Landgericht Bochum:
Urteil vom 13. Januar 2004
Aktenzeichen: 12 O 109/03

(LG Bochum: Urteil v. 13.01.2004, Az.: 12 O 109/03)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 50.000,-- € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt seit 1987 ein Reiseunternehmen. Sie hat sich ausschließlich auf die Vermittlung von Last-Minute-Reisen spezialisiert, die ihr von Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften zum Vertrieb angeboten werden. Die Klägerin vermittelt im Last-Minute-Vertrieb Reisen von annähernd 100 Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften. Sie vertreibt jährlich rund 720.000 Reisen. Die Klägerin vermittelt diese Reisen über ihr eigenes Vertriebsnetz, das aus 140 von ihr betriebenen Agenturen besteht. Eine dieser Agenturen befindet sich in Bochum.

Die Klägerin benutzt seit 1991 die Farbe "Magenta" auf Werbeschildern, Werbehandzetteln, auf ihrem Briefpapier, ihren Rechnungen, auf Flugticket-Umschlägen sowie in sämtlichen Werbeanzeigen. Auch die Agenturen der Klägerin sind in dieser Farbe gehalten. Auch zahlreiche Merchandising-Produkte weisen dieselbe Farbe auf.

Die Beklagte betreibt in Bochum als Vertragspartner der Firma M GmbH ein Reisebüro. Auch die M-Gruppe beschäftigt sich mit der kurzfristigen Vermittlung von Reisen. Darüber hinaus gehören zur Produktpalette auch Veranstaltungstickets, Events, Geschenke usw.. Die am 02.06.2003 eröffnete Reiseagentur der Beklagten liegt unmittelbar gegenüber dem Ladenlokal, in dem die örtliche Agentur der Klägerin bis Mitte Mai 2003 ihre Geschäfte führte.

Auch die im Jahre 1998 in Großbritannien gegründete M-Gruppe setzt als Leitfarbe die Farbe "Magenta" ein. Entsprechend trat die im Jahre 1999 gegründete Tochtergesellschaft M GmbH in Deutschland in der Farbe "Magenta" auf. Im Zuge einer umfangreichen Auseinandersetzung der Klägerin und der M GmbH, in der es u.a. auch um die Verwendung der Farbe "Magenta" ging, trafen diese im Mai 2001 eine vergleichsweise Regelung. Wegen des Inhalts dieses Vergleichs wird auf die Vereinbarung vom 11./14.05.2001 (BI. 234 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte warb im Jahre 2003 mit den Aussagen:

- "Pink macht Lastminute!"

- "Pink macht Bikini und Badehose!"

- "Pink macht Topangebote!"

- "Pink macht Bochum glücklich ! ...mit phantastischen Lastminute-Angeboten!"

- "Pink macht Spaghetti!"

- "Pink macht Sie neugierig!"

- "Pink macht Paella!"

- "Pink macht Sommersprossen"

- "Pink macht Citylife!"

Die Klägerin vertritt mit eingehendem Sachvortrag in den Schriftsätzen vom 22.07. und 13.10.2003, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, die Auffassung, ihr stehe ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1 und 3 UWEG zu. Das Verhalten der Beklagten stelle sich als eine Art "lnvestitionsdiebstahl" dar, da sie versuche, sich an das Ansehen und das Renommée der Klägerin durch die Übernahme des Auftritts der Klägerin anzuhängen. Das gesamte Konzept der Beklagten sei ausschließlich darauf angelegt, mit der Klägerin verwechselt zu werden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis.zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu vollstrecken an ihrer Geschäftsführerin, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs den Begriff "Pink" zur Bewerbung ihrer Reisebürodienstleistung, insbesondere in Werbeslogans wie "Pink macht Bochum glücklich!", "Pink macht Topangebote!", "Pink macht Sie neugierig!", "Pink macht glücklich!", unter Verweisung auf Reiseangebote von M zu benutzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt gleichfalls mit näherem Sachvorbringen vor, ihr könne kein wettbewerbswidriges Verhalten vorgeworfen werden. Die Verwendung der Farbe und des Begriffs "Pink" sei Teil einer eigenständigen Marketing-Strategie der M GmbH und dieser folgend der Beklagten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich der dortigen Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin kann weder aus § 1 noch aus § 3 UWG die begehrte Unterlassung verlangen.

Ein wettbewerbsrechtlicher Schutz gemäß § 3 UWG vor Irreführung durch eine bestimmte Kennzeichnung über die betriebliche Herkunft kann regelmäßig nur nach den Grundsätzen des Markengesetzes beurteilt werden (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Auflage, § 2 Rdnr. 3). Ausnahmsweise kommt wettbewerbsrechtlicher Schutz nur bei sogenannten qualifizierten betrieblichen Herkunftsangaben in Betracht, also dann, wenn der Verkehr besondere Gütevorstellungen mit der betrieblichen Herkunft verbindet. Diese Ausnahme kommt aber nur zum Tragen, wenn die betriebliche Herkunftsangabe selbst kennzeichenrechtlichen Schutz genießt. Die Klägerin könnte daher die Verwendung der Bezeichnung "Pink" schon im Ausgangspunkt unter dem Gesichtspunkt des § 3 UWG nur dann beanstanden, wenn zu ihren Gunsten die Farbe "Pink" kennzeichenrechtlich geschützt wäre (vgl. BGH GRUR 1997, 754, 755; lngerl/Rohnke a.a.O.). Schon nach dem Vortrag der Klägerin kann nicht angenommen werden, dass ihr an der Farbe "Pink" kennzeichenrechtlicher Schutz kraft Verkehrsgeltung zusteht. Ihrem Vortrag lassen sich keine Tatsachen entnehmen, die den Schluss zuließen, der erforderliche Bekanntheitsgrad liege bei oberhalb von 50 % (vgl. BGH GRUR 1997, 754, 755). Insbesondere fehlt jeder einer Beweisaufnahme zugängliche Sachvortrag dazu, warum entgegen der von der Klägerin selbst vorgelegten Verkehrsumfrage der INRA Deutschland GmbH der Bekanntheitsgrad höher sein soll als die dort ermittelten allenfalls 35 %. Auch auf der damit noch verbleibenden Grundlage des § 1 UWG steht der Klägerin im Ergebnis kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. Gerade unter Berücksichtigung des Umstandes, dass mangels ausreichend dargelegter Verkehrsgeltung die Voraussetzungen für einen kennzeichenrechtlichen Schutz nicht erfüllt sind, kann ein Sittenverstoß nach § 1 UWG nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen angenommen werden. Die bloße Gefahr der Herkunftstäuschung als solche oder die einfache Anlehnung reichen nicht aus (Ingerl/Rohnke a.a.O. Nr. 4 m.w.N.). Nur wenn die Anlehnung an eine, andere Kennzeichnung ohne hinreichenden Grund in der verwerflichen Absicht vorgenommen worden ist, Verwechselungen herbeizuführen oder den Ruf des anderen wettbewerbshindernd zu beeinträchtigen oder auszunutzen, liegen die besonderen Voraussetzungen für den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Schutz vor (BGH GRUR 1997, 754, 755 m.w.N.). Nach den gesamten bekannt gewordenen Umständen des Falles liegt das Verhalten der Beklagten nach der Überzeugung der Kammer zwar im Grenzbereich, die Grenze zum wettbewerbsrechtlich unlauteren Verhalten ist aber im Ergebnis noch nicht überschritten. Entscheidend fiel bei der Bewertung ins Gewicht, dass ein deutlicher Unterschied zwischen der Verwendung einer Farbe und ihrer sprachlichen Bezeichnung besteht. Bei den beanstandeten Werbeaussagen der Beklagten steht gerade nicht die Farbe selbst, sondern der Begriff "Pink" als eigenständige Bezeichnung einer Farbe im Vordergrund. Wirklich geprägt wird die Werbeaussage von der ungewöhnlichen, inhaltlich unsinnigen, personalisierten Verwendung des Begriffes "Pink" als Subjekt: Die Beklagte hat damit Werbeaussagen kreiert, die sich von der bloßen Verwendung von Farben entscheidend abheben. In auch nur annähernd vergleichbarer Weise hat die Klägerin die Verbalisierung der Farbe nicht eingesetzt. Durch diese Andersartigkeit des werblichen Auftritts, soweit er in dem vorliegenden Rechtsstreit relevant ist, hat die Beklagte die Gefahr einer Verwechslung ausreichend ausgeschlossen und sich von der Klägerin hinreichend abgegrenzt. Hinzu kommt, dass die Beklagte stets unübersehbar die Bezeichnung M hinzugesetzt hat und auch dadurch die Gefahr von Verwechslungen minimiert hat.

An diesem Ergebnis ändert auch die zwischen der Klägerin und der Firma M GmbH geschlossene Vereinbarung aus dem Jahre 2001 nichts. Denn die Klägerin könnte aus dieser Vereinbarung‚ an der die Beklagte nicht beteiligt war, unmittelbar keine Rechte gegenüber der Beklagten herleiten.

Die Klage war daher mit den sich aus den §§ 91, 709 ZPO ergebenden prozessualen Nebenentscheidungen abzuweisen.






LG Bochum:
Urteil v. 13.01.2004
Az: 12 O 109/03


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