfolgt. Weitere Verfahren vor dem Bundeskartellamt waren anhängig im Hinblick auf wettbewerbsbeschränkende Absprachen von Oberbaumaterialien im Schienen- und Gleisbereich den Privatmarkt betreffend unter den Aktenzeichen B 12-16/12 bzw. B 12-19/12. Mit Beschluss vom 18.7.2013 hat das Bundeskartellamt die Geldbuße für die U. hier auf 88.000.000 € festgesetzt. Auch dieser Bescheid ist rechtskräftig und die Buße bezahlt. Wegen des Inhaltes des Bußgeldbescheides wird auf die eingereichte Kopie, Anlage K 34 zum Schriftsatz vom 4.12.2013 (Bl. 928 ff. der Akten) Bezug genommen.

Das Bundeskartellamt begründet die Bußgeldbescheide sowohl mit horizontalen als auch mit vertikalen Absprachen zwischen Wettbewerbern. Es geht zum einen um Vereinbarungen zwischen der H. und dem Konzern w. im Zusammenhang mit dem Verkauf der U., zum anderen um Preis- und Quotenabsprachen zwischen Wettbewerbern und Händlern auf dem Privatmarkt sowie gegenüber der E..

Die U. gehörte ursprünglich zum U. und nach der Fusion mit dem L. 1998/1999 zum U. Konzern. Während die U. als Unternehmen der Schienenproduktion dem Konzernbereich der U. T. AG (im folgenden U.) unterstand, unterstand die H. der U. N. Service AG. Stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der U. N. Service AG sowie Vorsitzender der Geschäftsführung der U. H. (auch S.) war Herr R.. Nachdem Planungen im Hinblick auf eine Zusammenführung der Klägerin als Vertriebsgesellschaft mit der U. nicht weiterverfolgt wurden, kam es zum Verkauf der U. an den w. Konzern. Die Verhandlungen des Unternehmenskaufvertrages lagen in den Händen von U. sowie der U..

Nach Kauf der U. durch den w. Konzern wurde unter dem 12.7.2001/10.2001 ein Vertrag zwischen der U. und der U. geschlossen, der den Vertrieb der von der U. produzierten Erzeugnisse durch die U. regelte. Wegen des Inhaltes der Vereinbarung wird auf die eingereichte Kopie, Anlage K 15 zur Klageschrift, Bl. 181 ff. der Akten, Bezug genommen. Zum Verhandlungsteam gehörten auf Seiten des U.-Konzerns der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der U. N. T. und Vorsitzende der Geschäftsführung der U. H. R., der Beklagte sowie der bei der U. N. & Service beschäftigte Jurist Herr M.. Bis zumindest Oktober 2001 kam es zwischen den Vertragspartnern zu weiteren Gesprächen, die u.a. eventuelle kartellrechtliche Probleme wegen einer möglicherweisen marktbeherrschenden Stellung der w. nach dem Erwerb der U. sowie eines gegebenenfalls vor der EU anzustrebenden Freistellungsverfahren zum Inhalt hatten. Auf entsprechende Aktenvermerke des Beklagten, Bl. 193 ff., wird Bezug genommen. Unter dem 8.8.2001 verfasste der Beklagte einen Vermerk, der unter anderem noch offene Punkte den Vertriebsvertrag betreffend auflistete sowie die Abstimmung von Märkten/Kunden. Es wird auf die Kopie, Bl. 195 ff. der Akten, Bezug genommen. Unter dem 6. November 2001 verfasste der Beklagte des Weiteren einen Aktenvermerk "Zusammenarbeit zwischen U. und L. im Vertrieb von Schienen - Stand 18.10.2001", in der unter anderem festgehalten ist, dass eine " ... erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen U. und L. ... nur möglich [sei], wenn die Partner sich an folgende Verfahrensweisen halten:

1. U. wird seinen Vertrieb exklusiv über L. abwickeln. Bestehende Vertretungsverträge mit Dritten, z.B. für T. sind hiervon unberührt. Ausnahmen von der Exklusivität werden zwischen U. und L. abgestimmt. Die U. nutzt den Vertrieb der L., um die von W. angestrebte Zweimarkenstrategie im Markt umzusetzen.

2. L. wird neben den Schienen der U. auch bis zu 50.000 t Schienen pro Jahr weltweit aus der Produktion der I. vertreiben.…"

Wegen des weiteren Inhaltes dieses Vermerks wird auf die eingereichte Kopie, Bl. 190 ff. der Akten, Bezug genommen.

Ob sich aus diesen Unterlagen ergibt, dass U. und die U. H. entgegen dem Wortlaut des Vertriebsvertrages wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen getroffen und diese vom Beklagten vereinbart, zumindest aber nicht verhindert wurden, ist zwischen den Parteien streitig.

Der weitere Vorwurf des Bundeskartellamtes von wettbewerbsbeschränkenden Absprachen betrifft die Praktizierung eines Quoten- und Preiskartells im Bereich E. zumindest bis zum Jahr 2008, an welchem neben der H. bzw. ihrer Vorgängerin - der V. - die w. T. sowie die w. L. (W.), die U., die T. sowie die D. beteiligt waren. Die Wettbewerber haben jahrelang eine Quotenverteilung abgesprochen und praktiziert, welche seit dem Jahr 2001 grundsätzlich für die U. und die U. einen Anteil von 53 %, für die W.. einen Anteil von ca. 23 %, für die D. einen solchen i.H.v. 15 % und für S. einen solchen von ca. 9 % vorsah. Seitens der U. waren der ehemalige Geschäftsführer C. sowie der ehemalige Prokurist und Leiter des Verkaufsbüros C., Herr X., an diesen Absprachen aktiv beteiligt. Auf der Ebene des Privatmarktes bestanden ebenfalls Quoten- und Preisabsprachen. Hier waren neben der U. die W., die D., die Y., die T. sowie die G. beteiligt. Wegen der Durchführung und Praktizierung der Quotenabsprachen wird Bezug genommen auf den Schriftsatz der Klägerin vom 20.12.2012, S. 41 ff. (Bl. 47 ff. d.A.) und S. 54 ff. (Bl. 60 ff. der Akten) sowie auf den Schriftsatz vom 4.12.2013, S. 37 ff. (Bl. 834 ff. d.A.). Ob der Beklagte eine verantwortliche Rolle bei diesen Absprachen hatte bzw. von diesen wusste, ist zwischen den Parteien streitig.

Im Jahr 2008 brach das multilaterale Kartell die Belieferung der E. betreffend auseinander, weil der neue Eigentümer des Werks I. direkt an die E. lieferte. Seit diesem Zeitpunkt vertrieb die U. ausschließlich Schienen der U..

Im Jahr 2004 und 2006 kam es konzernintern zur Untersuchung von für eine D. relevanter Sachverhalte. Der bis zum 30.9.2004 als Chefsyndikus bei der U. beschäftigte Herr Doktor M. wurde Ende 2006 als externer Anwalt D. Officer und Ombudsmann bei der U.. Zur Untersuchung bediente er sich in Abstimmung mit der Konzernobergesellschaft der Kanzlei G., die nach Befragung abschließende Berichte erstellte. Die Berichte wurden an den zuständigen Leiter des D. der U., Herrn Doktor L., sowie den für die einzelnen Sparten verantwortlichen Vorständen der U. übermittelt, nicht jedoch den Vorständen in ihrer Gesamtheit.

Bei dem Audit 2004 fand am 18.8.2004 eine Unterredung mit dem Beklagten sowie Herrn C. in Anwesenheit von Herrn Doktor M. und 2 Mitarbeitern der Kanzlei G. statt. Wegen des Inhaltes wird Bezug genommen auf die eingereichte Kopie des erstellten Vermerks, Anlage B 42 zum Schriftsatz des Beklagten vom 30.10.2013 (Bl. 566 ff.). Eine weitere Unterredung fand am 26.11.2004 mit Herrn I. (Geschäftsbereichsleiter H. in der U. und vom 1.10.1999 bis 21.05.2001 Geschäftsführer der U.), Herrn C. sowie Herrn Doktor M. statt. Auch hier wird wegen des Inhaltes Bezug genommen auf die eingereichte Kopie des Vermerks, Anlage B 43 zum Schriftsatz des Beklagten vom 30.10.2013 (Bl. 571 ff. Akte).

Das Audit 2006 fand nach einem Gespräch des Vorstands der w. Bahnsysteme Herrn N. mit den Vorstandsmitgliedern der U. N. und Services, Herrn H. und Herrn L., statt, in welchem Herr N. von einer "Glättung des Marktes" gesprochen haben soll. Anlass war eine von der w. als "schwerer Vertrauensbruch" empfundene Suche der U. nach (weiteren) Lieferanten in China und Russland. Wegen des entsprechenden Vermerks des Vorstandsmitglieds der U. AG F., damals gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der U. N. AG, wird Bezug genommen auf die Anlage B44 zum Schriftsatz des Beklagten vom 30.10.2013 (Bl. 578 d.A.). Wegen des Inhalts des von der Kanzlei G. pp. gefertigten Vermerks über das innerhalb des Complianceverfahrens geführten Gesprächs mit Herrn Dr. M. nach dessen Gespräch mit dem Beklagten sowie Herrn C. wird Bezug genommen auf die eingereichte Kopie, Anlage B 46 zum Schriftsatz des Beklagten vom 30.10.2013, Bl. 581 ff. d.A..

Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte sei als seinerzeitiger Geschäftsführer verpflichtet, ihr die Schäden zu ersetzen, die ihr wegen der wettbewerbsbeschränkenden Vorgänge bei ihrer Tochtergesellschaft - der U. - entstanden sind und gegebenenfalls noch entstehen werden. Hierbei handele es sich insbesondere um von seinerzeitigen Vertragspartnern (z.B. E.) zu erwartende Schadensersatzforderungen, Reputationsschäden und Rechtsverfolgungskosten Weiterhin sei der Beklagte ihrer Tochtergesellschaft, der U., zum Ersatz der vom Bundeskartellamt festgesetzten Buße verpflichtet.

Im Wesentlichen begründet sie dies mit einem Verstoß des Beklagten sowohl gegen seine Legalitätspflicht als auch gegen seine Organisations- und Überwachungspflicht als Geschäftsführer der Klägerin bzw. ihrer Vorgängergesellschaft, der V. (im Folgenden V.). Dabei habe der Beklagte bis zur Ausgliederung der U. die Pflichtverletzungen als Geschäftsführer der V. zu verantworten, nach der Ausgliederung als Geschäftsführer der Muttergesellschaft der U. wegen der Unterlassung entsprechender Überwachung. Ein Anspruch ergebe sich auch aus dem Arbeitsvertrag des Beklagten mit der U. AG, der drittschützende Wirkung habe.

Der Verstoß gegen die Legalitätspflicht beziehe sich zum einen auf die durch das GmbHG, Satzung und Geschäftsordnung konkretisierten Ge- und Verbote; der Beklagte sei als Geschäftsführer verpflichtet gewesen, sämtliche Rechtsvorschriften zu beachten, die das Unternehmen als Rechtsobjekt im Außenverhältnis betreffen, einschließlich des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts. Insbesondere sieht die Klägerin in dem vom Beklagten verfassten Vermerk vom 6.11.2001 eine rechtswidrige, das Kartellrecht verletzende Nebenabrede zum Vertriebsvertrag, mit welcher die Exklusivität des Vertriebs der U. über die U. vereinbart worden sei. Dies habe zur Folge gehabt, dass diese und die w. 75 % des Schienenmarktes beherrschten, so dass ein Verstoß gegen § 1 GWB sowie § 298 StGB vorliege. Es wird ergänzend auf den Vortrag der Klägerin in ihrer Klageschrift, S. 74 ff., Bl. 80 ff. d.A., Bezug genommen. Durch die festgelegte Quote der aus der Produktion der I. von der U. zu vertreibenden Schienen sei der Wettbewerb noch darüber hinaus ausgeschaltet worden.

Der Beklagte habe als Geschäftsführer der U. von dem Kartellrechtsverstoß gewusst, jedenfalls davon wissen müssen. Durch den Vertrieb der von U. produzierten Schienen (auch) durch die U. sei der Eindruck vermittelt worden, verschiedene Handelsorganisationen würden Angebote abgeben. Aufgrund der Zusage des exklusiven Vertriebs durch die U. habe w. jedoch ihre Gleisbauprodukte lediglich über zwei Vertriebsorganisationen, die zueinander nicht im Wettbewerb standen, angeboten (Zweimarkenstrategie). Hiervon habe der Beklagte nicht nur gewusst, sondern dieses Vorgehen sei bereits 2001 beabsichtigt gewesen. Aus den vom Beklagten gefertigten Aktenvermerken gehe eindeutig hervor, dass das Verhandlungsteam 2001 Kenntnis davon gehabt habe, dass ein exklusiver Vertrag ohne Freistellungsverfahren kartellrechtlich problematisch sein würde. In dem Vermerk vom 11.7.2011 habe der Beklagte selbst die kartellrechtliche Empfehlung aufgenommen. Ergänzend wird auf den Vortrag der Klägerin in dem Schriftsatz vom 4.12.2013, Seite 14 ff., Bl. 811 ff., Bezug genommen. Dennoch sei die von der Klägerin als "sideletter" bezeichnete Nebenabrede mit der U. getroffen worden; den Vermerk habe der Beklagte in seinem Safe aufbewahrt und durch ein "Addendum 1" zum Vertriebsvertrag vom 16. Januar 2008 bestätigt. Auf das Addendum - in Kopie als Anlage K 36 (Bl. 955 ff. d.A.) eingereicht - wird Bezug genommen.

Die Zweimarkenstrategie sei anlässlich eines Treffens vom 26. bis 28.11.2001 im Hotel "T." Duisburg abgestimmt worden. An diesem Treffen hätten neben dem Beklagten und Herrn C. der Vertrieb der V. sowie die Geschäftsführung und der Vertrieb der W., der W. und der U. teilgenommen. Die Zweimarkenstrategie habe jedoch zu einem Wettbewerb zwischen den Handelshäusern geführt. Da dies die w. vermeiden wollte, sei es zwecks Konfliktlösung zu weiteren Treffen am 7.3.2002 in X. sowie am 9.10.2002 gekommen. Es wird ergänzend auf den Vortrag der Klägerin aus ihrer Klageschrift Seite 52 ff. (Bl. 58 ff. der Akten) Bezug genommen.

Der Beklagte habe damit vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft in Kenntnis des kartellrechtlichen Verbotes gehandelt. Zumindest ergebe sich diesbezüglich ein Anscheinsbeweis aufgrund des vom Bundeskartellamt ergangenen Bußgeldbescheides.

Die Klägerin behauptet ferner, auch wenn die Quotenabsprachen (horizontale Vereinbarung) zwischen den Wettbewerbern von dem Geschäftsführer C. sowie verschiedenen regionalen Verkaufsleitern - insbesondere Herrn X. - umgesetzt worden seien, habe der Beklagte hiervon gewusst. Hierzu trägt sie im Wesentlichen folgendes vor:

Am 31.8.2004 sei es im Büro des Beklagten zu einem Treffen zwischen dem Geschäftsführer C., dem Beklagten, Herrn X. sowie dem Vorstand der U. T., Herrn R., gekommen. Die Kartellabsprachen bei der H. seien thematisiert worden. Der Beklagte habe angewiesen, diese einzustellen, nach Diskussion über die in diesem Fall sehr viel schlechtere Ertragslage sei jedoch entschieden worden, mit den Absprachen fortzufahren. Dem sei der Beklagte dann nicht mehr entgegengetreten. Ergänzend wird Bezug genommen auf den Vortrag aus der Klageschrift, S. 60 ff. (Bl. 66 ff. d.A.) sowie auf den Schriftsatz vom 4.12.2013, Seite 29 (Bl. 826 ff. d.A.).

Während einer Zugfahrt mit dem Geschäftsführer C. im August 2004 habe dieser gegenüber dem Beklagten die wettbewerbsbeschränkenden Absprachen und deren mögliche Beendigung thematisiert. Auch hier wird ergänzend auf den Vortrag der Klägerin aus der Klageschrift, Seite 59 ff. (Bl. 65 ff. der Akte), auf die Anlage K 31, auf den Schriftsatz vom 4.12.2013, Seite 27 ff. (Bl. 824 ff. d. A.).

Zu Diskussionen über wettbewerbsbeschränkende Absprachen insbesondere seitens der Lieferanten sei es auch anlässlich der sogenannten Oberbautagungen gekommen. Diese hätten jährlich im Beisein der Verkaufsleiter sowie Geschäftsführer der U. stattgefunden. Obwohl die Verkaufsleiter etwa bei der Oberbautagung vom 6. - 8. April 2005 über Folgen der Aufdeckung des Kartells bzw. über weitere Sachverhalte, die auf eine Beteiligung der U. an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen hätten schließen lassen können, diskutiert hätten, habe der Beklagte nicht reagiert. Weitere Oberbautagungen hätten beispielsweise vom 11.-12. April 2002, am 15. November 2002, vom 2. - 4. April 2003, vom 21. April - 23. April 2004 sowie vom 27. April - 28. April.2006 stattgefunden. Es wird ergänzend auf den Vortrag der Klägerin aus der Klageschrift, Seite 61 ff. (Bl. 67 ff. der Akte) sowie aus dem Schriftsatz vom 4.12.2013, Seite 31 ff. (Bl. 828 ff. der Akten) Bezug genommen.

Der Beklagte habe auch in seiner Eigenschaft als für den Einkauf zuständiger Geschäftsführer von Unregelmäßigkeiten Kenntnis haben können, da zur Durchführung der verschiedenen Absprachen "neutrale" abhörsichere Handys angeschafft worden seien, deren Kosten bis zum Jahr 2011 die U. übernommen habe. Während die Klägerin in ihrer Klageschrift dargelegt hat, Herr C. habe den Beklagten zur Freigabe der Anschaffung und Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung veranlasst, indem er mitgeteilt habe, die Telefone seien für einen Kunden auf einer Baustelle in C. bestimmt (Seite 58 ff., Bl. 64 ff. der Akte), behauptet sie mit Schriftsatz vom 4.12.2013 (Seite 24 ff., Bl. 821 ff. der Akten), der Beklagte habe die Anschaffung abhörsicherer Handys angeordnet, weil er die Aufdeckung der Absprachen mit den Wettbewerbern im Hinblick auf das E. - Schienengeschäft befürchtet habe.

Auch ohne eine - nach Auffassung der Klägerin bestehende - Kenntnis über kartellrechtswidrige Absprachen sei ihm vorzuwerfen, dass er die als Geschäftsführer sowohl der Klägerin als auch der U. obliegenden Aufsichts- und Kontrollmaßnahmen nicht durchgeführt habe, wobei eine gesteigerte Aufsichtspflicht bestanden habe. Dies ergebe sich daraus, dass die einzelnen Niederlassungen der U. einen hohen Grad der wirtschaftlichen und organisatorischen Selbstständigkeit hätten. Die nicht unerhebliche Anzahl an Verkaufsbüros erschwere eine zentrale Kontrolle. Es habe sich um einen speziellen Markt mit bekannten Teilnehmern gehandelt, weshalb das Risiko von Unregelmäßigkeiten bestanden habe, zumal der Beklagte aus den Verhandlungen zum Vertriebsvertrag von kartellrechtlichen Problemen wusste sowie von jahrelang gleich bleibenden Quoten beim Vertrieb. Der Beklagte hätte deshalb in Erfahrung bringen müssen, ob wettbewerbsbeschränkende Absprachen nur ein Einzelfall oder ein strukturelles Problem waren. Darüber hinaus hätte er etwa durch Stichproben oder systematische Vertragsdokumentation Mitarbeiter überprüfen und zu rechtlichen Anforderungen des Kartellrechts aufklären müssen. Es habe an einem Überwachungssystem in den von der Beklagten geführten Gesellschaften gefehlt. Eine Überwachung der Tochtergesellschaft der Klägerin habe er unterlassen.

Der Beklagte könne sich auch nicht darauf zurückziehen, dass der weitere Geschäftsführer der U., Herr C., für die Quotenabsprachen verantwortlich gewesen sei. Zwischen Geschäftsführern bestehe eine Gesamtverantwortung. Auch wenn der Mitgeschäftsführer D. Manager der U. gewesen sei, habe der Beklagte diesen überprüfen müssen.

Der Beklagte habe auch nicht auf den fachlichen Rat der Juristen - insbesondere im Zusammenhang mit den durchgeführten Audits in den Jahren 2003 und 2006 - vertrauen dürfen. Denn hier habe der Beklagte es rechtswidrig unterlassen, den beratenden Juristen sowie den D. Managern den gesamten Sachverhalt mitzuteilen, insbesondere die Nebenabrede zum Vertriebsvertrag.

Ein Mitverschulden der Klägerin bestehe bereits deshalb nicht, weil sie nur aufgrund ihrer Organe - und damit durch den Beklagten und seinen Mitgeschäftsführer C. - handeln könne. Das Mitverschulden des Geschäftsführers C. sei lediglich im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs zu berücksichtigen.

Die Kausalität der dem Beklagten vorgeworfenen Pflichtverletzungen ergebe sich zum einen, weil bei rechtzeitiger Weitergabe der "Absprache-Systeme" diese hätten unterbunden, zumindest noch bis zum Jahre 2011 ein sogenannter "Bonus-Antrag" gegenüber dem Bundeskartellamt gestellt werden können. Insbesondere eine Information des Beklagten im Jahr 2009, in welchem er Mitglied des Bereichsvorstands geworden sei, hätte aufgrund der "Zero-Tolerance" Politik zu einer Aufklärung und Einstellung der Kartellabsprachen geführt.

Der Schaden der Klägerin liege in einer Entwertung der Gesellschaftsanteile an der Tochter U.. Dies habe durch Restitution oder Kompensation bei der Tochtergesellschaft zu geschehen. Insofern könne die Klägerin die Zahlung der von der U. gezahlten Bußgelder an diese als Schadenersatz fordern. Weitere Schäden der Klägerin bestünden in Aufklärungs- und Rechtsverfolgungskosten, zu erwartende Schadenersatzforderungen Dritter, Reputationsschäden, die nicht abschließende bezifferbar seien, die aber den Wert der Beteiligung weiter mindern könnten. Auch bei der Klägerin selbst sei mit weiteren Schäden - etwa Rechtsverfolgungskosten und Reputationsschäden - zu rechnen.

Einen Vorteilsausgleich könne der Beklagte der Klägerin nicht entgegenhalten. Der Schadensersatzanspruch gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG bezwecke nicht allein die Kompensation des Schadens, sondern wolle auch präventiv Gesetzesverstößen entgegenwirken. Dieser Zweck würde fehlgehen, wenn bei Gesetzesverstößen von Organmitgliedern eine Vorteilsanrechnung möglich wäre. Es wird ergänzend auf den Schriftsatz der Klägerin vom 4.12.2013, Seite 106 ff. (874 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Aufhebungsvertrag des Beklagten mit der U. AG vom 30.6.2011 stehe dem Schadensersatzanspruch nicht entgegen. Ein widersprüchliches Verhalten der Klägerin sei nicht feststellbar. Es sei ausdrücklich lediglich eine einseitige Ausschlussklausel aufgenommen worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Untersuchung der Vorfälle gerade 6 Wochen angedauert.

Schadensersatzansprüche seien auch nicht verjährt. Zum einen seien die Bußgeldbescheide erst in den Jahren 2012 bzw. 2013 erlassen worden. Unabhängig davon könne die Verjährung frühestens im Kalenderjahr 2011 beginnen, in welchem Staatsanwaltschaft und Bundeskartellamt Ermittlungen aufgenommen hätten. Darüber hinaus handele es sich vorliegend um einen einheitlichen Tatplan, der seit 2001 bis zum Jahr 2011 fortgeschrieben worden sei.

Eine gültige E. Versicherung im Umfang von 300 Millionen € bestehe.

Die Klägerin beantragt zuletzt mit Ihrem am 4.12.2013 eingegangenen Schriftsatz:

1.Der Beklagte wird verurteilt, an die U. H. einen Betrag i.H.v. 103.000.000 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2.Der Beklagte wird verurteilt, an die U. H. einen Betrag i.H.v. 88.000.000 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3.Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sowie der U. H. jeden Schaden, der über das mit Bußgeldbescheid vom 3.7.2012 (Aktenzeichen: B 12 - KB - 11 / 11- U 02) durch das Bundeskartellamt verhängte Bußgeld i.H.v. 103.000.000 € sowie über das mit Bußgeldbescheid vom 18.7.2013 (Aktenzeichen B 12-Ki-16 / 12-U 05, B 12-KI-19 / 12 - U 02) durch das Bundeskartellamt verhängte Bußgeld i.H.v. 88.000.000 € hinausgeht, zu ersetzen, der ihr im Zusammenhang mit dem Verfahrensgegenstand der beim Bundeskartellamt unter den Aktenzeichen B 12-11 / 11, B 12-12 / 12, B 12-16 / 12 und B 12-19 / 12 und/oder bei der Staatsanwaltschaft Bochum unter dem Az. 48 wird es 3 / 11 geführten Verfahren deshalb entstanden ist, weil der Beklagte

-erstmals im Oktober 2001 die Nebenabreden zum Vertriebsvertrag mit der U. U. vereinbarte und/oder diese mit seiner Kenntnis und/oder unter seiner Beteiligung bis zum Jahr 2011 fortgeführt wurde und/oder

-sich an der Vereinbarung der "Zweimarkenstrategie" anlässlich des Treffens mit Vertretern der w. sowie der U. U. vom 26. - 28.11.2001 im Hotel "T." in Duisburg und/oder deren Fortführung beteiligte und/oder

-sich an der Zuweisung von Kunden anlässlich des Treffens mit Vertretern der w. sowie der U. U. vom 26. - 28.11.2001 im Hotel "T." in Duisburg beteiligte und/oder

-sich eine Anschaffung der "neutralen Handys", die der Verschleierung der Kommunikation unter den Kartellanten dienten, im Jahr 2002 beteiligte und/oder

-sich an dem "Weitermachen - Gespräch" im August 2004 in F. mit den Herren I., S. R. und E. X. beteiligte

-in den Jahren 2001-2011 Aufsichtsmaßnahmen, bestehend aus

€der Unterrichtung der Arbeitnehmer der U. H. H. und der U. H. zu den Kartellrechts -/Strafrechtsnormen zum Schutz des freien Wettbewerbs und den aus diesen abgeleiteten Verhaltenspflichten,

€einer sorgfältigen Überwachung und Kontrolle der Arbeitnehmer und Organe der U. H. H. und der U. H.,

€einer sachgerechten Organisation und Aufgabenverteilung bei der U. H. H. und der U. H.,

€einer Aufklärung, Beseitigung und Verhinderung der Verstöße gegen Kartellrechts -/Strafrechtsnormen zum Schutz des freien Wettbewerbs,

€Androhung und Vollzug von Sanktionen gegen an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen beteiligten Arbeitnehmern der U. H. H. und der U. H.

€sowie die Meldung der dem Beklagten zur Kenntnis gelangten Sachverhalte, die Kartellrechtsverstöße vermuten ließen und/oder belegten eine Gesellschafterversammlung der U. H. H., der U. H., der U. T. und/oder der U. N. J. ebenso wie die Meldung an die Geschäftsführer, Vorstände und/oder Aufsichtsräte der U. H. H., der U. T., der U. N. J., der U. und/oder an die Rechts - und/oder D. Abteilung des U.s

unterlassen hat, obwohl diese erforderlich und geeignet waren bei der U. H. und der U. H. zu verhindern, dass deren Organe und/oder Arbeitnehmer beim Vertrieb von Oberbaumaterialien an die E., mit dieser verbundene Unternehmen und/oder an Privatkunden (nachfolgend einheitlich Kundenunternehmen) im Hinblick auf eine oder mehrere Anfragen oder Ausschreibungen eines oder mehrerer Kundenunternehmen im Zeitraum von einschließlich 2001 - einschließlich 2011 vereinbart, abgestimmt oder geschlossen haben,

ozu welchem Preis eines oder mehrerer Wettbewerber Unternehmen (einschließlich der U. H. H. und der U. H.) ein Angebot an eines oder mehrerer Kundenunternehmen abgeben wird und/oder

omit welcher Quote [Mengen- oder Verhältniszahl (oder deren jeweilige sinngemäß Umschreibung) bezogen auf den Gesamtleistungsbedarf, den Gesamtleistungsumfang oder den Gesamtpreis oder jeweils bezogen auf Teile hiervon] eines oder mehrerer der Wettbewerberunternehmen (einschließlich der U. H. H. und U. H.) eine Anfrage oder Ausschreibung eines oder mehrerer Kundenunternehmen beteiligt wird und/oder

owelches der Wettbewerberunternehmen (einschließlich der U. H. H. und U. H.) für welches Gebiet und/oder für welches Kundenunternehmen alleine oder zusammen (auch im Wege der Unterbeteiligung) mit einem oder mehreren Wettbewerberunternehmen ausschließlicher Vertragspartner des Kundenunternehmen für ein bestimmten oder unbestimmten Zeitraum sein sollte und/oder

oob im Verhältnis zwischen der U. H. H. bzw. der U. H. und der w. L. die U. H. bzw. die U. H. oder die w. L. Vertragspartner eines oder mehrerer Anfragen der oder ausschreibende Kundenunternehmen werden sollte.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bestreitet gegen Legalitätspflichten bzw. Aufsichts- und Obhutspflichten verstoßen zu haben. Zumindest fehle es an dem erforderlichen Verschulden bzw. es liege ein Mitverschulden verantwortlicher Personen der Klägerin sowie der U. H. bzw. der U. AG vor. Ein Schaden sei nicht substantiiert dargelegt. Letztlich beruft sich der Beklagte auf ein widersprüchliches Verhalten der Klägerin und ihrer Tochtergesellschaft sowie Verjährungsvorschriften. Im Wesentlichen trägt der Beklagte hierzu folgendes vor:

Eine Pflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Abschluss bzw. der Durchführung des Vertriebsvertrags bestehe nicht.

Im Zuge der Verhandlungen über den Vertriebsvertrag seien dem Beklagten keine schuldhaften Pflichtverletzungen vorzuwerfen. Die kartellrechtliche Problematik insbesondere im Hinblick auf ein erforderliches Freistellungsverfahren sei zwar bekannt gewesen: Der Beklagte sei hierauf von dem zuständigen Juristen der U., Herrn M., am 28.6.2001 hingewiesen worden (Bl. 477 d.A.), am 9.7.2001 habe es diesbezüglich ein Gespräch gegeben (Bl. 479 d.A.). Der für Schienen zuständige Vorstand der w. C. (im Folgenden w.) - Herr N. - habe jedoch am 11.7.2001 ein Freistellungsverfahren als zu aufwändig abgelehnt und mitgeteilt, dass ohne Klärung des Vertriebsvertrages der Kaufvertrag mit der U. gefährdet sei. Letztendlich habe der Beklagte also zur rechtlichen Klärung evtl. Verstöße gegen das Kartellrecht alle notwendigen Schritte durch Prüfung der Konzernjuristen in die Wege geleitet; verantwortlich für ein Fusionskontrollverfahren in Sachen Erwerb der U. sei aber nicht die H., sondern die Käuferin - die w. - gewesen.

Entsprechend der Gespräche habe der unter dem 12.7.2001 abgeschlossene Vertriebsvertrag keine Regelung zur Exklusivität enthalten. Dieser sei im Übrigen auch durch die verantwortlichen Herren R. und M. in Abwesenheit des Beklagten geschlossen worden. Entsprechend habe der Beklagte in einer Notiz vom 8.8.2001 festgestellt, dass keine Exklusivität beiderseits bestehe. Auf den Vermerk, Anlage B 17 zum Schriftsatz des Beklagten vom 30.10.2013 (Blatt 516 ff. der Akten) wird Bezug genommen.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Notiz vom 6.11.2001; diese stelle entgegen der Ansicht der Klägerin insbesondere keine Nebenabrede zur Vertriebsvereinbarung dar. Mit der Notiz seien lediglich die Wünsche der w. aus einem Gespräch vom 10.10.2001 festgehalten worden, bei dem auf Seiten des U.-Konzerns neben dem Beklagten die Herren R. und C. anwesend gewesen seien. Zwischen ihnen sei von vornherein klar gewesen, dass es keinen Anlass gebe, auf diese Punkte einzugehen, zumal der Vertriebsvertrag zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen sei. In der Praxis seien die in der Notiz aufgeführten Punkte auch nicht gelebt worden. Insoweit verweist der Beklagte beispielhaft auf Gespräche der U. H. mit einer russischen Unternehmensdelegation in den Jahren 2001 und 2002 (Bl. 519 f. d.A.), dem Antrag der U. bei der E. auf Präqualifizierung (Bl. 332 der Akte) sowie diversen Auseinandersetzungen zwischen den Vertragsparteien über die künftige Zusammenarbeit etwa auch im Jahr 2005 (Bl. 348 ff. d.A.).

Nach Ansicht des Beklagten würde eine Vereinbarung entsprechend der Notiz vom 6.11.2001 auch keine Grundlage für etwaige multilaterale Kartellabsprachen darstellen, sondern beträfe allein das Verhältnis U. zur U. H.. Ergänzend wird auf den Vortrag des Beklagten aus dem Schriftsatz vom 30.10.2013, S. 10 ff. (Bl. 347 ff. d.A.) Bezug genommen.

Unstreitig habe der Beklagte sich nicht aktiv an Kartellabsprachen beteiligt. Er habe auch keine Kenntnis von rechtswidrigen Quotenabsprachen gehabt. Die mit Wettbewerbern getroffenen Absprachen seien ohne seine Beteiligung zustande gekommen; er sei in das operative Geschäft nicht involviert gewesen.

In diesem Zusammenhang weist der Beklagte auch darauf hin, dass Quotenabsprachen mit der E. nicht unüblich gewesen seien: Auch der bis Ende 2001 geltende Rahmenvertrag mit der E. habe solche vorgesehen. Der Vorstand der Muttergesellschaft der U. H. habe von Quotenabsprachen die E. betreffend Kenntnis gehabt bzw. haben müssen. Der faktische Leiter der H. sei das Vorstandsmitglied R. gewesen. Bis zum Jahre 2003 sei dieser stellvertretender Vorsitzender des Vorstands U. gewesen, aufgrund einer Verurteilung wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr jedoch im Vorstand in einen anderen Verantwortungsbereich gewechselt und durch den Beklagten in der Geschäftsführung der Klägerin ersetzt worden. Mit Kenntnis des Vorstandsvorsitzenden F. habe Herr R. aber bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2008 faktisch die Gleisgeschäfte verantwortet. Es wird ergänzend auf den Vortrag des Beklagten aus seinem Schriftsatz vom 30.10.2013, S. 15 ff. (Bl. 352 ff. d.A.) Bezug genommen.

Quotenabsprachen auf dem Privatmarkt seien dem Beklagten erst im Zuge seines Ausscheidens bei der U. AG mitgeteilt worden. Nicht er, sondern der Geschäftsführer der U. H. H. C. habe die Verkaufsbüros geführt, denen aufgrund ihrer dezentralen Vertriebsstruktur eine große Entscheidungskompetenz zugekommen sei. Entgegen der Ansicht der Klägerin habe er von den Quotenabsprachen auch keine Kenntnis haben müssen.

Dass die im Jahre 2002 auf Bitten von Herrn C. angeschafften Handys multilateralen Preisabsprachen dienen sollten, sei ihm nicht mitgeteilt worden. Dass er insoweit keinen Verdacht hegte, zeige sich auch darin, dass er die Belege mit Gesprächsnachweisen in der Buchhaltung hat ablegen lassen.

Während einer gemeinsamen Zugfahrt mit Herrn C. am 30.8.2004 sei nicht über wettbewerbsbeschränkende Absprachen und deren möglichen Beendigung gesprochen worden. Auf den weiteren Vortrag des Beklagten aus dem Schriftsatz vom 30. Oktober 2013, Seite 22 (Bl. 359 f. der Akte) wird ergänzend Bezug genommen.

Auch bei einem Gespräch vom 31.8.2004 sei nicht eine Einigung dahingehend erzielt worden, die Beteiligung an den kartellrechtswidrigen Absprachen solle fortgesetzt werden. Insoweit seien die Aussagen der an dem Gespräch Beteiligten Herren C., X. und R. widersprüchlich. Der Beklagte verweist insoweit auch auf die Aussage des Herrn R., dass Quotenabsprachen der Werke schon immer bestanden hätten, die Klägerin als Handelsunternehmen hierin jedoch nicht verwickelt gewesen sei.

Der Beklagte habe - allerdings vielfach auch nur zeitweise - zwar an Oberbautagungen teilgenommen. Leiter sei bis September 2008 jedoch Herr R. gewesen. Insbesondere bei der Tagung im April 2005 hätten sich aus Fragen der Teilnehmer keine konkreten Verdachtsmomente auf Kartellverstöße gegeben; im Gegenteil habe der Beklagte anlässlich seines Vortrags zum D. Programm des Konzerns die "notolerance"-Position herausgehoben.

Ein Verschulden bestehe seitens des Beklagten nicht. Jedenfalls bestehe ein erhebliches Mitverschulden von Verantwortlichen im U.-Konzern. Kartellverstöße seien auf eine mangelhafte Organisation zurückzuführen. Die U. H. und ihre Obergesellschaften hätten Rechtsverletzungen zumindest durch eine unzureichende Innenorganisation gefördert. Schulungen zur D. seien nicht ausreichend gewesen. Darüber hinaus hätten Vorstandsmitglieder der U. AG, so etwa der Vorstandsvorsitzende F., abgelehnt, über bestimmte Sachverhalte näher informiert zu werden. Herr F. sowie die für die H. im Vorstand der U. zuständigen Herren H. und L. hätten nicht nur aufgrund der in den Jahren 2004 und 2006 durchgeführten Audits, sondern auch aus Informationen durch das Vorstandsmitglied von w. N. am 6.12.2005 sowie 19.12.2005 Kenntnis von kartellrechtswidrigen Handlungen haben können und müssen. Vor allem habe aber das faktisch zuständige Vorstandsmitglied Herr R. auch nach dem Vortrag der Klägerin von allen Vorgängen Kenntnis gehabt. Auf den weiteren Vortrag des Beklagten auf S. 27 ff. seines Schriftsatzes vom 30.10.2013, Bl. 364 ff. d.A., wird Bezug genommen.

Insbesondere die kartellrechtlichen Audits in den Jahren 2004 und 2006 hätten der Klägerin sowie auch deren Muttergesellschaft in gleicher Weise wie dem Beklagten Kenntnisse von möglichen Kartellrechtsverstößen vermitteln können. Der Beklagte habe hier auch kein Sonderwissen zurückgehalten, indem er über die Notiz vom 6.11.2011 nicht informiert habe, da es sich lediglich um ein (internes) Papier handelte, mit welchen die Wünsche der U. für die künftige Zusammenarbeit festgehalten worden seien. Ergänzend wird auf den Vortrag des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 30.10.2013, Seite 28 ff. der Akte (Bl. 365 ff. der Akte) Bezug genommen.

Zu dem Audit im Jahre 2006 sei es gekommen, weil in einem Gespräch im Dezember 2005, an welchen die für die H. zuständigen Vorstandsmitglieder der U. H. (bis 31.12.2005) und L. (ab 1.1.2006) teilnahmen, seitens der w. von "Marktberuhigung" und" Marktglättung" gesprochen worden sei. Hiervon seien sowohl der D.-Officer Doktor M. sowie der Vorstand unterrichtet worden. Der Beklagte habe dann in dem Audit darüber informiert, dass die Durchführung des Vertriebsvertrags als Eigenhändlervertrag näher überprüft werden müsse. Er habe sich darauf verlassen, dass dies auch geschehe, zumal er davon ausgegangen sei, dass die hinzugezogene auf Kartellrecht spezialisierte Kanzlei gerade damit beauftragt worden sei, jedwedes Risiko vor dem Hintergrund etwaiger Kartellrechtsverstöße zu minimieren. Der Beklagte weist darauf hin, dass ihm die Vermerke der D. Audit nicht vorgelegt worden seien. Ergänzend wird Bezug genommen auf den Vortrag des Beklagten aus einem Schriftsatz vom 30.10.2013, Seite 31 ff. (Bl. 368 ff. der Akte).

Eine Verletzung der Überwachungspflichten gegenüber der Tochtergesellschaft U. H. bestreitet der Beklagte. Er verweist zunächst auf die Konzernvorgaben, insbesondere die Geschäftsordnung "Grundsätze der Zusammenarbeit". Danach unterlägen die Geschäftsführer der Einzelgesellschaften einem umfassenden Weisungsrecht und hätten zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf die D. und die vom Konzern zur Verfügung gestellten Bereiche zurückgreifen müssen. Hier sei gerade ein Compliancesystem geschaffen, welches auch die Untersuchungen im Jahr 2004 und 2006 durchgeführt habe. Hierauf habe sich der Beklagte verlassen dürfen. Jedenfalls ergebe sich hieraus ein erhebliches Mitverschulden der Klägerin und ihrer Muttergesellschaft.

Der Beklagte bestreitet einen Reputationsschaden der Klägerin. Der U. sei mit diversen Bußgeldverfahren wegen kartellrechtswidrigen Verhaltens belastet, so dass es hier bereits an der erforderlichen Kausalität fehle. Das so genannte Schienenkartell sei darüber hinaus seit 2 Jahren bekannt, so dass ein Schaden bezifferbar sein müsste.

Die vom Kartellamt verhängte Buße könne die Klägerin gegenüber dem Beklagten nicht im Wege des Schadensersatzanspruches geltend machen, da es sich um eine höchstpersönliche Sanktion handle. Darüber hinaus ergebe sich der mangelnde Schutzzweck für die Ersatzfähigkeit schon daraus, dass die Ermittlung des Bußgeldrahmens von natürlichen und juristischen Personen anhand unterschiedlicher Bemessungsgrundlagen erfolge. Die Weitergabe eines sich am Gesamtumsatz orientierenden Buße gegenüber einer juristischen Person an eine natürliche Person sei deshalb unverhältnismäßig. Insoweit wird auf den Vortrag des Beklagten aus dem Schriftsatz vom 30.10.2013, Seite 67 ff., Bl. 404 ff. d.A. Bezug genommen. Im Übrigen handele es sich bei den verhängten Bußgeldern der Klägerin gegenüber um einen nicht erstattungsfähigen Reflexschaden.

Weiterhin beruft sich der Beklagte auf einen Vorteilsausgleich; auch hier wird Bezug genommen auf seinen Vortrag aus besagten Schriftsatz, Seite 70 ff. (Bl. 407 ff. der Akte).

Nach Auffassung des Beklagten liegt ein widersprüchliches Verhalten der Klägerin vor, wenn zum einen mit dem Beklagten ein Aufhebungsvertrag geschlossen werde, nach welchem der Beklagte gegen Zahlung einer Abfindung sowie Übernahme der "politischen Verantwortung" seine Ämter niedergelegt habe, diesen Vertrag die Konzernobergesellschaft der Klägerin in Kenntnis der jetzt dem Beklagten vorgeworfenen Sachverhalte geschlossen habe und nunmehr Schadensersatzansprüche geltend gemacht würden, zumal der Beklagte bei der Aufklärung des Sachverhaltes sowohl gegenüber der Personalabteilung der Konzernobergesellschaft als auch gegenüber dem Kartellamts bereit gewesen sei.

Einen Verjährungsverzicht habe der Beklagte nur für solche Ansprüche abgegeben, die nicht bereits zum 18.12.2011 verjährt gewesen seien.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

A.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der von dem Bundeskartellamt verhängten Bußen in Höhe von 103.000.000 € bzw. 88.000.000 € an die U. H. Gleisbau GmbH gem. § 43 Abs. 2 GmbHG.

Dabei konnte dahinstehen, ob der Beklagte überhaupt vorwerfbar seine Pflichten als Geschäftsführer der Klägerin verletzt hat, weil er - wie die Klägerin meint - seinen Legalitäts- und Aufsichtspflichten gegenüber der Tochtergesellschaft U. nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Jedenfalls ist ein Schaden der Klägerin wegen der Entwertung ihrer Gesellschaftsanteile in Höhe der vom Bundeskartellamt gegenüber der U. festgesetzten Bußen von 103.000.000 € und 88.000.000 € nicht substantiiert dargelegt.

Zwar ist anerkannt, dass ein Gesellschafter einer GmbH den Ausgleich eines mittelbaren Schadens, der in der Minderung seiner Gesellschafterrechte durch Schädigung des Gesellschaftsvermögens besteht, grundsätzlich in der Weise erreichen kann, dass der bei der Gesellschaft entstandene Schaden durch Ersatzleistung an diese beseitigt wird (BGH vom 30.09.1991 - II ZR 208/90 - juris). Dass die Gesellschaftsanteile konkret in der Höhe der von der U. H. H. gezahlten Buße gemindert sind, ist aufgrund des bisherigen Vortrags nicht ersichtlich.

Zum einen macht die U. H. H. selbst gegenüber dem Beklagten Schadenersatzansprüche in derselben Höhe geltend, über die rechtskräftig noch nicht entschieden ist. Die endgültige Entwertung der Gesellschaftsanteile durch die gezahlte Buße steht damit noch nicht fest. Darüber hinaus besteht eine E. Versicherung in Höhe von 300 Millionen Euro; weshalb diese Versicherung im vorliegenden Fall nicht in Anspruch genommen wird, hat die Klägerin nicht dargelegt. Auch hier würde die Erstattung des Schadens bei der U. Auswirkungen auf das Gesellschaftsvermögen und damit den Wert der Gesellschaftsanteile der Klägerin haben. Schließlich wäre aber auch ein Vorteilsausgleich zu berücksichtigen, geht man von einer Minderung der Gesellschaftsanteile 1 : 1 zu der Minderung des Vermögens der U. aus. Die Preis- und Quotenabsprachen der U. haben sich nach eigenem Bekunden der Klägerin nicht unerheblich auf die in den Jahren vorher erzielten Gewinne - und damit auch auf die Gesellschaftsanteile - ausgewirkt. Dies ist zu berücksichtigen, da nicht einerseits den Gesellschaftern der aufgrund eines Gesetzesverstoßes erlangte höhere Gewinn verbleiben kann, andererseits eine wegen dieses Gesetzesverstoßes erlassene Geldbuße in voller Höhe mittels Schadenersatzes ausgeglichen wird. Dies wäre auch mit einem durch § 43 Abs. 2 GmbHG bezweckten Präventivschutzes nicht vereinbar.

B.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Feststellung einer Schadenersatzpflicht des Beklagten dem Grunde nach.

I.

Dabei besteht ein erforderliches Feststellungsinteresse.

Es ist anerkannt, dass im Falle einer möglichen künftigen Schadensfolge eine unbezifferte Feststellungsklage bereits aus Gründen der Verjährungshemmung zulässig ist, wenn der Anspruchsgegner seine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit in Abrede stellt. Die Möglichkeit eines Schadenseintritts ist innerhalb der Zulässigkeitsprüfung nur dann zu verneinen, wenn aus Sicht der Klägerin bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines derartigen Schadens wenigstens zu rechnen. Eine Schadenswahrscheinlichkeit ist im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nicht zu fordern (BGH vom 16.01.2001 - VI ZR 381/99 - in NJW 2001, 1431 ff.; BGH vom 9.1.2007 - VI ZR 133/06 - in NJW-RR 2007, 601).

Nach diesen Grundsätzen bestehen hinsichtlich der Zulässigkeit der unbezifferten Feststellungsklage keine Bedenken; zwischen den Parteien steht im Streit, ob der Beklagte Pflichten aus seinem Geschäftsführerdienstverhältnis mit der Klägerin verletzt hat und ihr dementsprechend zum Schadenersatz verpflichtet ist. Die Klägerin hat Reputations- bzw. Rechtsverfolgungsschäden behauptet, darüber hinaus eine Entwertung ihrer Gesellschaftsanteile ihrer Tochtergesellschaft U.. Ob ein Eintritt dieser Schäden wahrscheinlich ist, ist im Rahmen der Zulässigkeit nicht zu prüfen.

II.

Der Feststellungsantrag ist jedoch unbegründet.

Eine Begründetheit eines unbezifferten Feststellungsantrags setzt voraus, dass die sachlichrechtlichen Voraussetzungen des Schadenersatzanspruches vorliegen und die haftungsrechtlich relevante Pflichtverletzung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu den behaupteten befürchteten Schadensfolgen führen können.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Eine zum Schadenersatz führende von dem Beklagten als Geschäftsführer zu verantwortende Pflichtverletzung gem. § 43 Abs. 2 GmbHG besteht nicht. Ein Anspruch ergibt sich mangels verschuldeter Pflichtverletzung des Beklagten auch nicht aus seinem mit der U. AG 2009 geschlossenen Arbeitsvertrag gem. §§ 280, 619 a BGB.

1.

Der Beklagte hat seine Pflichten als Geschäftsführer der Vorgängergesellschaft der Klägerin V. gem. § 43 Abs. 2 GmbHG nicht dadurch verletzt, dass aufgrund eines im Jahre 2001 mit der U. geschlossenen Vertriebsvertrages gegen Kartellrecht verstoßen wurde und er dieses nicht unterbunden hat (a). Eine Pflichtverletzung des Beklagten besteht auch nicht aufgrund einer Kenntnis von Quoten- und Preisabsprachen innerhalb des Vertriebs der Tochtergesellschaft U. H. H. (b). Eine Verletzung einer Aufsichtspflicht, die für die behaupteten Schäden der Klägerin ursächlich war, ist ebenfalls nicht gegeben (c).

a) Es ist Aufgabe der Geschäftsführer einer Gesellschaft dafür Sorge zu tragen, dass sich diese nach außen rechtmäßig verhält und insbesondere die ihr obliegenden öffentlichrechtlichen Pflichten und Gesetze einhält (Legalitätspflicht). Insofern liegt es in der Verantwortung des Geschäftsführers, dass kartellrechtliche Vorschriften eingehalten werden. Diese Pflicht hätte der Beklagte, der seit 2003 Geschäftsführer der Muttergesellschafterin der U. und Rechtsvorgängerin der Klägerin war, verletzt, wenn er Kenntnis von einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung mit der U. gehabt und diese nicht unterbunden hätte. Denn innerhalb eines Vertragskonzerns ist es Aufgabe der Geschäftsführer der Muttergesellschaft, dafür Sorge zu tragen, dass auch die Töchtergesellschaften öffentlichrechtliche Pflichten und Gesetze einhalten.

aa) Dass der Vertriebsvertrag zwischen der U. und der w., den für die U. der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der U. sowie Vorsitzende der Geschäftsführung der U. H. (auch S.) sowie der in der Rechtsabteilung der U. tätige Herr M. abgeschlossen hatte, wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen vorsah, ist nicht dargelegt. Eine Exklusivität bei der Vermarktung der von U. hergestellten Schienen ist ebenso wenig vereinbart wie eine festgelegte Quote zwischen den Vertragspartnern.

bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des von dem Beklagten gefertigten Vermerks vom 6.11.2001.

(1) Dass dieser Vermerk tatsächlich eine Vereinbarung ("sideletter") zwischen der U. und der U. darstellte, nach der die beiden Unternehmen sich zu einem exklusiven Vertrieb der Schienen sowie gegenseitiger Information verpflichteten mit der Folge einer marktbeherrschenden Stellung der w., ist nicht ersichtlich. Auch wenn zwischen beiden Unternehmen unstreitig zumindest seit dem Jahr 2008, nachdem das weitere Schienenwerk I. aufgrund eines Verkaufs die dort hergestellten Schienen direkt vermarktete, tatsächlich eine Exklusivität bei dem Handel mit Schienen der U. bestand, kann aus dem Verhalten beider Konzerne nicht geschlossen werden, dass diese sich entsprechend der Niederschrift vom 6.11.2001 hierzu verpflichtet hatten.

Dies ergibt sich etwa aus der Aussage des Herrn N., 1996 bis 2011 Vorstand der w. C., der am 9.2.2012 die Niederschrift zwar als "Side-Letter" bezeichnete, gleichzeitig aber aussagte (Bl. 203 d.A.), dass "... Herr Doktor T. (...) es auf unseren Wunsch gemacht [hat], da der Vertrag vieles nicht regelt. Wir haben darauf gedrängt mit den Worten 'das sollten die Spielregeln sein und bitte haltet euch daran.' Wenige Tage nach dem Verfassen dieses Side-Letters habe ich ihn bekommen. (…) Kann ich sagen, dass dieses Papier in vielerlei Hinsicht nicht so gelebt wurde, wie wir es gewünscht haben. Ich habe gewusst, dass es dort kartellrechtsrelevante Dinge gab."

Diese Aussage stimmt mit der Behauptung des Beklagten überein, die Niederschrift vom 06.11.2001 hätte die Wünsche von w. wiedergegeben, die auch davon ausging, dass die U. sich an diese Wünsche hielt, was diese jedoch nicht bedingungslos beabsichtigte.

Dementsprechend wurde von der U. N. AG, zu der der Bereich H. seinerzeit gehörte, bereits im Jahr 2002 Kontakt zu der russischen Firma F. wegen des Marktabsatzes von "Halbzeug oder Endprodukten wie Schienen (gemeinsame Vertriebsgesellschaft)" aufgenommen (Bl. 419 f. d.A). Im gleichen Jahr hatte sich dagegen auch die U. bei der E. für Schienenlieferungen präqualifiziert, so dass - ebenfalls entgegen der Niederschriften in dem sogenannten "Sideletter" - die Klägerin nicht alleinige Vertriebsgesellschaft der U. war. Im Jahr 2005 bestanden - dies geht aus dem Vermerk des Vorstandsvorsitzenden der U. N. vom 6.12.2005 hervor (Bl. 578 d.A.) - strategische Allianzen mit chinesischen und russischen Lieferanten im Aufbau sowie wegen des Problems der Belieferung von Schienen bestimmter Längen ausschließlich durch die U. die Absicht, in ein Schienenschweißwerk zu investieren. Der Vorstandsvorsitzende F. betonte in seinem Vermerk, dass aus seiner Sicht "... nicht beabsichtigt [sei], die Partnerschaft zu lösen." Auch aus weiteren von der Klägerin vorgelegten Unterlagen - so etwa dem auszugsweisen Gesprächsprotokoll vom 8.10.2002 (Bl. 967 f. d. A., Anlage K 45 zum Schriftsatz der Klägerin vom 4.12.2013), dem Aktenvermerk vom 16.12.2002 (Anlage K46 zum Schriftsatz vom 4.12.2013, Bl. 969) oder dem Schreiben der U. vom 17.10.2005 wegen eines beabsichtigten Kaufs von Schienen in Q. für ein Bauvorhaben Altenwerder (Anlage K47 zum Schriftsatz vom 4.12.2013, Bl. 970 f. d.A.) - geht hervor, dass zwar von Klägerin und U. eine Exklusivität des Vertriebs gelebt wurde, jedoch nicht auf der Grundlage des sogenannten "Sideletters" vom 6.11.2001.

(2) Ergibt sich damit aus den von den Parteien vorgelegten Unterlagen, dass zwar einerseits die in dem Vermerk vom 6.11.2001 beschriebenen Absichten nicht "gelebt" wurden, andererseits aber beide Unternehmen an einer Partnerschaft interessiert waren, die u.a. auch feste Abnahmequoten vorsah, diese jedoch nicht ausdrücklich vertraglich festhielten, so wird hieraus deutlich, dass die "Partnerschaft" zwischen der Klägerin und der U. im Schienenbereich zu einer Exklusivität führte, die kartellrechtlich problematisch war, was auch dem Beklagten bewusst gewesen sein muss.

Nach Auffassung der Kammer hat dieser jedoch innerhalb des ihm zustehenden Ermessens gehandelt, indem er innerhalb der vom Konzern zur Verfügung gestellten D. seine Kenntnisse weitergab und auf eine ordnungsgemäße Überprüfung vertraute. Zwar eröffnen gesetzliche Verhaltenspflichten kein unternehmerisches Ermessen, weil die Rechtsordnung prinzipiell nur gesetzestreuen Geschäftsführern Handlungsspielraum zugestehen kann. Ist die Rechtslage bzw. die konkrete Rechtsanwendung jedoch unklar, steht dem Geschäftsführer ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu.

Vorliegend hat im Jahre 2006 ein D.-Verfahren stattgefunden, welches von dem D. Officer der U. T. Dr. M. in Zusammenarbeit mit der Kanzlei G. und Partner durchgeführt wurde. Ein erstes Audit hat darüber hinaus im Jahre 2004 stattgefunden. In beiden Audits waren der Vertriebsvertrag mit der U. und die tatsächliche Handhabung Thema.

Im Beisein des Beklagten fand das 1. Audit im Oktober 2004 statt. Der weitere Geschäftsführer der U. H. H., Herr C., erklärte in diesem Audit, dass bis zum Jahre 2001 regelmäßige Absprachen im Bereich Schienen insbesondere mit dem Vorgänger der w. C. bestanden hätten. Er versicherte darüber hinaus, dass Absprachen beendet worden seien und nicht mehr bestünden. In einem weiteren Gespräch im November 2004, an welchem der Beklagten nicht teilgenommen hat (Bl. 571 ff. Akten), sind ebenfalls die Vertragsbeziehungen zwischen der U. und der w. Thema gewesen (Vermerk vom 10.1.2005, Seite 6 ff.). Hier wurde ausdrücklich durch den Geschäftsführer C. darauf hingewiesen, dass - unabhängig von einer ausdrücklichen Vereinbarung - eine "Exklusivität" des Handels in E. im Hinblick auf die Schienen der U. bestünden. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass beide Unternehmen sich gegenseitig informierten. So ist unter Ziffer 19 (Bl. 576 d.A.) folgendes festgehalten:

"Der 'Selbstkäufer' - Vertrag sehe aber auch vor, dass Vertreter von W. an den Verhandlung von U. H. mit ihren Abnehmern in E. teilnehmen durften. Außerdem lege der Vertrag eine bestimmte 'starre' Marge für U. H. fest. Komme es aufgrund guter Verhandlungen zu einem 'Mehrerlös', werde dieser im Verhältnis 50 : 50 zwischen U./w. und U. H. geteilt."

Bereits aus diesem Vermerk geht hervor, dass die Geschäftsführung der U. die tatsächliche Exklusivität des Vertrages mitgeteilt hatte. Dies wird bestätigt durch das Audit 2006 (Vermerk, Bl. 581 ff. d.A.). Hier wurde seitens Herrn C. und dem Beklagten darauf hingewiesen, dass sie Absprachen zwischen Herstellern vermuteten. Beide Geschäftsführer hatten mitgeteilt, dass - soweit von Herrn N. (w.) von einer "Regelung des Marktes" gesprochen worden sei - sie keinen Zweifel hätten, dass dies der Wahrheit entspreche. Weiterhin teilten Sie mit, dass ihrer Ansicht nach die Vertriebsvereinbarung einen "echten Eigenhändlervertrag" darstelle. Unter Ziffer 4 (Bl. 583 der Akte) wird in dem Vermerk der von dem D.-Officer Dr. M. hinzugezogenen Anwaltskanzlei nach Besprechung mit den Geschäftsführern der Klägerin dann ausgeführt:

" ... Dennoch sei man sich damals einig gewesen, dass die H. der vorrangige, wenn nicht der alleinige Eigenhändler von W./U. in E. sein solle. Man sehe w./U. hier in einer Ablieferungspflicht. Der Vertrag wurde von den Parteien also so gelebt, als wenn die H. der Alleinvertriebshändler von w./U. in E. wäre. Auf entsprechende Frage sagte L.[b.], dass wohl umgekehrt auch w./U. davon ausgehe, dass H. 'im Regelfall' bei w./U. einkaufe. In diesem Punkt sei er, L., sich allerdings nicht ganz sicher."

Letztendlich geht aus diesem Vermerk hervor, dass die Geschäftsführung der U. - also auch der Beklagte gleichzeitig in seiner Funktion als Geschäftsführer der V. - die tatsächliche Handhabung des Vertriebsvertrages mit der U. (Exklusivität) mitgeteilt hatte. Die Kenntnis des von der U. AG eingesetzten D.-Officers von der sich hieraus ergebenden kartellrechtlichen Problematik geht eindeutig aus Z. 13 des Vermerks (Bl. 587 der Akte) hervor, wenn ausgeführt wird:

"L[b.] erklärte, dass es völlig undenkbar sei, sich aus dem Vertrag mit w./U. zu verabschieden. Man sei von w./U. abhängig. Nahezu der gesamte Umsatz von H. würde mit w./U. Schienen gemacht.… Es gehe also lediglich um Schadensbegrenzung. Hierfür müssten wir den Herren T. und C. einige Verhaltensregeln an die Hand geben. Ihm, L, sei klar, dass wohl ganz offensichtlich immer ein gewisses Risiko verbleibe. Darauf müssten wir die Herren hinweisen. Mehr könnten wir nicht tun."

Es wird in dem Vermerk im Ergebnis auch mitgeteilt, dass "... H. in irgendeiner Form an den Absprachen beteiligt sei." (Bl. 587, Ziffer 14). Trotz dieser Mitteilungen ist weder mit den Geschäftsführern der U. oder der Geschäftsführung der V. über die weitere Vorgehensweise gesprochen noch sind die Vertragsbeziehungen mit der w. verändert worden. Wenn nunmehr die Klägerin ausführt, die D. Beauftragten hätten anders gehandelt, wenn sie von dem sogenannten "Sideletter" Kenntnis gehabt hätten, ist dies der Kammer nicht nachvollziehbar. Denn diese waren - dies geht aus dem Vermerk eindeutig hervor - auch ohne diese Kenntnis bereits von einem sich aus dem Vertriebsvertrag ergebenden Kartellrechtsverstoß überzeugt. Und trotz dieser Kenntnis erfolgte gegenüber den bei der U. Verantwortlichen keine Weisung, die Vertragsbeziehungen zu der U. zu beenden oder zu verändern.

Insofern bestand aber auch für den Beklagten als Mitglied der Geschäftsführung der V. keine Veranlassung, die von ihm geschilderten Vertragsbeziehungen zur U. zu verändern. Denn er konnte davon ausgehen, dass - soweit die von der Konzernmutter unter Zuhilfenahme einer Anwaltskanzlei durchgeführte D. zu dem Schluss eines Rechtsverstoßes innerhalb der Vertragsbeziehung kommen würde - ihm als Geschäftsführer hiervon Mitteilung und Anweisungen zum Unterlassen gegeben würden.

Ein D.-Verfahren soll die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen, regulatorischer Standards und die Erfüllung weiterer wesentlicher von dem Unternehmen selbst gesetzter ethischer Standards sicherstellen, d.h. auch die Einhaltung kartellrechtlicher Vorgaben. Vorliegend erfolgte die Organisation der D. über die U. AG als Konzernobergesellschaft. Wird in einem solchen Verfahren, dass 2006 aus Anlass der Kenntnis einer "Beruhigung des Marktes" im Gleisbau durchgeführt wurde, darüber hinaus nach einem 2003 bekannt gewordenen strafrechtlich relevanten Absprachesystem zur E. AG, die Exklusivität des Vertriebsvertrages mit der U. mitgeteilt und wird daraufhin von den Verantwortlichen nicht reagiert, so ist dem Geschäftsführer ebenfalls nicht vorzuwerfen, dass er den Vertriebsvertrag in gleicher Weise weiter lebt. Auch bei einer unklaren Rechtslage darf der Geschäftsführer eine für die GmbH günstige Rechtsposition einnehmen; es ist allerdings eine sorgfältige Entscheidungsvorbereitung - in der Regel die Einholung sachkundigen Rechtsrats - erforderlich (Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG § 43 Rz 23 c). Dies ist durch die Mitteilung innerhalb der D. unter Einbeziehung einer externen Anwaltskanzlei erfolgt.

Der Beklagte hatte auch nicht anderweitig eindeutig Kenntnis von einem Verstoß gegen Kartellrecht allein aufgrund des Vertriebsvertrages mit der U.. Denn auch aus der Vorkorrespondenz ging dies nicht eindeutig hervor. So schreib Herr M. der "ZA Recht" der U. N. & Services am 28.06.2001 an den Beklagten in einem Vermerk (Anlage B13 zum Schriftsatz des Beklagten vom 17.01.2013, Bl. 501):

"… Ggfls. wäre es kartellrechtlich möglich und sollte überlegt werden, die W. derart einzubinden, dass diese hinsichtlich des Vertragsgebietes E. H. ebenfalls als alleinige Vertragshändler akzeptiert. In diesem Fall würde das von Ihnen gewünschte Ergebnis erreicht…."

Auch zu der Frage der Schadenersatzansprüche zu Lasten der Klägerin gab es vorab keine eindeutige Aussage. Dies ergibt sich aus den weiteren Vermerken vom 11.07.2001 (Bl. 502 d.A.), in welchen zwar die Ablehnung eines Freistellungsverfahrens seitens der U. aufgeführt ist, gleichzeitig aber auch die zugesagte Prüfung der Rechtsabteilung bzgl. einer evtl. Schadenersatzpflicht der Wettbewerber sowie des Anstrebens einer Fusionskontrolle. Danach wusste der Beklagte zwar unstreitig von der kartellrechtlichen Problematik der Vertragsbeziehungen zur U., die entsprechenden Prüfungen erfolgten jedoch bereits 2001 in anderen Abteilungen. Ist aber ein Kartellrechtsverstoß nicht eindeutig geklärt und teilt der Geschäftsführer die aus seiner Sicht bestehende Problematik dann Sachkundigen innerhalb eines vom Konzern betriebenen D.-Verfahren mit, dann darf er - erhält er keine Rückantwort - von der ordnungsgemäßen Prüfung ausgehen.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht daraus, dass der Beklagte nicht auf den von ihr als "Sideletter" benannten Vermerk vom 06.11.2001 hingewiesen hat. Eine Mitteilung wäre nur dann erforderlich gewesen, wenn die U. sich gegenüber der U. durch diese Vereinbarung gebunden hätte. Dass die in dieser Niederschrift aufgeführten "Vereinbarungen" gelebt wurden, hat die Klägerin aber nicht dargelegt.

(3) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einem nach Ansicht der Klägerin sich aus den Bußgeldbescheiden des Kartellamts ergebenden Anscheinsbeweis.

Ein Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes kann zu der Annahme eines Anscheinsbeweises führen, wenn entweder eine Kartellteilnahme festgestellt wurde oder sich diese zumindest aus einem typischen Geschehensablauf ergibt (Kammergerichts C. vom 01.10.2009 - 2 U 10/03 Kart - zit. nach Juris). Im vorliegenden Fall ist der Beklagte in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Klägerin zwar als "Nebenbetroffener" in beiden Bußgeldbescheiden aufgeführt, jedoch richten sich die Bußgeldbescheide nicht gegen ihn, sondern gegen die Klägerin. Der Anscheinsbeweis kann nur gegen den Betroffenen bestehen, gegen den der Bußgeldbescheid erlassen wurde, d.h. etwa gegen die U. H. H. innerhalb eines Rechtsstreits um Schadenersatz, welches die geschädigten Unternehmen nach dem GWB führen (so auch im Fall des KG C. vom 01.10.2009, a.a.O.). Denn nur der Betroffene, gegen den der Bescheid erlassen wurde, hat direkte Einflussmöglichkeit auf das Verfahren, etwa durch die Einlegung von Rechtsmitteln.

Nach alledem hat der Beklagte keine Pflichten als Geschäftsführer der Klägerin im Zusammenhang mit den Vertriebsvereinbarungen zwischen der U. und der U. vorwerfbar verletzt.

b) Eine Verletzung seiner Pflichten als Geschäftsführer der V. ergibt sich auch nicht aufgrund einer von der Klägerin behaupteten Kenntnis von Quoten- und Preisabsprachen im Vertrieb der U., die er pflichtwidrig nicht unterbunden hat. Insbesondere ist nicht aufgrund eines Treffens zwischen Vertriebsmitarbeitern der U. und der w. im Beisein des Klägers im Hotel T. im November 2001, aufgrund der Anschaffung neutraler Handys im Jahr 2002 sowie aufgrund eines "Weitermachen-Gespräch" mit den Herren R., X. und C. sowie einer Zugfahrt mit Herrn C. im Jahr 2004 auf eine positive Kenntnis des Beklagten über Preis- und Quotenabsprachen in den Verkaufsbüros zu schließen. Zum einen fanden sämtliche von der Klägerin behaupteten Gespräche, in denen sich aus der Umsetzung des Vertriebsvertrages zur U. ergebende Quotenabsprachen Thema gewesen sein sollen, vor den D. 2004 und 2006 statt. Darüber hinaus geht aus dem Vortrag der Klägerin nicht hervor, über welche Absprachen konkret zwischen den Gesprächsteilnehmern gesprochen worden sein sollen.

Deshalb kann dahinstehen, dass Herr C. sich im Hinblick auf die kartellrechtswidrigen Absprachen im Vertrieb mit Ausnahme des gemeinsamen Gesprächs am 31.08.2004 trotz gemeinsamer Geschäftsleitung über 6 Jahre lediglich an ein weiteres Gespräch mit dem Beklagten erinnert, dass anlässlich einer Zugfahrt stattgefunden haben soll und welches mehr als 8 Jahre her ist - ein Umstand, der bereits gegen eine starke Involvierung des Beklagten in die Praxis der Absprachen spricht. Jedenfalls folgte den Gesprächen das Audit im Rahmen des D. Verfahrens im Jahr 2004, in welchem Herr C. nicht nur auf die ggfls. problematischen Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Voestalpine einging, sondern auch erklärte, dass er "... keine Unterlagen mehr zu den Absprachen gefunden habe. Er habe nach ... letzten Besprechung 'alles durchforstet'... Er könne aber z.B. nicht sagen, ob es Absprachen der Werke gebe..." (Vermerk der Besprechung am 26.11.2004, Rz 14 und 21, Bl. 551 und 553 d.A.). Dass der Beklagte, der auch anlässlich der behaupteten Gespräche vom 31.08.2004 auf eine Beendigung der Absprachen gedrängt haben soll, dieser zeitlich nachfolgenden Aussage des Herrn C. als für den Vertrieb zuständigen Geschäftsführer der U. nicht vertraut hat, ist nicht ersichtlich.

Weiterhin führt auch der Hinweis der Klägerin auf Teilnahmen des Beklagten an Oberbautagungen nicht zu einer anderen Wertung. Auch hier bleibt ihr Vortrag vage: Herr X. sowie andere Mitarbeiter hätten 2005 gefragt, was bei Aufdeckung eines Kartells passiere und ob die Geschäftsführung dann Rückendeckung gebe. Der Beklagte habe sich hier konkret nicht geäußert. Was die Verkaufsleiter dem Beklagten aber konkret mitgeteilt haben, ist nicht näher dargelegt: Wurde nur allgemein über mögliche Reaktionen von der Geschäftsleitung im Falle von Absprachen gesprochen oder von bekannten Fällen, aus denen sich zumindest Verdachtsmomente hätten ergeben können. Insofern ergibt sich hieraus nicht einmal, ob diese Diskussion Anlass für eine nähere Untersuchung - die Ende des Jahres 2005 dann ja auch stattfand - hätte gewesen sein müssen. Eine Vernehmung der Zeugen wäre ein unzulässiger Ausforschungsbeweis gewesen.

Auch dass "neutrale Handys" im Jahr 2002 angeschafft worden sind, führt nicht zu der Annahme, der Beklagte habe Kenntnis von deren Nutzung für kartellwidrige Absprachen gehabt. Der Vortrag der Klägerin ist hier widersprüchlich. Dass eine Kenntnis des Beklagten sich aus gleichbleibenden Quoten bei der Auftragserteilung ergeben musste, ist ein lediglich pauschaler Vortrag. Denn die jährlichen Ergebnisse konnten auch bei gleichbleibenden Quoten der Gesamtaufträge differieren.

Die Gespräche im Jahr 2001 wurden darüber hinaus mehrere Jahre vor der Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit des Beklagten für die V. geführt, zu einem Zeitpunkt, als unstreitig Quotenabsprachen im Zusammenhang mit der Person des Herrn R. und der E. AG bestanden, die 2003 zu einem Wechsel der für den Gleisbaubereich offiziell zuständigen Führungsebene führten. Damit ergibt sich aus diesen Gesprächen nicht notwendig, dass der Kläger über eine fortdauernde Absprachepraxis in den Verkaufsbüros der Tochtergesellschaft während seiner Geschäftsführertätigkeit für die V. ab dem Jahre 2003 Kenntnis hatte, zumal eine D. im Jahr 2004 erfolgte, in der die Absprachepraxis und die Exklusivität des Vertriebsvertrages thematisiert wurde. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.

c) Jedoch könnte sich - den Vortrag der Klägerin zu den Gesprächen 2001 und 2004 als richtig unterstellt sowie unter Berücksichtigung der Kenntnis von Quotenabsprachen im Bereich der E. AG, die 2003 zu einem strafrechlichen Verfahren führten - für den Beklagten als Geschäftsführer der V. und nachfolgend der Klägerin gesteigerte Aufsichtspflichten ergeben haben.

Selbst wenn aber der Beklagte hier Aufsichtspflichten als Geschäftsführer der Muttergesellschaft vorwerfbar vernachlässigt hätte, wäre dies für einen der Klägerin entstandenen Schaden nicht ursächlich. Denn der Beklagte hatte innerhalb der durchgeführten D. 2006 seine Vermutung von wettbewerbsbeschränkenden Absprachen mitgeteilt, die Verantwortlichen der Untersuchung sind von Kartellrechtsverstößen ausgegangen, haben aber aufgrund bestehender Abhängigkeiten zum w. Konzern keine Veränderungen vorgeschlagen.

Aus dem Vermerk im Rahmen der D. 2006 wird in Ziffer 13 ausgeführt: "…L erklärte, dass es völlig undenkbar sei, sich aus dem Vertrag mit w./U. zu verabschieden. Man sei von w./U. abhängig…." Dass die Beziehungen zu w. verändert worden wären, wären konkret die Treffen im T. 2001 bzw. das Gespräch 2004 nicht nur dem seinerzeitigen Mitglied des Bereichsvorstand der U. Herrn R., sondern in den Untersuchungen 2006 gegenüber dem D. D. bekannt gegeben worden, wäre nicht lebensnah, zumal auch nach dem Vortrag der Klägerin der für den Gleisbau tatsächlich verantwortliche Bereichsvorstand R. entgegen dem Wunsch des Beklagten nach veränderten Lieferbeziehungen gerade die weiter gleichbleibende Handhabung von Absprachen anordnete. Ein Bonusantrag/Kronzeugenregelung wäre innerhalb des Konzerns aufgrund der in der D. erworbenen Erkenntnisse des D. bereits im Jahr 2005/2006 möglich gewesen. Es wurde hiervon kein Gebrauch gemacht. Eine ggfls. dem Beklagten vorzuwerfende Aufsichtspflichtverletzung wäre damit für den Schaden der Klägerin nicht kausal, zumal auch im Falle einer "Selbstanzeige" beim Bundeskartellamt der Klägerin Rechtsverfolgungs- und Aufklärungskosten sowie ein Reputationsschaden entstanden wären.

2.

Es besteht auch keine dem Beklagten vorwerfbare Pflichtverletzung insofern, als er den ihm obliegenden Überwachungspflichten der U. gegenüber als Geschäftsführer der Klägerin nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.

a) Vorliegend bestand aufgrund der bestehenden Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge zwischen der Klägerin und der U. sowie zwischen der Klägerin und der U. AG ein Vertragskonzern i.S.v. § 18 AktG. Im Konzern obliegt dem Geschäftsführer der Muttergesellschaft die Überwachung der Tochtergesellschaften (OLG Jena vom 12.08.2009 - 7 U 2044/07 - juris).

b) Selbst wenn eine Aufsichtspflichtverletzung vorläge, weil der Beklagte zumindest aufgrund von Kenntnissen, dass bei der U. in der Vergangenheit Preisabsprachen erfolgt waren, gesteigerte Überwachungspflichten hatte, wäre eine solche für die von der Klägerin geltend gemachte Schäden nicht kausal.

Dass der Beklagte die Mitteilung gegenüber dem D. für ausreichend hielt, ist zunächst nicht vorwerfbar. Denn auch aufgrund der Geschäftsordnung für Bereichsvorstände 2009 sollten sich die Geschäftsführer der G. dieser von der Konzernobergesellschaft eingerichteten Bereiche bedienen.

Der Beklagte hatte die Mutmaßung von wettbewerbsbeschränkenden Absprachen unter den Wettbewerbern mitgeteilt. Die D. ist dieser Vermutung nicht weiter nachgegangen. Auch wenn seinerzeit im Jahr 2005/2006 bereits die wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bekannt geworden wären und daraufhin eine "Kronzeugenregelung" gegenüber dem Bundeskartellamt in Anspruch genommen worden wäre, hätte dies allenfalls Auswirkungen auf die Buße des Kartellamtes gehabt. Die von der Beklagten innerhalb der Feststellungsklage geltend gemachten Schäden der Rechtsverfolgung und Aufklärung sowie Reputationsschäden wären der Beklagten aber auch bei vorheriger Kenntnis entstanden. Auf die obigen Ausführungen kann Bezug genommen werden.

3.

Es besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Feststellung eines Schadenersatzanspruches dem Grunde nach gem. § 280 BGB i.V.m. § 619 a BGB, weil der Beklagte Pflichten aus seinem mit der U. AG zum 1.10.2009 abgeschlossenen Arbeitsvertrag verletzt hat.

Dabei konnte dahinstehen, ob der zwischen dem Kläger und der U. AG ab dem 1.10.2009 geschlossene Arbeitsvertrag überhaupt eine Schutzwirkung zugunsten der Klägerin entfaltet. Jedenfalls ist eine schuldhafte Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten mit den behaupteten Schadensfolgen nicht erkennbar.

a) Der Beklagte hatte als Bereichsvorstand der U. AG die Pflicht, ihm bekannte Verstöße gegen gesetzliche Normen auch von Konzernunternehmen, welche dem von ihm zu verantwortenden Bereich zugehörten, zu unterbinden - sei es durch Anzeige bzw. Unterrichtung gegenüber der im Konzern bestehenden zuständigen Abteilungen (z.B. D. als D.), sei es durch Bericht an das jeweils ressortzuständige Vorstandsmitglied.

Ein Arbeitnehmer ist verpflichtet, Schäden von seinem Arbeitgeber abzuwenden, ggfls. auch durch Anzeige ihm bekannter Verfehlungen anderer Arbeitnehmer, soweit die Beaufsichtigung zu den arbeitsvertraglichen Pflichten gehört (Erf.-Preis 14. Aufl., § 611 Rz. 742). Soweit der Beklagte damit Kenntnisse über ein kartellrechtswidriges Verhalten von Mitarbeitern der U. gehabt hätte, hätte er dieses anzeigen und im Rahmen seiner Möglichkeiten unterbinden müssen. Als Bereichsvorstand der C. N. Service der U. AG war er für den Bereich Gleisbau und damit für die U. und die Klägerin als Mutter- und sogenannte G. zuständig. Gem. Ziffer 1.1 der Geschäftsordnung steuert der Bereichsvorstand die Geschäfte der zu dem betreffenden Bereich gehörenden Konzernunternehmen und nimmt gem. Ziffer 1.2 die Eigentümerinteressen der Klägerin wahr. Hieraus ergibt sich bereits eine entsprechende Handlungspflicht des Beklagten, Verstöße gegen gesetzliche Normen von Tochterunternehmen in dem von ihm zu verantwortenden Bereich zu unterbinden, soweit er hiervon Kenntnis hatte.

b) Dass der Beklagte während des Bestands des Arbeitsverhältnisses Kenntnisse von kartellrechtswidrigen Vorgängen bei der U. oder durch deren Arbeitnehmer hatte, die seiner Arbeitgeberin - der U. AG - nicht bekannt waren, ist jedoch nicht dargelegt.

aa) Die bilateralen Vereinbarungen zwischen der w. und der U. waren bereits in der von dem D. der U. AG durchgeführten D. 2006 mitgeteilt worden. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. Zwar war im Jahr 2008 ein sogenanntes "Addendum 1" zum Vertriebsvertrag vereinbart worden. Dieses Addendum enthält jedoch keine ausdrückliche Vereinbarung einer Exklusivität, die zu einer Verschärfung der kartellrechtlichen Problematik geführt hätte. Die Vereinbarung von Vertragsverhandlungen zwischen der U. und Voestalpine vor einer Ausschreibung zwecks Sicherstellung der Belieferung bzw. bei entsprechendem Vertragsschluss die Verpflichtung der U., Dritten keine besseren Bezugskonditionen einzuräumen, schließt gerade Belieferungen oder Verträge mit Dritten nicht aus. Mit der Aufnahme von Verhandlungen vor Ausschreibungen war auch kein Einigungszwang verbunden ("... im Einigungsfall ..."). Die Zusage, dass Konkurrenten im Einigungsfall die gleichen oder schlechtere Bezugskonditionen eingeräumt werden, schließt gleichfalls die Belieferung von Wettbewerbern nicht aus. Welche neuen Umstände die Vertragsbeziehungen zu w. betreffend den Beklagten zu einer erneuten Untersuchung des Vertriebsvertrags 2009 veranlasst haben sollen, ist nicht ersichtlich.

bb) Dass der Beklagte aufgrund der Kenntnis der exklusiven Vertragsbeziehungen zur U./w. von den in den Verkaufsbüros getätigten Preis- und Quotenabsprachen Kenntnis hatte oder hätte haben müssen, erschließt sich der Kammer nicht. Der Beklagte hat nicht aktiv an Quoten- und Preisabsprachen teilgenommen. Aufgrund der zwischen den Geschäftsführern der U. H. H. bestehenden Aufgabenteilung war auch nicht davon auszugehen, dass er als ehemaliger Geschäftsführer von einer Absprachepraxis Kenntnis gehabt haben müsste. Der Beklagte war weder für den Vertrieb noch für die Verkaufsbüros zuständig.

Unstreitig bestand in der Geschäftsleitung der U. H. H. wie auch bei der Klägerin und ihrer Vorgängergesellschaft eine faktische interne Zuständigkeitsregelung in der Geschäftsführung, wie sie in größeren Unternehmen üblich ist. Bei der U. H. H. war der Beklagte zuständig für die Bereiche Personal, Finanzen, Verwaltung, EDV/Organisation und Controlling, der weitere Geschäftsführer C. u.a. für den Vertrieb. Vorliegend kam aufgrund der Organisationsstruktur innerhalb des Konzerns hinzu, dass der Beklagte seit Gründung der Klägerin nicht nur in deren Geschäftsführung, sondern auch in derjenigen der V. für dieselben Bereiche tätig war. Darüber hinaus fanden eine Vielzahl von Umstrukturierungen, Zusammenfassung von Unternehmen und Umfirmierungen in dem Geschäftsbereich der H. statt; allein 4 Seiten der Klageschrift handeln von den bereits vereinfacht dargestellten Veränderungen innerhalb der Gesellschaftsverhältnisse. Darüber hinaus war Herr C. D. Manager bei der U.. Die Einhaltung kartellrechtlicher Vorschriften innerhalb des Vertriebs lag damit in dessen Händen und in seinem Verantwortungsbereich. Aufgrund dieser Aufgabenteilung unter Berücksichtigung der organisatorischen Struktur und der verschiedenen zugewiesenen Aufgaben durfte sich der Beklagte grundsätzlich darauf verlassen, dass sein seinerzeitiger Mitgeschäftsführer in seinem Verantwortungsbereich für die Einhaltung kartellrechtlicher Vorschriften Sorge trug.

Zwar sind Geschäftsführer einer GmbH kraft ihrer Amtsstellung grundsätzlich für alle Angelegenheiten der Gesellschaft zuständig. Auch wenn - wie im vorliegenden Fall - mehrere Geschäftsführer einer GmbH bestellt sind, sieht das Gesetz eine Allzuständigkeit des einzelnen Geschäftsführers vor, d.h. eine entsprechende umfassende Verantwortung (BGH vom 15. Oktober 1996 a.a.O.). Andererseits darf sich bei einer Aufteilung der Geschäfte der einzelne Geschäftsführer darauf verlassen, dass der für einen bestimmten Bereich zuständige Geschäftsführer die ihm zugewiesenen Aufgaben erledigt (Baumbach-Hueck a.a.O. § 42 Rz. 26). Indem die Geschäftsführer die der GmbH obliegenden Aufgaben aufteilen und dementsprechend bestimmte Bereiche zugewiesen sind, ist eine organisatorische Maßnahme getroffen, die der Wahrung der Legalitätspflichten dienen soll. Im Allgemeinen darf dann darauf vertraut werden, dass der zuständige Geschäftsführer die ihm zugewiesenen Aufgaben erledigt (BGH vom 15.Oktober 1996 - VI ZR 319/95 - juris) - im vorliegenden Fall der Geschäftsführer C. die Einhaltung der kartellrechtlichen Vorschriften im Vertriebsbereich sowohl aufgrund der tatsächlichen Geschäftsaufteilung sowie dessen von den Muttergesellschaften zugewiesene Aufgabe des D.-Officer.

Von einer bestehenden Kenntnis des Beklagten von den Quoten- und Preisabsprachen aufgrund seinem bis 2009 ausgeübten Amt als Geschäftsführer der U. H. H. sowie der V. kann damit nicht ausgegangen werden.

Eine solche Kenntnis erfolgt auch nicht aus den von der U. H. H. erwirtschafteten Umsätzen. Bestehende Preis- und Quotenabsprachen müssen im Ergebnis nicht zu gleichbleibenden oder auffälligen Umsätzen führen.

Soweit sich die Klägerin des Weiteren auf Gespräche bis zum Jahr 2004 bezieht ("Weitermachen-Gespräch", Gespräche mit der w. im "T.", Zugfahrt mit Herrn C.), hatten diese die exklusiven Vertragsbeziehungen mit der w. zum Gegenstand, die innerhalb der durchgeführten Untersuchungen 2004/2006 mitgeteilt worden waren. Dass der Beklagte auch Kenntnis über noch im Jahr 2009 stattfindende Quoten- und Preisabsprachen zwischen den Wettbewerbern den Privatmarkt betreffend hatte, ist nicht erkennbar. Auf die obigen Ausführungen kann Bezug genommen werden.

Der Beklagte hat auch nicht pflichtwidrig Aufsichts- und Kontrollpflichten ab dem Jahr 2009 gegenüber der U. vernachlässigt. Insbesondere kann ihm nicht vorgeworfen werden, den Bereich der D. in dem von ihm zu verantwortenden Bereich nicht ordnungsgemäß organisiert zu haben. In der Zusammenfassung für die Bereichsvorstände vom 26.10.2009 (Geschäftsordnung) ist festgelegt, dass diese auf die von der U. AG zur Verfügung gestellten D. - also auch dem D. - zugreifen sollen. Die Organisation der D. gehörte damit nicht in den von dem Beklagten als Arbeitnehmer der U. AG zu verantwortenden Bereich.

c) Aber selbst wenn dem Beklagten ein entsprechendes Unterlassen vorzuwerfen wäre, ist ein gem. § 619 a BGB erforderliches Verschulden nicht ansatzweise dargelegt.

Die dem Beklagten vorgeworfenen Pflichtverletzungen betreffen seine betriebliche Tätigkeit, da ihm der Bereich des Gleisbaus als Mitglied der C. N. aufgrund Arbeitsvertrag und Geschäftsordnung übertragen war. In analoger Anwendung des § 254 BGB greift vorliegend damit eine Haftungsprivilegierung insofern ein, als nur bei zumindest grober Fahrlässigkeit der Beklagte den Schaden zur Gänze zu tragen hätte, bei mittlerer Fahrlässigkeit ein solcher quotal zu verteilen wäre und der Schuldvorwurf der leichten Fahrlässigkeit nicht ausreichend für einen Schadenersatzanspruch wäre (BAG vom 16.2.1995 - 8 AZR 493/93 - juris). Den Vorwurf der zumindest mittleren Fahrlässigkeit sieht die Kammer als nicht ausreichend dargelegt. Hierbei hat die Kammer insbesondere die bereits von der U. AG vor Abschluss des Arbeitsvertrages durchgeführten Untersuchungen berücksichtigt.

Voraussetzung wäre, dass der Beklagte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt und dasjenige unbeachtet gelassen hätte, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Inwiefern dem Beklagten offensichtlich hätte sein müssen, dass er eine nochmalige Untersuchung von ggfls. bestehenden Preisabsprachen im Gleisbaubereich durch Arbeitnehmer der Klägerin hätte anregen müssen, obwohl ihm nach der letzten Untersuchung im Jahre 2006 keine neuen Tatsachen bzgl. wettbewerbsbeschränkender Absprachen bekannt geworden sind und hinsichtlich der Vertragsbeziehungen zu der U. mit dem Addendum zum Vertriebsvertrag 2008 sowie der Beendigung eines multilateralen Kartells kartellrechtlich problematische Handlungsweisen sogar minimiert wurden, ist nicht dargelegt.

Eine Sorgfaltspflichtverletzung ist insbesondere auch deshalb nicht erkennbar, weil der Beklagte davon ausgehen durfte, dass die auch von ihm bereits 2006 geteilte Vermutung von Absprachen zwischen Wettbewerbern sowie der Abhängigkeit beim Vertrieb der Schienen von der U. bei der Konzernobergesellschaft sowie der Klägerin bekannt gewesen sein mussten. Zum einen durfte er deshalb davon ausgehen, weil die Untersuchung 2006 von den für den Gleisbereich zuständigen Vorstandsmitgliedern der U. N. und Services in Kenntnis des Vorstands seiner Arbeitgeberin, Herrn F., veranlasst wurden, ihnen der Verlauf und das Ergebnis der Untersuchung also hätte bekannt sein müssen. Darüber hinaus wusste auch nach dem Vortrag der Klägerin zumindest der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der U. N. T. und spätere Mitglied des Vorstands der U. T. R. von Absprachen. Wenn trotz Kenntnis von innerhalb der Konzernhierarchie dem Beklagten übergeordneter Personen und trotz der beschriebenen Mitteilungen in von der Arbeitgeberin verantwortlich durchgeführten Untersuchungen wegen des Verdachts von wettbewerbsbeschränkenden Absprachen keine weiteren Maßnahmen erfolgen, musste sich dem Beklagten im Jahre 2009 nicht eine Pflicht zur nochmaligen Untersuchung aufdrängen. Zumindest würde ein solches Verschulden einen evtl. Schaden nicht umfassen.

d) Eine von dem Beklagten unterlassene (nochmalige) Unterrichtung über die Exklusivität des Vertriebsvertrages mit der w. bzw. die Veranlassung eine Untersuchung evtl. Preisabsprachen war aber auch nicht kausal für die hier geltend gemachten Schäden. Denn bereits 2006 hatte der zu der Untersuchung hinzugezogene Rechtsanwalt L. der Kanzlei G. pp. gemeinsam mit dem D. Beauftragten Dr. M. ausgeführt, dass aus "Konzernsicht" eine Alternative zu dem als Exklusivvertrag mit der U./w. gelebten Vertriebsvertrag nicht gesehen würde, weshalb das Unternehmen im Hinblick auf die U. mit einem Risiko leben müsse. Dass sich an dieser Einschätzung ab dem Jahr 2009 etwas geändert hatte, d.h. welche Alternativen hinsichtlich "vertikaler" Absprachen bestanden hätten, hat die Klägerin nicht dargelegt. Positive Kenntnisse des Beklagten von den über die Verkaufsbüros laufenden Absprachen - insofern kann auf obige Ausführungen Bezug genommen werden - ist auch im Rahmen des Bußgeldverfahrens vor dem Bundeskartellamt nicht festgestellt.

Nach alledem ist auch keine vom Beklagten verschuldete Nebenpflichtverletzung aus dem Arbeitsvertrag mit der U. AG dargelegt, die zu einem Schadenersatzanspruch der Klägerin führen könnte.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG. Der Beklagten als unterlegener Partei waren die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Streitwertentscheidung erging gem. § 61 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden. Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim

Landesarbeitsgericht Düsseldorf

Ludwig-Erhard-Allee 21

40227 Düsseldorf

Fax: 0211 7770-2199

eingegangen sein.

Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.

Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1.Rechtsanwälte,

2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

-Sell -

Richterin am Arbeitsgericht






ArbG Essen:
Urteil v. 19.12.2013
Az: 1 Ca 658/13


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/efd2e97e7e10/ArbG-Essen_Urteil_vom_19-Dezember-2013_Az_1-Ca-658-13




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