Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Februar 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 389/00

(BPatG: Beschluss v. 20.02.2002, Az.: 29 W (pat) 389/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in diesem Beschluss eine Beschwerde gegen die Ablehnung der Anmeldung der Wortmarke "OrderNet" für die Dienstleistungen Telekommunikation, Logistik und Software untersucht. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Anmeldung abgelehnt, da die Bezeichnung keine Unterscheidungskraft besitzt und auf die Art der beanspruchten Dienstleistungen hinweist. Die Anmelderin argumentierte, dass die Marke ein Mindestmaß an phantasievoller Eigenart aufweise und sich nachträglich ändern lassen solle.

Das Gericht entschied, dass die Marke aufgrund ihrer beschreibenden Aussage ungeeignet ist, um die Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer zu unterscheiden. Die Zusammensetzung der Wörter "Order" und "Net" ergebe die Bedeutung "Bestellnetz" im Kontext von Bestellungen im Internet, was die Telekommunikations-, Logistik- und Softwaredienstleistungen beschreibe. Die großgeschriebene Schreibweise des Wortes "Net" sei nicht ungewöhnlich, sondern diene dem schnelleren Verständnis des Sinns. Es wurde kein Mindestmaß an phantasievoller Eigenart nachgewiesen.

Die Anmelderin konnte ihren Anspruch auf Eintragung auch nicht durch Verweise auf andere Marken begründen. Das Gericht wies außerdem den Antrag auf Erweiterung der Anmeldung auf die Bezeichnungen "ORDERNET.de" und "ORDERNET-Food" als unzulässig zurück, da dies zu Unbestimmtheit bei den Rechten führen würde, die mit der Anmeldung begründet wurden. Das Gericht stellte fest, dass selbst wenn diese Bezeichnungen als Domainnamen registriert sind oder registriert werden könnten, sie keinen Schutz als Marke erhalten würden.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 20.02.2002, Az: 29 W (pat) 389/00


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Bezeichnung OrderNetsoll als Wortmarke für die Dienstleistungen 38 Telekommunikation 39 Logistik und 42 Softwarein das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch zwei Beschlüsse, von denen einer in der Erinnerung ergangen ist, wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft und wegen eines Freihaltungsbedürfnisses an der Bezeichnung OrderNet für die beanspruchten Dienstleistungen zurückgewiesen. Die angemeldete Marke setze sich in sprachüblicher Weise aus dem englischen Wort "Order" für Befehl, Anordnung, Aufträge erteilen, Bestellungen aufgeben und dem Kürzel "Net" als Synonym für das Internet zusammen. Ingesamt ergebe sich damit eine im Internet bereits verwendete Bezeichnung eines Programms, mit dem man Bestellungen durchführen könne. Die angemeldete Bezeichnung weise damit in ohne weiteres verständlicher, beschreibender Weise auf die Art und Bestimmung der beanspruchten Dienstleistungen hin, so daß ihr die erforderliche konkrete Unterscheidungskraft abzusprechen sei. Die hilfsweise geltend gemachte Änderung des Zeichens sei innerhalb des laufenden Anmeldeverfahrens nicht möglich.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie ist der Auffassung, daß die angemeldete Marke ein Mindestmaß an phantasievoller Eigenart aufweise, insbesondere im Vergleich mit anderen markengeschützten Bezeichnungen, was einen Anspruch auf Eintragung begründe. Ferner wendet sie sich gegen den Ausschluß nachträglicher Änderungen der Anmeldung. In jedem Gerichtsverfahren sei es möglich, Erweiterungs- oder Ergänzungsanträge zu stellen, um Verzögerungen zu vermeiden.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und hilfsweise die Erweiterung der Anmeldung auf die Bezeichnungen "ORDERNET de" und "ORDERNET-Food" zuzulassen.

II Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die angemeldete Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für die beanspruchten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft ist die konkrete Eignung einer Marke, die Waren bzw Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen nach ihrer betrieblichen Herkunft und nicht nach ihrer Art oder Beschaffenheit unterscheidbar zu machen. Der Senat geht mit der Anmelderin und der Markenstelle davon aus, daß hierbei jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer angemeldeten Bezeichnung ein beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und erschöpft sie sich insgesamt in einer die beanspruchten Waren oder Dienste beschreibenden Aussage, so ist sie ungeeignet, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel zur Identifizierung der Herkunft der Produkte bzw. der Dienstleistungen aufgefaßt zu werden (st.Rspr BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; zuletzt BGH MarkenR 2001, 314, 315 - marktfrisch).

Die Markenstelle hat mit zutreffender Begründung dargelegt, daß sich die angemeldete Bezeichnung "OrderNet" in der Sachaussage "Bestellnetz" im Sinne von "Bestellungen im Internet" erschöpft, für die die Telekommunikations-, Logistik- und Softwaredienstleistungen der Anmeldung geeignet und bestimmt sind. Die Zusammensetzung der beiden Begriffe "Order" und "Net" entspricht der Art, wie neue Wortverbindungen in der deutschen und in der englischen Sprache üblicherweise aus zwei Substantiven gebildet werden. Der Sinngehalt ist für die angesprochenen Verkehrskreise um so eher ohne weiteres verständlich, als die Kurzform "Net" als Fremdwort Teil des inländischen Sprachgebrauchs geworden ist. Der ursprünglich aus dem Englischen stammende Begriff ist in zweierlei Weise in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen. Zum einen hat sich die Kurzform "Net" früh als Synonym für das "Internet" durchgesetzt. Zum anderen wird "Net" aber auch in dem allgemeinen Sinn von "Netz" verwendet (vgl Muttersprache, Vierteljahresschrift für deutsche Sprache Juni 2001, Helmut Langner "Zum Wortschatz der Sachgruppe Internet", S. 97, 101; K. Hinner, Beck EDV-Berater: Lexikon der Telekommunikation, dtv, 1996, S 221; Knowles/Elliot, The Oxford Dictionary of New Words, Oxford 1998, S 207 f; Rosenbaum, Online-Lexikon, Berlin 1998, S 207; H. Schulze, Computerkürzel, rororo, 1998, S 264; Grieser/Irlbeck, Beck EDV-Berater: Computer-Lexikon, dtv, 2. Auflage 1995, S 605; Manager Magazin 3/1999, S 186, 195, 201; Artikel "SZ on Net" in Beilage der Süddeutschen Zeitung 1999, Nr 60, S IV). Auch der Bestandteil "Order" der angemeldeten Marke hat eine Entsprechung im deutschen Sprachgebrauch. Denn bei Bestellungen wird im kaufmännischen Bereich in gleicher Weise vom "Ordern von Waren" gesprochen. Hinzu kommt, daß auf den Dienstleistungsgebieten der Anmeldung englische Bezeichnungen weit verbreitet und in ihrem Sinngehalt bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke zu berücksichtigen sind.

Die Großschreibung des zweiten Wortelements "Net" ist keinesfalls eigenartig, sondern bei der Bildung beschreibender Neuwörter häufig anzutreffen, da es die Einführung neuer Sachbegriffe erleichtert und ein rascheres Erfassen des Sinngehalts ermöglicht (vgl Muttersprache, Vierteljahresschrift für deutsche Sprache Juni 2001; aaO, S 105, 106 mit Beispielen). Nachdem die angemeldete Bezeichnung den Sprachregeln gemäß gebildet, graphisch nicht ausgestaltet ist und auch sonst keine Elemente enthält, die von der beschreibenden Aussage wegführen, ist weder ersichtlich noch von der Anmelderin dargetan, inwiefern der angemeldeten Marke ein Mindestmaß an phantasievoller Eigenart zukommen soll.

Aus der eingereichten Liste von Voreintragungen kann die Anmelderin einen Anspruch auf Eintragung nicht herleiten. Zum einen ist nicht zu erkennen, ob es sich um eingetragene Marken und nicht um Firmenbezeichnungen handelt und für welche Waren und Dienstleistungen diese Schutz genießen. Zum anderen vermag selbst die Eintragung identischer oder vergleichbarer Marken weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung zu führen, weil die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstellt (vgl Althammer/Ströbele MarkenG 6. Aufl, § 8 Rdn 85 m.w.N.; BGH GRUR 89, 420 KSÜD; BGH BlfPMZ 1998, 248, 249 - Today) und selbst für den Fall, dass diese Zeichen rechtswidrig eingetragen worden wären, keine Gleichheit im Unrecht in Anspruch genommen werden kann.

Die Beurteilung des Senat steht im übrigen im Einklang mit Entscheidungen des Bundespatentgerichts (BPatG 29 W (pat) 163/99 - GlobalNet; 30 W (pat) 36/00 - MEDIANET; 24 W (pat) 204/95 - NETFAX; 33 W (pat) 89/99 - NETCLUB) und des Bundesgerichtshofs (GRUR 1997, 468, 469 - NetCom) hinsichtlich des Bestandteils Net.

Soweit die Anmelderin die Erweiterung der Prüfung der Anmeldung auf die Bezeichnungen "ORDERNET.de" und "ORDERNET-Food" begehrt, ist diese unzulässig. Es handelt sich weder um eine Frage der Entbürokratisierung noch der Verfahrensvereinfachung. Der Antrag auf nachträgliche Änderung der angemeldeten Bezeichnung, ist zu Recht abgelehnt worden. Mit der Anmeldung werden nämlich Rechte begründet wie z.B in erster Linie das Prioritätsrecht, das es der Anmelderin z.B. erlaubt, gegen die Anmeldung jüngerer Marken bereits Widerspruch zu erheben, obwohl die Prüfung der Schutzfähigkeit noch nicht abgeschlossen und die Eintragung der Marke noch nicht vorgenommen worden ist. Bei jederzeit möglicher Änderung eines Antrages wäre damit aber eine Unbestimmtheit im Hinblick auf diese Rechte verbunden, was rechtsstaatlichen Grundsätzen widerspricht. Auch bei der Neufassung des Markengesetzes hat der Gesetzgeber nur die Änderung von Schreibfehlern oder sonstigen offensichtlichen Unrichtigkeiten zugelassen (§ 39 Abs 2 MarkenG) und eine ursprünglich beabsichtigte, weitergehende, auch die Marke selbst betreffende Änderungsmöglichkeit nicht zugelassen (vgl Althammer/Ströbele MarkenG 6. Aufl § 39 Rdn 7, 8, insbesondere FN 11).

Im übrigen wären die Bezeichnungen "ORDERNET.DE" und "ORDERNET-Food" in gleicher Weise von der Eintragung als Marke ausgeschlossen wie die vorliegende Anmeldung, auch wenn sie als Domainbezeichnung unter Umständen registriert sind oder registriert werden könnten.

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BPatG:
Beschluss v. 20.02.2002
Az: 29 W (pat) 389/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/e7237a57c360/BPatG_Beschluss_vom_20-Februar-2002_Az_29-W-pat-389-00




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