Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 8. September 2009
Aktenzeichen: I-24 U 48/09

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 08.09.2009, Az.: I-24 U 48/09)

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 24. Februar 2009 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg - Einzelrichter - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von Rechtsanwaltshonorar in Anspruch. Er ist Rechtsnachfolger der Sozietät S. u.a.. Deren Forderungen sind aufgrund Auseinandersetzungsvertrags vom 7. März 2007 auf ihn übergegangen. Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der E. R. GmbH (fortan: Schuldnerin).

Der Produktionsbetrieb der Schuldnerin brannte am 19./20. April 2003 ab. Diese beauftragte die Sozietät des Klägers am 16. Juni 2003 mit der Geltendmachung des Schadens gegenüber der R. AG (künftig: Versicherung), der ca. 4 Millionen € betragen sollte. Aufgrund Eigenantrags der Schuldnerin bestellte das Amtsgericht Duisburg den Beklagten mit Beschluss vom 7. Juli 2003 zum vorläufigen Insolvenzverwalter ohne allgemeines Verfügungsverbot für die Schuldnerin. Der Kläger hatte dem Insolvenzgericht zuvor mit Schreiben vom 3. Juli 2003 die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin angezeigt. Der Beklagte stimmte im Insolvenzeröffnungsverfahren der Durchsetzung der Ansprüche gegen die Versicherung durch die Sozietät des Klägers zu. Mit Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 1. August 2003 wurden das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.

Am 24. September 2003 beauftragte der Beklagte die Sozietät des Klägers mit der Durchsetzung sämtlicher Ansprüche der Schuldnerin gegen die Versicherung. Hinsichtlich der Vergütung bestand "Einigkeit darüber, dass diese, sofern nicht ohnehin die Kosten durch die Versicherungs-AG zu erstatten sind, gegenüber der Insolvenzmasse nach BRAGO abzurechnen" sei. Beiden Parteien war seit dem Insolvenzeröffnungsverfahren bewusst, dass der geltend zu machende Anspruch gegen die Versicherung der einzige Vermögenswert der Schuldnerin sei. Unstreitig war zunächst auch, dass die Gebühren des Klägers nur dann gezahlt werden könnten, wenn die Versicherungsleistung endgültig zur Masse gezogen werden könnte. Am 2. Oktober 2003 übersandte der Beklagte dem Kläger eine Schadensaufstellung des Geschäftsführers der Schuldnerin über insgesamt 6,3 Millionen €, in der ein Gebäudeschaden von 1,9 Millionen € und ein Schaden an der Büro- und Geschäftsausstattung von 145.000,00 € enthalten waren. Den Parteien war bekannt, dass das Gebäude nicht im Eigentum der Schuldnerin stand und die einzige Grundpfandrechtsgläubigerin die Versicherungsleistung hinsichtlich des Gebäudes für sich beanspruchte, ferner, dass die sonstige Betriebs- und Geschäftsausstattung aufgrund eines Darlehens sicherungsübereignet war. Im November 2003 beauftragte der Beklagte die Sozietät des Klägers zudem mit der Einleitung zweier selbständiger Beweisverfahren gegen die Versicherung. Der Kläger fertigte mehrere Schriftsatzentwürfe, die er dem Beklagten übersandte, korrespondierte mit der Versicherung, die wegen Verdachts der Brandstiftung durch den Geschäftsführer der Schuldnerin zu Zahlungen nicht bereit war, und führte diverse Besprechungen mit weiteren Beteiligten durch. Unterdessen zeigte der Beklagte dem Insolvenzgericht am 1. Juni 2004 Masseunzulänglichkeit an.

Ende 2004 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er die Sache nunmehr selbst bearbeiten wolle und der Kläger Rechnung erteilen könne. Mit einer an die Schuldnerin selbst adressierten Rechnung vom 8. Februar 2005 stellte der Kläger für die Zeit vom 16. Juni 2003 bis 8. Februar 2005 ein Rechtsanwaltshonorar nach einem Gegenstandswert von 6,3 Millionen € in Höhe von insgesamt 35.802,88 € in Rechnung. Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 21. Februar 2005 mit:

"entsprechend unserer Vereinbarung erfolgt die Begleichung der Gebühren im Zusammenhang mit Ihren dankenswerter Weise erbrachten Leistungen unmittelbar nach Zahlung der Versicherungsleistung.

… Ich gehe davon aus, dass in der ersten Jahreshälfte 2005 eine erste Abschlagszahlung geleistet werden wird. Unmittelbar nach einem ausreichenden Zahlungseingang werde ich Ihre Gebühren zur Anweisung bringen."

Mit Schreiben vom 27. Juni 2005 bat der Kläger den Beklagten um Ausgleich seiner Gebühren, falls die Versicherung schon geleistet habe. Am 13. September 2005 genehmigte die Gläubigerversammlung einen bereits abgeschlossenen Zahlungsvergleich mit der Versicherung. Die Versicherung zahlte im September 2005 insgesamt 760.000,00 € an den Beklagten aus. Dieser leitete 435.000,00 € an die Grundpfandrechtsgläubigerin weiter. Mit Schreiben vom 20. November 2006 mahnte der Kläger seine Forderung zur Zahlung bis 30. November 2006 an. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2006 erhob der Beklagte materielle Einwendungen gegen die Rechnung und den Einwand der Masseunzulänglichkeit. Er erklärte, dass er nach wie vor dazu stehe, dass der Kläger einen entsprechenden monetären Ausgleich erhalte, und dass er die Forderung in die Masseschuldtabelle aufgenommen habe. Nachdem der Geschäftsführer der Schuldnerin am 10. Mai 2007 gestanden hatte, die Brandstiftung in Auftrag gegeben zu haben, focht die Versicherung den Vergleich mit Schreiben vom 14. September 2007 wegen arglistiger Täuschung an und forderte den Beklagten zur Rückzahlung der 760.000,00 € auf.

Mit der Klage hat der Kläger von dem Beklagten persönlich Zahlung der Rechnungsforderung und vorgerichtlicher Anwaltskosten, jeweils nebst Verzugszinsen, begehrt.

Er hat geltend gemacht: Gegen den Beklagten bestehe ein Anspruch aus einem Garantieversprechen gemäß dem Schreiben vom 21. Februar 2005, hilfsweise Schadensersatzansprüche aus §§ 61, 60 InsO bzw. §§ 280, 241 Abs. 2 BGB. Die Gebührenrechnung sei richtig; er habe Forderungen in Höhe des angegebenen Gegenstandswerts geltend machen sollen. Die Versicherung sei zur Anfechtung des Vergleichs nicht berechtigt gewesen, weil die Unklarheit über die Frage der Brandstiftung gerade die Grundlage des Vergleichs gewesen sei. Der Beklagte behandele den Kläger als Massegläubiger pflichtwidrig ungleich, wenn er dessen Forderung nicht erfülle, um der Versicherung den Rückzahlungsanspruch zu erhalten.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 35.802,88 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Juli 2005 sowie weitere 1.192,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. November 2008 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat geltend gemacht: Ein Zahlungsanspruch bestehe schon deshalb nicht, weil vereinbart worden sei, dass Anwaltsgebühren nur dann gezahlt werden könnten, wenn die Versicherungsleistung unwiderruflich zur Masse gezogen werden könne. Darüber hinaus sei der Gegenstandswert unrichtig, weil zahlreiche Schadenspositionen nicht zur Masse gehört hätten. Der Beklagte hat zudem Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder nach Grund und Höhe bestritten. Der Kläger habe, soweit ihm der Geschäftsführer der Schuldnerin zuvor beauftragt habe, auch eine Insolvenzforderung. Schadensersatzansprüche aus §§ 60, 61 InsO bestünden nicht. Der Kläger habe bereits nicht vorgetragen, welche insolvenzspezifischen Pflichten im Sinne des § 60 InsO der Beklagte verletzt habe, und die Ansprüche nicht in das für die Zulässigkeit notwendige Rangverhältnis gebracht. Darüber hinaus habe der Kläger das negative Interesse nicht dargelegt. Eine Haftung aus § 61 InsO scheide auch deshalb aus, weil dem Kläger das Risiko gleichermaßen bewusst gewesen sei. Außerdem habe der Beklagte davon ausgehen müssen, dass die Insolvenzmasse ausreiche, sobald die Versicherungsleistung zur Masse gezogen sei. Ansprüche aus Garantieversprechen und §§ 280, 241 Abs. 2 BGB bestünden jedenfalls nicht gegen den Beklagten persönlich.

Mit Urteil vom 24. Februar 2009 hat das Landgericht den Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt,

an den Kläger 35.802,88 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. November 2005 und weitere 1.192,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. November 2008 zu zahlen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Anspruch ergebe sich aus der als Garantieerklärung zu wertenden Zusage des Beklagten im Schreiben vom 21. Februar 2005. Da die Gebühren des Klägers aus der Masse nicht gedeckt seien, hafte der Beklagte persönlich für die zugesagte Zahlung. Dies ergebe ein erstrecht-Schluss aus der Rechtsprechung zur Haftung des "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalters. Der Inhalt seiner Erklärung sei nur so zu verstehen gewesen, dass sie eine verbindliche Zahlungszusage mit Garantiecharakter darstelle, die allein von einem ausreichenden tatsächlichen Zahlungseingang seitens der Versicherung abhängig sei. Dieser sei erfolgt. Auf die mögliche Anfechtbarkeit komme es nicht an. Die Angriffe des Beklagten gegen die Höhe der Gebührenrechnung seien ohne Erfolg, weil dieser sie in seinem Schreiben vom 21. Februar 2005 nicht beanstandet habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten.

Der Beklagte macht geltend: Die Rechtsprechung zur Haftung des sogenannten "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalters könne nicht auf den bestellten Insolvenzverwalter übertragen werden. Da für Handlungen des Insolvenzverwalters regelmäßig nur die Masse hafte, könne aus dessen Zahlungszusage grundsätzlich nicht entnommen werden, dass dieser persönlich für eine Forderung einstehen wolle. Mangels Schuldanerkenntnisses oder Schuldbeitritts sei der Beklagte auch nicht mit Einwendungen zur Höhe der Klageforderung ausgeschlossen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 24. Februar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend: Eine Vereinbarung, dass eine Bezahlung nur dann aus der Insolvenzmasse geleistet werden könne, wenn die Versicherungsleistung zur Masse gelange, sei nie getroffen worden. Eine Zahlungszusage wie diejenige des Beklagten sei jedenfalls dann persönlich verbindlich, wenn sie - wie hier - nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit erfolgt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist nicht begründet.

1.

Der Kläger hat gegen den Beklagten persönlich keinen vertraglichen Anspruch auf Begleichung der Gebührenforderung aus der Rechnung vom 8. Februar 2005. Ansprüche gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter macht der Kläger nicht geltend.

a.

Aufgrund des ihm am 16. Juni 2003 erteilten Mandats kann der Kläger die geltend gemachte Vergütung von dem Beklagten nicht beanspruchen. Denn dieses Mandat wurde ihm vom Geschäftsführer der Schuldnerin erteilt. Es endete gemäß §§ 116, 115 Abs. 1 InsO mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. August 2003, weil der Anwaltsvertrag Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne dieser Vorschriften ist (vgl. Münchener Kommentar/Ott/Vuia, InsO, 2. Aufl., § 116 Rdnr. 26, 48; Riedel/Sußbauer/Keller, BRAGO, 8. Aufl., vor § 72 Rdnr. 9). Die Forderung wurde zu diesem Zeitpunkt zwar gemäß § 16 BRAGO fällig, ohne dass es auf § 41 Abs. 1 InsO ankommt (vgl. Riedel/Sußbauer/Keller, a.a.O., vor § 72 Rdnr. 9). Sie ist jedoch gemäß § 38 InsO Insolvenzforderung (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., vor § 72 Rdnr. 15; Münchener Kommentar/Ott/Vuia, a.a.O., § 116 Rdnr. 50; Riedel/Sußbauer/Keller, a.a.O., vor § 72 Rdnr. 9), worauf der Beklagte mit Schriftsatz vom 2. Februar 2009 hingewiesen hat. Für eine Insolvenzforderung aus einem Vertrag mit dem - späteren - Insolvenzschuldner haftet der Insolvenzverwalter nicht persönlich.

b.

Auch aufgrund des Auftrags, den der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 24. September 2003 erteilt hat, kann der Kläger die geltend gemachte Vergütung von dem Beklagten nicht beanspruchen.

aa.

Der Kläger kann die Vergütung aus diesem Mandat, mag sie auch entstanden und wegen vorzeitiger Auftragsbeendigung Ende 2004 gemäß § 16 BRAGO fällig sein, bereits deshalb nicht einfordern, weil es an der nach § 18 Abs. 1 BRAGO erforderlichen, dem Beklagten als Auftraggeber mitgeteilten Berechnung fehlt. Die erteilte Rechnung ist an die Schuldnerin adressiert. Sie betrifft ausdrücklich das Mandat "R GmbH ./. Versicherung" und einen Leistungszeitraum seit dem 16. Juni 2003. Aufgrund dieser Rechnung kann der Kläger - unabhängig von der Frage ihrer inhaltlichen Richtigkeit - gemäß dem nach § 61 Abs. 1 RVG anwendbaren § 18 BRAGO eine Vergütung nur von der Schuldnerin als Auftraggeberin beanspruchen.

bb.

Etwas anderes würde auch dann nicht gelten, wenn der Beklagte, etwa mit seinem Schreiben vom 21. Februar 2005, die an die Schuldnerin gerichtete Rechnung als ordnungsgemäße Berechnung gegenüber der Masse hingenommen hätte, was im Sinne eines Verzichts zulässig ist (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, a.a.O., § 18 Rdnr. 8). Denn der Beklagte hat das Mandat ausdrücklich in seiner "Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der oben bezeichneten Schuldnerin" erteilt. Der Beklagte haftet deshalb für die Forderung nicht persönlich. Diese ist Masseforderung im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, a.a.O., vor § 72 Rdnr. 15; Riedel/Sußbauer/Keller, a.a.O., vor § 72 Rdnr. 13). Für sie haftet gemäß § 53 InsO die Masse. Deshalb kann die Frage des Verzichts auf eine ordnungsgemäße Kostenrechnung offen bleiben.

c.

Ein vertraglicher Anspruch gegen den Beklagten persönlich - in welcher Höhe auch immer - ergibt sich auch nicht aus einer verbindlichen Zahlungszusage.

aa.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte nach der Vorstellung des Klägers die persönliche Haftung ohne Rücksicht auf das Bestehen oder die Durchsetzbarkeit des Gebührenanspruchs gegen die Masse im Sinne eines abstrakten Schuldversprechens gemäß § 780 BGB oder eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses gemäß § 781 BGB, das sich auch auf ursprünglich gegen Dritte gerichtete Ansprüche beziehen kann (vgl. BGH NJW 2000, 2984), übernommen haben soll, oder ob die Haftung des Beklagten als Schuldbeitritt von der Forderung gegen die Masse abhängen sollte oder ob eine bloße Schadloshaltung im Sinne einer Bürgschaft oder eines Garantieversprechens vereinbart worden sein soll.

bb.

Dass der Beklagte die persönliche Haftung für die gegen die Schuldnerin gerichtete (Insolvenz-)Forderung übernommen habe, behauptet der Kläger bereits selbst nicht. Auch eine vertragliche persönliche Haftung des Beklagten für den (Masse-)Anspruch des Klägers aus dem vom Beklagten als Insolvenzverwalter erteilten Mandat kann nicht angenommen werden. Der Wortlaut des Auftragsschreibens vom 24. September 2004, dass "hinsichtlich Ihrer Vergütung … Einigkeit darüber (besteht), dass diese, sofern nicht ohnehin die Kosten durch die Versicherung zu erstatten sind, gegenüber der Insolvenzmasse nach BRAGO abzurechnen" sei, lässt eine Auslegung des Inhalts, dass der Beklagte damit die persönliche Haftung habe übernehmen wollen, nicht zu. Das Schreiben gibt lediglich die Rechtsfolge des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO wieder.

cc.

Auch dem Schreiben des Beklagten vom 21. Februar 2005, wonach "die Begleichung der Gebühren … unmittelbar nach Zahlung der Versicherungsleistung" erfolgen sollte und der Beklagte erklärt hat, "unmittelbar nach einem ausreichenden Zahlungseingang werde ich Ihre Gebühren zur Anweisung bringen", lässt sich eine persönliche Haftungszusage nicht entnehmen.

(1)

Unabhängig von der Frage, welche Rechtsform einer solchen persönlichen Haftungsübernahme zukommen soll, müsste sich aus dem Schreiben vom 21. Februar 2005 der klare Wille des Beklagten ergeben, über die gesetzliche Haftung hinaus für den Gebührenanspruch des Klägers persönlich einstehen zu wollen (vgl. BGH ZIP 2004, 1107; WM 1989, 1904; NJW 1988, 209; BGHZ 100, 346; OLG Rostock ZIP 2005, 220). Entscheidend ist der aus dem Wortlaut, dem Anlass und dem wirtschaftlichen Zweck, der beiderseitigen Interessenlage, der allgemeinen Verkehrsauffassung über die Bedeutung einer solchen Formulierung und den sonstigen, auch außerhalb der Urkunde liegenden Umständen des Falles zu ermittelnde Parteiwille (vgl. BGH NJW 2002, 1791; NJW 2000, 2984; NJW 1999, 574; NJW-RR 1995, 1391). Nach diesen Maßgaben lässt das Schreiben vom 21. Februar 2005 einen Willen des Beklagten zur persönlichen Haftungsübernahme nicht erkennen. Dies folgt schon daraus, dass er das Schreiben "als Insolvenzverwalter" unterzeichnet hat. Der Beklagte hatte auch kein eigenes unmittelbares wirtschaftliches Interesse an der Durchführung des Anwaltsvertrages. Sein Interesse daran beschränkte sich auf seine Funktion als Insolvenzverwalter. Aber auch deswegen, weil der Beklagte eine Zahlung nur für den Fall des Eingangs der Versicherungsleistung und damit nur für den Fall des Vorhandenseins einer aktiven Insolvenzmasse zugesagt hat, kann nicht angenommen werden, er habe eine persönliche Zahlungsverpflichtung eingehen wollen. Er hat damit nämlich gerade nicht vorbehaltlos eine Zahlung zugesagt oder garantiert, was Anhaltspunkt für eine persönliche Haftungsübernahme sein könnte (vgl. OLG Rostock ZIP 2005, 220; LG Dresden ZIP 2004, 2016; so auch BGH ZIP 2004, 1107).

Dem Umstand, dass der Beklagte das Schreiben vom 21. Februar 2005 nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit verfasst hat, kommt keine Bedeutung zu. Daraus lässt sich gerade deshalb, weil der Beklagte die Zahlung unter den Vorbehalt des Eingangs der Versicherungsleistung gestellt hat, nicht darauf schließen, er habe eine persönliche Haftung für den Fall übernehmen wollen, dass die Versicherungsleistung ausbleibe.

(2)

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des OLG Schleswig (NJW 2004, 1257) und des OLG Celle (NZI 2004, 89).

Allerdings haben beide Gerichte eine persönliche Haftung des Insolvenzverwalters aufgrund der Aussagen, Zahlungen würden "aus der Insolvenzmasse übernommen" bzw. seien "durch das Insolvenzsonderkonto sichergestellt" bejaht. Dabei hat das OLG Schleswig einen auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 und 3 BGB angenommen. Der Kläger begehrt jedoch hier nicht das negative Interesse, sondern macht einen Erfüllungsanspruch geltend. Das OLG Celle hat zwar einen auf das positive Interesse gerichteten Anspruch aus einer Garantieerklärung bejaht. Beiden Entscheidungen lagen jedoch Fälle zugrunde, in denen ein vorläufiger "schwacher" Insolvenzverwalter ohne allgemeine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gehandelt hatte. Diese sind dem hier zu entscheidenden nicht vergleichbar, weil der Beklagte den Anwaltsvertrag mit dem Kläger als bestellter Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung geschlossen hat und nicht als vorläufiger "schwacher" Insolvenzverwalter und weil die Aussage im Schreiben vom 21. Februar 2005 nicht das Stadium der Vertragsverhandlungen betrifft.

Den Entscheidungen des OLG Schleswig und des OLG Celle lagen folgende Erwägungen zugrunde:

Gemäß § 61 InsO hafte der Insolvenzverwalter dem Massegläubiger persönlich auf Schadensersatz, wenn eine durch ihn begründete Masseverbindlichkeit aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden kann, es sei denn, er habe bei Begründung der Verbindlichkeit nicht erkennen können, dass die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen werde. Die Vorschrift sei damit ein spezialgesetzlich normierter Fall des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen. Der Anspruch bestehe auch bei Rechtshandlungen des vorläufigen "starken" Insolvenzverwalters mit allgemeiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis im Sinne der §§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 22 Abs. 1 InsO, weil auch die von diesem begründeten Verbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 2 InsO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten gelten. Der Anspruch aus § 61 InsO bestehe hingegen nicht bei Rechtshandlungen des vorläufigen "schwachen" Insolvenzverwalters ohne allgemeine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, weil auf dessen Rechtshandlungen § 55 Abs. 2 InsO nicht, auch nicht analog, anwendbar sei (vgl. BGH ZIP 2002, 1625; OLG Schleswig NJW 2004, 1257).

Weil und soweit aber der Vertragspartner des vorläufigen "schwachen" Insolvenzverwalters gleichermaßen schutzbedürftig sei wie derjenige des vorläufigen "starken" Insolvenzverwalters und des mit Verfahrenseröffnung bestellten Insolvenzverwalters, komme für den Fall die persönliche Haftung des vorläufigen "schwachen" Insolvenzverwalters in Betracht, dass dieser bei Vertragsschluss pflichtwidrig nicht auf die mögliche Masseunzulänglichkeit hingewiesen habe. Weitere Voraussetzung hierfür sei gemäß § 311 Abs. 3 BGB, dass der vorläufige "schwache" Insolvenzverwalter in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nehme und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusse. Dies könne dann der Fall sein, wenn er zusage, die Zahlung sei gesichert oder garantiert.

Diese Fallgestaltungen liegen hier nicht vor, weil für eine persönliche Haftung des bestellten Insolvenzverwalters gesetzliche Anspruchsgrundlagen zur Verfügung stehen.

2.

Dem Kläger stehen indes wegen seiner Gebührenforderung gegen die Insolvenzmasse auch keine gesetzlichen Ersatzansprüche gegen den Beklagten zu.

a.

Ein Schadensersatzanspruch aus § 61 InsO besteht nicht.

aa.

Allerdings hat der Kläger die Ansprüche aus §§ 60 f InsO insoweit in das für alternative Klagebegehren mit unterschiedlichem Streitgegenstand notwenige Rangverhältnis gebracht (vgl. BGH ZIP 2004, 1107), als er erklärt hat, seinen Anspruch hilfsweise zu einem solchen aus einer persönlichen Haftungszusage zunächst auf § 61 InsO und erst nachrangig auf § 60 InsO stützen zu wollen.

bb.

Nach § 61 InsO ist der Verwalter im Rahmen eines Vertragsanbahnungsverhältnisses verpflichtet, Rechtshandlungen zu unterlassen oder den Vertragspartner zu warnen, wenn die Masse voraussichtlich zur Erfüllung der sich daraus ergebenden Verpflichtungen nicht ausreicht (vgl. OLG Düsseldorf ZIP 2003, 1375; Münchener Kommentar/Brandes, a.a.O., § 61 Rdnr. 34). Dabei wird die Haftung des Insolvenzverwalters durch die Beweislastumkehr in § 61 S. 2 InsO verschärft. Denn jene entfällt nur, wenn der Insolvenzverwalter beweist, dass er bei Begründung der Verbindlichkeit die voraussehbare Unzulänglichkeit der Masse nicht erkennen konnte. Diese gesetzliche Beweislastumkehr ist angeordnet, weil der Massegläubiger regelmäßig nicht den notwendigen Einblick in Verfahrenseinzelheiten besitzt oder sich verschaffen kann, und deshalb nicht beurteilen kann, ob die Masseunzulänglichkeit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses absehbar war (vgl. OLG Düsseldorf ZIP 2004, 1375; Münchener Kommentar/Brandes, a.a.O., § 61 Rdnr. 35).

Vor diesem Hintergrund ist für eine Haftung nach § 61 InsO dann kein Raum, wenn der Vertragspartner über dieselben tatsächlichen Kenntnisse wie der Insolvenzverwalter verfügt und seine Entscheidung zur Begründung einer Forderung gegen die Masse nicht auf einem besonderen Vertrauen in den Insolvenzverwalter, sondern auf einer eigenverantwortlichen, in Kenntnis aller Tatsachen und Risiken getroffenen Beurteilung der Sach- und Rechtslage beruht und damit auf einem bewussten Handeln auf eigenes Risiko. Wollte man in einem solchen Fall nicht bereits die Tatbestandsmäßigkeit des § 61 InsO verneinen, müsste der Schadensersatzanspruch jedenfalls am Mitverschulden entsprechend §§ 242, 254 BGB scheitern (vgl. OLG Düsseldorf ZIP 2004, 1375).

So lagen die Dinge hier. Dem Kläger war nach dem in erster und zweiter Instanz unbestrittenen Vortrag des Beklagten gleichermaßen wie diesem bewusst, dass der mögliche Zahlungsanspruch der Schuldnerin gegen die Versicherung deren einziges Vermögen war. Dementsprechend hatte der Kläger dem Insolvenzgericht auch mit Schreiben vom 3. Juli 2003 die dauerhafte Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin angezeigt, nachdem Verhandlungen mit der Hausbank der Schuldnerin zur Vorfinanzierung der Ansprüche gegen die Versicherung gescheitert waren. Dann hat aber der Kläger die Entscheidung über die Annahme des vom Beklagten mit Schreiben vom 24. September 2003 erteilten Mandats in voller Kenntnis des Risikos, dass eine positive Insolvenzmasse nur dann vorhanden sein würde, wenn die Realisierung von Ansprüchen gegen die Versicherung gelänge, und damit aufgrund einer eigenverantwortlichen Entscheidung getroffen, nicht aufgrund eines Vertrauens in die Erklärungen des Beklagten.

cc.

Überdies gewährt § 61 InsO lediglich einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens, den der Gläubiger dadurch erleidet, dass er bei Begründung der Verbindlichkeit auf eine dem Insolvenzverwalter mögliche Erfüllung vertraut hat. Zu ersetzen ist damit das negative Interesse, welches auch die Umsatzsteuer nicht umfasst (vgl. BGH ZIP 2004, 1107; ZIP 2005, 311; ZinsO 2005, 1269; ZIP 2007, 539; OLG Düsseldorf ZIP 2004, 1375; Münchener Kommentar/Brandes, a.a.O., § 61 Rdnr. 38). Hierauf hat der Beklagte mehrfach hingewiesen, ohne dass der Kläger den erlittenen Vertrauensschaden dargelegt hätte.

b.

Ob und unter welchen Voraussetzungen neben § 61 InsO noch ein ebenfalls auf den Vertrauensschaden gerichteter Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 und 3 BGB in Betracht kommen kann, kann dahinstehen (vgl. dazu BGHZIP 2004, 1107). Denn jedenfalls fehlt es angesichts der eigenverantwortlichen Entscheidung des Klägers zum Vertragsschluss an einer Pflichtwidrigkeit des Beklagten bei der Vertragsanbahnung.

c.

Anspruchsgrundlage für einen Schaden, den ein Massegläubiger aufgrund von später eingetretenen Umständen erleidet, ist nicht § 61 InsO, sondern § 60 InsO (vgl. BGH ZIP 2004, 1107; Münchener Kommentar/Brandes, a.a.O., § 61 Rdnr. 34). Der Kläger hat indes bereits nicht vorgetragen und es ist auch sonst nicht ersichtlich, welche Pflichtverletzung der Beklagte insoweit begangen haben könnte, die zu dem vom Kläger geltend gemachten Nichterfüllungsschaden geführt hätte.

aa.

Eine Pflichtwidrigkeit liegt jedenfalls nicht darin, dass der Beklagte die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Insolvenzgericht und nicht gegenüber dem Kläger angezeigt hat. Der Beklagte war gemäß § 208 Abs. 1 InsO nur zur Anzeige gegenüber dem Insolvenzgericht verpflichtet. Die Zustellung an die Massegläubiger war gemäß § 208 Abs. 2 InsO dessen Aufgabe.

bb.

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt eine die Haftung nach § 60 InsO auslösende pflichtwidrige Ungleichbehandlung von Massegläubigern nicht deshalb vor, weil Masseverbindlichkeiten zu begleichen seien, sobald sie fällig sind, der Beklagte aber die seit 2005 fällige Forderung des Klägers nicht beglichen habe, um der Versicherung deren möglichen Rückzahlungsanspruch ungeschmälert zu erhalten. Der Kläger verweist insofern zu Unrecht auf die Ausführungen von Brandes (Münchener Kommentar, a.a.O., § 61 Rdnr. 34). Zwar hat der Insolvenzverwalter die Masseverbindlichkeiten zu begleichen, sobald sie fällig sind. Er hat die Masseforderungen aber gemäß § 209 InsO in der dort genannten Rangfolge und innerhalb eines Ranges im Zweifel anteilig zu erfüllen. Bevor er eine fällige und einredefreie Masseverbindlichkeit erfüllt, muss er daher prüfen, ob er auch die anderen Masseverbindlichkeiten rechtzeitig und vollständig aus der verbleibenden Masse werde bezahlen können (vgl. Münchener Kommentar/Brandes, a.a.O., § 61 Rdnr. 34).

Soweit der Beklagte auf die Rechnungslegung nach § 16 BRAGO nicht verzichtet hat (vgl. oben II 1 b. bb.), hatte der Kläger schon deshalb keinen Anspruch auf frühere Erfüllung seiner Gebührenforderung, weil diese nicht einforderbar war und ist. Die Nichterfüllung ist dann nicht pflichtwidrig.

Seit der Anfechtung des Vergleichs durch die Versicherung sieht sich der Beklagte zudem einem möglichen Bereicherungsanspruch ausgesetzt, der gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO ebenfalls Masseforderung wäre und als Neumasseforderung gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO der Forderung des Klägers im Rang vorginge. Auch dann wäre die Nichterfüllung nicht pflichtwidrig.

Soweit der bereicherungsrechtliche Rückforderungsanspruch nicht besteht, liegt auch keine pflichtwidrige Verkürzung der Masse vor, weil diese dann zur Befriedigung begründeter Gebührenforderungen des Klägers zur Verfügung steht. Eine Pflichtwidrigkeit des Beklagten könnte insoweit lediglich in der Zurückbehaltung liegen. Einen daraus eventuell resultierenden Verzugsschaden macht der Kläger aber nicht geltend, obwohl der Senat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hingewiesen hat.

cc.

Im übrigen kommen Ansprüche gegen den Insolvenzverwalter persönlich nur in Betracht, wenn dieser eine unerlaubte Handlung begangen hat (vgl. BGH WM 1989, 1904; BGHZ 100, 346; jeweils zur Haftung des Insolvenzverwalters nach der KO). Hierfür ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.

3.

Nach alledem kann auch dahinstehen, ob dem Kläger ein Vergütungsanspruch ohnehin nur für den Fall zustehen sollte, dass die Versicherungsleistung rechtsbeständig zur Insolvenzmasse gezogen werden könnte, was der Kläger erstmalig in der Berufungsinstanz bestreitet. Jedenfalls müsste er den Beklagten als Insolvenzverwalter in Anspruch nehmen.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 35.802,88 €.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 08.09.2009
Az: I-24 U 48/09


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