Landgericht Köln:
Urteil vom 6. März 2007
Aktenzeichen: 33 O 200/06

(LG Köln: Urteil v. 06.03.2007, Az.: 33 O 200/06)

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für je-den Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

wie nachstehend wiedergegeben mit der Ankündigung von Preisvor-teilen zu werben und der Einschränkung

„Reisen zu großen Sportveranstaltungen und während der Schulferienzeit sind ausgeschlossen.“

zu werben:

1. -(es folgt eine Bilddarstellung)

und/oder

2. -(es folgt eine Bilddarstellung)

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 189,-- € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.08.2006 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,-- € vor-läufig vollstreckbar.

Tatbestand

Bei dem Kläger handelt es sich um einen gerichtsbekannten Verband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Die Beklagte betreibt eine Fluggesellschaft.

Die Beklagte warb in diversen Tageszeitungen mit den im Tenor wiedergegebenen Anzeigen.

Mit Schreiben vom 03.05.2006 mahnte der Kläger die Beklagte wegen dieser Werbeanzeigen ergebnislos ab.

Der Kläger meint, diese Werbung der Beklagten verstoße gegen die §§ 3, 4 Nr. 4 und 5 UWG, da der einschränkende Hinweis "Reisen zu großen Sportveranstaltungen und während der Schulferien sind ausgeschlossen" unklar und widersprüchlich sei.

Wegen der näheren Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags des Klägers wird Bezug genommen auf die Seiten 8-10 der Klageschrift (Bl. 8 - 10 d.A.) sowie auf seinen Schriftsatz vom 27.10.2006 (Bl. 148 ff. d.A.).

Der Kläger beantragt,

-wie erkannt-.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, die beanstandeten Werbeanzeigen enthielten bereits keine Werbung mit einem Rabatt sondern mit einer allgemeinen Preissenkung. Die gerügten Angebotsbeschränkungen seien keine Bedingungen der Inanspruchnahme im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG. Auch seien die Angaben im gesetzlich geforderten Umfang erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags der Beklagten wird Bezug genommen auf ihre Klageerwiderung (Bl. 109 ff. d.A.) und auf ihren Schriftsatz vom 30.01.2007 (Bl. 169 ff. d.A.).

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 8 Abs. 1 UWG Unterlassung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang verlangen, da die Beklagte mit der beanstandeten Werbung § 3 UWG zuwidergehandelt hat. Danach sind unlautere Wettbewerbshandlungen unzulässig, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen.

Unlauter im Sinne von § 3 UWG handelt gemäß § 4 Nr. 4 UWG insbesondere, wer bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt. Die Vorschrift bezweckt den Schutz der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer vor unsachlicher Beeinflussung und Irreführung durch unzureichende Informationen über die Bedingungen der Inanspruchnahme unter anderem von Preisnachlässen. Das durch sie normierte Transparenzgebot will mit Blick auf die hohe Attraktivität von Preisnachlässen und die daraus resultierende Missbrauchsgefahr im Hinblick auf die Nachfrageentscheidung des Kunden dem speziellen Informationsbedarf der Abnehmer bei Preisnachlässen Rechnung tragen. Die Vorschrift verlangt auch eine klare und eindeutige Angabe der Modalitäten der Inanspruchnahme von Preisnachlässen(vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rz. 4.2; 4.11; OLG Köln GRUR-RR 2006, 196 - "Urlaubsgewinnspiel"), wozu auch Beschränkungen des Angebots gehören.

Dabei bedarf die Frage, in welchem Umfang die Vorschrift auch bereits die Werbung für Verkaufsförderungsmaßnahmen erfasst, vorliegend nicht der Entscheidung (vgl. dazu OLG Köln a.a.O.). Denn tatsächlich hat die Beklagte in die beanstandeten Werbeanzeigen Beschränkungen des Angebots aufgenommen, die dann aber auch den Ansprüchen des § 4 Nr. 4 UWG genügen müssen.

Dem kann die Beklagte auch nicht entgegenhalten, dass sich die Werbung bereits nicht auf eine Verkaufsförderungsmaßnahme bezieht, da kein Rabatt, sondern eine allgemeine Preissenkung beworben werde. Zum einen ist der Rabatt im Gesetz nur beispielhaft benannt, so dass auch andere Werbeaktionen als Verkaufsförderungsmaßnahmen angesehen werden können. Zum andern sind beide Werbeanzeigen darauf angelegt, den Verbraucher durch den überbetonten Aktionscharakter anzulocken. So ist von einem "Angebot" die Rede, das "um eine Woche verlängert" ist bzw. das "verlängert" ist. Ferner werden "Ersparnisse von € 20" bzw "€ 40 Millionen" beworben. Schließlich wird ein Buchungszeitraum benannt, der zeitnah zum Erscheinen der Anzeigen endet. Eine solche Werbung kann aus der Sicht des auch bei der Beurteilung nach § 4 Nr. 4 UWG maßgeblichen durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rz. 4.12) nur so verstanden werden, dass ein zeitlich eng befristeter Nachlass auf die regulären Preise und damit eine Verkaufsförderungsmaßnahme beworben wird . Sollte es im übrigen, wie von der Beklagten vorgetragen tatsächlich so gewesen, dass es sich bei den beworbenen Preis um die - nach einer Preissenkung - regulären Preise der Beklagten handelte, wäre die Werbung wegen des herausgestellten Aktionscharakters eklatant irreführend.

Die beworbenen Preisnachlässe werden über einen sog. Sternchenhinweis näher erläutert. Danach sollen u.a. "Reisen zu großen Sportveranstaltungen" ausgeschlossen sein.

Damit wird von der Beklagten eine Modalität der Inanspruchnahme des beworbenen Preisnachlasses in Form eines Ausschlusses bestimmter Flüge von den Aktionspreisen benannt. Auch eine solche Angabe muss gemäß § 4 Nr. 4 UWG "klar und eindeutig" sein. Dies ist der Fall, wenn sie den Angesprochenen nicht im Zweifel läßt, welche Bedingungen im Einzelnen gelten. Dies beurteilt sich wiederum nach dem Verständnis des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers. Für diesen Verbraucher ist aber auch nicht ansatzweise zu erkennen, welche Art von Reisen damit von dem Angebot nicht erfasst sein sollen. So ist bereist unklar, was unter "großen Sportveranstaltungen" zu verstehen ist, da es nach allgemeinem Sprachgebrauch keinen eindeutigen und übereinstimmenden Begriffsinhalt gibt. Große Sportveranstaltungen können über die Anzahl der zu erwartenden Zuschauer, die Bedeutung für die Sportwelt im allgemeinen, die Bedeutung für die betroffene Sportart im besonderen definiert werden. Große Sportveranstaltungen kann es aber auch nach regionalen, nationalen oder internationalen Maßstäben geben. Daneben lässt die Angabe offen, ob die Beschränkung für alle Passagiere oder nur für solche gelten sollen, die aus Anlass der Großen Sportveranstaltung die Beförderungsleistung der Beklagten in Anspruch nehmen wollen. Schließlich ist die Angabe auch deshalb unklar, weil der ausgelobte Buchungszeitraum wenige Tage nach Erscheinen der Anzeige bereits endete, d.h. der Beklagten zum Zeitpunkt der Schaltung der Anzeige bereits bekannt sein musste, ob in den angegebenen Zielorten im möglichen Reisezeitpunkt große Sportveranstaltungen stattfinden oder nicht.

Soweit die Beklagte einen Ausschluss der beworbenen Aktionspreise "während der Schulferien" ankündigt, bedarf die Frage, ob dies ebenfalls gegen § 4 Nr. 4 UWG verstößt, nicht der Entscheidung. Diese Werbeankündigung führt dazu, dass die Werbeanzeige insoweit als irreführend im Sinne von § 5 UWG einzustufen ist, worauf der Kläger sein Klagebegehren in der mündlichen Verhandlung alternativ noch zusätzlich gestützt hat.

Eine Werbung ist irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Für diese Beurteilung ist der Gesamteindruck der Werbung maßgeblich; es sind alle Bestandteile zu berücksichtigen, § 5 Abs. 2 UWG. Dabei ist auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten der streitgegenständlichen Werbung abzustellen, der die Werbung mit einer der Situation entsprechend angemessenen Aufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt (vgl. dazu BGH WRP 2005, 474, 475 - "Direkt ab Werk", BGH WRP 2005, 480, 483 - "Epson-Tinte").

In beiden Werbeanzeigen der Beklagten werden neben den Buchungszeiträumen die für die Aktionspreise geltenden Reisezeiträume benannt. Ist der Hinweis "während der Schulferien ausgeschlossen" - wie von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - aber so zu verstehen, dass die ausgelobten Preise bereits dann nicht gelten, wenn in einem deutschen Bundesland Schulferien sind, sind die beworbenen Reisezeiträume offensichtlich falsch angegeben, da beispielsweise der angegebene Reisezeitraum "01.09.2006 - 25.10.2006" sich auf diese Weise tatsächlich auf den Zeitraum 17.09.2006 - 01.10.2006 reduzierte, da die Sommerferien 2006 in Baden-Württemberg am 16.09.2006 endeten und die Herbstferien 2006 in Nordrhein-Westfalen am 02.10.2006 anfingen. Über diese Reduzierung des mit mehr als sieben Wochen angegebenen Reisezeitraums auf eine effektive Zeit von zwei Wochen wird der angesprochene Verbraucher in keiner Weise aufgeklärt. Zum einen besteht kein Anlass, angesichts des unmissverständlich angegebenen Zeitraums mit einer solch deutlichen Reduzierung zu rechnen, zumal die Ferienzeiten im Bundesgebiet zum Zeitpunkt der Werbung bereits festlagen, so dass bei einer lauteren Werbung bereits der Reisezeitraum entsprechend reduziert werden konnte. Zum anderen ist der Hinweis auf den Ausschluss während der Schulferien auch unklar, da es keineswegs zwingend erscheint, auf einen generellen Ausschluss der Preise während der Ferien in einem beliebigen Bundesland zu schließen. Näher liegt angesichts des eindeutig benannten Zeitraums die Annahme einer wie auch immer gearteten Differenzierung nach Bundesländern.

Dass derart unklare bzw. irreführende Angabe zur möglichen Inaspruchnahme beworbener Aktionspreise gerade in dem hart umkämpften Markt der sog. Billigflieger geeignet sind, den Wettbewerb im Sinne von § 3 UWG nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, liegt nach Ansicht der Kammer auf der Hand und bedarf daher keiner weiteren Erläuterung.

Der Zahlungsanspruch ist gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG begründet. Nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen hat der Kläger die Beklagte vorprozessual wegen der hier beanstandeten Werbung zu Recht abgemahnt, so daß ihm für diese Tätigkeit der hier eingeforderte Aufwendungsersatzanspruch zusteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Streitwert: 20.189,--€






LG Köln:
Urteil v. 06.03.2007
Az: 33 O 200/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e681fd614506/LG-Koeln_Urteil_vom_6-Maerz-2007_Az_33-O-200-06




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share