Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. April 2009
Aktenzeichen: 30 W (pat) 144/06

(BPatG: Beschluss v. 30.04.2009, Az.: 30 W (pat) 144/06)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 16. September 2003 angemeldete farbige Wort-Bild-Marke 303 47 067 ist am 17. Februar 2004 für die Dienstleistungen

"Durchführung von Dienstleistungen im Bereich der Gesundheitsund Schönheitspflege, nämlich Wellnessbehandlungen, auch am Arbeitsplatz; Schwangerschaftsbegleitung nach der Methode Dom und Breuß, nämlich spezielle Massagen und Entspannungsübungen; Durchführung von Narbenentstörung; Durchführung von Dornwarzentherapie; Durchführung von Aromatherapie; Durchführung von Moxaltherapie; Durchführung von Ohrkerzentherapie"

in das Register eingetragen worden. Dagegen ist Löschungsantrag gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG (nunmehr §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10) gestellt worden mit der Begründung, der Markeninhaber sei bei der Anmeldung bösgläubig gewesen. Dazu trägt er vor, er habe den Markeninhaber, der von 1996 bis Ende Juni 2001 als technischer Leiter mit quasi Generalvollmacht in der Praxis für Physiotherapie des Antragstellers gearbeitet habe, mit der Beschaffung eines Signets (bildlichen Symbols) beauftragt, welches dieser bei einer Designerin bestellt habe und welches seit 2001 an den Praxisräumen angebracht gewesen sei. Zwei Jahre nach seinem Ausscheiden habe der Markeninhaber dieses Signet für seine Wort-Bild-Markenanmeldung verwendet, obwohl er gewusst habe, dass ihm daran keine Rechte zugestanden hätten, da die Designer-Rechnung vom Antragsteller beglichen worden sei. Die so erschlichene Marke habe er auch in rechtswidriger Behinderungsabsicht angemeldet, wie sich an seinem gegen den Antragsteller gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ablesen lasse, mit der dem Antragsteller aufgrund der gerade einen Monat zuvor eingetragenen Marke die weitere Nutzung seines Praxissignets verboten werden sollte. Eine derartige Absicht könne nur als bösgläubig und sittenwidrig bewertet werden.

Dem Löschungsantrag, der dem Beschwerdegegner am 27. September 2004 zugestellt worden ist, hat dieser mit einer beim DPMA am 29. November 2004 eingegangenen Eingabe widersprochen.

Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patentund Markenamts hat mit Beschluss vom 11. Juli 2006 den Löschungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die angegriffene Marke sei nicht gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG

(a. F.) bösgläubig angemeldet worden. Weder habe den Markeninhaber das seinerzeit über sein Vermögen ausgesprochene Verfügungsverbot aufgrund eines Insolvenzverfahrens an der Markenanmeldung gehindert noch sei die Anmeldung in wettbewerbswidriger Behinderungsabsicht erfolgt. Dem Markeninhaber sei an dem Signet, welches er in seine Marke eingefügt habe, ein eigenes schutzwürdiges Interesse zuzubilligen, zumal er bei Beschaffung des Signets bei einer Designerin das alleinige Nutzungsrecht daran erhalten habe. In seinem Verhalten sei nichts Rechtsmissbräuchliches zu entdecken.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde erhoben mit dem Antrag (sinngemäß), den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patentund Markenamts vom 11. Juli 2006 aufzuheben und die Marke 300 85 094 zu löschen.

Er trägt vor, dass dem Markeninhaber keinerlei Nutzungsrechte an dem Logo zugestanden hätten, da er es im Rahmen seines Arbeitsvertrages mit dem Antragsteller beschafft habe, der auch die Rechnung beglichen habe. Vielmehr sei die Anmeldung in reiner Behinderungsabsicht durch den Markeninhaber vorgenommen worden.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner hat keinen Antrag gestellt und sich auch sonst nicht im Beschwerdeverfahren geäußert.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Nach § 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 10 Markengesetz wird eine Marke auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie bösgläubig angemeldet worden ist. Der Begriff der Bösgläubigkeit geht zurück auf Art. 3 Abs. 2 lit. d. MarkenRichtl., der nach der bis 31. Mai 2004 gültigen Rechtslage durch § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG a. F.

umgesetzt wurde und nunmehr durch § 8 Abs. 2 Nr. 10, § 50 Abs. 1 MarkenG umgesetzt ist.

Eine Markenanmeldung ist bösgläubig, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig ist (vgl. BGH GRUR 2005, 581 -The Colour of Elegance; GRUR 1998, 412, -Analgin; GRUR 1998, 1034, -Makalu; GRUR 2000, 1032, -EQUI 2000; GRUR 2003, 428, -BIG BERTHA). Davon kann bei der in Rede stehenden Marke nicht ausgegangen werden, da insoweit keine ausreichenden Anhaltspunkte vorhanden sind. Es besteht kein hinreichender Grund für die Annahme der Beschwerdeführerin, der Markeninhaber habe die Anmeldung in reiner Behinderungsabsicht vorgenommen.

Die Bösgläubigkeit/Sittenwidrigkeit muss bereits zum Anmeldezeitpunkt gegeben sein, so dass es vorliegend nicht darauf ankommt, ob eine solche erst für die spätere Rechtsausübung im konkreten Einzelfall festgestellt werden könnte. Eine entsprechende Differenzierung hat auch der Bundesgerichtshof in der "Classe E"-Entscheidung (GRUR 2001, 242) vorgenommen.

Der Anmelder eines Kennzeichens handelt nicht zwangsläufig unlauter, wenn er weiß, dass ein anderer dasselbe Zeichen für gleiche Waren im Inland benutzt, ohne hierfür einen Kennzeichenschutz erworben zu haben, sondern es müssen auf Seiten des Anmelders besondere Umstände vorliegen, welche die Erwirkung der Zeicheneintragung als sittenwidrig im Sinne der genannten Vorschriften erscheinen lassen (vgl. BGH GRUR 2005, 581 -The Colour of Elegance).

a) In der Rechtsprechung werden im Wesentlichen zwei Fallgruppen unterschieden (BGH GRUR 2000, 1032, 1034 -EQUI 2000; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 8 Rdn. 435). Ein sittenwidriger Markenerwerb kann zum einen darin liegen, dass der Markeninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Bezeichnung für gleiche oder ähnliche Waren (oder Dienstleistungen) mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Marke hat eintragen lassen. Zum anderen kann er auch darin gesehen werden, dass ein Markenanmelder die mit der Eintragung der Marke entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (vgl. BGH a. a. O. "EQUI 2000"; a. a. O. "Makalu"). In diesem Fall hängt die rechtliche Bewertung des Handelns des Markeninhabers als sittenwidrig nicht von der Feststellung eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ab (vgl. BGH GRUR a. a. O. "Analgin" m. w. N.).

b) Zunächst ist bereits zu bezweifeln, ob der Antragsteller eine gleiche oder verwechselbar ähnliche Kennzeichnung angemeldet hat. Die angegriffene Marke besteht nämlich nicht nur aus dem Bildsymbol, welches an den Praxisräumen des Antragstellers angebracht war, sondern aus den drei Wörtern "Wellness-Mobil-Domin", wobei das abschließende Wort dem Namen des Antragsgegners entspricht. Handelt es sich somit nur um ähnliche, aber keinesfalls um gleiche Zeichen, fragt sich bereits, ob unter den weiteren maßgeblichen Umständen, insbesondere der nötigen Dienstleistungsähnlichkeit, wozu der Antragsteller kaum vorgetragen hat, eine Ähnlichkeit besteht, die Objekt eines bösgläubigen Markenerwerbs sein kann; denn im Hinblick auf das Erfordernis der Ersichtlichkeit kommen in der Praxis nur Fälle eindeutiger Markenähnlichkeit der Marken und Waren bzw. Dienstleistungen in Betracht (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 8 Rdn. 436).

c) Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, weil keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Antragsteller im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke über einen sowohl in tatsächlicher Hinsicht ausreichenden wirtschaftlich wertvollen wie in rechtlicher Hinsicht schutzwürdigen Besitzstand an dem streitigen Signet verfügte. Für die Annahme eines wertvollen und schutzwürdigen Besitzstandes ist in tatsächlicher Hinsicht eine hinreichende Bekanntheit der Kennzeichnung erforderlich, wobei es neben den objektiven Feststellungen hinsichtlich des Umfangs und der Dauer der Verwendung auch darauf ankommen kann, welche Bedeutung die Kennzeichnung bei der konkreten geschäftlichen Betätigung des Vorbenutzers erlangt hat (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 437). Insoweit sind Umsatzzahlen, Dauer der Benutzung, Werbeaufwendungen, eine erreichte Marktposition, bestehende Konkurrenzverhältnisse und damit Absatzchancen und Gewinnerwartungen auf dem jeweiligen Markt maßgeblich, ohne dass es auf die absoluten Stückzahlen verkaufter Produkte ankäme (vgl. BGH Mitt. 2004, 315 "P21S"). Der Antragsteller hat für den maßgeblichen Zeitpunkt indessen weder wesentliche Umsätze und damit einen deutlichen Marktanteil nachgewiesen noch vertreibt er ein spezielles Produkt für einen beschränkten Abnehmerkreis (vgl. BGH a. a. O. "S 100", "P21S"). Dem Vortrag hinsichtlich eines ihm zugute kommenden wirtschaftlich wertvollen Besitzstandes zum Zeitpunkt der Anmeldung im Jahre 2003 fehlen damit nicht nur die erforderlichen Belege, sondern er ist generell als nicht ausreichend substantiiert zu werten. Aufgabe des Antragstellers wäre aber ein insoweit lückenloses Vorbringen gewesen, da er im Löschungsverfahren eine besondere Mitwirkungspflicht hat, während das in den §§ 59, 73 MarkenG verankerte Amtsermittlungsprinzip eingeschränkt ist (vgl. BPatG GRUR 1997, 833, 835 digital; Ströbele/Hackera. a. O. § 54 Rdn. 28, § 73 Rdn. 16, 18). Möglicherweise handelt es sich um einen nur lokal beschränkten Besitzstand, der ohnehin nicht für einen Löschungsanspruch ausreicht (vgl. BGH GRUR 2004, 790 -Gegenabmahnung). Jedenfalls fehlt es an einer Störung des Besitzstandes, wenn der Markenanmelder ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Eintragung der fraglichen Marke hat (vgl. BGH a. a. O. -The colour of Elegance; Ströbele/Hacker a. a. O., § 8 Rdn. 439). Dies ist hier schon deshalb anzunehmen, weil, wie bereits dargelegt, der Markeninhaber dem Signet seinen Namen hinzugefügt hat und die allenfalls ähnliche Marke für seinen eigenen Betrieb einsetzen will.

d) Es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner bei der Anmeldung die Absicht hatte, die mit der Eintragung seines Zeichens kraft Zeichenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes gegenüber dem Antragssteller einzusetzen. Dieser Tatbestand erfordert neben einer objektiven Eignung des Zeichens, eine Sperrwirkung zu entfalten und als Mittel des Wettbewerbskampfes zu fungieren, eine entsprechende Absicht des Anmeldenden. An einer wettbewerbswidrigen Behinderungsabsicht fehlt es aber insbesondere dann, wenn die Förderung des eigenen Wettbewerbs im Vordergrund steht (vgl. BGH a. a. O. -"The colour of Elegance"), was hier zutrifft. Dabei kann registerrechtlich offenbleiben, wem die Rechte an dem beschafften Signet zustehen. Selbst wenn es dem Antragsteller gehören sollte, eignet sich die eingetragene Marke gegenüber ihm nicht zur Entfaltung einer Sperrwirkung, weil -abgesehen von der erheblichen Abweichung gegenüber dem Signet, welche eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr ausschließen dürfte -der Antragsteller ihr gegenüber jedenfalls die Prioritätsrechte einer Unternehmenskennzeichnung gemäß § 5 MarkenG geltend machen kann. Im Übrigen hat der Antragsteller nicht vorgetragen, dass der Antrag des Markeninhabers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erfolgreich war. Zudem hat der Markeninhaber ein eigenes Interesse an der Verwendung des Signets, unter welchem er jedenfalls im örtlichen Umkreis bekannt war, nachdem es an dem Gebäude mit der Praxis befestigt worden ist, in der der Markeninhaber fünf Jahre gearbeitet hat. Wie der Antragsteller selbst eingeräumt hat, leitete der Markeninhaber mehr oder weniger die Praxis selbständig und verfügte gleichsam über eine Generalvollmacht, so dass die Kundschaft zumindest auch ihn unter dem Signet identifizierte. Hieran ändert nichts, dass er ein knappes halbes Jahr nach Anbringung des Signets aus der Praxis ausschied und die Markenanmeldung erst etwa zwei Jahre danach einreichte. Denn es muss ihm registerrechtlich unbenommen bleiben, an den von ihm mitbegründeten Ruf, der sich mit dem Signet verband, anzuknüpfen. Ob das Verhalten des Markeninhabers möglicherweise aus anderen Gründen wettbewerbsrechtlich zu beanstanden ist, hatte der Senat im vorliegenden Registerverfahren nicht zu entscheiden; ob nämlich letztlich die Behauptung des Antragstellers zutrifft, dass seine Marktposition durch Verwendung ihrer Kennzeichnung als Marke unlauter ausgenutzt werden soll, entzieht sich der beweisrechtlichen Feststellung im Register-(Löschungs-)-Verfahren. Vielmehr lässt sich dies nur durch eine wettbewerbsrechtliche Klage vor den ordentlichen Gerichten klären.

Andere Schutzhindernisse, die einer Eintragung des Zeichens für die eingetragenen Dienstleistungen entgegengestanden hätten, sind nicht ersichtlich.

Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, so dass es bei der grundsätzlichen Kostenregelung des § 71 Abs. 1 MarkenG bleibt.

Dr. Vogel von Falckenstein Hartlieb Paetzold Cl






BPatG:
Beschluss v. 30.04.2009
Az: 30 W (pat) 144/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/eaf679c3c5a5/BPatG_Beschluss_vom_30-April-2009_Az_30-W-pat-144-06




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share