Verwaltungsgericht München:
Beschluss vom 24. Juli 2008
Aktenzeichen: M 17 S 08.2417

(VG München: Beschluss v. 24.07.2008, Az.: M 17 S 08.2417)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Veranstalterin des Fernsehspartenprogramms N... Die Verbreitung des bundesweiten Fernsehangebots ist von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 25. Juni 1999 genehmigt, die Genehmigung mit Bescheid vom 29. März 2007 verlängert worden. Am 11. September 2006 strahlte die Antragstellerin eine zweiminütige Dauerwerbesendung aus. Diese Sendung war mit dem Schriftzug "Dauerwerbesendung" angekündigt und im weiteren Verlauf als "S..-Promotion" gekennzeichnet. Nach vorheriger Anhörung erließ die Antragsgegnerin unter dem 21. April 2008 folgenden Bescheid:

1. Die Landeszentrale stellt fest und missbilligt, dass die N.. Gesellschaft für Nachrichten und Zeitgeschehen GmbH (N..) die Dauerwerbesendung für das Unternehmen S.. am 11. September 2007 um 18.09 Uhr mit "S..-Promotion" gekennzeichnet hat. Hierin liegt ein Verstoß gegen § 7 Abs. 5 Satz 2 RStV.

2. N.. wird aufgegeben, zukünftig seine Dauerwerbesendungen zu Beginn als Dauerwerbesendung anzukündigen und während ihres gesamten Verlaufs durch die Einblendung "Dauerwerbesendung" oder "Werbesendung" zu kennzeichnen.

3. Die sofortige Vollziehung der Nr. 2 des Tenors wird angeordnet.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten habe sich in ihrer Sitzung vom 26./27. Juni 2007 mit der Kennzeichnung von Dauerwerbesendungen befasst und entschieden, dass die dauernde Kennzeichnung mit dem Schriftzug, bestehend aus der Produktbezeichnung oder der Firma und dem Wort "Promotion" nicht die Verpflichtung aus § 7 Abs. 5 Satz 1 RStV erfüllt. Dauerwerbesendungen müssten während ihres gesamten Verlaufs als solche gekennzeichnet werden. Nach Art. 26 Abs. 1 Satz 1 BayMG könne die Landeszentrale gegenüber den Anbietern zur Einhaltung von Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages und der entsprechenden Satzungsbestimmungen und Richtlinien die erforderlichen Anordnungen treffen. Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 RStV müssten Dauerwerbesendungen während der gesamten Zeitdauer der Ausstrahlung "als solche" gekennzeichnet werden. Die Kennzeichnung "S..-Promotion" halte sich nicht in dem Rahmen, der durch die Richtlinien (Nr. 8 Abs. 2 Werberichtlinien Fernsehen) vorgegeben werde. Es sei im Interesse des Zuschauers, wenn die Kennzeichnung als "Werbesendung" verlangt werde, da sie ein hohes Maß an Transparenz, Klarheit und Eindeutigkeit vermittle. Dies liege bei der Bezeichnung "Promotion" nicht vor. Da der Konsument mit immer neuen Formaten konfrontiert werde, müsse eine einheitliche Kennzeichnung beibehalten werden. Bei der Bezeichnung "Promotion" handle es sich um einen Anglizismus, was die Wahrscheinlichkeit erhöhe, dass der durchschnittliche Zuschauer den Begriff falsch oder nicht übersetzen könne und er sich falsche Vorstellungen über die neue und ungewohnte Kennzeichnung mache. Der Einwand der ... AG, wonach das Wort "Promotion" im allgemeinen Sprachgebrauch durchaus für Werbemaßnahmen benutzt werde, könne nicht überzeugen. So habe das Wort im allgemeinen Sprachgebrauch auch noch die Bedeutung etwa des Erwerbs der Doktorwürde oder des Aufstiegs in eine höhere Klasse. Die Bezeichnung sei also mehrdeutig, auch wenn sie in Fachkreisen der Medienbranche mit dem Wort "Werbung" gegebenenfalls gleichgesetzt werde. Es könne nicht angenommen werden, dass dies für den Fernsehzuschauer allgemein gelte und dass sich für diesen die verkaufsfördernde Werbeabsicht mit der Kennzeichnung "Promotion" eindeutig erschließe. Von der Wirkung sei die Aussage dem Begriff "Dauerwerbesendung" jedenfalls nicht vergleichbar. Die von der ... AG angeführten Anlagen stammten überwiegend aus dem Printbereich, der aber keiner ähnlichen Regulierung wie Rundfunk oder Fernsehen bedürfe.

Zur Anordnung der sofortigen Vollziehung führte die Antragsgegnerin aus, diese sei erforderlich, da die Antragstellerin ausweislich des eigenen Sachvortrags davon ausgehe, dass sie die Kennzeichnungspflicht mit der Einblendung des Schriftzugs "Promotion" erfülle. Es könne jedoch nicht hingenommen werden, dass die Zuschauer bis zu einer endgültigen Entscheidung des Gerichts der Verunsicherung und Fehlinterpretation ausgesetzt seien. Das Interesse der Öffentlichkeit an der Transparenz der Kennzeichnung gehe dem Interesse des Anbieters an einer flexiblen Kennzeichnung vor.

Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2008 erhoben die Bevollmächtigten der Antragstellerin Klage und beantragten gleichzeitig:

Die aufschiebende Wirkung der mit Schriftsatz vom 21. Mai 2008 erhobenen Klage der Antragstellerin bezüglich Nr. 2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 21. April 2008 wiederherzustellen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, es fehle schon am besonderen Vollzugsinteresse für den angeordneten Sofortvollzug. Streitig sei zwischen Beteiligten eher nicht, dass eine Dauerwerbesendung zu kennzeichnen sei, vielmehr gehe es nur um die Rechtsfrage, wie die Kennzeichnung zu erfolgen habe. Vorliegend könne die Dauerwerbesendung schon wegen ihres Inhalts als solche erkannt werden. Insoweit fehle es am erforderlichen Interessenschutz für den Zuschauer. Allein aufgrund der Tatsache, dass eine gerichtliche Klärung der Rechtsfrage herbeigeführt werden solle, könne die grundrechtlich geschützte Tätigkeit der Antragstellerin nicht bis zur Hauptsacheentscheidung eingeschränkt werden. Mit der Anordnung werde in den Kernbereich der Rundfunkfreiheit eingegriffen. Die Antragstellerin werde daran gehindert, ihre Zuschauer mit Hilfe einer modernen Sprache über das Vorhandensein von Werbung zu informieren. Dieser Eingriff wäre im Fall des späteren Obsiegens nicht rückholbar. Die Vollziehbarkeit des Bescheides sei geeignet, zu erheblichen und nicht revidierbaren Werbeeinnahmeverlusten bei der auf Werbefinanzierung angewiesenen Antragstellerin zu führen. Es bestehe die Gefahr, dass werbeinteressierte Unternehmen nicht nur auf Online- und Printmedien ausweichen könnten, sondern auch auf den öffentlichen Rundfunk, bei dem bei Dauerwerbesendungen "nur" darauf hinzuweisen sei, dass es sich "um eine Werbesendung handelt". Auf der anderen Seite würde ein (unterstelltes) Zuschauerinteresse allenfalls peripher tangiert, da es um das "Wie" und nicht um das "Ob" der Kennzeichnung der Werbesendung gehe. Darüber hinaus sei die Anordnung offensichtlich rechtswidrig und nicht durch Art. 16 Abs. 1 BayMG gedeckt. Es liege kein Verstoß gegen § 7 Abs. 5 Satz 2 RStV vor. Der Gesetzgeber schreibe nur vor, dass die Dauerwerbesendung "als solche" gekennzeichnet werden müsse. Eine bestimmte Kennzeichnungsform werde nicht verlangt. Der Trennungsgrundsatz (Trennung von Werbung und Programm) verlange eine zweifelsfreie Kennzeichnung, stelle aber keinen Selbstzweck dar. Dies ergebe sich auch aus der amtlichen Begründung zur entsprechenden Bestimmung des Rundfunkstaatsvertrages. Eine explizite Bestimmung der Art und Weise der Kennzeichnung enthalte § 7 Abs. 5 Satz 2 RStV gerade nicht. Eine andere Bewertung könne auch nicht aus Nr. 8 Abs. 2 der Gemeinsamen Richtlinien der Landesmedienanstalten für die Werbung, zur Durchführung der Trennung von Werbung und Programm und für das Sponsoring im Fernsehen (sog. Werberichtlinie) abgeleitet werden. In den Richtlinien heiße es zwar, dass Dauerwerbesendungen "unmittelbar vor Beginn als Dauerwerbesendung angekündigt und während des gesamten Verlaufs mit dem Schriftzug 'Werbesendung' oder 'Dauerwerbesendung' gekennzeichnet werden müssten". Diese Richtlinien seien jedoch für die Auslegung des Rundfunkstaatsvertrages durch die Gerichte nicht verbindlich, sondern stellten lediglich eine Interpretationshilfe und Ansätze für eine Selbstbindung der Landesmedienanstalten dar. Ein Rückgriff auf die Werberichtlinien würde zudem zu einer Ungleichbehandlung zwischen privatem und öffentlichrechtlichem Rundfunk führen, der eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG- darstellen würde. Sowohl nach den ARD- als auch nach den ZDF-Richtlinien für Werbung und Sponsoring müsse während des Verlaufs der Sendung ein Hinweis erfolgen, "dass es sich um eine Werbesendung" handle. Hier sei also die wörtliche Kennzeichnung nicht vorgesehen. Stellt man nicht auf Begriffe ab, so sei die Antragstellerin ihrer Verpflichtung nach Kennzeichnung mit der von ihr gewählten Bezeichnung "S..-Promotion" nachgekommen. Im Verständnis der angesprochenen Zuschauer sei der Begriff "Promotion" ein Synonym für Werbung. Die Antragstellerin verwies hierzu auf Fundstellen im "Duden" sowie im Fremdwörterbuch des "Duden" und im Synonym-Lexikon des "Duden". Im Zusammenhang mit Werbung könne das Wort "Promotion" auch nicht als mehrdeutig eingestuft werden. Die Antragstellerin sei selbstredend bereit, die Zuschauer in gebotenem Umfang über den Sendeinhalt zu informieren, allerdings stehe ihr die Wahl der Begriffe frei. Sie könne also ein Synonym für das Wort "Werbung" benützen. Gerade Synonyme aus dem englischsprachigen Raum würden als modern und zeitgerecht angesehen. Zum Nachweis des Begriffs "Promotion" für Werbung legte der Bevollmächtigte der Antragstellerin zahlreiche Beispiele aus der Presse vor.

Selbst wenn man von einem Verstoß gegen § 7 Abs. 5 Satz 2 RStV ausgehe, könne die Antragsgegnerin keine positive Anordnung treffen, wie die Werbesendung zu kennzeichnen sei. Diese sei bei einem eventuellen Rechtsverstoß auf die Anordnung der Unterlassung beschränkt. Verwaltungsakte, die nichts anderes beinhalteten als die bloße Wiederholung des Gesetzesbefehls, seien unzulässig bzw. unverhältnismäßig. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass die Anordnung in Nr. 2 des Bescheides die Verpflichtung enthalte, zukünftig eine Dauerwerbesendung zu Beginn als Dauerwerbesendung anzukündigen. Diese Verpflichtung erfülle die Antragstellerin ohnehin. Es sei daher unverhältnismäßig, sie dazu zu verpflichten.

Mit Schriftsatz vom 10. Juni 2008 beantragte der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin, den Antrag der Antragstellerin vom 22. Mai 2008 zurückzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, soweit die Medienanstalt Berlin-Brandenburg früher eine andere Rechtsauffassung zur Kennzeichnung von Dauerwerbesendungen gehabt habe, spiele dies im vorliegenden Fall keine Rolle, da diese Medienanstalt mittlerweile ebenfalls eine Beanstandung ausgesprochen habe. Der streitgegenständliche Bescheid der BLM sei offensichtlich rechtmäßig. Die gesetzlichen Vorgaben seien zwingend. Der Gesetzgeber habe klar die Erkennbarkeit des Werbecharakters einer Dauerwerbesendungen zur Voraussetzung der Zulässigkeit gemacht. Dem Gesetzgeber sei es erkennbar auch darum gegangen, dass die Ankündigung als Dauerwerbesendung zu Beginn einer solchen nicht genüge, dass vielmehr auch Zuschauer, die im Verlauf des Programms zuschalten, geschützt werden müssten. Werbung müsse durch optische Mittel eindeutig von anderen Programmteilen getrennt werden. Der Begriff "Promotion" sei keineswegs für jedermann als "Werbung" zu verstehen. In seiner Übersetzung sei der Begriff durchaus mehrdeutig und auch selbst für der englischen Sprache mehr oder weniger kundige Rezipenten nicht ohne weiteres Nachdenken zu verstehen. Auch die Regelung in Nr. 2 des Bescheides sei nicht zu beanstanden. Sie sei so zu verstehen, dass dann, wenn der Sender Dauerwerbesendungen ausstrahle, diese in bestimmter Weise zu kennzeichnen seien. Eine Einschränkung der rundfunkrechtlich garantierten Programmgestaltungsfreiheit liege nicht vor. Der Ausgestaltungsvorbehalt sei vielmehr mit der Regelung des Rundfunkstaatsvertrages konkretisiert. Ergänzend verwies der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 26. Mai 2008 (VG 27 A 37.08), das in einem parallel gelagerten Fall die Kennzeichnung als "Quelle-Promotion" als nicht ausreichend i.S. des § 7 Abs. 5 Satz 2 RStV angesehen hatte. Die von der Antragstellerin gerügte Ungleichbehandlung gegenüber öffentlich-rechtlichem Rundfunk sei ebenfalls nicht tragfähig. Es handle sich um unterschiedliche Regelbereiche. Auch der Hinweis auf den "Zeitgeist" rechtfertige nicht die Verwendung des Wortes "Promotion", angesichts dessen mehrdeutiger Bedeutung. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei ordnungsgemäß erfolgt und begründet worden. Das Überwiegen des öffentlichen Interesses sei ausreichend dargelegt.

Für den Sachverhalt im übrigen wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Die Anordnung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid vom 21. April 2008 ist entsprechend den Erfordernissen des § 80 Abs. 5 VwGO genügend begründet und daher nicht formell rechtswidrig.

Das in § 80 Abs. 3 VwGO normierte Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht nur formeller Natur. Es bedarf einer schlüssigen, konkreten Auseinandersetzung im Einzelfall unter substantiierter Darlegung der wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen, die zur Annahme eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung und damit zum Gebrauch der Anordnungsmöglichkeit nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO geführt haben (vgl. BayVGH vom 17.9. 1982, BayVBl 1982, 756; VGH Kassel vom 31.5.1990, NVWZ 1991, 88). Die Begründung kann dabei durchaus knapp gehalten sein.

Die Vollzugsanordnung ist hier zwar nur knapp begründet, sie setzt sich aber mit den Besonderheiten des Falles auseinander und ist deshalb gerade nicht formelhaft. Auf die mögliche Verunsicherung und Fehlinterpretation durch Zuschauer, die verhindert werden soll, wird hingewiesen.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen, sofern das Interesse des Betroffenen, von der Vollziehung des belastenden Verwaltungsaktes bis zur Klärung seiner Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Das Gericht hat hierbei nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt seiner Entscheidung eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Bei der danach erforderlichen Abwägung der Interessen sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen, soweit sie bei summarischer Prüfung bereits im Zeitpunkt der Entscheidung beurteilt werden können. Summarische Prüfung im Rahmen eines Eilverfahrens bedeutet insbesondere, dass eine umfassende Beweisaufnahme nicht durchgeführt wird, sondern dem Widerspruchsverfahren bzw. dem Klageverfahren vorbehalten bleiben muss. Ergibt die Überprüfung der Erfolgsaussichten, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer reinen Interessenabwägung.

Nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Überprüfung des angefochtenen Bescheides geht das Gericht von dessen Rechtmäßigkeit aus. Die Antragsgegnerin ist für die getroffene Regelung zuständig (Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG). Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass Dauerwerbesendungen nach § 7 Abs. 5 Satz 2 des Rundfunkstaatsvertrages vom 31. August 1991 in der Fassung vom 22. Dezember 2006 - RStV- zu Beginn als Dauerwerbesendungen angekündigt werden müssen. Gegen diese Kennzeichnungspflicht hat die Antragstellerin nicht verstoßen. Insofern könnte die Anordnung in Ziff. 2 erster Halbsatz des Bescheids vom 21. April 2008 als unverhältnismäßig angesehen werden, andererseits wird die Antragstellerin insoweit nicht belastet, als nicht in ihre Rechte eingegriffen wird. Streitig ist zwischen den Beteiligten, wie die Dauersendung in ihrem Verlauf zu kennzeichnen ist.

Die Auffassung der Antragstellerin, wonach § 7 Abs. 5 Satz 2 RStV nicht zur Kennzeichnung mit einem bestimmten Begriff verpflichtet, dürfte zutreffend sein. Nach der amtlichen Begründung (zit. nach Hartstein, Ring, Kreile, Dörr, Stettner, Rundfunkstaatsvertrag Komm. Stand Mai 2008, § 7 RStV RdNr. 41) hat die Kennzeichnung sowohl zu Beginn, wie während des gesamten Verlaufs den Zweck, den Werbecharakter der Sendung unmittelbar zu verdeutlichen. Die Kommentarliteratur (Hartstein, a.a.O. RdNr. 42) geht davon aus, dass die Kennzeichnung durch die Begriffe "Werbesendung" oder "Dauerwerbesendung" erfolgt. Diskutiert werden lediglich die optische Gestaltung der Einblendung, wie hell auf dunkel bzw. Verbindung mit dem Firmenlogo. Es besteht Einigkeit, dass die Kennzeichnung in Ausfüllung des Gebots zur Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt zu erfolgen hat. Die Trennung dient dem Schutz des Zuschauers. Er soll, auch wenn er sich im Verlauf einer Dauerwerbesendung zuschaltet, genau erkennen können, dass es sich um Werbung handelt. Aus diesem Schutzziel heraus ist eine eindeutige Kennzeichnung erforderlich. Die von der Antragsgegnerin im Bescheid vom 21. April 2008 in Ziffer 2 getroffene Regelung beinhaltet jedenfalls die geforderte eindeutige Kennzeichnung. Auf der anderen Seite erfüllt nach Auffassung des Gerichts die Kennzeichnung einer Dauerwerbesendung während ihres Verlaufs mit dem Wort "Promotion" die Pflicht zur eindeutigen Kennzeichnung nicht. Das Wort "Promotion" mag in der Werbebranche als eindeutiges Synonym für Werbung verwendet werden. Dieses Verständnis kann nach Auffassung des Gerichts nicht uneingeschränkt vorausgesetzt werden. Anglizismen, auch wenn sie bereits einen gewissen Verbreitungsgrad haben, beinhalten immer die Gefahr, falsch oder ungenau verstanden zu werden. Das Gericht folgt insoweit der Auffassung des Verwaltungsgerichts Berlin im Beschluss vom 26. Mai 2008 (VG 27 A 37.08). Gerade wenn, wie vorliegend, die Werbesendung im Stil einer Reportage aufgezogen ist, besteht die Gefahr, dass große Teile der Zuschauer mit dem Wort "Promotion" eine redaktionelle Information und nicht Werbung verbinden. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht Berlin (a.a.O.) auch darauf, dass der Hinweis der Antragstellerin auf das Verhalten von Werbekunden dafür spricht, dass die Kennzeichnungskraft des Begriffs "Promotion" geringer als die Kennzeichnung "Dauerwerbesendung" eingeschätzt wird.

Für die Rechtmäßigkeit der Anordnung in Ziffer 2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 21. April 2008 spricht im vorliegenden Fall, dass sie Nr. 8 der Gemeinsamen Richtlinien der Landesmedienanstalten für Werbung, zur Durchführung der Trennung von Werbung und Programm und für das Sponsoring im Fernsehen in der Neufassung vom 10. Februar 2002 entspricht. In diesen Richtlinien ist definiert, was eine Dauerwerbesendung ausmacht, und im Übrigen festgelegt, dass eine Dauerwerbesendung zulässig ist, wenn sie während des gesamten Verlaufs mit dem Schriftzug "Werbesendung" oder "Dauerwerbesendung" gekennzeichnet wird. Unabhängig vom rechtlichen Gewicht, das die Gemeinsamen Richtlinien haben (s. Oberländer, ZUM 2001, 487), kommt ihnen jedenfalls die Aufgabe zu, zu Gunsten der betroffenen Sender für einen einheitlichen Vollzug des Rundfunkstaatsvertrages zu sorgen (s. Hartstein, a.a.O., § 46 RStV RdNr. 2 und § 49 RStV RdNr. 37). Dieser wird durch die Anordnung der Antragsgegnerin gewährleistet.

Eine Gleichbehandlung von privaten Anbietern und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Bezug auf Dauerwerbesendungen kann wohl wegen der unterschiedlichen Strukturen nicht gefordert werden. Im Übrigen bestimmen auch die ARD-Richtlinien für Werbung, zur Durchführung der Trennung von Werbung und Programm und für das Sponsoring i.d.F. vom 6. Juli 2000 und die ZDF-Richtlinien für Werbung und Sponsoring i.d.F. vom 22. September 2000, dass im Verlauf einer Dauerwerbesendung darauf hingewiesen wird, dass es sich um "eine Werbesendung" handelt. Aus diesen Regelungen kann nicht der Schluss gezogen werden, in diesem Bereich sei die Kennzeichnung "Promotion" zulässig. Für eine solche Auslegung liegen keine Anhaltspunkte vor.

Nach alledem wird die Antragstellerin voraussichtlich mit ihrer Klage unterliegen, daher war der Antrag abzulehnen.

Aber auch bei einem offenen Ausgang des Klageverfahrens würden die Interessen der Antragsgegnerin bzw. der Öffentlichkeit das Interesse der Antragstellerin überwiegen. Es wird nicht verkannt, dass sich die Antragstellerin neben wirtschaftlichen Interessen auch für die Werbung auf das verfassungsrechtlich geschützte Gebot der Rundfunkfreiheit beziehen kann (Degenhardt, Bonner Kommentar Stand September 2009, Art. 5 RdNr. 738) und dass mit der geforderten Wortwahl dieses Recht tangiert werden kann. Auf der anderen Seite besteht das Interesse der Antragsgegnerin an der Herstellung rechtmäßiger Zustände bei der Kennzeichnung von Dauerwerbesendungen und dem Schutz der Zuschauer im Hinblick auf eine klare Trennung von Werbung und redaktionellem Teil. Letzteres liegt auch im öffentlichen Interesse, das beim Sofortvollzug nach § 80 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 5 VwGO ebenfalls zu beachten ist. Nur so kann verhindert werden, dass Zuschauer für die Dauer des Hauptsacheverfahrens durch den Schriftzug "Promotion" verunsichert werden oder einer Fehlinterpretation unterliegen (s. auch VG Berlin, a.a.O.).

Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.






VG München:
Beschluss v. 24.07.2008
Az: M 17 S 08.2417


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e98261a58493/VG-Muenchen_Beschluss_vom_24-Juli-2008_Az_M-17-S-082417




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share