Landgericht Köln:
Urteil vom 12. März 2013
Aktenzeichen: 33 O 214/12

(LG Köln: Urteil v. 12.03.2013, Az.: 33 O 214/12)

Tenor

Die Beschlussverfügung vom 10.09.2012 (Az. 33 O 214/12) wird bestätigt.

Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Beide Parteien sind Stromversorger. Ein für die Antragsgegnerin (bzw. für ein von dieser beauftragtes Unternehmen) tätiger Außendienstmitarbeiter, der Zeuge E, suchte am 07.08.2012 eine Kundin der Antragstellerin, die Zeugin C auf.

Die Antragstellerin behauptet, der Außendienstmitarbeiter E habe der Zeugin C unzutreffenderweise erklärt:

"Alle Verträge von den Kunden der A werden jetzt bald auf B umgestellt. Der Strom wird bald nicht mehr über die A, sondern zukünftig über B laufen."

Am 10.09.2012 hat die Kammer antragsgemäß eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der der Antragsgegnerin untersagt worden ist,

geschäftlich handelnd bei der Bewerbung der Dienstleistung des Lieferns von Strom gegenüber Verbrauchern zu behaupten und/oder behaupten zu lassen,

"Alle Verträge von den Kunden der A werden jetzt bald auf B umgestellt. Der Strom wird bald nicht mehr über die A, sondern zukünftig über B laufen."

Nachdem die Antragsgegnerin gegen diese einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt hat, beantragt die Antragstellerin nunmehr,

die einstweilige Verfügung vom 10.09.2012 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 10.09.2012 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin behauptet, der Außendienstmitarbeiter E habe die gerügte Behauptung nicht getätigt.

Im Übrigen trägt die Antragsgegnerin umfangreich zu den mit den von ihr beauftragten Unternehmen getroffenen Vereinbarungen, zu den Schulungen der Außendienstmitarbeiter sowie weiteren Maßnahmen vor, die ein wettbewerbswidriges Verhalten verhindern sollen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen C und E. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.02.2013 (Bl. 127 ff. d.A.) verwiesen. Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien, ihre zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.22.2013 (Bl. 127 ff. d.A.) Bezug genommen.

Gründe

I. Die Beschlussverfügung vom 10.09.2012 war zu bestätigen.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus §§ 3, 5, 8 Abs. 1, 2 UWG.

Nach § 5 Abs. 1 S. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Eine geschäftliche Handlung ist nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG insbesondere dann irreführend, wenn sie unwahre Angaben über wesentliche Merkmale einer Ware oder Dienstleistung wie deren (weitere) Verfügbarkeit enthält.

Vorliegend sieht die Kammer es nach Vernehmung der Zeugen C und E als bewiesen an, dass der für die Antragsgegnerin bzw. für von dieser beauftragte Unternehmen tätige Außendienstmitarbeiter E gegenüber der Zeugin C als Kundin der Antragstellerin die streitgegenständliche Behauptung aufgestellt hat.

Die Zeugin C hat ausgesagt, dass der Zeuge E sie zuhause aufgesucht und ihr erklärt habe, dass die Verträge von den Kunden der A auf B umgestellt werden sollen und dass der Strom daher bald nicht mehr über die A, sondern über B laufen werde.

Die Kammer hat weder Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin C noch gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage.

Ein irgendwie geartetes Näheverhältnis zwischen der Zeugin C und der Antragstellerin, welches der Zeugin Anreiz geben könnte, eine für die Antragstellerin günstige Aussage unter Zurückstellung ihrer Wahrheitspflicht zu tätigen, ist nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass die Zeugin von der Antragstellerin mit Strom beliefert wird, begründet ein solches nicht. Die Zeugin C hat auch nachvollziehbar erläutert, wie es dazu gekommen ist, dass sie eine eidesstattliche Versicherung über den Inhalt des mit dem Zeugen E geführten Gesprächs für die Antragstellerin abgegeben hat. Sie habe nämlich am folgenden Tag mit einem bei der Antragstellerin in der Kundenberatung arbeitenden Schulfreund telefoniert, um sich zu erkundigen, ob sich eine Vertragsumstellung für sie lohnen würde. Bei diesem Gespräch hat sich dann die Unrichtigkeit der Angaben des Zeugen E ergeben.

Die Aussage der Zeugin C war auch glaubhaft. So hat sich die Zeugin nicht auf eine bloße Schilderung der hier streitgegenständlichen Aussage beschränkt, sondern auch zu den weiteren Umständen des Gesprächs bekundet. Sie hat auch freimütig eingeräumt, dass sie in der Hektik der Gesprächssituation einen neuen Vetrag unterschrieben hat.

Diese Aussage deckt sich auch mit der von der Zeugin C unter dem 31.08.2012 abgegebenen eidesstattlichen Versicherung (Bl. 10 d.A.), in dem das Geschehen deckungsgleich geschildert wurde.

Anders als die Antragsgegnerin meint, sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Zeugin C richtige Angaben des Zeugen E lediglich falsch verstanden haben könnte. Bei der hier streitgegenständlichen Behauptung handelt es sich um eine einfache und klare Aussage, die kaum Raum für Missverständnisse zulässt. Die Antragsgegnerin erklärt dementsprechend auch selbst nicht, welche richtige Aussage ihres Außendienstmitarbeiters zu einem entsprechenden Missverständnis bei der Zeugin C geführt haben könnte. Auch hat die Zeugin mit dem Hinweis, dass der Zeitraum der Umstellung nicht näher benannt worden war, nachvollziehbar erklären können, weshalb sie trotz der Behauptung einer bevorstehenden Vertragsumstellung durch den Zeugen E, noch ihren Schulfreund um Rat gefragt hat.

Die Aussage des Außendienstmitarbeiters E ist nicht geeignet, die Überzeugung der Kammer von der Richtigkeit der Aussage der Zeugin C zu erschüttern. So hat die Kammer bereits durchgreifende Zweifel an der Bekundung des Zeugen, dass er sich an das Gespräch mit der Zeugin noch konkret erinnern kann. Bei 60 bis 100 Kundengesprächen pro Tag, die sich in der jeweiligen Gesprächssituation und in ihren Abläufen weitgehend gleichen dürften, erscheint es bereits mehr als fraglich, dass der Zeuge ein einzelnes Gespräch, bei dem auch aus seiner Sicht nichts Besonderes vorgefallen ist, konkret erinnern will. Auch erscheint die Erklärung, dass es bemerkenswert gewesen sein soll, dass es sich bei der Zeugin C um eine jüngere Frau gehandelt haben soll, als der bemühte Versuch, irgendeine Erklärung für das Erinnerungsvermögen zu liefern. Nachvollziehbar ist dies indes nicht. Denn dass bei der großen Anzahl von tagtäglich an Haus- und Wohnungstüren geführten Kundengesprächen regelmäßig auch jüngere Frauen Gesprächspartner sind, erscheint nach der Lebenserfahrung weitaus wahrscheinlicher als die Einlassung des Zeugen

Im Gegensatz zu der Zeugin C hat ein Außendienstmitarbeiter wie der Zeuge E im Übrigen ein nicht unerhebliches Eigeninteresse am Ausgang des vorliegenden Verfahrens. Für den Fall, dass die hier angegriffene Aussage getätigt worden ist, hat er nämlich - nicht zuletzt angesichts des eindeutigen Verstoßes gegen die umfangreichen Vorgaben der Antragsgegnerin - nicht unerhebliche Konsequenzen in Bezug auf sein Arbeitsverhältnis zu befürchten.

Zweifel an der Richtigkeit der Aussage der Zeugin C ergeben sich auch nicht vor dem Hintergrund der ausführlichen Darlegungen der Antragsgegnerin zu den mit den von ihr beauftragten Unternehmen getroffenen Vereinbarungen, zu den Schulungen der Außendienstmitarbeiter sowie weiteren Maßnahmen, die ein wettbewerbswidriges Verhalten verhindern sollen. Selbst wenn man all dies als richtig unterstellen wollte, würde dies nicht ausschließen, dass im Einzelfall Außendienstmitarbeiter entgegen den ihnen erteilten Weisungen gegenüber potentiellen Kunden unrichtige Angaben machen. Es ist insbesondere ohne weiteres denkbar, dass Außendienstmitarbeiter darauf vertrauen, von ihnen getätigte falsche Behauptungen blieben von dem Kunden wie auch von der Antragsgegnerin im Rahmen eines etwaigen "Quality Calls" unentdeckt. So ist auch vorliegend die Falschbehauptung nur durch die nicht vorherzusehende Rückfrage der Zeugin bei ihrem Schulfreund aufgedeckt worden.

Dass die nach alledem bewiesene Behauptung, dass die Verträge von den Kunden der A auf B umgestellt werden sollen und dass der Strom daher bald nicht mehr über die A, sondern über B laufen werde, unrichtig ist, ist zwischen den Parteien unstreitig.

Soweit die Antragstellerin ihren Vortrag zu den mit den von ihr beauftragten Unternehmen getroffenen Vereinbarungen, zu den Schulungen der Außendienstmitarbeiter sowie weiteren Maßnahmen auch dahin verstanden wissen will, es treffe sie jedenfalls kein Verschulden, bedarf dies im vorliegenden Verfahren keiner weiteren Vertiefung. Denn ein Verschulden ist für den hier allein streitgegenständlichen Unterlassungsanspruch nicht erforderlich.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus Sinn und Zweck der einstweiligen Verfügung.

Streitwert: 50.000,00 EUR






LG Köln:
Urteil v. 12.03.2013
Az: 33 O 214/12


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