Verwaltungsgericht Regensburg:
Urteil vom 20. Februar 2014
Aktenzeichen: RN 5 K 12.1758

(VG Regensburg: Urteil v. 20.02.2014, Az.: RN 5 K 12.1758)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem einem Antrag des Beigeladenen auf Informationsgewährung nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) zum Betrieb der Klägerin, der Geflügel schlachtet und verarbeitet, stattgegeben wurde.

Bereits unter dem 20.6.2012 gab das Landratsamt Straubing-Bogen einem Antrag des Beigeladenen statt, ihm Informationen aus den Jahren 2009, 2010 und 2011 betreffend den Betrieb der Klägerin in ... B..., die § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG unterfallen, zu erteilen.

Hiergegen erhob die Klägerin Anfechtungsklage, die unter dem Az. RN 5 K 12.1115 geführt wird.

Unter dem 1.9.2012 beantragte der Beigeladene beim Landratsamt erneut eine Auskunftserteilung für die Jahre 2010, 2011 und 2012 gemäß €§ 2 Abs. 1 Nr. 1 VIG (n.F.)€.

Nach Anhörung der Klägerin lehnte das Landratsamt mit Bescheid vom 6.11.2012 den Antrag bezüglich der Jahre 2010 und 2011 ab (Nr. 1). Bezüglich des Jahres 2012 (bis 1.9.2012) gab es dem Antrag statt (Nr. 2). Der Informationszugang werde wie folgt gewährt:

€Der Beigeladene erhält Ablichtungen von Dokumenten zu den dem Landratsamt bekannten nicht zulässigen Abweichungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 VIG sowie den hierzu getroffenen Maßnahmen und Entscheidungen mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten (Namen, Adressen, Geburtsdaten etc.) unkenntlich gemacht werden.

Die Übersendung der Ablichtungen erfolgt 14 Tage nach Bekanntgabe dieses Bescheides gegenüber der Firma D...€

Hinsichtlich der Begründung wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen. Der Klägerin wurden mit der Bekanntgabe des Bescheids auch Ablichtungen der zur Weitergabe an den Beigeladenen vorgesehenen Unterlagen übersandt.

Am 16.11.2012 ließ die Klägerin Widerspruch gegen Bescheid einlegen, soweit danach die beantragte Auskunft erteilt werden soll. Den Widerspruch hat die Regierung von Niederbayern mit Widerspruchsbescheid vom 6.2.2014 zurückgewiesen. Er sei nach Art. 15 Abs. 2 AGVwGO unzulässig, da das Verfahren keinen in Art. 15 Abs. 1 AGVwGO aufgelisteten Rechtsbereich betreffe.

Ebenfalls mit Schriftsätzen vom 16.11.2012, die bei Gericht am 19.11.2012 eingegangen sind, ließ die Klägerin Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Landratsamtes Straubing-Bogen vom 6.11.2012 betreffend Nr. 2 erheben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beantragen. Das Eilverfahren wurde unter dem Az. RN 5 S 12.1757 geführt.

Die Klage sei begründet. Der Antrag des Beigeladenen sei rechtsmissbräuchlich, weshalb ihn das Landratsamt gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG hätte ablehnen müssen. Der Beigeladene befinde sich in Strafhaft, sei mithin kein Verbraucher im Sinne der lebensmittelrechtlichen Vorschriften. Zweck des Auskunftsbegehrens sei ausschließlich, der Klägerin Schaden zuzufügen, insbesondere durch eine Zusammenarbeit des Beigeladenen mit der Organisation P... e.V., an die er die Informationen weiterleiten wolle. Der P... e.V. führe seit einiger Zeit über Internet und ausgewählte Medien eine Kampagne gegen die Klägerin, im Rahmen derer die Handelspartner der Klägerin aufgerufen würden, wegen angeblicher extrem tierquälerischer Zustände in den Betrieben der Klägerin keine Produkte der Klägerin mehr zu vertreiben.

Das Verbraucherinformationsgesetz sei (teilweise) verfassungswidrig. Es fehle eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung für die dort vorgesehenen Informationsgewährungen. Die Vorschriften seien teilweise unbestimmt und verstießen gegen das Gebot der Normenklarheit. Es sei mit dem Rechtstaatsgebot und dem Gedanken der Unschuldsvermutung nicht vereinbar, wenn auch nicht rechtskräftige Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften bekannt gegeben würden. Es verstoße zudem gegen die verfassungsrechtlich gewährleistete Rechtsweggarantie und den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, wenn die Klägerin wegen der Beteiligung des Beigeladenen im Verfahren daran gehindert sei, ihre betroffenen Belange im Zusammenhang mit Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen und personenbezogenen Daten vorzutragen, geschweige denn den entsprechenden Vortrag unter Beweis zu stellen. Denn dadurch würden diese Belange dem Beigeladenen bekannt. Hinzuweisen sei zudem darauf, dass das Landratsamt über die vom Beigeladenen begehrten Informationen gar nicht verfüge. Jedenfalls seien behördliche Hinweise oder behördliche mündliche Belehrungen keine Verstöße oder Abweichungen im Sinne des Gesetzes. Auch würden durch die Erteilung der Informationen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Klägerin, jedenfalls sonstige wettbewerbsrelevante Informationen, die in ihrer Bedeutung im Betrieb mit einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vergleichbar seien, offenbart werden. Die Erteilung von Informationen in der beabsichtigten Art und Weise sei nicht möglich, ohne dass der Beigeladene Informationen über Organisation, Betriebsabläufe, von der Klägerin eingesetzte Techniken und Einzelheiten aus dem Produktionsprozess erlange. Aus den Protokollen über die planmäßigen Betriebskontrollen, deren Übersendung in Kopie durch das Landratsamt Straubing-Bogen beabsichtigt sei, ergäben sich die Aufteilungen der Produktion in verschiedene Produktionsbereiche sowie deren Beschreibungen. Außerdem würden dort verschiedene im Betrieb eingesetzte Maschinen und Bearbeitungsverfahren beschrieben. Daraus ergäben sich konkrete Informationen über die Verfahren und die Organisation des Betriebs, die nicht offenkundig seien und an deren Nichtverbreitung die Klägerin insbesondere im Hinblick auf ihre Konkurrenz ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse habe. Bei der Herausgabe der Daten würde der Klägerin in Bezug auf ihre Konkurrenz ein unwiederbringlicher Nachteil entstehen.

Des Weiteren scheide der Auskunftsanspruch aufgrund privater Belange der Klägerin sowie hinter der Klägerin stehender und am Verwaltungsverfahren beteiligter natürlicher Personen aus. Es würden gesetzeswidrig personenbezogene Daten veröffentlicht. Die Schriftstücke, die dem Beigeladenen in Kopie übersandt werden sollen, enthielten die Firmenbezeichnung der Klägerin. Diese und auch die bei der Klägerin beschäftigten natürlichen Personen müssten damit rechnen, mit rufschädigenden Unterstellungen und Angriffen konfrontiert zu werden. Es habe bereits Drohungen und Sachbeschädigungen gegeben.

Auch der Widerspruchsbescheid sei rechtswidrig. Nach Art. 15 Abs. 3 Satz 2 AGVwGO würden § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 VwGO sowie sonstige abweichende Regelungen in anderen Gesetzen und Rechtsverordnungen unberührt bleiben. Hier gelte § 5 Abs. 5 VIG, wonach im Falle einer Entscheidung über einen Antrag auf Informationszugang ein Vorverfahren auch dann stattfinde, wenn die Entscheidung von einer obersten Bundes- oder Landesbehörde erlassen worden sei. Hieraus ergebe sich, dass ein Widerspruchsverfahren durchgeführt werden könne. Dies folge aus einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 5.8.2009 (Az. 11 CS 09.2081 <juris>) zu der inhaltsgleichen Regelung des § 55 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG).

Im Eilrechtsschutzverfahren hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 8.1.2013 angeordnet (Az. RN 5 S 12.1757). Bezüglich der Begründung wird auf den Inhalt des Beschlusses verwiesen.

Am 15.1.2013 hat der Berichterstatter den Beklagten aufgefordert, abstrakt zu beschreiben, welche Informationen dem Beigeladenen erteilt werden sollen. Sodann habe das Gericht über die Möglichkeit eines Beweisbeschlusses zur Aktenvorlage dieser Informationen zu entscheiden.

Mit Schreiben vom 4.2.2013 beschrieb das Landratsamt Straubing-Bogen die Informationen, die dem Beigeladenen erteilten werden sollen, wie folgt:

- Feststellungen zu irreführenden Bezeichnungen von Produkten im Sinne von § 11 LFGB (Deklarationsmängel)

- Kontrollberichte mit Feststellungen von Mängeln in Bezug auf die Betriebs- und Prozesshygiene

- Anordnungen wegen der Feststellung von Mängeln

- Sanktionierungen nach dem OWiG

Hinweis hierzu: Die Bevollmächtigten der Klägerin haben die vorgesehene Herausgabe von Dokumenten zu Ordnungswidrigkeitenverfahren bereits im Rahmen der Klagebegründung vom 16.11.2012 auf Blatt 23 unter Ziffer 5 selbst dargestellt. Eine vorhergehende Darstellung in dieser Form ist seitens des Landratsamtes Straubing-Bogen nicht erfolgt.

In den fraglichen Dokumenten sind entsprechend Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides auch die persönlichen Daten unkenntlich gemacht.

Am 19.3.2013 hat der Berichterstatter der zur Entscheidung berufenen Kammer folgenden Beweisbeschluss erlassen:

Zum Beweis dafür, dass die beim Beklagten vorliegenden und vom Beigeladenen begehrten Verbraucherinformationen schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie schützenswerte personenbezogene Daten der Klägerin enthalten, ist Beweis zu erheben durch Vorlage des beim Landratsamt Straubing-Bogen befindlichen, die Verbraucherinformationen enthaltendenden Aktengehefts. Das Landratsamt hat das Aktengeheft ab dem 16.4.2013 vorzulegen.

Die Frage, ob die Akten des Landratsamts Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie personenbezogene Daten enthalten, die den Anspruch des Beigeladenen wegen entgegenstehender privater Belange ausschließen (vgl. § 3 Satz 1 Nrn. 2 c) und 2 a) VIG) sei entscheidungserheblich, da die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin nicht greifen würden. Die bereits mitgeteilten €abstrakten€ Informationen würden als Entscheidungsgrundlage zur Prüfung dieser Frage nicht ausreichen. Ferner könne nur anhand der Akten geprüft werden, ob die vom Beklagten vorgenommenen Streichungen ausreichend seien, um personenbezogene Daten zu schützen.

Daraufhin beantragte die Klägerin die Durchführung eines Zwischenverfahrens gemäß § 99 Abs. 2 VwGO beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit der vom Verwaltungsgericht beschlossenen Aktenvorlage feststellen zu lassen.

Mit Beschluss vom 2.7.2013 (Az. G 13.2 <juris>) lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Entscheidung nach § 99 Abs. 2 VwGO ab. Der Antrag sei (derzeit) unzulässig, da das Gericht der Hauptsache die Beweiserheblichkeit der betreffenden Akten bejahen müsse. Erforderlich sei insoweit eine förmliche Verlautbarung der Kammer. Ein Beweisbeschluss des Berichterstatters genüge nicht. Deshalb fehle es an einem tauglichen Antragsgegenstand. Die im Beweisbeschluss angeforderten Unterlagen müssten nicht zwingend entscheidungserheblich für die Feststellung sein, wie weit der vom Beigeladenen geltend gemachte Informationsanspruch reiche und ob materielle Geheimhaltungsgründe des Fachrechts entgegenstehen. Dies gelte zunächst für die zwischen den Beteiligten streitigen Fragen in Bezug auf die Vereinbarkeit der Regelungen des Verbraucherinformationsgesetzes mit höherrangigem Recht. Ferner könne auch ohne Akten abstrakt entschieden werden, wie § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG (€von den zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen€) auszulegen sei. Ähnliches gelte € bei einer Bejahung derartiger Abweichungen € für sich anschließende Folgefragen in Bezug auf einem Auskunftsanspruch entgegenstehende Belange. Diese Fragen seien zunächst durch den zuständigen Spruchkörper des Gerichts zu klären, gegebenenfalls nach weiterer Umschreibung der freigegebenen Auskünfte durch das Landratsamt und unter Differenzierung zwischen den streitigen Einzelinformationen. Hinsichtlich der Begründung im Übrigen wird auf den Inhalt des Beschlusses verwiesen.

Daraufhin betonte die Klägerin, dass die im streitgegenständlichen Aktengeheft enthaltenen Informationen Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Privatpersonen (Angestellte der Klägerin) betreffen würden und nicht solche gegen die Klägerin. Ferner könne sich ein Auskunftsanspruch nur ergeben, wenn lebensmittelrechtliche Verstöße in einem Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafverfahren rechtskräftig festgestellt worden seien. Der Begriff der €von den zuständigen Stellen festgestellten nicht zulässigen Abweichungen€ müsse in diesem Sinne einschränkend ausgelegt werden. Darüber hinaus würden €unzulässige Abweichungen€ in jedem Fall die Verletzung einer gesetzlichen Bestimmung voraussetzen. In keiner gesetzlichen Bestimmung stehe aber, wie viele Handtuchspender an einer Stelle vorhanden sein müssten oder ob und welche Holzpaletten in einem Separatorenraum verwendet werden dürften. Entsprechende Verpflichtungen könnten allenfalls aufgrund einer bestandskräftigen Anordnung entstehen. Erteile die Vollzugsbehörde € wie im Fall der Klägerin € lediglich einen Hinweis, so sei dies vom Auskunftsanspruch nach dem Verbraucherinformationsgesetz nicht erfasst.

In verfassungsrechtlicher Hinsicht sei noch auszuführen, dass die Rechte des Unternehmers auf informationelle Selbstbestimmung und freie Berufsausübung auch dadurch verletzt würden, dass die an die Verbraucher herauszugebenden Informationen in zeitlicher Hinsicht nicht eingegrenzt würden. Der Gesetzgeber habe aufgrund der weitreichenden wirtschaftlichen Folgen eine Ausschlussfrist vorsehen müssen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Landratsamtes Straubing-Bogen vom 6.11.2012 sowie den Widerspruchsbescheid der Regierung von Niederbayern vom 6.2.2014 aufzuheben und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Antrag des Beigeladenen sei nicht rechtsmissbräuchlich. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Beigeladene über die Möglichkeit eines Gefangeneneinkaufs Produkte der Klägerin beziehen könne. Kontakte des Beigeladenen mit dem Verein P... seien insoweit für das Verfahren unerheblich, da ein Informationsaustausch unter Verbrauchern gesetzlich nicht verboten sei.

Das Landratsamt verfüge auch über die begehrten Informationen. Das Gesetz sei ersichtlich nicht verfassungswidrig. Soweit sich die Klägerin gegen die Zugänglichmachung von Informationen über Bußgeldbescheide wende, die an ein Fehlverhalten des verantwortlichen Produktionsleiters anknüpfen, müsse darauf hingewiesen werden, dass die Sanktionen auf der Basis des § 30 OWiG erfolgt seien. Danach müsse sich die Klägerin das Verhalten maßgeblicher Entscheidungsträger innerhalb der Firma zurechnen lassen, weshalb die Beschäftigten insoweit nicht als Privatpersonen handeln würden, sondern in Ausübung ihrer betrieblichen Tätigkeit. Schutzwürdige personenbezogene Daten würden im Übrigen unkenntlich gemacht.

Was den Belang des § 3 Satz 1 Nr. 2 c) VIG n.F. (Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen) betreffe, sei darauf hinzuweisen, dass Informationen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 VIG gemäß § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG nicht der Beschränkung des § 3 Satz 1 Nr. 2 c) VIG unterfallen würden.

Der Beigeladene hat sich im Verfahren ohne eigene förmliche Antragstellung geäußert.

Mit Schreiben vom 17.2.2014 hat das Landratsamt Straubing-Bogen die Dokumente, die in Kopie an den Beigeladenen weitergegeben werden sollen, nochmals in Form abstrakter Beschreibungen wie folgt präzisiert:

- 2 Bußgeldbescheide gegen Beschäftigte in Leitungsfunktion; jeweils rechtskräftig

- 3 Anordnungen zur Mängelbeseitigung; es handelt sich hier um keine förmlichen Bescheide. Die Anordnungen beinhalten aber jeweils eine Darstellung der Mängel, eine Darstellung der geforderten Maßnahmen und eine Fristsetzung. Es sind hier alle Merkmale eines Verwaltungsaktes im Sinne von Art. 35 BayVwVfG gegeben. Die Anordnungen sind auch rechtskräftig. Zwar ist keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten, die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO ist aber bereits verstrichen.

- 3 Kontrollberichte mit mündlicher Anordnung/Belehrung

In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht die Sach- und Rechtslage unter Zugrundelegung der Beschreibung der Informationen durch das Landratsamt ausführlich erörtert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die Akten des Landratsamts Straubing-Bogen zum Informationsgewährungsverfahren des Beigeladenen, die dem Gericht vorgelegen haben, Bezug genommen. Die die Klägerin betreffenden Akten, welche die vom Beigeladenen begehrten Informationen enthalten, lagen dem Gericht nicht vor.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Soweit der angegriffene Bescheid des Landratsamts Straubing-Bogen dem Antrag des Beigeladenen auf Informationszugang stattgibt, ist er rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Die zur Entscheidung berufene Kammer ist in der Lage, über die Klage zu entscheiden, ohne dass ihr der konkrete Akteninhalt der beim Landratsamt geführten und die Klägerin betreffenden Akten bekannt ist. Die aufgeworfenen Fragen können aufgrund der vorliegenden abstrakten Beschreibungen der Informationen, die nach Angaben des Beklagten an den Beigeladenen weitergegeben werden sollen, entschieden werden (vgl. dazu: BayVGH vom 2.7.2013, Az. G 13.2 <juris>).

2. Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG in der ab dem 1.9.2012 geltenden Fassung. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen

a) des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes,

b) der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen,

c) unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze

sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den in den Buchstaben a) bis c) genannten Abweichungen getroffen worden sind (Informationen), die bei einer Stelle im Sinne des Absatzes 2 unabhängig von der Art ihrer Speicherung vorhanden sind. Der Anspruch besteht nach § 2 Abs. 2 Satz 2 VIG insoweit, als kein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 3 VIG vorliegt.

Da es sich beim Landratsamt Straubing-Bogen um eine Stelle im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 b) VIG handelt, besteht grundsätzlich ein entsprechender Informationsanspruch, wenn die beim Landratsamt vorliegenden Daten dem Informationsbegriff des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG unterfallen, der Beigeladene zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehört und dem Informationszugang weder öffentliche noch private Belange im Sinne des § 3 VIG entgegenstehen. Ferner ist ein Antrag auf Informationszugang nach § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG abzulehnen, wenn der Antrag missbräuchlich gestellt ist.

a) Voraussetzung für den Anspruch auf Informationszugang ist damit zunächst, dass es sich bei den vorhandenen Informationen um festgestellte nicht zulässige Abweichungen von lebensmittelrechtlichen Anforderungen handelt. Nach Auffassung der zur Entscheidung berufenen Kammer liegt eine Abweichung in diesem Sinn nicht erst dann vor, wenn die Unvereinbarkeit mit lebensmittelrechtlichen Vorschriften in einem Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren geahndet worden ist. Mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 22.12.2009, Az. G 09.1 <juris>) geht das Gericht davon aus, dass ein Verstoß gegen das Lebensmittelrecht € also eine Abweichung von lebensmittelrechtlichen Vorschriften € stets schon dann vorliegt, wenn ein Vorgang nicht mit den lebensmittelrechtlichen Vorschriften in Einklang steht. Diese Auslegung entspricht der europarechtlichen Definition eines Verstoßes. Ein Verstoß ist danach €die Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz€ (VO-EG-Nr. 882/2004 vom 29.4.2004, Art. 2 Nr. 10). Eine Ahndung des Verstoßes in einem Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren wird damit nicht gefordert. Auch dem Verbraucherinformationsgesetz in der hier anwendbaren Fassung ist eine derartige Einschränkung nicht zu entnehmen. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG differenziert vielmehr zwischen Abweichungen von lebensmittelrechtlichen Vorschriften sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den Abweichungen getroffen worden sind. Zu den Maßnahmen und Entscheidungen im Sinne dieser Vorschrift zählen u.a. auch die Einleitung von Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren. Ferner steht der mit dem Verbraucherinformationsgesetz bezweckte Verbraucherschutz der Einengung des Informationsanspruchs auf sanktionierte Verstöße entgegen (so ausdrücklich BayVGH vom 22.12.2009, Az. G 09.1 <juris> und VGH BW vom 13.9.2010, NVwZ 2011, 443 jeweils zum Begriff des Verstoßes nach dem VIG a.F. der nunmehr durch den Begriff der Abweichung abgelöst worden ist; vgl. auch Schulz in: PdK-Bund, § 2 VIG Nr. 5.1.2).

In einem nächsten Schritt stellt sich dann allerdings die Frage, ob bereits eine Abweichung eines Untersuchungsergebnisses von Rechtsvorschriften im Sinne einer auf naturwissenschaftlich-analytischen Erkenntnissen beruhenden Abweichung (sog. €Beanstandung€) für die Annahme einer Abweichung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG ausreicht oder ob diese naturwissenschaftlich-analytische Feststellung darüber hinaus noch einer juristisch-wertenden Einordnung durch die Überwachungsbehörde bedarf.

Nach Auffassung der entscheidenden Kammer ist letzteres der Fall. Eine Abweichung von lebensmittelrechtlichen Vorschriften setzt nämlich notwendig eine Subsumtion der mit naturwissenschaftlichen Untersuchungsmethoden gefundenen Erkenntnisse unter geltende Rechtsvorschriften voraus, wobei diese Subsumtion von der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde vorgenommen worden sein muss, worauf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG, der in diesem Zusammenhang von der €zuständigen Stelle€ spricht, ausdrücklich hinweist (so Schulz in: PdK-Bund, § 2 VIG n.F., Nr. 5.1.1).

Die Informationen, welche der Beklagte beabsichtigt, an den Beigeladenen herauszugeben, unterfallen dem so verstandenen Begriff der Abweichung. Dies gilt unzweifelhaft für die beiden Bußgeldbescheide, deren Inhalt sogar unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Klägerin weitergegeben werden darf. Darüber hinaus unterfallen auch die drei Anordnungen zur Mängelbeseitigung und der mit einer Anordnung/Belehrung schließende Kontrollbericht dem Informationsanspruch. Das Landratsamt als zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde ist hier aufgrund seiner Feststellungen und aufgrund der von ihm vorgenommenen Anwendung der einschlägigen lebensmittelrechtlichen Vorschriften zum Ergebnis gelangt, dass Vorschriften nicht eingehalten worden sind, was es zum Anlass genommen hat, Maßnahmen (Anordnungen und Belehrungen) zu ergreifen.

b) Der Beigeladene gehört nach Auffassung der Kammer auch zum Personenkreis, der einen Anspruch auf die begehrten Verbraucherinformationen hat. Insoweit ist schon fraglich, ob ein um Informationen nachsuchender Antragsteller tatsächlich die Möglichkeit haben muss, dass Lebensmittel, über welches er Informationen begehrt, käuflich zu erwerben, wie dies der Beklagte meint. Allein der Gesetzeswortlaut legt dies jedenfalls nicht nahe; denn eine potenzielle Erwerbsmöglichkeit wird im Verbraucherinformationsgesetz nicht gefordert. Vielmehr hat nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG €jeder€ nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf Informationszugang. Gleichwohl liegt es nahe, ein irgendwie geartetes Rechtsschutzbedürfnis eines um Informationszugang nachsuchenden Antragstellers zu fordern. Das Gericht brauchte dem jedoch nicht weiter nachzugehen, da € wie der Beklagte dargelegt hat € der Beigeladene bereits zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses theoretisch die Möglichkeit hatte, Produkte der Klägerin in der JVA B... über den Gefangeneneinkauf zu erwerben. Er war somit bereits zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses ein potenzieller Verbraucher, weshalb ihm ein Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden kann.

c) Der Anspruch auf Informationszugang ist auch nicht wegen entgegenstehender öffentlicher (§ 3 Satz 1 Nr. 1 VIG) oder privater Belange (§ 3 Satz 1 Nr. 2 VIG ausgeschlossen.

- Dass dem Informationsanspruch öffentliche Belange im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 1 VIG entgegenstehen könnten, ist nicht ersichtlich. Insbesondere wird € was sich in der mündlichen Verhandlung ergeben hat € derzeit kein Verwaltungsverfahren geführt, das dem Informationsanspruch nach § 3 Satz 1 Nr. 1 VIG entgegen gehalten werden könnte.

- Dem Informationsanspruch steht ferner nicht der private Belang des § 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) VIG entgegen. Danach besteht der Informationsanspruch nicht, soweit Zugang zu personenbezogenen Daten beantragt wird, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Hinsichtlich der Definition der personenbezogenen Daten kann mangels besonderer Regelungen im Verbraucherinformationsgesetz auf die Definition des § 3 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zurückgegriffen werden. Danach sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Hierzu gehören u.a. der Name, die Adresse, Telefonnummern, Bankdaten, aber auch Angaben über körperliche Merkmale wie Größe, Gewicht, Haarfarbe und geistige Zustände, wie Einstellungen, Motive, Wünsche sowie politische, religiöse und sexuelle Einstellungen oder Präferenzen (vgl. Schulz in: PdK Bund, § 3 VIG, Nr. 5 unter Hinweis auf Semitis, § 3 BDSG, Rd.Nrn. 4 ff.). Derartige personenbezogene Daten beabsichtigt der Beklagte aber auch nicht, an den Beigeladenen herauszugeben. Vielmehr ist im streitgegenständlichen Bescheid ausdrücklich bestimmt, dass solche Daten vor der Herausgabe der Information an den Beigeladenen unkenntlich gemacht werden.

- Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht auf den entgegenstehenden privaten Belang des § 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG berufen. Danach steht dem Anspruch auf Zugang zu Informationen ein privater Belang entgegen, soweit durch die begehrten Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, insbesondere Rezepturen, Konstruktions- oder Produktionsunterlagen, Informationen über Fertigungsverfahren, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sowie sonstiges geheimnisgeschütztes technisches oder kaufmännisches Wissen offenbart würden. Allerdings bestimmt § 3 Satz Nr. 1 VIG ausdrücklich, dass Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 € also Informationen über Abweichungen von lebensmittelrechtlichen Anforderungen € nicht unter Berufung auf das Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis abgelehnt werden. Der Gesetzgeber geht damit davon aus, dass Abweichungen von lebensmittelrechtlichen Vorschriften per se nicht dem Schutz durch Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse unterfallen. Deshalb kommt es auch nicht entscheidungserheblich darauf an, ob aus den an den Beigeladenen weiterzugebenden Informationen relevante Rückschlüsse auf bestimmte Produktionsmethoden oder -vorgänge gezogen werden können, wie dies von der Klägerin vorgetragen wird.

d) Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin handelt es sich auch nicht um einen missbräuchlich gestellten Antrag des Beigeladenen im Sinne des § 4 Abs. 4 VIG. Hiernach ist ein missbräuchlich gestellter Antrag abzulehnen, wobei ein solcher Antrag insbesondere gegeben ist, wenn der Antragsteller über die begehrten Informationen bereits verfügt. Eine missbräuchliche Antragstellung kann nach Auffassung der Kammer jedenfalls nicht aus der Tatsache hergeleitet werden, dass der Antragsteller die von ihm erlangten Informationen gegebenenfalls beabsichtigt, an Dritte weiterzugeben. Einerseits entspricht es gerade der Zielsetzung des Verbraucherinformationsgesetzes, dass Verbraucherinformationen transparent gemacht werden. Deshalb kann die informationspflichtige Stelle nach § 6 Abs. 1 Satz 2 VIG einen Informationszugang sogar ohne Antrag gewähren, indem sie die Informationen im Internet oder auf sonstige Weise öffentlich zugänglich macht. Hier zeigt sich deutlich, dass jedenfalls eine unverfälschte Weitergabe der erlangten Informationen nicht missbräuchlich sein kann.

Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang geltend, dass der Beigeladene ihrer Auffassung nach beabsichtige, die ihm gewährten Informationen in rufschädigender Weise der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Hier schwingt die Befürchtung mit, der Beigeladene könnte die erhaltenen Informationen verkürzt, verfälscht oder in sonstiger Weise manipuliert publizieren, um den Ruf der Klägerin zu schädigen. Diesbezüglich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine manipulierte Weitergabe der erhaltenen Informationen unter Umständen zivilrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche auslösen sowie zu strafrechtliche Konsequenzen führen kann. Im Verfahren auf Informationsgewährung nach dem Verbraucherinformationsgesetz kann aber nicht von vorne herein unterstellt werden, dass ein Antragsteller beabsichtigt, die erhaltenen Informationen zu manipulieren, um dem betroffenen Lebensmittelunternehmen Schaden zuzufügen.

3. Das Gericht hat schließlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die einschlägigen Regelungen des Verbraucherinformationsgesetzes.

a) Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Gesetzes, welches insoweit einen grundsätzlich freien Zugang zu Informationen gewährt, liegt darin, dass eine Stärkung der eigenverantwortlichen Kaufentscheidungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern ermöglicht werden soll. § 1 VIG führt dazu ausdrücklich aus, dass durch die Verbraucherinformationen der Markt transparenter gestaltet und hierdurch der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor gesundheitsschädlichen oder sonst unsicheren Erzeugnissen und Verbraucherprodukten sowie vor Täuschung beim Verkehr mit Erzeugnissen und Verbraucherprodukten verbessert werden soll.

b) Die Regelungen des Verbraucherinformationsgesetzes verstoßen nach Auffassung des Gerichts nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, da das Gesetz sowohl die Interessen der Verbraucher an größtmöglicher Transparenz als auch die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmer in angemessenem Umfang berücksichtigt (ebenso VG Ansbach vom 9.6.2011, Az. AN 16 K 10.2612 <juris> zum VIG a.F.). Im Interesse der betroffenen Unternehmer enthält das Gesetz in § 3 eine Reihe von Ausschluss- und Beschränkungsgründen, bei deren Vorliegen ein Informationsanspruch nicht besteht.

c) Auch vermag die Kammer keinen verfassungswidrigen Eingriff in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG zu erkennen; denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 26.6.2002, BVerfGE 105, 252) schützt Art. 12 Abs. 1 GG nicht vor der Verbreitung von inhaltlich zutreffenden und unter Beachtung des Gebots der Sachlichkeit sowie mit angemessener Zurückhaltung formulierten Informationen durch einen Träger hoheitlicher Gewalt. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber auch eine zeitliche Beschränkung in das Verbraucherschutzgesetz aufgenommen hat. Nach § 3 Satz 1 Nr. 1 e) VIG besteht der Informationsanspruch wegen entgegenstehender öffentlicher Belange bei Informationen der vorliegenden Art in der Regel nicht, bei Informationen, die vor mehr als fünf Jahren seit der Antragstellung entstanden sind.

d) Soweit die Klägerin vortragen lässt, es verstoße gegen die verfassungsrechtlich gewährleistete Rechtsweggarantie und den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, wenn sie wegen der Beteiligung des Beigeladenen im Verfahren daran gehindert sei, ihre betroffenen Belange in Zusammenhang mit Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen und personenbezogenen Daten vorzutragen, geschweige den entsprechenden Vortrag unter Beweis zu stellen, so ist auf § 5 Abs. 1 Satz 1 VIG hinzuweisen. Danach beteiligt die zuständige Behörde Dritte, deren Belange durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder. Dies ist vorliegend geschehen, denn die Klägerin wurde vom Landratsamt im Verfahren beteiligt (vgl. Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG) und vor ihrer Entscheidung über die Gewährung des Informationszugangs nach Art. 28 BayVwVfG angehört. Im Rahmen dieser Anhörung konnte die Klägerin ihre Einwände gegen eine Weitergabe der Informationen geltend machen.

Darüber hinaus kann der betroffene Dritte gegen die Gewährung des Informationszugangs € wie vorliegend geschehen € Anfechtungsklage erheben. Im gerichtlichen Verfahren besteht dann die Möglichkeit der Durchführung eines Zwischenverfahrens, sofern das zur Entscheidung berufene Verwaltungsgericht die Beiziehung der die Informationen enthaltenden Akten für seine Entscheidung über den Anspruch auf Informationszugang für erforderlich hält.

4. Ferner vermag das Gericht auch keine Europarechtswidrigkeit des Verbraucherinformationsgesetzes in der hier anwendbaren Fassung zu erkennen. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 22. Dezember 2009 (Az. G 09.2 <juris>) mit maßgeblichen Aspekten der Vereinbarkeit des Verbraucherinformationsgesetzes in der vor dem 1.9.2012 geltenden Fassung mit dem Gemeinschaftsrecht auseinandergesetzt und keinen Verstoß erkannt hat.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Darüber hinaus war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären. Entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung im angegriffenen Bescheid und der Auffassung der Regierung von Niederbayern im Widerspruchsbescheid war ein Widerspruchsverfahren statthaft. Zwar wurde in Bayern das Widerspruchsverfahren durch Art. 15 Abs. 1 und 2 AGVwGO in weiten Bereichen abgeschafft. Nur in den Art. 15 Abs. 1 AGVwGO bezeichneten Rechtsgebieten ist noch ein fakultatives Widerspruchsverfahren möglich. Andererseits bestimmt aber Art. 15 Abs. 3 Satz 2 AGVwGO ausdrücklich, dass sonstige abweichende Regelungen in anderen Gesetzes und Rechtsverordnungen unberührt bleiben. Um eine solche abweichende Regelung handelt es sich bei der bundesrechtlichen Vorschrift des § 5 Abs. 5 Satz 1 VIG. Danach findet im Fall einer Entscheidung über den Antrag auf Informationszugang ein Vorverfahren auch dann statt, wenn die Entscheidung von einer obersten Bundes- oder Landesbehörde erlassen worden ist. Durch das Wort €auch€ brachte der Gesetzgeber seinen Willen zum Ausdruck, dass auf dem Gebiet des Verbraucherinformationsgesetzes ein Widerspruchsverfahren unabhängig davon stattfinden soll, auf welcher Stufe im Verwaltungsaufbau die Behörde angesiedelt ist, die den anzufechtenden Verwaltungsakt erlassen hat oder die zum Erlass eines Verwaltungsakts verpflichtet werden soll. Hat der Bundesgesetzgeber in einem Fachgesetz aber festgelegt, dass auf einem bestimmten Rechtgebiet ausnahmslos jeder Verwaltungsakt der Nachprüfung in einem Vorverfahren zugeführt werden soll, so liegt eine Regelung im Sinne des Art. 15 Abs. 3 Satz 2 AGVwGO vor, die durch die Abschaffung des Widerspruchsverfahren auf Landesebene nicht berührt wird (so: BayVGH vom 22.12.2009, Az. 11 CS 09.2081 <juris> zur vergleichbaren Vorschrift des § 55 PBefG; VG Giesen vom 13.11.2007, Az. 6 G 44/07 <juris>).

Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, ist er kein Kostenrisiko eingegangen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Deshalb hat er seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, da es in diesem Fall unbillig wäre, diese dem Kläger aufzuerlegen, §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO.

6. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Da der Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts bietet, hat die Kammer den Regelstreitwert festgesetzt, § 52 Abs. 2 GKG.






VG Regensburg:
Urteil v. 20.02.2014
Az: RN 5 K 12.1758


Link zum Urteil:
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