Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Dezember 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 378/01

(BPatG: Beschluss v. 03.12.2002, Az.: 33 W (pat) 378/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist gegen die Schutzgewährung der für die Waren

"18: Cuir et imitations du cuir, produits en ces matières non compris dans d'autres classes; peaux d'animaux; malles et valises; parapluies, parasols et cannes; fouets et sellerie.

25: Vêtements confectionnes pour femmes, hommes et enfants; souliers (excepte orthopediques); chapellerie.

28 Jeux, jouets; articles de gymnastique et de sport non compris dans d'autres classes; decorations pour arbres de No‘l"

bestimmten Marke IR 663 083 siehe Abb. 1 am Endeaufgrund der für die Waren

"Oberbekleidungsstücke, Jacken, Mäntel, Hosen, Kopfbedeckungen, Westen, Pullover, Hemden, T-Shirts, Sweatshirts, Schuhe, Stiefel, sämtliche vorgenannten Waren insbesondere nach militärischer Art"

am 1. Februar 1995 eingetragenen Marke 2 901 085 ALPHA am 28. Februar 1997 Widerspruch erhoben worden.

Die Markenstelle für Klasse 18 IR hat den Widerspruch mit Beschluß vom 8. September 1999 zurückgewiesen und diese Entscheidung mit Erinnerungsbeschluß vom 9. Oktober 2001 bestätigt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe die Vergleichsmarken den erforderlichen Abstand einhalten würden. Die angegriffene Marke stimme in klanglicher Hinsicht in ihrem ersten Wortelement mit der Widerspruchsmarke überein. Die einzelnen Wortteile der angegriffenen Kennzeichnung stünden jedoch nicht eigenständig nebeneinander, sondern bildeten einen einheitlichen Gesamtbegriff. Die Art der Markenbildung, insbesondere die Schreibweise in einem einheitlichen Wort lasse die Marke als untrennbare Einheit erscheinen. Aus diesem Grund sei sowohl die Gefahr von klanglichen als auch von schriftbildlichen Verwechslungen ausgeschlossen.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor, daß der Verkehr die angegriffene Marke in seinem Erinnerungsbild als "ALPHA ADVENTURE" behalte. Der Bestandteil "Adventure" stelle einen beschreibenden Zusatz dahingehend dar, daß es sich um Waren handle, die ein entsprechendes Lebensgefühl vermittelten oder auch für Abenteuer (Ausflüge) verwendbar seien. Der Verkehr werde sich daher an dem Markenbestandteil "Alpha" orientieren, so daß der Gesamtbegriff durch diesen Bestandteil geprägt werde. Eine Verwechslungsgefahr liege daher vor. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse die Schutzgewährung der angegriffenen Marke IR 663 083 zu versagen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, daß der Wortteil "Alpha" der IR-Marke mit dem Wortteil "Adventure" eine untrennbare Einheit bilde, die durch die graphische Gestaltung der Wort-/Bildmarke weiter betont werde. Um zu einer Aufteilung der einzelnen Bestandteilen "Alpha" und "Adventure" zu kommen, bedürfe es einer Markenanalyse, zu der der Verkehr nicht neige. Darüber hinaus sei der Wortbestandteil "ALPHA" eher von geringer Kennzeichnungskraft, es fänden sich eine Reihe von deutschen und EU-Marken-Registrierungen in den fraglichen Warenklassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Auch der Senat hält die Gefahr von Verwechslungen der Marken gemäß §§ 107, 114 Abs 3 iVm § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht für gegeben. Die Markenstelle hat den Widerspruch daher zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Waren ab, wobei von dem Leitbild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen ist (vgl EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH aaO - Llyod; BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1999, 995, 997 - HONKA). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so daß zB ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke bzw durch einen höheren Grad an Warenähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRspr vgl BGH GRUR 2000, 603, 604 - Cetof/ETOP). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden.

Nachdem Benutzungsfragen hier nicht angesprochen worden sind, ist für die Frage der Warenähnlichkeit von der Registerlage auszugehen. Die Waren der Klassen 18 und 25 der jüngeren Marke sind - jedenfalls teilweise - mit den Waren der Widerspruchsmarke identisch.

Den insoweit erforderlichen größeren Abstand halten die Marken insbesondere nach ihrem klanglichen und schriftbildlichen Gesamteindruck ein. Dabei ist davon auszugehen, daß die jüngere Marke durch den Gesamtbegriff "Alphadventure" geprägt wird.

Grundsätzlich ist es nicht zulässig, aus einer angegriffenen jüngeren Marke ein Element herauszugreifen und dessen Übereinstimmung mit der Widerspruchsmarke festzustellen (BGH GRUR 1996 - Springende Raubkatze). Dies gilt insbesondere dann, wenn keinem der Markenteile eine so eigenständig kennzeichnende und insgesamt dominierende Bedeutung zukommt, daß darin der markenmäßige Schwerpunkt des Gesamtzeichens gesehen werden kann (BGH GRUR 1996, 775 - Sali Toft; GRUR 1998, 930 - Fläminger). So verhält es sich im vorliegenden Fall.

Die angegriffene Marke stimmt mit der Widerspruchsmarke im Wortanfang "Alpha" überein. Zweifelhaft ist insoweit bereits ob die angesprochenen Verkehrskreise - hier das allgemeine Publikum - die angegriffene Marke als Zusammensetzung der Begriffe "Alpha" und "Adventure" erkennen werden. Denn der Endvokal von "Alpha" bildet gleichzeitig den Anfangsvokal von "adventure". Verstärkt durch die graphische Ausgestaltung der Marke ist daher davon auszugehen, daß ein erheblicher Bestandteil der angesprochenen Verkehrskreise bei den entsprechend gekennzeichneten Alltagswaren die angegriffene Marke nicht zergliedernd in ihre Bestandteile zerlegt.

Der Teil der angesprochenen Verkehrskreise, der die Marke als Zusammensetzung aus zwei Begriffen wahrnimmt, wird sich jedoch nicht nur an dem Markenbestandteil "Alpha" als allein prägendem Bestandteil orientieren. Zwar trägt die Widersprechende zutreffend vor, daß der Markenbestandteil "adventure" jedenfalls einen beschreibenden Anklang dahingehend vermittelt, daß die so gekennzeichneten Waren ein entsprechendes Lebensgefühl vermitteln oder auch für Abenteuer (Ausflüge) verwendet werden können. Aber auch der Markenbestandteil "Alpha" ist, worauf die Inhaberin der angegriffenen Marke zu Recht hinweist - entgegen der Auffassung der Widersprechenden - eher von geringer Kennzeichnungskraft. Die Markeninhaberin hat zutreffend auf eine entsprechende nicht unerhebliche Anzahl von Markenregistrierungen in der Warenklasse 25 hingewiesen, die den Bestandteil "ALPHA" enthalten, so daß bereits von einer von Haus aus bestehenden Kennzeichnungsschwäche auszugehen ist. Abgesehen davon werden Drittmarken mit dem Bestandteil "Alpha" unstreitig auch benutzt.

Der Verkehr wird sich daher in jedem Fall bei der angegriffenen Marke an dem Gesamtwort orientieren. Zwischen den Marken "Alphadventure" und "ALPHA" sind die Abweichungen in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht jedoch so erheblich, daß eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden kann.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, aus Gründen der Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.

Winklerv. Zglinitzki Dr. Hock Cl/Fa Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/33W(pat)378-01.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 03.12.2002
Az: 33 W (pat) 378/01


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