Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 8. Mai 1998
Aktenzeichen: 6 U 200/97

(OLG Köln: Urteil v. 08.05.1998, Az.: 6 U 200/97)

Bis zum...keine...kaufen gehen; ab...kaufen gehen UWG § 1 1. Die großformatigen, in zwei Staffeln vor der Eröffnung einer Filiale eines großen Unternehmens der Elektro- und Elektronikbranche publizierten Zeitungsanzeigen, mit den darin einem bekannten Schauspieler in den Mund gelegten Aufforderungen, vor einem genannten Datum (= Eröffnungstag) keine bzw. ab dem betreffenden Datum bei dem nunmehr erstmals namentlich genannten Unternehmen - in jeder Anzeige unterschiedlich herausgestellte - Geräte "kaufen zu gehen", ist als vergleichende Werbung in Form der pauschalen Herabsetzung aller (ungenannten) Mitbewerber im regionalen Verbreitungsgebiet der Werbung unlauter im Sinne von § 1 UWG. 2. Erklärt der Unterlassungsschuldner in der Berufungsverhandlung, er halte eine früher abgegebene gesicherte Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht aufrecht und wiederhole sie auch nicht, ist Begehungsgefahr als materiellrechtliche Voraussetzung eines (wettbewerblichen) Unterlassungsanspruchs (wieder) zu bejahen.

Tatbestand

Der Kläger ist ein gerichtsbekannter Verband zur Förderung

gewerblicher Interessen im Sinne des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG. Die

Beklagte betreibt seit dem Frühjahr 1997 Einzelhandel u.a. mit

Haushaltsgeräten ("weiße Ware"), Geräten der

Unterhaltungselektronik und der Telekommunikation sowie mit

Audioprodukten.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, mit dem der Kläger die

Beklagte auf Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch

nimmt, ist die in dem obigen Tenor dargestellte Eröffnungswerbung,

die die Beklagte im April 1997 in Kölner Tageszeitungen

schaltete.

Die Beklagte, die ihr Geschäft am 17.4.1997 eröffnet hat, hatte

zuvor ab dem 1.4.1997 zunächst die mit dem Klageantrag zu I 1

angegriffenen Anzeigen mit dem Text: "... Bis 17.4. kein ... kaufe

jon" und ab dem 8.4.1997 die mit dem Klageantrag zu I 2

angegriffenen Anzeigen mit dem Text: "...Ab 17.4. ... kaufe jon"

geschaltet. Zeitgleich mit diesem Wechsel hat die Beklagte

bezüglich der ersten Werbung strafbewehrte

Unterlassungsverpflichtungserklärungen abgegeben, und zwar unter

dem 8.4.1997 gegenüber dem Verlag D. S. und - nachdem der Kläger

sie diesbezüglich abgemahnt hatte - unter dem 9.4.1997 gegenüber

dem Kläger und gegenüber dem H. Verlag.

Der Kläger vertritt die Auffassung, beide Werbungen verstießen

unter dem Gesichtspunkt der pauschalen Herabsetzung der

Wettbewerber gegen § 1 UWG. Der Verkehr verstehe die erste Werbung

dahin, daß ein besseres Angebot beworben werde, als sich sonst auf

dem Markt befinde. Angesichts des Umstandes, daß es bei Markenware

wie z.B. Waschmaschinen um den Vertrieb von Waren gehe, bei dem ein

Konkurrenzkampf nur im Bereich des Preises stattfinde, werde der

beworbene Interessent z.B. bezüglich der Waschmaschinen annehmen,

er werde ab dem 17.4.1997 eine Waschmaschine erwerben können, die

nirgendwo anders so billig gekauft werden könne. Damit würden indes

die übrigen Anbieter pauschal herabgesetzt. Das gelte auch für die

Folgewerbung, weil diese nicht geeignet sei, die Fortwirkungen der

vorhergehenden Werbung zu beseitigen. Die ihr gegenüber abgegebene

Unterlassungsverpflichtungserklärung sei nicht annahmefähig, weil

die Beklagte zum einen auch Radiowerbung betreibe, die Erklärung

aber auf Printwerbung beschränkt habe, und zum anderen sich

weigere, auch bezüglich der Folgewerbung eine

Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben.

Die Klägerin hat b e a n t r a g t,

die Beklagte zu verurteilen,

I.) es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der

Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM,

ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu

unterlassen,

1.) in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung wie

nachstehend wiedergegeben auf rotem Untergrund, wobei die Daten nur

beispielhaft aufgeführt sind, für Haushaltsgeräte und/oder Geräte

der Unterhaltungselektronik und/oder Geräte der Telekommunikation

und/oder Audioprodukte und/ oder Computer zu werben:

(es folgten die sieben oben auf S.3-9 dieses Urteils

wiedergegebenen Werbungen.)

2.) in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung nach

Schaltung der vorstehend unter Ziffer I 1.) wiedergegebenen

Werbungen, wobei die Daten nur beispielhaft aufgeführt sind, für

eine Geschäftseröffnung für Haushaltsgeräte und/ oder Geräte der

Unterhaltungselektronik und/oder Geräte der Telekommunikation

und/oder Audioprodukte und/oder Computer, wobei die Daten nur

beispielhaft angegeben sind, auf rotem Untergrund zu werben:

(es folgten die beiden oben auf S.10 und 11 dieses Urteils

wiedergegebenen Werbungen.)

II.) an ihn 207 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit

(8.8.1997) zu zahlen.

Die Beklagte hat b e a n t r a g t,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Werbung werde nicht als Herabsetzung der

Wettbewerber, sondern als Beschreibung der eigenen

Leistungsfähigkeit verstanden. Es komme hinzu, daß sie nicht

anonym, sondern unter Bezugnahme auf den bekannten Kölner

Volksschauspieler Willy Millowitsch erfolgt sei, woraus ebenfalls

deutlich werde, daß es sich lediglich um eine launige Anpreisung

handele.

Das L a n d g e r i c h t hat die Beklagte antragsgemäß

verurteilt. Die Kammer hat offengelassen, ob der Verkehr der

Werbung die behauptete pauschale Herabsetzung der Wettbewerber in

Bezug auf die Preiswürdigkeit von deren Angeboten entnehme, und

ausgeführt, die Werbung verstoße als Marktstörung gegen § 1 UWG.

Der Kunde sei über einen Zeitraum von 2 Wochen vor der Eröffnung

dazu aufgefordert worden, in den umworbenen Sortimenten keine Käufe

zu tätigen, ohne daß ihm die Möglichkeit eröffnet worden sei, einen

Leistungsvergleich anzustellen.

Ihre B e r u f u n g gegen dieses Urteil begründet die Beklagte

im wesentlichen wie folgt: Entgegen der Auffassung des Landgerichts

stelle die Werbung keine Marktstörung dar. Diese setze eine

Gefährdung des Wettbewerbsbestandes voraus, die indes nicht

vorliege. Eine derartige Gefährdung bestehe nämlich nur, wenn die

wettbewerbliche Struktur auf Dauer gefährdet werde. Es fehle auch

an den erforderlichen Anhaltspunkten für die Gefahr deutlicher

Umsatzeinbußen der Mitbewerber. Die Werbung erfülle diese Kriterien

deswegen nicht, weil sie nicht in gesteigertem Umfange dazu führe,

daß die Verbraucher geplante Anschaffungen zurückstellten. Sie

wirke vielmehr so wie jede Eröffnungswerbung. Das gelte

insbesondere deswegen, weil in der ersten Werbung garnicht

erkennbar sei, für wen geworben werde. Auch die Folgewerbung

erfülle die Kriterien nicht, weil diese lediglich die Auflösung der

mit der früheren Werbung aufgebauten Spannung enthalte. Entgegen

der Auffassung des Klägers liege in der Werbung auch keine

pauschale Herabsetzung der Mitbewerber. Dies gelte für die erste

Werbung schon deswegen, weil sie - trotz der Abbildung des

Volksschauspielers Millowitsch - anonym erfolgt sei. Aber auch die

zweite Werbung enthalte eine Herabsetzung nicht, weil sie einen

reinen Kaufappell enthalte.

Die Beklagte b e a n t r a g t,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage

abzuweisen.

Der Kläger b e a n t r a g t,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die

Unterlassungsanträge wie folgt gefaßt werden:

"I.) ...

1.) in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung auf rotem

Untergrund für Haushaltsgeräte und/oder Geräte der

Unterhaltungselektronik und/oder Geräte der Telekommunikation

und/oder Audioprodukte und/oder Computer wie nachstehend

wiedergegeben zu werben, wobei die Daten nur beispielhaft

aufgeführt sind;

(es folgen die auf den Seiten 3-9 dieses Urteils wiedergegebenen

Werbungen.)

2.) in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung nach

Schaltung der vorstehend unter Ziffer I 1.) dargestellten Werbungen

für eine Geschäftseröffnung auf rotem Untergrund für

Haushaltsgeräte und/oder Geräte der Unterhaltungselektronik

und/oder Geräte der Telekommunikation und/oder Audioprodukte

und/oder Computer wie nachstehend wiedergegeben zu werben, wobei

die Daten nur beispielhaft aufgeführt sind:

(es folgen die auf den Seiten 10 und 11 dieses Urteils

wiedergegebenen Werbungen.)"

Er vertritt unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung seines

erstinstanzlichen Vorbringens die Auffassung, daß die Werbung

sowohl unter dem Gesichtspunkt der pauschalen Herabsetzung der

Mitbewerber, als auch als Marktstörung wettbewerbswidrig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die

gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand

der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache nur zu einem

kleinen Teil Erfolg. Neben dem Zahlungsanspruch und den auf ihn

entfallenden Zinsen stehen dem Kläger, an dessen Klagebefugnis aus

§ 13 Abs.2 Ziff.2 UWG zu zweifeln kein Anlaß besteht, die

Unterlassungsansprüche insoweit zu, als sie die Werbung in

Printmedien zum Gegenstand haben. Soweit der Kläger darüber hinaus

auch die Unterlassung der Werbung in anderen Medien verlangt,

besteht ein Anspruch wegen fehlender Begehungsgefahr nicht.

Insoweit ist die Berufung begründet.

I.

Die Unterlassungsansprüche sind im vorstehend dargelegten

Umfange aus § 1 UWG begründet, weil beide Werbungen in sämtlichen

Ausgestaltungen eine pauschale Herabsetzung der Angebote der

Wettbewerber enthalten. Aus diesem Grunde kann die - allerdings

zweifelhafte - Frage offenbleiben, ob die Werbung, wie das

Landgericht angenommen hat, auch eine Marktstörung darstellt.

Der Unterlassungsanspruch wegen vergleichender Werbung in der

hier allein in Betracht kommenden Form der pauschalen Herabsetzung

von (ungenannten) Mitbewerbern setzt voraus, daß die Werbung die

Aussage enthält, daß die beworbene Ware - beispielsweise in Preis

und Qualität - so nur bei dem werbenden Unternehmen und nicht auch

bei den Mitbewerbern zu erhalten sei (vgl. BGH WRP 97,182 f -

"Aussehen mit Brille" m.w.N.). Diese Voraussetzung liegt

ersichtlich vor.

Die zunächst erschienene, mit dem Antrag zu I 1.) angegriffene

Werbung enthält in allen ihren Varianten die Aussage, daß die

betreffenden Produkte ab dem 17.4.1997 von der Beklagten billiger

angeboten werden, als von sämtlichen in Betracht kommenden

Mitbewerbern. Dem steht entgegen der Behauptung der Beklagten der

Umstand, daß die Werbung anonym erfolgt ist und das werbende

Unternehmen nicht erkennen läßt, nicht entgegen. Im Gegenteil

bestärkt dieser Umstand den Eindruck, daß sich die Werbung gerade

gegen die Konkurrenten richtet. Es kann zunächst keinem Zweifel

unterliegen, daß die Anzeige trotz ihrer Anonymität und der

Bezugnahme auf den bekannten Kölner Volksschauspieler Willy

Millowitsch als kommerzielle Werbung erkannt wird. Das ergibt sich

ohne weiteres daraus, daß in den Anzeigen jeweils einzelne Produkte

(Waschmaschine, Computer etc.) aufgeführt sind, die bis zum 17.4.

nicht gekauft werden sollen. Denn diese Aufforderung macht nur als

kommerzielle Werbung, die allerdings wegen ihrer Anonymität einer

späteren Erklärung bedarf, Sinn. Ebenso eindeutig ist indes, daß

die Werbung die Aussage enthält, die jeweils aufgeführten Produkte

würden, wenn auch erst nach dem angegebenen Datum des 17.4.(1997),

billiger angeboten, als bei sämtlichen in Betracht kommenden

Mitbewerbern. Denn die Werbung enthält - was keiner Erklärung

bedarf - den Appell, etwaige Anschaffungen bis zu dem 17.4. nicht

zu tätigen. Es macht indes nur dann einen Sinn, Kaufentschlüsse

wegen einer Neueröffnung, wie sie durch die Angabe des Datums

ersichtlich signalisiert wird, zurückzustellen, wenn eben die

Produkte bei dem neu eröffnenden Unternehmen günstiger angeboten

werden, als bei den Konkurrenten. Aus dem von dem Kläger bereits in

erster Instanz dargelegten Grunde, daß es sich bei den beworbenen

Produktgattungen um solche handelt, in denen ganz überwiegend

Markenware vertrieben wird (Waschmaschinen, Computer), wird der

Verkehr die Aussage dahin verstehen, daß Produkte aus den

beworbenen Gattungen nach der Geschäftseröffnung bei dem werbenden

Unternehmen billiger als bei allen Wettbewerbern angeboten werden.

Entgegen ihrer Behauptung stellt die Werbung ersichtlich auch nicht

etwa nur die eigene Leistung der Beklagten heraus. Das ergibt sich

ohne weiteres schon daraus, daß sie anonym und die Beklagte daher

als Werbetreibende gerade nicht erkennbar ist. Der Verkehr erkennt

zwar aus den schon dargelegten Gründen trotzdem, daß es sich um

Werbung, und zwar den ersten Teil einer mehrteiligen Werbung,

handelt, er wird diese Werbung aber gleichwohl aufgrund der

zunächst gewahrten Anonymität zumindest in erster Linie als gegen

die Mitbewerber gerichtet verstehen.

Es ist auch für den Verkehr hinreichend konkret erkennbar,

welche Mitbewerber durch die Anzeigenserie herabgesetzt werden. Die

Wettbewerbswidrigkeit einer Werbung wegen ungerechtfertigter

pauschaler Herabsetzung setzt zunächst nicht voraus, daß die

betroffenen Wettbewerber namentlich benannt werden (vgl. BGH

a.a.O., m.w.N.). Erforderlich ist allerdings, daß die Werbung sich

nicht etwa pauschal gegen den gesamten Einzelhandel richtet,

sondern daß zumindest in abstrakter Form erkennbar ist, welche

Konkurrenten als Adressaten der Herabsetzung von der Werbung

betroffen sind. Auch dieses Erfordernis ist indes erfüllt. Durch

die in der Kölner Lokalpresse erschienene Werbung werden sämtliche

Anbieter im Raum Köln herabgesetzt, die Waren aus den in den

einzelnen Anzeigen angesprochenen Branchen vertreiben. Betroffen

ist damit z.B. jeder Händler in Köln, der etwa CDs oder Autoradios,

aber auch "weiße Ware" an Endverbraucher vertreibt. Auf diese Weise

ist der - allerdings große - Kreis der Wettbewerber erkennbar, der

von der Herabsetzung betroffen ist.

Stellt aus den vorstehenden Gründen die erste Werbung eine

pauschale Herabsetzung der Mitbewerber dar, so gilt das ohne

weiteres auch für die mit dem Antrag zu I 2) angegriffene zweite

Werbung. Denn diese wird - wie es von der Beklagten auch

beabsichtigt ist - als Folgewerbung erkannt, in der die von der

Beklagten dargestellte Spannung über den unbekannten

Werbetreibenden aufgelöst wird. Die Werbung knüpft unmittelbar an

die erste Werbung an, indem sie darlegt, wo die bislang

zurückgestellten Käufe nunmehr getätigt werden sollen. Sie greift

damit die Behauptung auf, daß die beworbenen Produkte nirgends

billiger erworben werden können, und deckt im Unterschied zu der

ersten Anzeige nunmehr lediglich auf, wer das werbende Unternehmen

ist. Zu Unrecht meint die Beklagte demgegenüber, die Werbung

enthalte lediglich eine Darstellung ihrer eigenen Leistungen. Denn

diese Sicht ignoriert den sich aufdrängenden - und auch gewollten -

Zusammenhang zu der ersten Werbung. Es mag sein, daß diejenigen

Leser, die die erste Anzeige nicht gesehen haben oder sich an sie

nicht erinnern, der zweiten Anzeige lediglich den von der Beklagten

dargestellten Gehalt beimessen. Dies allein vermag der Berufung

bezüglich dieses Anspruches indes nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Denn jedenfalls für die Menge der Verbraucher, die entsprechend der

Absicht der Beklagten auch die erste Anzeige zur Kenntnis genommen

haben, wird aus den dargestellten Gründen auch durch die zweite

Anzeige die gesamte Konkurrenz pauschal in ihrer Leistungsfähigkeit

herabgewürdigt. Im übrigen wird die zweite Anzeige ausdrücklich nur

unter der Voraussetzung angegriffen, daß sie auch in Zukunft im

Anschluß an die erste Werbung geschaltet wird.

Beide Werbeserien sind aus den vorstehenden Gründen

wettbewerbswidrig. Die hieraus resultierende Wiederholungsgefahr

ist nicht etwa deswegen entfallen, weil es sich um eine

Eröffnungswerbung gehandelt und die Eröffnung inzwischen

stattgefunden hat. Denn es kann - trotz der gerichtsbekannten

Struktur der einzelnen M.-Märkte, die bisher als jeweils

eigenständige Unternehmen organisiert sind, - nicht ausgeschlossen

werden, daß die Beklagte zukünftig einen Filialbetrieb eröffnet.

Óberdies kann die Werbung ohne weiteres auch während des schon

laufenden Geschäftsbetriebes zur Bewerbung einzelner Produkte

wiederholt werden.

Bezüglich des mit dem Antrag zu I 1) verfolgten Anspruches

besteht auch trotz der verschiedenen Unterlassungserklärungen der

Beklagten Begehungsgefahr. Daß zunächst eine der beiden oben

aufgeführten nicht gegenüber dem Kläger, sondern gegenüber dem

Verlag D. S. und dem H. Verlag abgegebenen

Unterlassungsverpflichtungserklärungen zur Beseitigung der

Wiederholungsgefahr ausreichen könnte, kann nicht festgestellt

werden, weil die Beklagte, die sich selbst auf diese Erklärungen

weder in erster noch in zweiter Instanz beruft, diese Erklärungen

nicht vorgelegt hat. Was die unter dem 9.4.1997 gegenüber dem

Kläger abgegebene Unterlassungserklärung angeht, die nicht

angenommen worden ist, so spricht allerdings einiges für die

Annahme, daß durch sie die Begehungsgefahr in der Form der

Wiederholungsgefahr zunächst beseitigt worden ist, weil die

Erklärung annahmefähig und annahmepflichtig gewesen sein dürfte.

Die Frage kann indes auf sich beruhen. Denn wenn sie zu bejahen

sein sollte, ist die Begehungsgefahr jedenfalls wieder entstanden.

Die Beklagte hat in der Berufungsverhandlung vor dem Senat im

Rahmen der Erörterung des Wegfalls der Wiederholungsgefahr durch

die früher von ihr abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung

ausdrücklich erklärt, sie halte ihre Erklärung nicht aufrecht und

wiederhole sie auch nicht. Daraus wird deutlich, daß die Beklagte

sich weiterhin für berechtigt ansieht, die angegriffene Werbung zu

schalten, was die Unterlassungsanträge begründet.

Schließlich ist die angegriffene Werbung auch - wie dies § 13

Abs.2 Ziff.2 UWG zusätzlich erfordert - geeignet, den Wettbewerb

auf dem betroffenen Markt wesentlich zu beeinträchtigen. Dies

ergibt sich ohne weiteres aus dem von dem Landgericht anschaulich

dargestellten Umfang der Auswirkungen der Werbung in den betroffen

Branchen im Raum Köln. Der Senat sieht hierzu von näheren

Ausführungen ab, weil die Beklagte selbst das Vorliegen dieser

Voraussetzung des Unterlassungsanspruches nicht in Abrede

stellt.

II.

Bestehen die Unterlassungsansprüche aus den vorstehenden Gründen

bezüglich der Werbung in Printmedien, so gilt dies nicht auch für

eine zukünftige Werbung in anderen Medien, weswegen die Berufung

insoweit Erfolg haben muß.

Die Unterlassungsansprüche sind nach allgemeinen

wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen nur in der konkreten Form

begründet, in der eine Verletzung der von dem Kläger wahrgenommenen

Rechte droht. Aus diesem Grunde stehen dem Kläger nur Ansprüche

bezüglich einer Wiederholung der angegriffenen Werbung zu. Denn die

Schaltung der Anzeigen im April 1997 indiziert zwar nach ebenfalls

allgemeinen, auf § 1004 BGB beruhenden Grundsätzen die Gefahr der

Wiederholung, es besteht aber darüber hinaus mangels jeglicher

Anhaltspunkte nicht die Gefahr, daß die Werbung auch in anderer

Weise geschaltet werden könnte. Die angegriffene Werbung stellt

indes eine Werbung in Zeitungen, also in Printmedien dar, weswegen

die ursprünglichen Verstöße Ansprüche lediglich in dem oben

zuerkannten Umfange rechtfertigen. Demgegenüber kann die Gefahr

einer weitergehenden Begehung in anderen Medien bezüglich des

Antrages zu I 1.) nicht etwa daraus hergeleitet werden, daß dieser

aus den soeben dargestellten Gründen nicht (mehr) auf einer

Wiederholungsgefahr, sondern nunmehr auf einer aus der Àußerung der

Beklagten im Verfahren herzuleitenden Begehungegefahr beruhe. Denn

diese Begehungsgefahr ist inhaltlich mit der ursprünglichen

Wiederholungsgefahr identisch. Der Kläger hat auch nicht

vorgetragen, aus welchen Gründen eine weitergehende Begehungsgefahr

in anderen Medien drohen sollte. Sein einziger Hinweis, die

Beklagte betreibe auch Radiowerbung, reicht hierfür bei weitem

nicht aus. Zum einen zeigt schon der Umstand, daß die Beklagte zwar

Radiowerbung betreibt, die konkret angegriffene Werbung in diesem

Medium aber gerade nicht geschaltet hat, daß insoweit eine

Begehungsgefahr nicht besteht. Zum anderen könnte die Werbung

ohnehin nicht ohne Ànderung der Aufmachung in anderen Medien

geschaltet werden, weil die von dem Kläger ausdrücklich in den

Antrag aufgenommene rote Unterlegung nur in Printmedien möglich

ist.

III.

Schließlich sind der Zahlungsanspruch aus §§ 683, 677 BGB und

der Zinsanspruch aus § 291 BGB begründet. Der Senat sieht hierzu

von Ausführungen ab, weil die Beklagte diese Ansprüche nicht zum

Gegenstand der Berufung gemacht hat (§ 519 Abs.3 Ziff.2 ZPO). Die

Beklagte ist ungeachtet der teilweisen Abweisung der Klage zum

vollen Ersatz der geltendgemachten pauschalen Abmahnkosten

verpflichtet, weil diese in gleicher Höhe auch dann angefallen

wären, wenn der Kläger die Abmahnung auf die begründeten Ansprüche

beschränkt hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 ZPO. Der Senat

schätzt das Interesse des Klägers an einer Unterlassung der

angegriffenen Werbungen in anderen als Printmedien und damit den

Wert des Teiles der Ansprüche, mit denen der Kläger unterlegen ist,

auf 1/4 der beiden Gesamtansprüche, woraus sich die tenorierte

Kostenquote ergibt. Soweit der Kläger in der mündlichen

Berufungsverhandlung auf Anregung des Senats die

Unterlassungsanträge neu gefaßt hat, liegt darin keine

Teilrücknahme der Klage, die Kostenfolgen auslösen müßte, sondern

bei unverändertem Inhalt lediglich eine Korrektur der sprachlich

teilweise mißlungenen Antragsformulierungen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§

708 Nr.10, 711 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Parteien

entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.

Streitwert für beide Instanzen: 100.207,00 DM. Das gem. §§ 12

Abs.1 GKG, 3 ZPO für die Wertbestimmung maßgebliche Interesse des

Klägers an der Durchsetzung der Unterlassungsansprüche schätzt der

Senat auf 50.000 DM je Werbestaffel. Der Kläger selbst hat zwar in

der Klageschrift einen niedrigeren Wert angegeben, der höheren

Wertvorstellung der Beklagten in beiden Instanzen aber nicht

widersprochen. Óberdies enthält die Wertangabe in der Klageschrift

- entgegen § 23 GKG - nicht die Angabe des ungekürzten

Streitwertes, sondern einen "teilweise herabgesetzten" und damit

zur Bestimmung des Interesses des Klägers ungeeigneten Wertes. Die

Voraussetzungen des § 23 a UWG 1.Alt. liegen im übrigen ersichtlich

nicht vor. Die Entscheidung setzt eine Abgrenzung zwischen der

erlaubten bloßen Eigenwerbung und der Herabsetzung der Wettbewerber

voraus, die nicht einfach ist, weil jede Werbung auch Elemente

einer derartigen Herabsetzung enthält.

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OLG Köln:
Urteil v. 08.05.1998
Az: 6 U 200/97


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