Bundesverfassungsgericht:
Beschluss vom 18. Mai 2009
Aktenzeichen: 1 BvR 1731/05

(BVerfG: Beschluss v. 18.05.2009, Az.: 1 BvR 1731/05)

Tenor

Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen eine kartellrechtliche Untersagungsverfügung und diese bestätigende fachgerichtliche Entscheidungen.

1. a) Die Beschwerdeführerin zu 1) ist eine Aktiengesellschaft, die zu 75,2 % von der Frankfurt am Main Holding GmbH gehalten wird, welche ihrerseits vollständig im Besitz der Beschwerdeführerin zu 2) ist. Die Beschwerdeführerin zu 1) betreibt das in ihrem Eigentum stehende Stromversorgungsnetz auf dem Gebiet der Beschwerdeführerin zu 2). Im Jahr 2002 verwehrte die Beschwerdeführerin zu 1) mehreren so genannten Arealnetzbetreibern den Anschluss an ihr Mittelspannungsnetz zu den üblichen Nutzungsbedingungen.

b) Wegen des verweigerten Netzzugangs beantragten zwei Arealnetzbetreiber ein Missbrauchsverfahren gegen die Beschwerdeführerin zu 1). Das Bundeskartellamt gab der Beschwerdeführerin zu 1) daraufhin mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 8. Oktober 2003 auf, den Arealnetzbetreibern in bestimmtem Umfang den Zugang zu ihrem Mittelspannungsnetz zu gewähren. Es sah in der Weigerung der Beschwerdeführerin zu 1) den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (§ 19 Abs. 1 und 4 Nr. 1 und 4 GWB) und einen Verstoß gegen das Behinderungsverbot (§ 20 Abs. 1 GWB).

c) Die Beschwerdeführerin zu 1) legte gegen den Beschluss des Bundeskartellamtes Beschwerde zum Oberlandesgericht Düsseldorf ein. Mit seinem hier angegriffenen Beschluss vom 23. Juni 2004 wies das Gericht das Rechtsmittel zurück und ließ die Rechtsbeschwerde zu.

d) Während des laufenden Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht beantragte die Beschwerdeführerin zu 2) bei dem Bundeskartellamt ihre Beiladung zu dem kartellrechtlichen Verwaltungsverfahren gegen die Beschwerdeführerin zu 1). Das Bundeskartellamt lehnte die Beiladung ab. Hiergegen legte die Beschwerdeführerin zu 2) Beschwerde zum Oberlandesgericht Düsseldorf ein. Mit Beschluss vom 1. Februar 2007 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf bis zur Entscheidung über die vorliegenden Verfassungsbeschwerden das Beschwerdeverfahren ausgesetzt.

e) Die Rechtsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf wies der Bundesgerichtshof mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 28. Juni 2005 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus: Die Rüge, das Beschwerdegericht habe zu Unrecht eine Entscheidung getroffen, ohne dass zuvor die Beschwerdeführerin zu 2) zum Kartellverwaltungsverfahren beigeladen worden sei, bleibe ohne Erfolg, weil ein Fall der notwendigen Beiladung nicht vorgelegen habe. Die notwendige Beiladung setze die Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte des Beigeladenen voraus, an der es hier fehle. Eine Beeinträchtigung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) sei nämlich nicht ersichtlich. Zwar gehöre die Energieversorgung als Aufgabe der Daseinsvorsorge zu dem Aufgabenbereich, den die Kommunen in eigener Verantwortung ohne staatliche Eingriffe erfüllen könnten, jedoch gewähre ihnen das Recht der kommunalen Selbstverwaltung keine Sonderstellung gegenüber anderen Adressaten kartellrechtlicher Verbote, wenn sie sich privatrechtlicher Mittel bedienten. Die öffentliche Hand sei dann wie jeder andere Anbieter oder Nachfrager an die Verbote des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und der unbilligen Behinderung gebunden.

Auch in der Sache habe die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Zu Recht habe das Beschwerdegericht die Voraussetzungen der marktbeherrschenden Stellung nach § 19 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 4 GWB und deren Missbrauch bejaht.

2. a) Die Beschwerdeführerin zu 1) rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG. Insbesondere sei § 19 Abs. 4 Satz 4 GWB zumindest insoweit mit ihren Grundrechten unvereinbar, als danach örtliche Allgemeinversorger verpflichtet sind, Arealnetzbetreibern den Anschluss an ihr Mittelspannungsnetz zu den gleichen Bedingungen wie den übrigen Endverbrauchern zu gewähren.

aa) Sie, die Beschwerdeführerin zu 1), sei beschwerdebefugt. Soweit das Bundesverfassungsgericht (3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 16. Mai 1989 - 1 BvR 705/88 -, NJW 1990, S. 1783) die Grundrechtsberechtigung eines Energieversorgers, der sich zu etwa 72 % in öffentlicher Hand befunden habe, verneint habe, sei an dieser Sichtweise nicht festzuhalten. Bei derartigen gemischtwirtschaftlichen Unternehmen sei aus Gründen der Rechtssicherheit ein eindeutiges Kriterium zur Feststellung der Grundrechtsberechtigung erforderlich. In Einklang mit der herrschenden Meinung sei von einer Grundrechtsberechtigung auszugehen, sobald eine private Mitbeteiligung an einer juristischen Person des Privatrechts vorhanden sei. Auch mache der öffentliche Charakter der Energieversorgung diese nicht zu einer Staatsaufgabe. Auch wenn das Grundgesetz dem Staat eine sozialstaatliche Gewährleistungsverantwortung für die Energieversorgung auferlege, verlange es insoweit keine staatliche Eigenvornahme. Wenn der Bundesgerichtshof davon ausgehe, dass kommunalen Versorgungsunternehmen keine Sonderstellung gegenüber anderen Adressaten kartellrechtlicher Verbote zukomme, spreche dies im Gegenzug dafür, die Grundrechtsberechtigung zumindest dann zu bejahen, wenn sich ein Elektrizitätsversorger wie jeder andere private Marktteilnehmer gegen kartellrechtliche Verbote zur Wehr setzen wolle.

bb) (1) § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB verstoße jedenfalls in der Auslegung, die er durch den Bundesgerichtshof erfahren habe, gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Danach handele es sich bei der dort angeordneten Annahme eines Missbrauchs im Falle der Verweigerung der Zugangsgewährung zum Netz zwar um keine Enteignung, sondern eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums. Die Verpflichtung, einem Konkurrenten gleichberechtigten Zugang zu der Nutzungsmöglichkeit an dem Netz zu verschaffen, bedeute aber eine besonders intensive Verkürzung der Privatnützigkeit des Eigentums, die allenfalls dann noch angemessen sei, sofern die Nachteile für den Allgemeinversorger etwa über das angemessene Entgelt gem. § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB ausgeglichen würden.

(2) Hinsichtlich der Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG gelte im Wesentlichen das Gleiche. Art. 12 GG verbürge die unternehmerische Dispositionsfreiheit, die durch gesetzliche Kontrahierungszwänge beschränkt werde.

b) Die Beschwerdeführerin zu 2) rügt eine Verletzung ihres Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit ihrer kommunalen Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 28 Abs. 2 GG, weil sie nicht zu dem Verfahren gegen die Beschwerdeführerin zu 1) beigeladen worden sei, obwohl die Entscheidung des Bundeskartellamts ihre von Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistete kommunale Selbstverwaltungsgarantie betreffe. Sie meint, eine Anhörungsrüge gemäß § 321 a ZPO sei nicht angezeigt gewesen, weil bereits das Oberlandesgericht Düsseldorf die Beiladung abgelehnt und der Bundesgerichtshof dies nicht als Verfahrensmangel angesehen habe.

In der Sache vertritt sie die Auffassung, ihr stünden die prozessualen Grundrechte jedenfalls insoweit zu, wie sie an gerichtlichen Verfahren beteiligt werde, und darüber hinaus auch dann, wenn ihr Recht zur Beteiligung an einem Verfahren fehlerhaft verneint werde, obwohl Rechtspositionen, die ihr durch das Grundgesetz € hier Art. 28 Abs. 2 GG € gewährt würden, zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht worden seien. Ein solcher Fall liege hier vor, weil die Entscheidung des Bundeskartellamts ihr Recht aus Art. 28 Abs. 2 GG verletze. Dies habe der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung verkannt. Die Energieversorgung gehöre zu den Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge. Staatliche Regelungen, die wie der in § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB vorgesehene Anschlusszwang gemeindliche Eigenbetriebe oder Beteiligungsunternehmen zum Vorteil privater Versorgungsunternehmen in die Pflicht nähmen, bedürften daher einer Rechtfertigung im Sinne des Art. 28 Abs. 2 GG. Zudem dürfe der Gesetzgeber die Erledigung der in gemeindlicher Verantwortung verbleibenden Restaufgaben nicht unzulässig behindern.

II.

Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungsbeschwerden haben keine grundsätzliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerinnen aus § 90 Abs. 1 BVerfGG angezeigt, denn sie sind bereits unzulässig.

1. Der Beschwerdeführerin zu 1) fehlt es an der erforderlichen Beschwerdebefugnis, denn sie ist im Hinblick auf die von ihr geltend gemachten Grundrechte gem. Art. 19 Abs. 3 GG nicht grundrechtsfähig.

Die Grundrechte dienen vorrangig dem Schutz der Freiheitssphäre des einzelnen Menschen als natürlicher Person gegen Eingriffe der staatlichen Gewalt. Juristische Personen als Grundrechtsinhaber anzusehen und sie in den Schutzbereich bestimmter materieller Grundrechte einzubeziehen ist daher nur dann gerechtfertigt, wenn deren Bildung und Betätigung Ausdruck der freien Entfaltung der privaten natürlichen Personen ist, insbesondere wenn der €Durchgriff€ auf die hinter ihnen stehenden Menschen es als sinnvoll und erforderlich erscheinen lässt (vgl.BVerfGE 21, 362 <369>; 61, 82 <101>; 68, 193 <205 f.> ). Das ist jedenfalls insoweit nicht der Fall, als die juristische Person des öffentlichen Rechts öffentliche Aufgaben wahrnimmt (vgl.BVerfGE 21, 362 <369 f.>; 26, 228 <244>; 35, 263 <271>; 39, 302 <312 f.>; 45, 63 <78>; 61, 82 <101>; 68, 193 <206>; 70, 1 <15> ). Dieser zunächst für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgesprochene Grundsatz beansprucht seiner Begründung nach gleichfalls für der Form nach juristische Personen des Privatrechts Geltung, wenn diese sich überwiegend im Eigentum der öffentlichen Hand befinden; auch diese können sich daher nicht auf den Schutz der materiellen Grundrechte berufen, soweit sie bestimmungsgemäß öffentliche Aufgaben wahrnehmen und in dieser Funktion von dem angegriffenen Hoheitsakt betroffen sind (vgl.BVerfGE 45, 63 <79 f.>; 68, 193 <212 f.>; 70, 1 <15>).

Das Bundesverfassungsgericht hat hiervon ausgehend die Frage, ob sich ein mehrheitlich in öffentlicher Hand befindliches Stromversorgungsunternehmen auf materielle Grundrechte berufen kann, bereits ausdrücklich verneint (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 16. Mai 1989 € 1 BvR 705/88 €, NJW 1990, S. 1783). Anlass, von dieser Judikatur abzuweichen, besteht jedenfalls im vorliegenden Fall nicht. Denn die Beschwerdeführerin zu 1) wird von einer vollständig im Besitz der Beschwerdeführerin zu 2), einer Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts, stehenden Gesellschaft mit qualifizierter Mehrheit von über 75 % des Grundkapitals (vgl. § 179 Abs. 2 AktG) beherrscht und unterliegt daher in noch höherem Maße als die seinerzeitige Beschwerdeführerin dem bestimmenden Einfluss eines Hoheitsträgers (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auchBVerfGE 115, 205 <227 f.> ). Die Beschwerdeführerin zu 1) trägt auch keine besonderen Umstände vor, die ihre Beherrschung durch die Beschwerdeführerin zu 2) trotz deren qualifizierter Mehrheit vorliegend in Frage stellen könnten, sondern sie bezieht sich zur Begründung ihrer Verfassungsbeschwerde auf ein Rechtsgutachten, welches ausdrücklich von einem €faktisch beherrschenden Einfluss€ der Beschwerdeführerin zu 2) ausgeht. Infolgedessen trifft auch auf sie die für Eigengesellschaften der öffentlichen Hand geltende Erwägung zu, dass ein Hoheitsträger nicht durch die Gründung einer juristischen Person des Privatrechts die eigene Grundrechtsbindung abstreifen und mittelbar eine eigene Grundrechtsfähigkeit erwerben darf (vgl.BVerfGE 45, 63 <80> ). Die Kammer hält zudem daran fest, dass die von der Beschwerdeführerin zu 1) wahrgenommene Energieversorgung als öffentliche Aufgabe zu qualifizieren ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2008 - 1 BvR 1914/02 -, Rn. 12 m.w.N. - JURIS). Darauf, ob sie unter heutigen Bedingungen zugleich die Voraussetzungen der überkommenen Kategorie der Daseinsvorsorge erfüllt, kommt es demgegenüber nicht entscheidend an

2. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 2) ist gleichfalls unzulässig, denn ihr steht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Dieser fordert, dass ein Beschwerdeführer über das Gebot der Rechtswegerschöpfung im engeren Sinn hinaus die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur des geltend gemachten Verfassungsverstoßes zu erreichen oder diesen zu verhindern (vgl.BVerfGE 73, 322 <325>; 77, 381 <401>; 81, 22 <27>; 86, 15 <22>; 95, 163 <171> ; stRspr). Diesem Erfordernis hat die Beschwerdeführerin zu 2) aber nicht genügt. Denn sie hat es unterlassen, gegen den verfahrensgegenständlichen Beschluss des Bundeskartellamts vom 8. Oktober 2003 eine eigene Beschwerde nach § 63 Abs. 2 GWB einzulegen, obwohl dieses Rechtsmittel nicht von vornherein aussichtslos war.

Zwar sieht die Vorschrift des § 63 Abs. 2 GWB eine Beschwerdebefugnis nur für Verfahrensbeteiligte vor, während die Beschwerdeführerin zu 2) gerade nicht zu dem Verwaltungsverfahren beigeladen worden war. Indes wurde schon unter Geltung der Vorgängernorm (§ 62 Abs. 2 GWB a.F.) sowohl von Teilen der Literatur als auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertreten, dass die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG eine extensive Auslegung des Beschwerderechts erfordere, um es auch demjenigen nicht formal Verfahrensbeteiligten zu eröffnen, der geltend machen könne, von der angefochtenen Verfügung in eigenen Rechten betroffen zu sein (vgl. KG, Beschlüsse vom 12. Januar 1982 € Kart. 14/81 €, WuW/E OLG 2720 und vom 26. Juni 1991 € Kart. 23/89 €, WuW/E OLG 4811); diese Auffassung wird auch zu dem gleichlautenden § 63 Abs. 2 GWB n.F. weiterhin vertreten (vgl. Immenga/Mestmäcker-K. Schmidt, Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2007, § 63 Rn. 22; eingehend Dormann, WuW 2000, 245 ff.; einschränkend OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. März 2004 € VI-Kart 37/03 (V) €, WuW/E DE-R 1291). Mit einem allerdings erst nach Abschluss des hier zugrundeliegenden Ausgangsverfahrens ergangenen Beschluss hat auch der Bundesgerichtshof sich dieser Auffassung angeschlossen (vgl. BGH, Kartellsenat, Beschluss vom 7. November 2006 € KVR 37/05 €, NJW 2007, S. 607). Die Entscheidung betrifft zwar unmittelbar nur das Fusionskontrollverfahren, kann aber ihren tragenden Erwägungen nach auch auf andere Kartellverfahren übertragen werden (vgl. Bechtold, NJW 2007, S. 562 <563>).

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführerin zu 2) die mangelhafte Ausschöpfung der ihr zu Gebote stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten durch die Fachgerichte vorliegend nicht entgegenhalten werden könnte, weil diese von vornherein aussichtslos gewesen wäre. Insbesondere kann sie sich nicht darauf berufen, dass sie eine Beschwerde gem. § 63 GWB erst nach Ablauf der Frist des § 66 GWB hätte einlegen können, weil ihr die Verfügung des Bundeskartellamts vorher nicht bekannt geworden sei. Denn die Frist dürfte ihr gegenüber überhaupt erst im Fall einer Zustellung der Verfügung an sie in Lauf gesetzt worden sein (vgl. Immenga/Mestmäcker-Schmidt, a.a.O., § 66 Rn. 8). Sollte ihr die Verfügung aber zugestellt worden oder anders bekannt geworden sein, ohne dass sie fristgerecht die Beschwerde erhoben hätte, so läge gerade hierin der Verstoß gegen den Grundsatz der Subsidiarität. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 2) hellt die diesbezüglichen Umstände nicht auf, da sie sich hierzu ebenso wenig verhält wie zu der Frage, warum sie nicht früher ihre Beiladung beantragt hat, und auch die Entscheidung des Bundeskartellamts, mit der ihre Beiladung abgelehnt worden ist, nicht vorgelegt hat.

Die Beschwerde kann schließlich auch nicht deshalb als von vornherein aussichtsloses Rechtsmittel angesehen werden, weil beide Fachgerichte, wie oben ausgeführt, eine Verletzung der Beschwerdeführerin zu 2) in ihrem Recht aus Art. 28 Abs. 2 GG bereits verneint haben. Denn mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin zu 2) gerade nicht einen Verstoß gegen diese materielle Grundrechtsposition, sondern allein, dass sie keine Gelegenheit gehabt habe, ihre Rechtsauffassung den Gerichten darzulegen. Dieses wäre ihr aber durch die Einreichung eines Beschwerdeschriftsatzes, den die Gerichte jedenfalls hätten bescheiden müssen, möglich gewesen.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BverfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.






BVerfG:
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Az: 1 BvR 1731/05


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