Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Juni 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 21/03

(BPatG: Beschluss v. 16.06.2004, Az.: 32 W (pat) 21/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Gegen die am 4. November 1998 angemeldete und für die Waren und Dienstleistungen 05: Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert), Kämme und Schwämme, Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln), Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; 30: Tee, Kaffee, Kakao, Zucker, feine Backwaren und Konditorwaren; 42: Verpflegung und Beherbergung von Gästen, Gesundheits- und Schönheitspflege.

eingetragene Marke 398 64 283 siehe Abb. 1 am Ende

(gold, rot, grün)

ist aus der prioritätsälteren deutschen Marke 693 566 TEEKANNE Widerspruch erhoben worden. Die Widerspruchsmarke genießt Schutz für Tee, Tee-Ersatzmittel, Teetabletten; Teeaufgussbeutel; Kräutertees für Genuss- und medizinische Zwecke.

Der Widerspruch richtet sich gegen alle Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke.

Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit einem ersten Beschluss vom 12. Juni 2001 den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr der sich gegenüber stehenden Marken zurückgewiesen. Aus einem mehrgliedrigen Zeichen dürfe ein warenbeschreibender und somit kennzeichnungsschwacher Bestandteil - wie hier TEE - nicht einfach abgespalten werden. Selbst wenn man davon ausgehe, dass sich ein rechtserheblicher Teil des Verkehrs bei Wahrnehmung der jüngeren Marke nur an den Wortbestandteilen TEE POTT orientiere und die Marke so wiedergebe, bestehe keine Markenähnlichkeit in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht. Der Annahme einer begrifflichen Ähnlichkeit stehe entgegen, dass die Vergleichsmarken ihrem Sinn nach keine Synonyme darstellten. Der aus der Umgangssprache stammende deutsche Begriff POTT habe (abweichend vom englischen Wort pot) die Bedeutung "Topf, topfartiges Gefäß". Es bestehe auch nicht die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden.

Die Widersprechende hat Erinnerung eingelegt und zur Begründung u. a. auf einen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts hingewiesen, wonach Verwechslungsgefahr zwischen den Wortmarken "tea pot" und "TEEKANNE" bestehe.

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle hat die Erinnerung mit Beschluss vom 5. November 2002 zurückgewiesen. Die sich gegenüber stehenden Marken seien zwar teilweise zur Kennzeichnung identischer und wirtschaftlich nahe stehender Waren bestimmt, so dass zum Ausschluss der Verwechslungsgefahr ein erheblicher Abstand der Marken vorliegen müsse; dieser werde aber in jeder Hinsicht eingehalten. Der Wortbestandteil der jüngeren Marke unterscheide sich von der Widerspruchsmarke in jeder Hinsicht - klanglich, schriftbildlich und begrifflich - ausreichend. Zur Annahme begrifflicher Ähnlichkeit reichten entfernte Begriffsanklänge nicht aus. Der umgangssprachliche Begriff TEE POTT bezeichne einen Topf oder ein topfartiges Gefäß, demgegenüber der hochsprachliche Begriff TEEKANNE ein solches mit Henkel oder Schnabel und meist auch Deckel.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie beantragt (sinngemäß)

die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der Marke 398 64 283 anzuordnen.

Die Markenstelle habe die hohe Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, welche sich durch eine jahrzehntelange Benutzung ergäbe und mehrfach höchst- richterlich festgestellt worden sei, unberücksichtigt gelassen. Laut einer GfK-Untersuchung aus dem Jahr 1994 sei diese Marke 70 % der Befragten bekannt. Die Wörter TEEKANNE und TEE POTT stimmten im Begriffsinhalt weitgehend überein. Ein Synonym für Kanne sei Krug, wobei die umgangssprachliche Bezeichnung Pott u. a. auch diese Bedeutung habe. Weiterhin bestehe wegen des beiden Marken gemeinsamen Bestandteils TEE die Gefahr eines gedanklichen In- Verbindung-Bringens. Sie - die Widersprechende - sei außerdem Inhaberin der Marken Teefix, Teehaus, Teeflott, Teeparadies, Teequick und Teeträume.

Die Markeninhaber beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie halten eine Verwechslungsgefahr mangels Markenähnlichkeit nicht für gegeben. Dem Gesamteindruck nach unterschieden sich beide Zeichen deutlich. Da der beiden Markenwörtern gemeinsame Bestandteile TEE lediglich warenbeschreibend sei und keinerlei Originalitäts- und Kennzeichnungswirkung habe, ergebe sich der Unterschied aus dem jeweiligen zweiten Wortteil. Der umgangssprachliche Begriff POTT und das hochsprachliche Wort KANNE stellten, wie lexikalisch belegbar, keine Synonyme dar. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr infolge gedanklichen In-Verbindung-Bringens genüge nicht jegliche gedankliche Assoziation. Die Übereinstimmung im warenbeschreibenden Markenbestandteilen TEE lasse gerade nicht den Schluss auf die gleiche betriebliche Herkunft zu.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet, weil die Vergleichsmarken keiner Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterliegen. Nach diesen Bestimmungen ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626 - IMS).

1. Die Ware "Tee" findet sich identisch in den Verzeichnissen beider Marken. Die sonstigen für die jüngere Marke registrierten Erzeugnisse in Klasse 30 und Dienstleistungen in Klasse 42 sind mit Tee ähnlich. Die in Klasse 5 enthaltenen pharmazeutischen bzw. diätetischen Waren können u. U. auch bestimmte Teesorten umfassen. Keine Warenähnlichkeit besteht bezüglich der Haushaltswaren in Klasse 21.

2. Zugunsten der Widersprechenden ist davon auszugehen, dass die Kennzeichnungskraft der Marke TEEKANNE aufgrund jahrzehntelanger Benutzung erhöht ist.

3. Gleichwohl besteht - auch soweit Warengleichheit und Dienstleistungsähnlichkeit vorliegt - keine Verwechslungsgefahr, weil die sich gegenüber stehenden Marken einander nicht hinreichend ähnlich sind.

a) Schriftbildlich gilt diese Beurteilung schon deshalb, weil es sich bei der jüngeren Marke um ein - zudem farbiges - Kombinationszeichen mit einem Bildbestandteil handelt. Aber auch die Wörter TEE POTT werden nicht als TEEKANNE gelesen und auch aus der manchmal undeutlichen Erinnerung heraus nicht mit diesem gleich gesetzt.

Klanglich sind die Unterschiede zwischen dem einsilbigen Wort POTT und dem zweisilbigen KANNE so unüberhörbar, dass auch bei Voranstellung des übereinstimmenden Wortes TEE keine phonetische Annäherung feststellbar ist.

Anders als das englischsprachige Wort pot bezeichnet der aus dem niederdeutschen Sprachbereich stammende (inzwischen aber in ganz Deutschland verbreitete) Begriff Pott - von der Bezeichnung eines Schiffes einmal abgesehen - keine Kanne, sondern einen Topf bzw. eine große Tasse, ein Haferl oder einen Trinkbecher. Pott und Kanne sind keine synonymen Begriffe, so dass keine sog. begriffliche Verwechslungsgefahr besteht.

b) Die Gefahr eines gedanklichen In-Verbindung-Bringens, bei der die Unterschiede beider Marken zwar an sich erkannt werden, jedoch aufgrund von Gemeinsamkeiten in prägenden Zeichenteilen auf ein- und dieselbe betriebliche Herkunft bzw. auf sonstige wirtschaftliche und organisatorische Verbindungen der Verwender geschlossen wird, ist im vorliegenden Fall gleichfalls nicht nahe liegend. Voraussetzung wäre nämlich, dass der für sich gesehen schutzunfähige, weil glatt warenbeschreibende Wortbestandteil TEE als hinweiskräftiger Stamm gewertet werden könnte. Beschreibende Angaben kommen aber nicht als Stammbestandteil von Serienmarken in Betracht, weil der Verkehr in ihnen nur einen Hinweis auf die betreffende Ware selbst (hier: Tee), nicht aber auf ein bestimmtes Unternehmen sieht (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9 Rdn. 484). Selbst wenn die Widersprechende also - wie sie glaubhaft vorträgt - über eine Zeichenserie mit dem Eingangsbestandteil "Tee" verfügt, wird der TEE POTT nicht für ein Serienzeichen der Widersprechenden gehalten, denn er fügt sich nicht in die Serie der Tee-Zeichen der Widersprechenden ein, da diese - Teefix, ~ haus, ~ flott, ~ paradies, ~ quick und ~ träume - allesamt kein Serienmuster bilden, indem keines der Serienzeichen ein Tee-Gefäß, nicht einmal ein Zubehör zum Teebereiten oder ~ trinken enthält.

Gründe: für eine Kostenauferlegung (gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG) sind nicht ersichtlich.

Winkler Sekretaruk Viereck Hu Abb. 1






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Beschluss v. 16.06.2004
Az: 32 W (pat) 21/03


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