Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Juni 2005
Aktenzeichen: 17 W (pat) 51/03

(BPatG: Beschluss v. 09.06.2005, Az.: 17 W (pat) 51/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 9. Juni 2005 die Beschwerde in einem Patentverfahren zurückgewiesen. In dem Verfahren ging es um eine Patentanmeldung für ein Verfahren zur graphischen Darstellung von Prozessen. Die Anmeldung wurde vom Deutschen Patent- und Markenamt zurückerwiesen, da die darin beanspruchten Verfahren und Vorrichtungen nicht den Anforderungen des Patentgesetzes genügten. Der Anmelder legte Beschwerde ein und stellte den Antrag, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit bestimmten Unterlagen zu erteilen. Das Gericht wies die Beschwerde jedoch zurück, da die beantragten Ansprüche keine technische Erfindung darstellten und daher nicht patentierbar seien. Es wurden verschiedene Anträge geprüft, die sich auf unterschiedliche Formulierungen der Verfahrens- und Vorrichtungsansprüche bezogen. Keiner der Anträge erfüllte die Voraussetzungen für eine Erteilung des Patents. Der Anmelder beantragte weiterhin die Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt sowie die Zulassung der Rechtsbeschwerde, doch auch diesen Anträgen wurde nicht stattgegeben. Das Gericht sah keinen Grund für eine Zurückverweisung und stellte fest, dass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Die Entscheidung des Gerichts basierte auf der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu ähnlichen Fällen und war daher im Einklang mit dieser Rechtsprechung.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 09.06.2005, Az: 17 W (pat) 51/03


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung:

"Verfahren zur graphischen Darstellung von Prozessen"

ist am 12. August 1996 unter Inanspruchnahme der Priorität der Voranmeldung DE 195 29 611 vom 11. August 1995 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts durch Beschluss vom 10. Dezember 2002 zurückgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt, dass die Verfahren nach dem Patentanspruch 1 sowohl in der Fassung nach dem Hauptantrag als auch dem Hilfsantrag nicht auf eine technische Erfindung iSd § 1 PatG gerichtet seien und die Vorrichtungen nach dem Patentanspruch 11 gemäß Hauptantrag bzw nach dem Patentanspruch 8 gemäß Hilfsantrag nicht neu seien.

Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt und stellt den Antrag, den angegriffenen Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Dezember 2002 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

1) nach Hauptantrag mit Patentanspruch 1 vom 4. Oktober 2002, Patentanspruch 11 vom 11. Juli 2001 sowie Patentansprüchen 2 bis 10, Beschreibung Seiten 1 bis 8 und Figuren 1 bis 3 jeweils vom Anmeldetag;

2) nach Hilfsantrag 1 mit Patentansprüchen 1 und 8, überreicht in der Anhörung vom 10. Dezember 2002, daran anzupassende Ansprüche 5 bis 10 vom Anmeldetag sowie den übrigen Unterlagen gemäß Hauptantrag;

3) nach Hilfsantrag 2 mit Patentansprüchen 1, 2 und 9 vom 6. Juni 2005 und den daran anzupassenden ursprünglichen Ansprüchen 4 bis 9 sowie den übrigen Unterlagen gemäß Hauptantrag.

Er regt weiter hilfsweise die Zurückverweisung an die Prüfungsstelle und weiter hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Die nebengeordneten Ansprüche 1 und 11 gemäß dem Hauptantrag lauten:

"1. Verfahren zur Darstellung von Prozessen mit zeitlichem Ablauf von Funktionen, die Aufbau- und Ablauffunktionen beinhalten, unter Verwendung eines elektronischen Rechners und einer mit diesem verbundenen Anzeigeeinheit, dadurch gekennzeichnet, dass der elektronische Rechner automatisch und/oder über eine Eingabeeinheit Prozessdaten empfängt und die Prozessdaten derart verarbeitet, dass auf der Anzeigeeinheit die Aufbaufunktionen und die Ablauffunktionen in einem gemeinsamen Prozessbild mit zeitlichem Ablauf dargestellt werden."

"11. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 10, umfassend eine Anzeigeeinheit und einen den Bildlauf steuernden elektronischen Rechner, dadurch gekennzeichnet, dass der elektronische Rechner automatisch und/oder über eine Eingabeeinheit Prozessdaten empfängt und dass der elektronische Rechner in Abhängigkeit der erfassten Daten ein Prozessbild auf der Anzeigeeinheit darstellt, welches die Aufbaufunktionen und die Ablauffunktionen des Prozesses mit zeitlichem und sachlichlogischem Ablauf zeigt."

Die nebengeordneten Ansprüche 1 und 8 gemäß dem ersten Hilfsantrag lauten:

"1. Verfahren zur Darstellung von Prozessen mit zeitlichem Ablauf von Funktionen, die Aufbau- und Ablauffunktionen beinhalten, unter Verwendung eines elektronischen Rechners und einer mit diesem verbundenen Anzeigeeinheit, wobei in einer Datenbank Daten von Funktionen, Tätigkeiten und Informationen von Prozessbeteiligten gespeichert oder speicherbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass zur Darstellung eines Prozessbildes vom Rechner in diesen eingegebene oder in der Datenbank gespeicherte Daten von Funktionen, Tätigkeiten und Informationen von Prozessbeteiligten unter logischer Verknüpfung verarbeitet werden, indem für jeden Prozessbeteiligten ein flächiger, waagerecht verlaufender Zeitgraph erstellt und die Zeitgraphen mit gegenseitigem Abstand untereinander auf der graphischen Oberfläche der Anzeigeeinheit dargestellt werden, die Tätigkeiten der Prozessbeteiligten als Kästchen dargestellt und in zeitlich logischer Ablauffolge der Tätigkeiten auf dem jeweiligen Zeitgraph angeordnet werden, und Informationen, die zwischen den Prozessbeteiligten ausgetauscht werden, durch senkrechte Graphen zwischen den auf den Zeitgraphen angeordneten Kästchen erstellt und auf der graphischen Oberfläche der Anzeigeeinheit dargestellt werden."

"8. Vorrichtung zur Darstellung von Prozessen mit zeitlichem Ablauf von Funktionen, die Aufbau- und Ablauffunktionen beinhalten, bestehend aus einem elektronischen Rechner und einer mit diesem verbundenen Anzeigeeinheit, wobei in einer Datenbank Daten von Funktionen, Tätigkeiten und Informationen von Prozessbeteiligten gespeichert oder speicherbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass zur Darstellung eines Prozessbildes vom Rechner in diesen eingegebene oder in der Datenbank gespeicherte Daten von Funktionen, Tätigkeiten und Informationen von Prozessbeteiligten unter logischer Verknüpfung verarbeitbar sind, indem für jeden Prozessbeteiligten ein flächiger, waagerecht verlaufender Zeitgraph erstellbar und die Zeitgraphen mit gegenseitigem Abstand untereinander auf der graphischen Oberfläche der Anzeigeeinheit darstellbar sind, die Tätigkeiten der Prozessbeteiligten als Kästchen darstellbar und in zeitlich logischer Ablauffolge der Tätigkeiten auf dem jeweiligen Zeitgraph anordnerbar, und Informationen, die zwischen den Prozessbeteiligten ausgetauscht werden, durch senkrechte Graphen zwischen den auf den Zeitgraphen angeordneten Kästchen erstellbar und auf der graphischen Oberfläche der Anzeigeeinheit darstellbar sind."

Die nebengeordneten Ansprüche 1 und 9 gemäß dem zweiten Hilfsantrag lauten:

"1. Verfahren zur graphischen Darstellung von Prozessen mit zeitlichem Ablauf von Funktionen, die Aufbau- und Ablauffunktionen beinhalten, dadurch gekennzeichnet, dass auf einem einem Computer zugeordneten beschreibbaren Bildschirm grafische Oberflächen erzeugt werden, mit denen die Aufbaufunktionen und die Ablauffunktionen als erste Sicht in einem gemeinsamen Prozessbild mit zeitlichem Ablauf dargestellt werden, indem für die Prozessbeteiligten (FB1-FB5) Zeitgraphen (2) abgebildet werden und den Zeitgraphen (2-6) Kästchen (a1-a4, b1-b2, c1-c2, d1-d4, e1-e2, 7) zur Aufnahme der Angaben über Funktionen, Tätigkeiten und Informationen zugeordnet werden, wobei die Zeitgraphen (2-6) flächenhaft ausgebildet werden, die eine Funktion oder Tätigkeit beinhaltenden Kästchen (a1ff, b1ff, c1ff, d1ff, e1ff) in den Flächen der Zeitgraphen (2-6) angeordnet werden und die einen Informationsfluss beinhaltenden Kästchen (7) zwischen den Zeitgraphen angeordnet werden, wobei den Kästchen (a1-a4, b1-b2, c1-c2, d1-d4, e1-e2, 7) Daten hinterlegt und in Speichern abgelegt und abrufbar sind, welche einen internen Wissens- und Erfahrungsschatz bilden und welche bei der Analyse neuer Kernprozesse und bei neuen Randedingungen ergänzt werden, und diese in Speichern abgelegten und abrufbaren Daten mittels Hardware oder Software aufbereitet und mit Kenndaten versehen und verknüpft werden, zuerst in kleiner Kernmenge für die erste Sicht abgerufen und zur Erzeugung unterschiedlicher weiterer Sichten bei Bedarf durch weitere für die jeweilige Sicht aufbereitete Daten ergänzt werden."

"9. Vorrichtung zur Darstellung von Prozessen mit zeitlichem Ablauf von Funktionen, die Aufbau- und Ablauffunktionen beinhalten, bestehend aus einem Computer mit einem Speicher und mit einem dem Computer zugeordneten beschreibbaren Bildschirm, dadurch gekennzeichnet, dass mittels eines Steuerprogramms grafische Oberflächen erzeugt sind, mit denen die Aufbaufunktionen und die Ablauffunktionen als erste Sicht in einem gemeinsamen Prozessbild mit zeitlichem Ablauf dargestellt werden, indem für die Prozessbeteiligten (FB1-FB5) Zeitgraphen (2) abgebildet sind und den Zeitgraphen (2-6) Kästchen (a1-a4, b1-b2, c1-c2, d1-d4, e1-e2, 7) zur Aufnahme der Angaben über Funktionen, Tätigkeiten und Informationen zugeordnet sind, wobei die Zeitgraphen (2-6) flächenhaft ausgebildet sind, die eine Funktion oder Tätigkeit beinhaltenden Kästchen (a1ff, b1ff, c1ff, d1ff, e1ff) in den Flächen der Zeitgraphen (2-6) angeordnet werden und die einen Informationsfluss beinhaltenden Kästchen (7) zwischen den Zeitgraphen angeordnet sind, wobei den Kästchen (a1-a4, b1-b2, c1-c2, d1-d4, e1-e2, 7) Daten hinterlegt und in Speichern abgelegt und abrufbar sind, welche einen internen Wissens- und Erfahrungsschatz bilden und welche bei der Analyse neuer Kernprozesse und bei neuen Randbedingungen ergänzbar sind, und diese im Speicher abgelegten und abrufbaren Daten mittels Hardware oder Software aufbereitet und mit Kenndaten versehen und verknüpft sind, zuerst in kleiner Kernmenge für die erste Sicht abrufbar und zur Erzeugung unterschiedlicher weiterer Sichten bei Bedarf durch weitere für die jeweilige Sicht aufbereitete Daten ergänzbar sind."

Hinsichtlich der weiteren Ansprüche wird auf die Akten verwiesen.

Der Anmelder hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass sich die Anmeldung mit der Analyse von komplexen Prozessen befasse. Es werde eine grafische Darstellung vorgeschlagen, aus der sowohl der strukturelle Aufbau als auch der zeitliche Ablauf von komplexen Prozessen weitgehend selbsterklärend ersichtlich sei. Die Darstellung werde zur Optimierung von Prozessen verwendet und bilde die Grundlage für die Schaffung von "Work flow"- Systemen oder integrierten Management Systemen. Sie könne sowohl für technische Systeme, bspw den Produktionsprozess eines Schiffes, als auch für geschäftliche Abläufe, bspw das Gesundheitsmanagement in einer Klinik verwendet werden. Von besonderem Vorteil für die Analyse der Prozesse sei dabei, dass eine Änderung der Prozessdaten automatisch eine Änderung der Darstellung auf der Anzeigeeinheit bewirke. Zur Fassung der Patentansprüche nach dem ersten Hilfsantrag hat der Anmelder erläutert, dass das Verfahren unter Zuhilfenahme eines Rechners mit einer Datenbank ausgeführt werde. Es werde aber nicht Schutz für eine bestimmte Software beansprucht, sondern für die besondere Art der Darstellung der Prozesse. In der Fassung nach dem zweiten Hilfsantrag sei ergänzt, dass die Darstellung über mehrere Detaillierungsebenen verfügen könne. Auf diese Weise könne erst eine kleine Kernmenge dargestellt werden, die bei Bedarf beliebig verfeinert werden könne.

II.

Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg. Der Erteilung eines Patents mit den Unterlagen gemäß dem Hauptantrag steht schon entgegen, dass die dort beanspruchten Gegenstände über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus gehen (§21 Abs 1 Nr 4 PatG). Die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche nach dem erstem und zweitem Hilfsantrag haben keine auf technischem Gebiet liegende Erfindung zum Gegenstand, sondern betreffen die Wiedergabe von Informationen und sind daher dem Patentschutz nicht zugänglich (§ 1 Abs 3 und 4 PatG nF; bisher - gleichlautend - § 1 Abs. 2 und 3 PatG aF).

1. Zum Hauptantrag:

In dem Verfahren zur Darstellung von Prozessen nach dem Anspruch 1 und der Vorrichtung nach dem Anspruch 11 ist als ein Merkmal genannt, dass der elektronische Rechner die auf der Anzeigeeinheit darzustellenden Prozessdaten "automatisch und/oder über eine Eingabeeinheit" empfängt.

Die von dieser Formulierung eingeschlossene Variante des automatischen Empfangs der darzustellenden Prozessdaten, die eine selbsttätige Änderung der Darstellung der Prozessdaten auf der Anzeigeeinheit zur Folge hätte, findet jedoch weder in den prioritätsbegründenden noch in den mit der Anmeldung eingereichten Unterlagen eine Stütze. In den prioritätsbegründenden Unterlagen werden verschiedene Darstellungsmöglichkeiten für Prozessdaten erörtert, ohne dass etwas zur Herkunft der darzustellenden Daten gesagt würde. In den mit der vorliegenden Anmeldung eingereichten Unterlagen findet sich lediglich in Anspruch 8 ein Hinweis auf die Herkunft der darzustellenden Prozessdaten. Danach sind "die den Kästchen zugeordneten Daten gespeichert und/oder speicherbar" und "für den Prozessablauf bereits gespeicherte Daten darstellbar und oder veränderbar und/oder neu gewonnene Daten speicherbar". Aus diesen Angaben entnimmt der Fachmann für Prozesstechnik nur, dass die auf der Anzeigeeinheit darzustellenden Prozessdaten gespeichert werden, was ihn im Kontext mit den übrigen Unterlagen zwar auf eine Eingabe der Prozessdaten über eine Eingabeeinheit wie eine Tastatur schließen lassen mag, keinesfalls aber, wie der Anmelder meint, auf einen automatischen Empfang der aktuellen Prozessdaten.

Der Antrag auf Erteilung eines Patents mit den Unterlagen gemäß Hauptantrag war schon aufgrund dieses Mangels zurückzuweisen.

2. Zum ersten Hilfsantrag:

Der Patentanspruch 1 in dieser Fassung bezieht sich auf ein Verfahren zur Darstellung von Prozessen mit zeitlichem Ablauf von Funktionen, die Aufbau- und Ablauffunktionen beinhalten und unter Einsatz eines elektronischen Rechners auf einer Anzeigeeinheit angezeigt werden. Die anzuzeigenden Daten von Funktionen, Tätigkeiten und andere Informationen der Prozessbeteiligten sollen dabei in einer Datenbank gespeichert sein.

Nach der auf S 1, Abs 2 der Beschreibung angegebenen Aufgabe soll ein solches Verfahren so verbessert werden, dass eine Analyse des dargestellten Prozesses schneller und übersichtlicher erreicht werden kann.

Hierzu schlägt der Anspruch eine bestimmte Art der Darstellung des Prozessbildes vor. Für jeden Prozessbeteiligten soll auf der Anzeigeeinheit ein waagrecht verlaufender Zeitgraph abgebildet werden, auf dem die Tätigkeiten des Beteiligten als Kästchen dargestellt und in zeitlich logischer Abfolge angeordnet sein sollen. Die Zeitgraphen der Beteiligten sollen mit Abstand untereinander auf der Anzeigeeinheit abgebildet werden und Informationen, die zwischen den Beteiligten ausgetauscht werden, sollen durch senkrechte Graphen zwischen den Kästchen dargestellt werden. Ein Beispiel für eine solche Art der Darstellung ist in Figur 1 der Unterlagen gezeigt.

Es wird nicht in Zweifel gezogen, dass mit der vorgeschlagenen Prozessdarstellung eine schnelle und übersichtliche Analyse eines dargestellten Prozesses gelingen kann. Denn in einem derart strukturierten Prozessbild sind die Beteiligten und die von ihnen und zwischen ihnen auszuführenden Funktionen übersichtlich dargestellt, so dass ein Betrachter der Darstellung die Prozesszusammenhänge und -abhängigkeiten entsprechend einfach und mit geringem Zeitaufwand zu erkennen vermag.

Das Verfahren zur Darstellung von Prozessen nach dem Patentanspruch 1 liegt jedoch nicht auf technischem Gebiet. Es betrifft die Wiedergabe von Informationen als solche und ist nach § 1 Abs 3 und 4 PatG nF nicht als Erfindung anzusehen.

Der Patentanspruch 1 ist seinem Wortlaut nach auf ein Verfahren zu Darstellung von Prozessen gerichtet, also auf den zeitlichen Ablauf von Schritten, an deren Ende die gewünschte Darstellung des Prozessbildes auf der Anzeigeeinheit des Rechners steht. Wäre die vom Anmelder für den Anspruch 1 gewählte Kategorie zutreffend, so wäre zu erwägen, ob dieses Verfahren nicht dem Schutzausschluss von Programmen für Datenverarbeitungsanlagen bzw elektronische Rechner unterfiele, da derartige Programme nach § 1 Abs 3 Nr 3 und Abs 4 PatG nF als solche vom Patentschutz ausgeschlossen sind.

Tatsächlich hat der vorliegende Anspruch 1 aber nicht eine Abfolge von Verfahrensschritten zum Gegenstand, die den Prozess der Erzeugung der gewünschten Darstellung auf der Anzeigeeinheit angibt, sondern enthält lediglich Vorgaben zur Form der Darstellung des Prozessbildes, bspw dass die Zeitgraphen für die Prozessbeteiligten mit gegenseitigem Abstand untereinander (und nicht nebeneinander) und dass Tätigkeiten der Prozessbeteiligten als Kästchen dargestellt sein sollen. Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist sonach eine bestimmte Form der Darstellung, dh der Wiedergabe der gespeicherten Prozessinformationen auf der Anzeigeeinheit. Die bloße Wiedergabe von Informationen -ob auf akustischem oder optischem Weg- ist jedoch nach § 1 Abs 3 Nr 4 und 4 PatG nF als dem Patentschutz nicht zugängliche Erfindung anzusehen.

Das Argument des Anmelders, dass das Verfahren bzw die Darstellung nach dem Patentanspruch 1 unter Zuhilfenahme eines Rechners mit einer Datenbank ausgeführt wird, vermag den technischen Charakter des beanspruchten Gegenstandes nicht zu begründen. Wie der Bundesgerichtshof in seiner neueren Rechtsprechung ausführt (vgl Mitt 2005, 78, II. 4. a - "Anbieten interaktiver Hilfe", GRUR 2005, 143, II. 4. a - "Rentabilitätsermittlung"), kommt den in § 1 Abs 3, Nr 1 - 4 PatG aufgeführten Ausnahmetatbeständen -mithin auch der Wiedergabe von Informationen- nur dann technischer Charakter zu, wenn mit den beanspruchten Anweisungen ein konkretes technisches Problem mit technischen Mitteln gelöst wird.

Ein solches konkretes technisches Problem wurde jedoch weder vom Anmelder geltend gemacht, noch ergibt es sich aus den Unterlagen. Die in der Beschreibung angegebene Aufgabe (vgl aaO), Analysemittel zu schaffen, mit denen Ergebnisse schneller und übersichtlicher erreicht werden können, wird objektiv nicht gelöst. Denn das beanspruchte Verfahren leistet eben nicht die Analyse des Prozesses, bspw in Hinsicht auf eine mögliche Optimierung, sondern erzeugt lediglich eine bestimmte Form der Prozessdarstellung, die möglicherweise der menschlichen Auffassungsgabe entgegenkommt. Hierin ist aber keine auf technischem Gebiet liegende Problemstellung zu sehen. Die eigentliche Analyse des angezeigten Prozesses und die sich hieraus ggf ergebenden Verbesserungen eines technischen Prozessablaufs sind nicht Gegenstand der Anmeldung. Sie bleiben dem Betrachter der Darstellung und seinen intellektuellen Fähigkeiten überlassen.

Der in der Anmeldung enthaltene Mangel an einer konkreten technischen Problemstellung führt auch dazu, dass der nebengeordnete, auf eine Vorrichtung zur Darstellung von Prozessen gerichtete Anspruch 8 nicht gewährbar ist. Wie der Bundesgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung ausführt, ergibt sich (in Hinsicht auf Vorrichtungsansprüche) im Ergebnis kein Unterschied, da auch bei der vorrichtungsmäßigen Einkleidung einer Lehre, die sich der elektronischen Datenverarbeitung (bzw der Wiedergabe von Informationen) bedient, "deren Patentfähigkeit nur dann zu bejahen ist, sofern hierbei die Lösung eines konkreten technischen Problems mit Mitteln gelehrt wird, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind".

Daher war auch dem ersten Hilfsantrag nicht zu folgen. Deshalb konnte auch dahingestellt bleiben, ob dieser im Hinblick auf die Formulierung "daran anzupassende Ansprüche" hinreichend bestimmt oder jedenfalls mit Hilfe der Auslegung hinreichend eindeutig ist.

3. Zum zweiten Hilfsantrag:

Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 in dieser Fassung unterscheidet sich von der Fassung nach dem ersten Hilfsantrag im Wesentlichen dadurch, dass die Daten für das Prozessbild "zuerst in kleiner Kernmenge für die erste Sicht abgerufen und zur Erzeugung unterschiedlicher weiterer Sichten bei Bedarf durch weitere, für die jeweilige Sicht aufbereitete Daten ergänzt werden".

Zu der erläuterten Wiedergabe von Prozessdaten in einer bestimmten Darstellungsform tritt bei dieser Anspruchsfassung der Aspekt, das Prozessbild dadurch überschaubarer zu gestalten, dass zunächst eine Kernmenge und fallweise eine detailliertere Sicht der Prozessdaten angezeigt werden kann. Gegenstand dieser Anspruchsfassung ist deshalb nach wie vor die Wiedergabe von Informationen, ohne dass Anweisungen enthalten wären, die auf eine konkrete technische Problemstellung und deren Lösung mit technischen Mitteln hinwiesen.

In Hinsicht darauf, wie eine derartige stufenweise detaillierbare Darstellung erzeugt wird, gibt der Anspruch lediglich den Hinweis, dass die in Speichern abgelegten Daten "mittels Hardware oder Software aufbereitet und mit Kenndaten versehen und verknüpft werden". Dies weist lediglich pauschal auf den Einsatz von Mitteln zur Datenverarbeitung hin, ohne dass eine konkrete technische Problemstellung erkennbar ist und vermag deshalb den technischen Charakter des beanspruchten Verfahrens bzw der Darstellung nicht zu begründen, wie anhand der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (aaO) erläutert wurde. Das Verfahren zur grafischen Darstellung von Prozessen nach dem Anspruch 1 ist daher dem Patentschutz nicht zugänglich.

Nicht anders ist der auf eine Vorrichtung zur Darstellung von Prozessen gerichtete nebengeordnete Anspruch 9 zu bewerten. Auch in dieser Anspruchsfassung ist der Aspekt ergänzt, dass zunächst eine Kernmenge und dann fallweise eine detailliertere Sicht der Prozessdaten angezeigt wird. Daraus ergibt sich aber noch keine Anweisung, die zur Darstellung verwendete Vorrichtung in technischer Hinsicht weiterzubilden. Wesentlicher Inhalt des Patentanspruchs 9 ist daher ebenfalls die Wiedergabe von Informationen über einen beliebigen Prozess in der im Anspruch angegebenen Form. Die Wiedergabe von Informationen aber ist nach § 1 Abs 3 Nr 4 und Abs 4 PatG nF als solche nicht als Erfindung anzusehen. Auch der Hilfsantrag 2 war daher zurückzuweisen. Hinsichtlich der hinreichenden Bestimmtheit der Formulierung wird auf das zu Hilfsantrag 1 Gesagte verwiesen.

4. Der Anmelder hat weiter hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt angeregt.

Dieser Anregung des Anmelders war nicht zu folgen, da keiner der in § 79 Abs 3 PatG genannten Gründe für eine Zurückverweisung vorliegt. Das Patentamt hat mit Zurückweisungsbeschluss vom 10. Dezember 2002 bereits selbst in der Sache entschieden; das Verfahren vor dem Patentamt leidet nicht an einem wesentlichen Mangel und es wurden auch keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorgelegt, die für die Entscheidung wesentlich sind.

5. Für die vom Anmelder angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand ebenfalls keine Veranlassung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu entscheiden (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG).

Wie dargelegt, hat der Bundesgerichtshof in seiner neueren Rechtsprechung (aaO) ausführlich zur Patentfähigkeit der im § 1 Abs 3 Nr 1 - 4 PatG nF (bisher: § 1 Abs. 2 Nr. 1-4 PatG) genannten Gegenstände oder Tätigkeiten, die als solche nicht als Erfindungen iSd § 1 Abs 1 PatG anzusehen sind, Stellung genommen, mithin auch zur Wiedergabe von Informationen (Nr 4). Eine andere Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, über die noch keine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorliegt, sieht der Senat nicht aufgeworfen und wurde vom Anmelder auch nicht geltend gemacht. Da der Senat keine von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweichende Auffassung vertritt, ist eine Zulassung auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 100 Abs. 2 Nr. 2 PatG). Der Anmelder hat zum Nachweis einer uneinheitlichen Rechtsprechung auf das 12. Symposium europäischer Patentrichter in Brüssel vom 21. - 24. September 2004 verwiesen, ohne im einzelnen unterschiedliche Entscheidungen anzuführen. Nachdem die oben zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs am 19. Oktober 2004, also später ergangenen sind, konnten sie bei dieser Veranstaltung noch keine Berücksichtigung gefunden haben.

Sofern sich der Anmelder darauf bezieht, dass in einschlägigen Entscheidungen der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts bei ähnlich gelagerten Verfahrens- und Vorrichtungsansprüchen eine andere methodische Vorgehensweise gewählt ist, bei der nicht die Frage nach dem technischen Charakter, sondern die nach der erfinderischen Tätigkeit im Vordergrund steht (vgl GRUR Int, 2002, 87. "-Steuerung eines Pensionssystems/PBS PARTNERSHIP" bzw GRUR Int 2005, 332, "-Auktionsverfahren/HITACHI"), so ist darauf hinzuweisen, dass die dort gewählte Vorgehensweise letztlich zu gleichen Resultaten führt. Entsprechend dieser Vorgehensweise wird zwar jeglichen Verfahren, zu deren Ausführung technische Mittel zum Einsatz kommen, technischer Charakter zugebilligt, im Gegenzug aber werden bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit nur solche Verfahrensschritte in Betracht gezogen, die einen Beitrag auf technischem Gebiet enthalten (vgl "- Auktionsverfahren/HITACHI -" Leitsätze I und II iVm 5.7 der Entscheidung), sodass letztlich der Aspekt der Bewertung in technischer Hinsicht auch hier entscheidungserheblich ist. Aber auch wenn eine Divergenz zu der Rechtsprechung zu den Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts unterstellt würde, so könnte diese weder eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung begründen (vgl Busse, Patentgesetz 6. Aufl. § 100 Rdn 29), noch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen (Busse, aaO, § 100 Rdnr. 23), da keine Auswirkung auf das praktische Ergebnis zu verzeichnen ist und die technische Würdigung der Erfindung Tat-, nicht Rechtsfrage ist (Schulte, PatG, 7. Aufl., § 100 Rdnr. 20; BPatG Mitt. 1989, 115, LS 2).

Die Anträge des Anmelders waren daher zurückzuweisen.

Dr. Fritsch Prasch Eder Baumgardt WA






BPatG:
Beschluss v. 09.06.2005
Az: 17 W (pat) 51/03


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