Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Juni 2001
Aktenzeichen: 24 W (pat) 135/00

(BPatG: Beschluss v. 19.06.2001, Az.: 24 W (pat) 135/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Marke 395 39 129 siehe Abb. 1 am Endeist am 5. Dezember 1995 in das Register eingetragen worden. Sie ist jetzt noch eingetragen für die folgenden Waren:

"Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel ausgenommen für Tapeten, Teppiche und Wände; Seifen (außer kosmetische Seifen); pharmazeutische Produkte mit Ausnahme von Dermatika und Korticoiden, hygienische Produkte, Desinfektionsmittel".

Am selben Tag wie die angegriffene Marke wurden für die Markeninhaberin zwei weitere Marken mit dem gleichen Warenverzeichnis eingetragen. Diese beiden Marken unterscheiden sich von der angegriffenen Marke nur durch den zweiten Wortbestandteil. Anstelle von "DERMA-MED" heißt er in dem einen Fall "dermalind" (Marke 395 39 126) und in dem anderen Fall "dermalan" (Marke 395 39 131). Im übrigen enthalten alle drei Marken das identische Storchenbild und - darunter - den identischen Wortbestandteil "Storch".

Gegen die Marke 395 39 129 ist Widerspruch erhoben worden unter anderem aus der Marke 2 900 012 Dermamed, die in dem Register eingetragen ist für die folgenden Waren der Klassen 3, 5 und 16:

"Papier- und Toilettenpapier, auch desinfiziertes und feuchtes Toilettenpapier, Papierhandtücher, Papiertaschentücher, Papierservietten, Papiergesichtstücher; feuchte Papier- und Textiltücher, getränkt mit Ölen oder chemischen Erzeugnissen zur allgemeinen Hygiene- und Körperpflege für medizinische und nichtmedizinische Zwecke".

Diesen Widerspruch hat die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluß vom 26. Juli 2000 zurückgewiesen mit der Begründung, daß zwischen den Vergleichsmarken trotz teilweiser Warenidentität keine Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG bestehe, weil sich die Vergleichsmarken nicht verwechselbar nahe kämen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Die Widersprechende meint, daß die angegriffene Marke von dem Wortbestandteil "DERMA-MED" geprägt werde und insoweit Wort der Widerspruchsmarke verwechselbar nahe komme. Die angesprochenen Verkehrskreise würden bei der angegriffenen Marke die Wort-Bild-Bestandteile mit dem Sinngehalt "Storch" als Zeichen für eine bestimmte Produktreihe auffassen und in dem Wortbestandteil "DERMA-MED" die Marke für einen konkreten Artikel aus dieser Reihe sehen. Das werde durch die Gestaltung der beiden anderen Marken 395 39 126 und 395 39 131 belegt, die gleichzeitig mit der angegriffenen Marke und mit dem gleichen Warenverzeichnis für die Markeninhaberin eingetragen worden seien.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), den Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juli 2000 aufzuheben und wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 900 012 die Löschung der angegriffenen Marke 395 39 129 anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, aber nicht begründet. Denn zwischen den beiden Vergleichsmarken besteht keine Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die beiderseitigen Waren sind jedenfalls im Bereich der kosmetischen und pharmazeutischen Produkte unzweifelhaft als ähnlich anzusehen.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke könnte als unterdurchschnittlich zu bewerten sein. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß das Markenelement "Derma" einen deutlich beschreibenden Anklang enthält. Es ist die lateinische Bezeichnung für Haut und in dieser Bedeutung im Bereich der Erzeugnisse für die allgemeine Hygiene- und Körperpflege allgemein bekannt. Auch die Wortendung "med" wirkt wie eine Abkürzung von "medizinisch" und insoweit beschreibend. Ob die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke dadurch rechtserheblich reduziert ist, kann jedoch dahin gestellt bleiben, weil auch bei Annahme eines durchschnittlichen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke die angegriffene Marke der Widerspruchsmarke unter keinem Gesichtspunkt verwechselbar nahekommt.

In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die Vergleichsmarken klar und unverwechselbar. Eine Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG könnte daher nur in Frage kommen, wenn der Wortbestandteil "DERMA-MED" in der angegriffenen Marke selbständig kollisionsbegründend wirken würde. Das setzt voraus, daß dem Markenteil "DERMA-MED" eine so eigenständige und insgesamt dominierende Bedeutung für den Gesamteindruck der angegriffenen Marke zukommt, daß darin der markenmäßige Schwerpunkt des Gesamtzeichens gesehen wird, hinter dem die übrigen Markenteile in einer Weise zurücktreten, daß sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl BGH GRUR 2000, 233, 234 "RAUSCH/ELFI RAUCH"). Das ist nicht der Fall. Denn für die "Storch-Bestandteile in der angegriffenen Marke trifft keine der Umstände zu, die nach ständiger Rechtsprechung einen Markenbestandteil als für den Gesamteindruck nicht mehr bedeutsam erscheinen lassen.

Auch unter dem Gesichtspunkt einer möglichen klanglichen Verwechslungsgefahr ist eine Prägung der angegriffenen Marke durch den Markenbestandteil "DERMA-MED" auszuschließen. Zwar kommen bei der angegriffenen Marke Wort- und Bildbestandteile zusammen, so daß grundsätzlich mit einer Tendenz der angesprochenen Verkehrskreise gerechnet werden muß, den Bildbestandteil der angegriffenen Marke im Gespräch unerwähnt zu lassen. Hier verhält es sich jedoch so, daß der Sinngehalt "Storch" nicht nur in Form eines Bildelements in der angegriffenen Marke vorkommt, sondern außerdem als Wortbestandteil ausgedrückt wird und dieses Wort im Mittelpunkt des graphischen Aufbaus der Marke steht. Diese Verhältnisse sprechen dagegen, daß das Element "Storch" in der angegriffenen Marke so in den Hintergrund tritt, daß es für den Gesamteindruck dieser Marke vernachlässigt werden könnte.

Eine selbständige kollisionsbegründende Wirkung des Markenteils "DERMA-MED" in der angegriffenen Marke kommt auch nicht als eine Variante derjenigen Fälle in Betracht, in der für die Kennzeichnung einer Ware mehrere Marken verwendet werden, nämlich ein Hauptzeichen und eine weitere Marke zur Identifizierung eines bestimmten Artikels (vgl BGH GRUR 1999, 583, 585 "LORA DIE RECOARO"). Hauptzeichen kann eine bereits bekannte oder eine erkennbare Herstellerangabe sein, mit der ein Unternehmen alle seine Waren oder zumindest einen großen Teil davon kennzeichnet, oder es kann sich um eine Stammarke für eine bestimmte Produktreihe handeln (vgl Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 9 Rdn 192 mwNachw). Beide Fälle setzen voraus, daß das Hauptzeichen bereits in einer Weise benutzt wird, daß entscheidungserhebliche Verkehrsteile das Zeichen in dieser Eigenschaft erkennen können. Nur dann können Zusätze zu solchen Zeichen als Zweit- oder Spezialmarken aufgefaßt werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Als Herstellerangabe kommen die genannten Markenbestandteile nicht in Betracht, weil sie in keinem Punkt den Firmennamen der Markeninhaberin aufgreifen. Daß die Markeninhaberin die betreffenden drei Marken mit den gemeinsamen "Storch"-Zeichen überhaupt benutzt, haben die Verfahrensbeteiligten nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Eintragung der drei Marken in dem Register belegt nur die Markenrechte der Markeninhaberin und gibt keinen Aufschluß über die Tatsachenfrage der Benutzung. Es fehlt daher an den faktischen Voraussetzungen, unter denen die angesprochenen Verkehrskreise die "Storch"-Zeichen in der angegriffenen Marke als eine Hauptmarke und den Markenteil "DERMA-MED" als Zweitmarke auffassen könnten.

Aus diesen Gründen ist die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Kosten werden nicht auferlegt (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Dr. Ströbele Guth Werner Bb Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/24W(pat)135-00.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 19.06.2001
Az: 24 W (pat) 135/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e7ed4deb9420/BPatG_Beschluss_vom_19-Juni-2001_Az_24-W-pat-135-00




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share