Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Juni 2001
Aktenzeichen: 24 W (pat) 111/00

(BPatG: Beschluss v. 19.06.2001, Az.: 24 W (pat) 111/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Juni 2000 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 1 175 728 für die Waren "ätherische Öle, Haarwässer" zurückgewiesen worden ist.

Wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 175 728 wird antragsgemäß für die Waren "ätherische Öle, Haarwässer" die Löschung der Marke 394 05 366 angeordnet.

Gründe

I Die Wortmarke 394 05 366 DECUBAL ist am 23. März 1995 gemäß § 6a WZG in das Register eingetragen worden. Das Warenverzeichnis hatte zuletzt folgende Fassung:

"Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, nämlich dermatologische Präparate sowie Cremes, Lotionen, Salben und Seifen für die medizinische Zwecke, ausgenommen Präparate für onkologische und gynäkologische Zwecke in Klasse 5".

Dagegen ist Widerspruch erhoben worden ua aus der Wortmarke 1 175 728 ECURAL, die seit dem 2. Mai 1991 für folgende Waren in dem Register eingetragen ist:

"Pharmazeutische dermatologische Erzeugnisse, nämlich Korticosteroid-Präparate zur äußeren Anwendung".

Wegen dieses Widerspruchs hat die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluß vom 14. Juni 2000 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, nämlich für die Waren

"Seifen, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, nämlich dermatologische Präparate sowie Cremes, Lotionen, Salben und Seifen für medizinische Zwecke, ausgenommen Präparate für onkologische und gynäkologische Zwecke in Klasse 5".

Im übrigen ist der Widerspruch zurückgewiesen worden. Die teilweise Zurückweisung hat die Markenstelle damit begründet, daß zwischen den Waren "Parfümerien, ätherische Öle, Haarwässer" aus dem Warenverzeichnis der angegriffenen Marke und den Waren der Widerspruchsmarke ein hinreichend großer Abstand bestehe, um eine Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG auszuschließen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie meint, daß die angegriffene Marke der Widerspruchsmarke auch insoweit verwechselbar nahe komme, als die angegriffene Marke für die Waren "ätherische Öle, Haarwässer" eingetragen worden sei. Unter der Widerspruchsmarke würden eine Lösung und eine Salbe jeweils mit dem Wirkstoff Mometason-Furoat als Mittel gegen entzündliche und juckende Hauterkrankungen der behaarten Kopfhaut vertrieben. Diese Mittel seien den "ätherischen Ölen" und "Haarwässern" aus dem Warenverzeichnis der angegriffenen Marke ähnlich mit der Folge, daß zwischen den Vergleichsmarken auch hinsichtlich dieser Waren eine klangliche Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG bestehe.

Die Widersprechende stellt den (sinngemäßen) Antrag, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Juni 2000 insoweit aufzuheben, als darin der Widerspruch aus der Marke 1 175 728 für die Waren "ätherische Öle, Haarwässer" zurückgewiesen worden ist, und die Löschung der angegriffenen Marke 394 05 366 auch für diese Waren anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2001 hat die Markeninhaberin bestritten, daß die Widerspruchsmarke auch für nicht rezeptpflichtige Korticosteroid-Präparate benutzt werde. Eine Benutzung der Widerspruchsmarke für rezeptpflichtige Korticosteroid-Präparate ist unstreitig. Weiter hat die Markeninhaberin in der mündlichen Verhandlung behauptet, daß Korticosteroidhaltige dermatologische Erzeugnisse ausnahmslos verschreibungspflichtig seien. Das hat die Widersprechende bestritten und dazu einen Auszug aus der Roten Liste 2001 vorgelegt, der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig und begründet, denn zwischen den Vergleichsmarken besteht auch hinsichtlich der Waren "ätherische Öle, Haarwässer" aus dem Warenverzeichnis der angegriffenen Marke eine Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Nachdem eine Benutzung der Widerspruchsmarke für rezeptpflichtige Korticosteroidhaltige Dermatika zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig ist, ist von dem registrierten Warenverzeichnis auszugehen. Hierbei kann dahingestellt werden, ob die dort aufgeführten "Korticosteriod-Präparate zur äußeren Anwendung" ausnahmslos rezeptpflichtig sind, weil auch eine zugunsten der Markeninhaberin angenommene derartige Rezeptpflicht zu keinem abweichenden Ergebnis führt.

Zwischen den jetzt noch beschwerdegegenständlichen "ätherischen Ölen" und "Haarwässern" der angegriffenen Marke und den Dermatika der Widerspruchsmarke besteht Warenähnlichkeit. Eine ganze Reihe ätherischer Öle hat antiseptische, desinfizierende und entzündungshemmende Wirkungen, wie zB das Eukalyptusöl und die ätherischen Öle aus Ysopkraut, Myrrhe und Schafgarbe (vgl Hunnius, Pharmazeutisches Wörterbuch, 8. Auflage, S 992, 993). Sie können deswegen sowohl als Arzneimittel im Sinne der Warenklasse 5 als auch als Wirkstoffe für die Körperpflegemittel der Warenklasse 3 eingesetzt werden. Teebaumöl wird zB im Bereich der Körperpflege als Wirkstoff für Seifen, Gesichtswasser, Haarwaschmittel verwandt und gleichzeitig in der Dermatologie wegen seiner antiseptischen, bakteriziden und fungiziden Wirkungen eingesetzt (vgl Raab/Kindl, Pflegekosmetik, Ein Leitfaden, 1999, S 213). Die Widersprechende hat mit konkreten Belegen und insoweit von der Markeninhaberin unwidersprochen dargelegt, daß eine Vielzahl von Haarwässern ausschließlich für eine Einwirkung auf die Kopfhaut angelegt sind. Daraus folgt bereits unter den Gesichtspunkten der Zweckbestimmung und der Anwendungsweise eine große Nähe zu den Dermatika. Es kommt hinzu, daß "ätherische Öle" und "Haarwässer" wegen ihrer Eignung zur medizinischen Verwendung aus denselben Herstellungsbetrieben und über dieselben Vertriebswege und Verkaufstätten auf den Markt gebracht werden können wie die Dermatika. Das gilt um so mehr, als inzwischen ein breites Spektrum von Pflegemitteln für Haut und Haare auf dem Markt ist, die in erster Linie nach medizinischen Gesichtspunkten konzipiert sind. Diese Feststellungen zur Warenähnlichkeit müssen auch nicht relativiert werden, wenn man zugunsten der Markeninhaberin eine faktische Rezeptpflicht für die Dermatika der Widersprechenden unterstellt. Denn im vorliegenden Fall ergibt sich aus einer solchen Rezeptpflicht keine prinzipielle Verschiedenheit der stofflichen Beschaffenheit sowie der Herstellungs- und der Vertriebswege der zu vergleichenden Waren.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bewegt sich im oberen Bereich des Durchschnittlichen (vgl Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 9 Rdn 135). Denn die Widerspruchsmarke wird - und das ist zwischen den Verfahrenbeteiligten unstreitig - seit längerem für rezeptpflichtige Salben und Lösungen zur Behandlung der Kopfhaut benutzt.

Bei vorliegender Warennähe und gefestigter durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke muß die angegriffene Marke von dieser einen deutlichen Abstand halten. Diesen Anforderungen wird die angegriffene Marke nicht gerecht. Denn klanglich kommen sich die Vergleichsmarken verwechselbar nahe. Im phonetischen Gesamteindruck überwiegen die Gemeinsamkeiten wie die identische Vokalfolge, die Identität der zweiten Silbe "CU" mit dem klanglich besonders charakteristischen Konsonanten "C" zwischen zwei Vokalen und die Identität der jeweils letzten zwei Buchstaben "AL". Demgegenüber treten die wenigen Unterschiede zurück. Insbesondere wird bei der angegriffenen Marke mit dem Anfangsbuchstaben "D" kein deutlich anderer Akzent gesetzt. Vielmehr bleibt auch hier - wie in der Widerspruchsmarke - der Vokal "E" in der Anfangssilbe klangbeherrschend.

Damit sind die Voraussetzungen für eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG erfüllt, und zwar auch dann, wenn zugunsten der Markeninhaberin eine faktische Rezeptpflicht für die Dermatika der Widerspruchsmarke unterstellt wird. Zwar ist davon auszugehen, daß auch eine einseitige Rezeptpflicht die Anforderungen an den Markenabstand reduzieren kann (vgl BGH MarkenR 1999, 154, 156 "Cefallone"; BPatGE 41, 267, 270 f "Taxanil/Taxilan"), eine solche Minderung der Anforderungen an den Markenabstand muß jedoch naturgemäß schwächer ausfallen als bei einer beidseitigen Rezeptpflicht. Vorliegend ist zu berücksichtigen, daß die "ätherischen Öle" und die "Haarwässer" aus dem Warenverzeichnis der angegriffenen Marke ihrerseits keiner Rezeptpflicht unterliegen. Bei dem Vertrieb dieser Waren kann daher weder auf Seiten der Käufer noch auf Seiten der Verkäufer mit einer erhöhten Sorgfalt und Fachkunde gerechnet werden. "Ätherische Öle" und "Haarwässer" sind Massenartikel, bei denen auch nicht unter dem Gesichtspunkt hoher Preise mit einer gesteigerten Aufmerksamkeit der Käufer beim Kauf gerechnet werden kann. Außerdem können potentielle Käufer den Waren beider Vergleichsmarken am selben Vertriebsort, nämlich in Apotheken, begegnen, wo inzwischen in großem Umfang nichtmedizinische Pflegemittel für Haut und Haare aus der Warenklasse 3 vertrieben werden.

Aus diesen Gründen war auf die Beschwerde der Widersprechenden der angefochtene Beschluß antragsgemäß teilweise aufzuheben, soweit der Widerspruch aus der Marke 1 175 728 für die Waren "ätherische Öle, Haarwässer" zurückgewiesen worden ist. Auch für diese Waren war wegen des Widerspruchs die Löschung der Marke 394 05 366 anzuordnen.

Kosten werden nicht auferlegt (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Ströbele Werner Guth






BPatG:
Beschluss v. 19.06.2001
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