Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht:
Beschluss vom 21. November 2006
Aktenzeichen: 8 PA 118/06

(Niedersächsisches OVG: Beschluss v. 21.11.2006, Az.: 8 PA 118/06)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass die zuständige Behörde nach dem Bestattungsgesetz dazu verpflichtet ist, den vorrangig Bestattungspflichtigen zuerst aufzufordern, die Urne zu bestatten, bevor sie dies selbst tut. Die Klägerin in diesem Fall war dazu verpflichtet, für die Bestattung ihres verstorbenen Vaters zu sorgen, da ihr verstorbener Vater ihr während ihrer Kindheit keine Unterhaltsleistungen erbracht hatte und sie auch keinen Kontakt zu ihm hatte. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, der Klägerin Prozesskostenhilfe zu verweigern, wurde teilweise aufgehoben, da sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage war, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beklagte hatte die Klägerin zur Erstattung der Kosten für die Einäscherung der Leiche und die Aufnahme der Asche in eine Urne in Höhe von 1.050,11 EUR herangezogen. Allerdings wurden die Kosten für die Urnenbeisetzung auf dem städtischen Friedhof in Höhe von 635,- EUR für die Klägerin als nicht erstattungsfähig erklärt, da die Beklagte diese Leistung nicht ordnungsgemäß in Auftrag gegeben hatte. Das Gericht entschied, dass die Bestattungspflichtigen grundsätzlich verpflichtet sind, die Urne innerhalb eines Monats nach der Einäscherung zu bestatten. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wurde somit teilweise aufgehoben und die Klägerin wurde zur Zahlung von 1.050,11 EUR an die Beklagte verpflichtet. Die Kosten des Verfahrens wurden der Klägerin zu 50% auferlegt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

Niedersächsisches OVG: Beschluss v. 21.11.2006, Az: 8 PA 118/06


Veranlasst die nach § 8 Abs. 4 BestattG zuständige Behörde für den untätig gebliebenen vorrangig Bestattungspflichtigen die Feuerbestattung einer Leiche, so kann die Behörde zwar in der Regel unmittelbar die sofortige Einäscherung der Leiche in Auftrag geben. Sie darf aber vor Ablauf der Monatsfrist des § 9 Abs. 2 Satz 4 BestattG nicht auch die Urne beisetzen lassen, ohne zuvor den vorrangig Bestattungspflichtigen hierzu durch Bescheid aufgefordert zu haben.

Gründe

Die Beschwerde der Klägerin gegen den ihr Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Verwaltungsgerichts ist in dem Umfang, der aus der Entscheidungsformel ersichtlich ist, begründet, im Übrigen unbegründet, da die Rechtsverfolgung der im Sinne des § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO bedürftigen (1.) Klägerin nur teilweise hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (2.).

1. Die Klägerin kann die Kosten der Prozessführung nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen.

Nachdem die ihr von der ARGE C. gewährten Zahlungen zum Ende des Monats Juli 2006 eingestellt worden sind, verbleibt ihr ein eigenes Einkommen in Höhe von 300,- EUR monatlich. Hieraus kann sie die Prozesskosten nicht tragen.

Ihr steht ferner kein Prozesskostenvorschuss gegen ihren Ehemann gemäß § 1360 a Abs. 4 BGB zu. Die Klägerin wendet sich gegen die Übernahme der Bestattungskosten für ihren verstorbenen Vater. Ein solcher Rechtsstreit stellt schon keine €persönliche Angelegenheit€ i. S. d. § 1360 a Abs. 4 BGB dar (vgl. zu vergleichbaren erbrechtlichen Auseinandersetzungen: Staudinger, BGB, Kommentar, § 1360 a BGB, Rn. 68, m. w. N). Zudem wäre die Inanspruchnahme des Ehemannes der Klägerin auch €unbillig€, weil er nach seinem anrechnungsfähigen Einkommen selbst nicht hinreichend leistungsfähig ist.

2. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BestattG verpflichtet gewesen ist, für die Bestattung ihres am 9. Februar 2006 verstorbenen Vaters zu sorgen. Die Bestattungspflicht der Klägerin entfiel nicht dadurch, dass ihr verstorbener Vater ihr während ihrer Kindheit keine Unterhaltsleistungen erbracht hat, sie nach ihren Angaben zu ihm auch keinen Kontakt hatte und sie zudem das Erbe ausgeschlagen hat. Dass es hierauf für die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht nach § 8 Abs. 3 BestattG nicht ankommt, hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 13.7.2005 - 8 PA 37/05 - sowie v. 19.5.2003 - 8 ME 76/03 -) ebenfalls zu Recht ausgeführt.

Hatte die Klägerin somit für die Bestattung ihres verstorbenen Vaters zu sorgen und ist sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, so hat sie der Beklagten die notwendigen Aufwendungen zu erstatten, die dieser als der für den Sterbeort zuständigen Gemeinde durch eine zu Recht "ersatzweise" für die Klägerin vorgenommene Bestattung ihres Vaters entstanden sind.

Vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1. Januar 2006 war anerkannt (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 26.9.2005 - 8 PA 127/05 -, m. w. N.), dass die zuständige Ordnungsbehörde bei entsprechenden Maßnahmen im Wege der Ersatzvornahme im Sinne des § 66 Nds. SOG tätig wurde. Ihr Kostenerstattungsanspruch hing somit von der Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme ab. Für die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang eine von der Ordnungsbehörde an Stelle des vorrangig Bestattungspflichtigen in Auftrag gegebene Feuerbestattung rechtmäßig war, also ein Kostenerstattungsanspruch bestand, war nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. neben dem o.a. Senatsbeschl. v. 26.9.2005 die weiteren Beschl. v. 24.8.2005 - 8 PA 246/04 - und v. 11.7.2003 - 8 LA 89/03 -) zwischen den beiden Teilschritten der Feuerbestattung zu unterscheiden, nämlich der Einäscherung der Leiche mit Aufnahme der Asche in die Urne einerseits und der sich anschließenden Beisetzung der Urne andererseits.

8Besonders eilbedürftig war (und ist) aus hygienischen Gründen lediglich der erste dieser beiden Teilschritte, nämlich die Einäscherung der Leiche. Hierfür sah die bis zum Jahresende 2005 geltende Verordnung über die Bestattung von Leichen vom 29. Oktober 1964 (Nds. GVBl. S. 183), zuletzt geändert durch Verordnung vom 17. September 1986 (Nds. GVBl. S. 303), eine Frist von 96 Stunden nach dem Eintritt des Todes vor. Der mit Wirkung ab Jahresbeginn 2006 an die Stelle dieser Vorschrift getretene § 9 Abs. 2 Satz 1 BestattG bestimmt nunmehr, dass Leichen innerhalb von 8 Tagen seit dem Eintritt des Todes bestattet oder eingeäschert worden sein sollen (vgl. zu den Gründen für die Fristverlängerung: LT-Drs. 15/2584, S. 11). Insoweit bestand (und besteht) also eine besondere Eilbedürftigkeit, die es der zuständigen Ordnungsbehörde regelmäßig gestattete (und gestattet), gemäß §§ 64 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 66 Nds. SOG im Wege der Ersatzvornahme ohne vorausgehenden Erlass eines Verwaltungsaktes tätig zu werden. Denn es gilt zu verhindern, dass im Falle der Untätigkeit des vorrangig Bestattungspflichtigen die vorgenannte Frist zur Bestattung oder Einäscherung der Leiche überschritten wird. Mit der Einäscherung der Leiche und der Aufnahme der Asche in eine Urne wird den vorgenannten Bestimmungen hinreichend nachgekommen.

9Der Bestattungspflichtige war darüber hinaus bis zum Jahresende 2005 gewohnheitsrechtlich (vgl. Senatsurt. v. 21.3.1994 - 8 L 1854/92 -, OVGE 44, 483 = u.a. Nds. VBl. 1994, 40 = NStN 1994, 219) - und ist dies nunmehr nach der ausdrücklichen Regelung des § 12 Abs. 5 Satz 1 BestattG kraft Gesetzes - grundsätzlich verpflichtet, die Urne mit der Asche auf einem Friedhof beizusetzen. In der Vergangenheit war allerdings landesrechtlich nicht geregelt, innerhalb welcher Frist nach der Einäscherung die Urnenbeisetzung auf einem Friedhof zu erfolgen hatte. Ergänzende Regelungen enthielten die örtlichen Friedhofssatzungen nur zum Teil; sie sahen dafür eine Frist von bis zu drei Monaten vor. Nunmehr ist in § 9 Abs. 2 Satz 4 BestattG ausdrücklich landesrechtlich bestimmt worden, dass Urnen innerhalb eines Monats nach der Einäscherung beizusetzen sind. In jedem Fall galt und gilt, dass - auch nach einer von der Behörde an Stelle des vorrangig Bestattungspflichtigen in Auftrag gegebenen Einäscherung - für die Beisetzung keine besondere Eilbedürftigkeit mehr gegeben ist. Vielmehr besteht regelmäßig hinreichend Zeit und Gelegenheit, dem vorrangig Bestattungspflichtigen nach erfolgter Einäscherung durch Verwaltungsakt unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung der Ersatzvornahme aufzugeben, die Beisetzung der Urne innerhalb der o.a. maßgebenden Frist selbst vornehmen zu lassen. Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Nds. SOG bedarf es daher grundsätzlich des Erlasses eines solchen vorausgehenden Verwaltungsaktes und ergänzend nach § 70 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG der Androhung der Ersatzvornahme, bevor die Behörde im Wege der Ersatzvornahme weiter tätig werden darf. Der Senat hat es daher in der Vergangenheit als rechtswidrig angesehen, wenn eine Ordnungsbehörde im Falle der Untätigkeit des vorrangig Bestattungspflichtigen gleichzeitig mit der Einäscherung des Verstorbenen auch die Urnenbeisetzung auf einem (örtlichen) Friedhof im Wege der Ersatzvornahme in Auftrag gegeben hat, ohne insoweit zuvor einen gesonderten Bescheid unter Anordnung des Sofortvollzugs und unter Androhung der Ersatzvornahme erlassen, zumindest aber die Ersatzvornahme ausdrücklich angedroht zu haben (vgl. hierzu und zum Folgenden den o.a. Senatsbeschl. v. 26.9.2005).

Dass die Vergabe eines einheitlichen, d.h. sowohl die Einäscherung als auch die sich zeitlich unmittelbar anschließende Beisetzung der Urne umfassenden Bestattungsauftrages für die Ordnungsbehörde sehr viel weniger Aufwand erfordert und den örtlichen Gepflogenheiten der beteiligten Bestattungsunternehmen und Krematorien entsprechen mag, befreit die Gemeinde nicht von der Einhaltung der genannten Vollstreckungsbestimmungen. Hiergegen kann auch nicht erfolgreich eingewandt werden, dass der Erlass eines gesonderten Bescheides überflüssig sei, weil man ohnehin davon ausgehen könne, der vorrangig Bestattungspflichtige werde auch durch den Erlass eines Bescheides seiner gesetzlichen Verpflichtung nicht nachkommen. Dies kann schon im Kosteninteresse des vorrangig Bestattungspflichtigen nicht ausnahmslos angenommen werden. Anderenfalls nimmt er sich nämlich die Möglichkeit, die Urne auf einem von ihm selbst gewählten Friedhof und damit nicht selten kostengünstiger als auf dem von der Ordnungsbehörde dafür vorgesehenen örtlichen Friedhof beisetzen zu lassen. Diese Wahlmöglichkeit steht dem Bestattungspflichtigen ausdrücklich offen. Nach § 12 Abs. 3 Satz 5 BestattG muss sich das Krematorium vor Übergabe der Urne allerdings vergewissert haben, dass eine ordnungsgemäße Beisetzung auch gesichert und nicht zu befürchten ist, die Urne werde illegal aufbewahrt oder entsorgt. Zudem kann der - aus Sicht der Behörde - vorrangig Bestattungspflichtige nur dann vorab verwaltungsgerichtlich in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes klären lassen, ob er tatsächlich die Urnenbeisetzung zu veranlassen und zu zahlen hat, wenn die Ordnungsbehörde mit einer Ersatzvornahme zumindest bis zum Ablauf der sich aus § 9 Abs. 2 Satz 4 BestattG ergebenden Monatsfrist wartet. Schließlich war (vgl. den o.a. Senatsbeschl. v. 13.7.2005) und ist nach § 10 Abs. 1 Satz 4 BestattG die zuständige Behörde grundsätzlich ohnehin nicht verpflichtet, eine Leiche aus Kostengründen einäschern zu lassen. Wenn ihr die aufgezeigte, rechtlich gebotene Vorgehensweise zu umständlich und unter Berücksichtigung der zusätzlich für die vorübergehende Urnenaufbewahrung anfallenden Kosten ggf. auch zu teuer erscheint, steht es ihr frei, eine Erdbestattung zu veranlassen.

Der Senat sieht keine Veranlassung, seine vorbezeichnete Rechtsprechung nach Erlass des Niedersächsischen Bestattungsgesetzes, insbesondere dessen § 8 Abs. 4 BestattG zu ändern. Diese Vorschrift lautet: "Sorgt niemand für die Bestattung, so hat die für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständige Gemeinde die Bestattung zu veranlassen. Die nach Abs. 3 vorrangig Bestattungspflichtigen haften der Gemeinde als Gesamtschuldner für die Bestattungskosten. Diese werden durch Leistungsbescheid festgesetzt. Lassen sich die Bestattungskosten von den vorrangig Bestattungspflichtigen nicht erlangen, so treten die nächstrangig Verpflichteten an deren Stelle." Weder dem Wortlaut noch der Entstehungsgeschichte (vgl. den Gesetzentwurf nebst Begründung, LT-Drs. 15/1150, die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses, LT-Drs. 15/2406, sowie den Mündlichen (Plenarprotokolle 15. Wahlperiode, S. 8653 ff.) und den ergänzenden Schriftlichen Bericht (LT-Drs. 15/2584)) lässt sich entnehmen, dass die Weigerung eines vorrangig Bestattungspflichtigen, rechtzeitig für die Bestattung zu sorgen, die für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständige Gemeinde als Ordnungsbehörde berechtigt und verpflichtet, nicht nur unverzüglich die Einäscherung der Leiche auf Kosten des vorrangig Bestattungspflichtigen vornehmen zu lassen, sondern zugleich auch auf seine Kosten die nicht besonders eilbedürftige Urnenbeisetzung zu veranlassen. Hiervon kann auch aus systematischen Gründen nicht ausgegangen werden. § 64 Nds. SOG enthält den allgemeinen Grundsatz, dass eine Behörde vor - zumal kostenpflichtigen - Eingriffen in die Rechte von Personen einen Verwaltungsakt zu erlassen hat und diesen auch nur dann vollziehen kann, wenn er unanfechtbar ist oder ein Rechtsbehelf dagegen keine aufschiebende Wirkung hat. Wenn der Landesgesetzgeber hiervon hinsichtlich der streitigen Maßnahmen hätte abweichen wollen, so hätte er dies in § 8 Abs. 4 BestattG hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Dies hat er jedoch nicht getan. Dementsprechend wird in der Literatur ebenfalls davon ausgegangen, dass die zwangsweise Durchsetzung der aus § 8 BestattG folgenden Bestattungspflicht unverändert in den §§ 64 ff. Nds. SOG geregelt ist (Barthel, BestattG, Kommentar, S. 126 f.). Bei einem abweichenden Verständnis des Gesetzgebers wäre auch deshalb eine ausdrückliche Regelung zu erwarten gewesen, weil der Gesetzgeber bei Erlass des Bestattungsgesetzes in anderem Zusammenhang durchaus Anlass gesehen hat, auf die Rechtsprechung des Senats zu reagieren. So hat er in § 13 Abs. 4 Satz 2 BestattG "zwei in der Rechtsprechung aufgetretene Zweifelsfragen" bei der Erhebung von Friedhofsgebühren €geklärt€ (vgl. den o. a. Schriftlichen Bericht, Plenarprotokolle 15. Wahlperiode, S. 8653, 8654).

Hieran gemessen sind die Voraussetzungen für den von der Beklagten geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch aller Voraussicht nach gegeben, soweit die Klägerin zu einem Betrag in Höhe von 1.050,11 EUR herangezogen worden ist. Kosten in dieser Höhe sind nämlich für die Einäscherung der Leiche und die Aufnahme der Asche in eine Urne entstanden. Insoweit durfte die Beklagte nach mündlicher Anhörung der Klägerin handeln, ohne vorher einen Bescheid zu erlassen. Der Todesfall vom 9. Februar 2006 war der Beklagten erst am 15. Februar 2006 bekannt geworden. Wäre sie danach nicht unverzüglich tätig geworden, sondern hätte sie erst noch einen Verwaltungsakt erlassen und der Klägerin übersenden müssen, so wäre die Frist von 8 Tagen gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BestattG zur Einäscherung der Leiche mutmaßlich überschritten worden. Erstattungsfähig sind somit die dem Bestattungsinstitut für die Einäscherung und die Aufnahme der Asche in eine Urne entstandenen bzw. von ihm verauslagten 1.067,86 EUR abzüglich 17,75 EUR, nämlich 15,30 EUR zuzüglich 16 % Umsatzsteuer, für die Urnenüberführung.

13Insoweit und hinsichtlich der übrigen, den Betrag von 1.050,11 EUR überschreitenden Kosten, nämlich denen der Friedhofsgebühren in Höhe von 635, - EUR für die Urnenbeisetzung "unter dem grünen Rasen auf dem städtischen Friedhof im Ortsteil E. der Beklagten", bietet die Klage hinreichende Erfolgaussichten. Denn diese Urnenbeisetzung hätte von der Beklagten am 16. Februar 2006 nicht zugleich mit der Einäscherung in Auftrag gegeben werden müssen und dürfen. Vielmehr hätte die Klägerin zunächst durch Bescheid - sinnvoller Weise unter Anordnung des Sofortvollzuges und unter Androhung der Ersatzvornahme - aufgefordert werden müssen, selbst für eine ordnungsgemäße Beisetzung der Urne Sorge zu tragen.

Die 1.051,11 EUR übersteigenden Kosten kann die Beklagte auch nicht aus einem anderen Rechtsgrund von der Klägerin erstattet verlangen. Die von ihr dafür in Anspruch genommenen bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) können zwar grundsätzlich auch im öffentlichen Recht Anwendung finden. Dazu muss das öffentliche Recht aber eine "planwidrige Lücke" aufweisen. Das ist dann nicht anzunehmen, wenn die einschlägigen Bestimmungen des öffentlichen Rechts eine abschließende Regelung enthalten (BVerwG, Beschl. v. 28.3.2003 - 6 B 22/03 -, Buchholz 442.066 § 53 TKG Nr. 2, m. w. N.). Das beschließende Gericht hat etwa die landesgesetzlichen Grundlagen des Kommunalabgabengesetzes als abschließende Spezialregelungen angesehen, die durch eine ergänzende Anwendung der Geschäftsführung ohne Auftrag unterlaufen würden (Urt. v. 25.3.2004 - 11 C 333/03 -, Nds. VBl. 2004, 210 = Nds. Rpfl. 2004, 221 = NVwZ-RR 2004, 777, sowie für Kostenersatz nach Brandeinsätzen das Urt. v. 28.10.1998 - 13 L 4468/96 -, Nds. VBl. 1999, 67 = Nds. Rpfl. 1999, 277 = NVwZ-RR 1999, 741). Auch die Regelungen des § 8 Abs. 4 BestattG i. V. m. §§ 64 ff. Nds. SOG sind insoweit als abschließende Spezialregelung anzusehen, die einen Rückgriff auf Ansprüche aus dem Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließen. Im Übrigen würde es ohnehin an der notwendigen Rechtsgrundlage fehlen, um einen so begründeten Anspruch durch Leistungsbescheid geltend zu machen (vgl. das o. a. Urt. v. 28.10.1998).

Schließlich kann die Beklagte die zusätzlich geltend gemachten 635,-- EUR auch nicht auf ihre Friedhofsgebührensatzung vom 2. Mai 1991, zuletzt geändert am 18. Dezember 2003, stützen. Die Klägerin ist nach § 3 der Friedhofsgebührensatzung nicht Schuldnerin dieser Gebühr. Sie hat die Urnenbeisetzung als gebührenpflichtige Leistung weder selbst beantragt noch ist diese Leistung aus den vorgenannten Gründen für die Klägerin wirksam durch die Beklagte in Auftrag gegeben worden. Ein Benutzungszwang gerade für die städtischen Friedhöfe der Beklagten bestand und besteht nicht. Vielmehr steht es dem Bestattungspflichtigen frei, wo er seiner Pflicht zur Beisetzung der Urne nachkommt, solange diese Beisetzung nur den Vorgaben des Bestattungsgesetzes, insbesondere denen des § 12 Abs. 5, entspricht.

Da der Klägerin auf ihre Beschwerde die begehrte Prozesskostenhilfe teilweise bewilligt und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen wird, erscheint es ermessensgerecht, die von ihr als teilweise unterlegener Partei gemäß Ziffer 5502 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG zu tragende Gerichtsgebühr auf die Hälfte zu ermäßigen (§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Außergerichtliche Kosten werden gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.






Niedersächsisches OVG:
Beschluss v. 21.11.2006
Az: 8 PA 118/06


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