Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. April 2004
Aktenzeichen: 29 W (pat) 95/02

(BPatG: Beschluss v. 21.04.2004, Az.: 29 W (pat) 95/02)

Tenor

1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 40 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. März 2002 wird aufgehoben, soweit der Widerspruch für die Waren "duroplastisch beschichtete Zylinder in der Klarwasserhydraulik, duroplastisch beschichtete Zylinder in anderen Druckmedien" zurückgewiesen wurde.

2. Die Löschung der Marke 399 62 843 wird insoweit angeordnet.

3. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für die Waren und Dienstleistungen

"Materialbearbeitung; duroplastisch beschichtete Zylinder in der Klarwasserhydraulik, duroplastisch beschichtete Zylinder in anderen Druckmedien"

eingetragene Marke Nr. 399 62 843 Hydcoist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren Marke Nr. 1094781 HYDAC die für die Waren

"hydropneumatische Speicher als Maschinenteile und für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge; Armaturen aus Metall für die Befestigung von Speichern, von Gas-, Flüssigkeits- und Elektroleitungen, Regelungs- und Sicherungsarmaturen für Gas- oder Flüssigkeitsapparate und für Gas- oder Flüssigkeitsleitungen; hydraulische, hydropneumatische und reflektorische Schall-, Schwingungs- und Druckstoßdämpfer, Resonatoren; Filter als Maschinenteile und für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge, Filterapparate, Filtergeräte, Filterelemente als Maschinen-, Fahrzeug- und Motorenteile zum Filtern flüssiger und/oder gasförmiger Medien unterschiedlicher Viskositäten, Filtermaterial aus Faserstoff, Filz, Gewebe, Glaswolle und Papier; Wärmetauscher für stationäre und mobile Anwendungen zum Wärmeaustausch zwischen flüssigen und/oder gasförmigen Medien; Absperrgeräte, Absperrapparate, Absperrhähne und Ventile als Maschinen- und Fahrzeugteile, insbesondere für hydraulische und pneumatische Antriebsmittel und Medien, insbesondere Stromventile, Wegeventile, Druckventile mit Anzeige und Überwachung, Ent- und Belüftungsventile; Steuergeräte als Maschinenteile und Fahrzeugteile, insbesondere für hydraulische und pneumatische Anlagen, insbesondere Stromteiler und Steuerblöcke; Steuergeräte und -apparate für Fahrstuhlsteuerungen, für Aufzugsteuerungen und für Liftsteuerungen; hydraulische und pneumatische Steuereinheiten, bestehend aus mindestens einem Ventil oder mehreren Ventilen wie Wege-, Druck- und Stromventilen; hydraulische oder pneumatische Arbeitszylinder; hydraulische oder pneumatische Antriebsaggregate für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge und als Maschinenteile, insbesondere für die Verfahrenstechnik, für den allgemeinen Maschinenbau und für Fahrzeuge, insbesondere für Baumaschinen, für Werkzeugmaschinen, Kunststoffmaschinen, für den Antrieb von Werkzeugen, für Pressen, für Transportanlagen, für Schifffahrt und Luftfahrt, für die Chemie- und Reaktortechnik, für den Berg- und Hüttenbau und für Walzwerke, im wesentlichen bestehend aus mindestens einer Hydraulikpumpe, mindestens einem Antriebsmotor und mindestens einem Flüssigkeitsbehälter aus Metall oder Kunststoff; hydraulische Antriebsaggregate für Fahrstuhlsteuerungen, für Aufzugsteuerungen und für Liftsteuerungen, im wesentlichen bestehend aus einer Hydraulikpumpe, einem Antriebsmotor und einem Flüssigkeitsbehälter aus Metall oder Kunststoff, hydraulische Motoren; Steuer- und Regelgeräte, insbesondere elektrische, elektromechanische und elektrohydraulische Regel- und Stellgeräte; Dosiergeräte, Schmierapparate und -geräte, Versorgungsgeräte, nämlich Verteiler, für stationäre und mobile Anwendung; maschinell und von Hand betätigbare Spannapparate, Spannmaschinen und Spannwerkzeuge; Anzeige-, Kontroll- und Steuergeräte für Niveau, Druck, Temperatur und Menge für gasförmige und flüssige Medien, Manometerwahlschalter; hand- oder motorbetriebene hydraulische Druck- und Förderpumpen, regelbar und nicht regelbar; Schaltgeräte, Überwachungsgeräte und Diagnostikgeräte für den technischen Gebrauch; Druck, Wege-, Volumen-, Temperatur- und Analyse-Sensoren, insbesondere auf physikalischelektronischer oder chemischelektronischer Basis; Einzelteile für elektronische Apparate, insbesondere logische Elemente, elektrotechnische und elektronische Bauteile und daraus bestehende Baugruppen (soweit in Klasse 9 enthalten), insbesondere gedruckte Schaltungen, Halbleiterbauelemente, integrierte Schaltungen, Speicherbausteine, Widerstände, Mikroprozessoren; Leiterplatten mit elektrotechnischen und elektronischen Baugruppen und Bauteilen von Rechen- und Datenverarbeitungsanlagen sowie elektrischen und elektronischen Anlagen zur Überwachung, Überprüfung, Steuerung und Regelung industrieller Arbeitsvorgänge und von Apparaten und Geräten in Land-, Luft- und Wasserfahrzeugen, insbesondere Halbleiterbauelemente; elektronische, elektrotechnische und mechanische Apparate, Geräte und Instrumente (soweit in Klasse 7 und 9 enthalten), insbesondere für Computer und aus den vorgenannten Waren zusammengestellte Systeme, einschließlich der daran angeschlossenen peripheren Geräte zur Erfassung, Anzeige, Ausgabe und Übermittlung von Daten und für die Fertigungs- und Verfahrenstechnik"

eingetragen ist. Der Widerspruch ist auf alle Waren gestützt und richtet sich gegen alle Waren und Dienstleistungen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Mit Beschluss vom 14. März 2002 hat die Markenstelle für Klasse 40 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass trotz einer beachtlichen Warennähe der Waren "Zylinder" wegen geringer Markenähnlichkeit ein ausreichender Abstand gewahrt sei. Bei der klanglichen Beurteilung ergäben sich unterschiedliche Vokalfolgen und eine voneinander abweichende Silbengliederung. Der identische Wortanfang "Hyd" weise eine beschreibende Bedeutung auf. Er sei deshalb kennzeichnungsschwach und nicht prägend für den Gesamteindruck. In schriftbildlicher Hinsicht seien beide Marken trotz des identischen Wortanfangs im Gesamtbild unterschiedlich. Die Einrede der mangelnden Benutzung ließ die Markenstelle aufgrund dieser Sachbehandlung außer Acht.

Zur Begründung ihrer gegen den Zurückweisungsbeschluss gerichteten Beschwerde führt die Widersprechende aus, "duroplastisch beschichtete Zylinder in der Klarwasserhydraulik sowie duroplastisch beschichtete Zylinder in anderen Druckmedien" seien gleichartig mit "hydropneumatischen Speichern als Maschinenteile und für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge". Zur Herstellung solcher Hydrospeicher sei eine Materialbearbeitung notwendig, was u.a. eine beachtliche Ähnlichkeit begründe. Den danach erforderlichen erheblichen Abstand wiesen die zu vergleichenden Marken nicht auf. Vielmehr bestehe eine hochgradige Markenähnlichkeit. Der regelmäßig stärker beachtete Wortanfang "Hyd" sei bei beiden Marken identisch und weder beschreibend noch eine typische Abkürzung. Schriftbildlich betrachtet bestünden beide Marken aus je 5 Buchstaben und wiesen gleiche Ober- und Unterlängen auf. Klanglich komme es nicht darauf an, ob ein klangstarker Konsonant den Schlussbuchstaben oder den vorletzten Buchstaben eines Wortes bilde. Denn beim Vergleich aus der Erinnerung könne zwar ein einzelner Buchstabe, jedoch nicht die Reihenfolge der Buchstaben identifiziert werden. Darüber hinaus träten die Endungen nicht markant in Erscheinung. Des weiteren macht die Widersprechende geltend, dass ihr Zeichen von erhöhter Kennzeichnungskraft aufgrund eines hohen Bekanntheitsgrades sei.

Zur Glaubhaftmachung der Benutzung beruft sich die Widersprechende auf eidesstattliche Versicherungen des Leiters ihrer Verkaufsabteilung vom 30. Juli 2002 und vom 31. März 2004, in der Umsätze mit Speichern aus den Jahren 1996 bis 2001 in Höhe von ... DM bzw. für Produkte der Fluidtechnik und der Hydraulik im Jahr 2003 mit über ... € angegeben werden. Weiterhin legt die Widersprechende Kataloge vor zum Beleg der Kennzeichnung ihrer Produkte mit der Widerspruchsmarke.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der Marke 399 62 843 anzuordnen.

Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er trägt vor, dass der Anfang der gegenüberstehenden Wortmarken "Hyd" ein glatt beschreibender Hinweis auf "Hydraulik" sei, weshalb die Widerspruchsmarke an einer extremen Kennzeichnungsschwäche leide, zumal sie ausschließlich für Waren des Hydraulikbereichs eingesetzt werde. Der aufgrund dieser Kennzeichnungsschwäche zwischen den beiden Zeichen einzuhaltende geringe Abstand sei gewahrt. Die Vergleichsmarken seien in klanglicher Hinsicht völlig verschieden, da sie deutlich unterschiedliche Silbentrennung und einen unterschiedlichen Sprechrhythmus aufwiesen. Weiterhin sei wesentlich, dass der geschlossen und dunkel klingende Schlussvokal "o" zu einem weichen Ausklang der angegriffenen Marke führe, während die Widerspruchsmarke mit dem harten Konsonanten "c", der gleich "k" gesprochen werde, ende. Die klangliche Übereinstimmung erschöpfe sich in dem glatt beschreibenden Bestandteil "Hyd". Darüber hinaus handele es sich um Kurzwörter, die besser und genauer als längere Markenwörter in Erinnerung blieben. Außerdem hält der Inhaber der angegriffenen Marke eine Ähnlichkeit zwischen den Waren der Widersprechenden und den von ihr beanspruchten Dienstleistungen für nicht gegeben. Für ihre Bekanntheit habe die Widersprechenden nichts vorgetragen. Der Umsatzsprung 2003 sei nicht glaubhaft. Es fehle auch an ausreichenden Angaben über die Benutzung der Widerspruchsmarke in Deutschland.

In der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende noch zu den Preisen ihrer Produkte sowie deren Einsatzgebiet vorgetragen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nur teilweise begründet. Hinsichtlich der Waren "duroplastisch beschichtete Zylinder in der Klarwasserhydraulik, duroplastisch beschichtete Zylinder in anderen Druckmedien" besteht entgegen der Auffassung der Markenstelle für die angesprochenen Verkehrskreise die Gefahr von Verwechslungen, so dass insoweit die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen war (§ 43 Abs. 2 S.1 MarkenG iVm §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).

In ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH GRUR Int. 1998, 56 ff - Sabèl/Puma; MarkenR 1999, 236 ff - Lloyd/Loints) und des Bundesgerichtshofs (vgl. zuletzt GRUR 2003, 332 - Abschlussstück m.w.N.) ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und der Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. EuGH GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; BGH GRUR 1999, 731 - Canon II; MarkenR 2001, 311 ff - Dorf MÜNSTER-LAND; GRUR 2001, 544, 545 = WRP 2002, 537 - BANK 24; GRUR 2002, 1067 - DKV/OKV). Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese hervorrufen, wobei insbesondere die sie dominierenden und unterscheidenden Elemente zu berücksichtigen sind. Es kommt entscheidend darauf an, wie die Marke auf den betroffenen Abnehmerkreis wirkt (vgl. BGH GRUR 1996, 198 - Springende Raubkatze; BGHZ 131, 122, 124 f. - Innovadiclophont).

1. Die Markeninhaberin hat die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke in zulässiger Weise nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG bestritten. Die Widersprechende hat mit den von ihr eingereichten Unterlagen sowie den eidesstattlichen Versicherungen des Leiters der Verkaufsabteilung der Firma H... GmbH vom 30. Juli 2002 und vom 31. März 2004 die Benutzung des Zeichens "HYDAC" für "hydropneumatische Speicher als Maschinenteile für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge" für den Zeitraum von 1996 bis 2003 glaubhaft gemacht. Diese Glaubhaftmachung erstreckt sich damit auf die nach § 43 Abs.1 MarkenG relevanten Zeiträume von 31. Dezember 1994 bis 31. Dezember 1999 sowie von April 1999 bis zur Entscheidung des Senats 2004, wobei es nicht erforderlich ist, für die gesamte Zeit lückenlos Nachweise zu erbringen (BGH GRUR 1999, 995 ff - HONKA).

Aus den von der Widersprechenden vorgelegten Katalogen vom Oktober 1999, vom Januar 2001 und vom November 2002 geht zunächst eine funktionsgemäße Verwendung der Marke als Mittel zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung hervor. Aus den Werbeschriften für die "hydropneumatischen Speicher als Maschinenteile für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge" ist die Anbringung der Marke auf der Ware selbst erkennbar und entspricht der im Verkehr üblichen und wirtschaftlich sinnvollen Verwendung (BGH a.a.O. - HONKA). Wie sich aus der eidesstattlichen Versicherung des Leiters der Verkaufsabteilung der Firma H... GmbH vom 30. Juli 2002 ergibt, von der die für den Vertrieb hergestellten Prospekte stammen, erfolgte die Kennzeichnung im Einvernehmen und zu Gunsten der Widersprechenden. Aus dieser sowie der eidesstattlichen Versicherung vom 31. März 2004 geht hervor, dass mit den in Rede stehenden Speichern in den Jahren 1996 bis 2001 Umsätze in Höhe von insgesamt .... DM und für das Jahr 2003 von über ... € gemacht wurden. Zwar las- sen diese Umsatzangaben nicht erkennen, ob die Umsätze in der Bundesrepublik Deutschland erzielt wurden. Da jedoch ein Großteil der Prospekte in deutscher Sprache ist und die übrigen wie üblich in diesem technischen Warengebiet mehrsprachig (englisch/deutsch) sind, hat der Senat keine Bedenken hier zumindest von einem Teil der Umsätze als in Deutschland gemacht auszugehen. Dies ist ausreichend für die Glaubhaftmachung der Benutzung und den Ausschluss einer Scheinbenutzung. Aus den Prospekten vom 01.01 und vom 11.02 ergibt sich des weiteren, dass die Produkte der Widersprechenden u.a. im ICE und in anderen deutschen Zügen sowie im Airbus zum Einsatz kommen. Dazu hat die Widersprechende im Termin - vom Markeninhaber unbestritten - vorgetragen, die Umsätze in Deutschland für Speicher liegen im ... ...bereich. Der Einzelpreis liege zwischen ... € und ... €. Sie werden eingesetzt in Toiletten der ICE-Züge, im Airbus sowie auf Ölplattformen. Angesichts dieser Umstände einschließlich der aufwändig gestalteten Prospekte besteht nach Auffassung des Senats die im Rahmen der Glaubhaftmachung ausreichende überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke für "hydropneumatische Speicher als Maschinenteile für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge" im Inland; von einer Scheinbenutzung kann jedenfalls nicht ausgegangen werden.

2. Zwischen "duroplastisch beschichteten Zylindern in der Klarwasserhydraulik, duroplastisch beschichteten Zylindern in anderen Druckmedien" und "hydropneumatischen Speichern als Maschinenteile für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge" besteht engste Warenähnlichkeit. Hingegen sind die letztgenannten Waren gänzlich unähnlich in Bezug auf die beanspruchte Dienstleistung "Materialbearbeitung".

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; GRUR Int. 1999, 734 - Lloyds/Loint's; BGH a.a.O. - Canon II; BlPMZ 1998, 226 f - GARIBALDI; WRP 2000, 1152, 1153 - PAPPAGALLO; WRP 2001, 694, 695 - EVIAN/REVIAN). Auch die maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge, nämlich Herstellungsstätte und Vertriebswege der Waren und Dienstleistungen, deren Stoffbeschaffenheit und Zweckbestimmung oder Verwendungsweise sowie, wenn auch weniger, die Verkaufs- und Angebotsstätten sind relevante Gesichtspunkte.

a) Unter dem Gesichtspunkt der Herstellungsstätten und des Verwendungszwecks liegt hier Ähnlichkeit vor. Bei hydropneumatischen Speichern handelt es sich ebenso wie bei Hydraulikzylindern um Bestandteile von mit Flüssigkeitsdruck arbeitenden Kraftübertragungssystemen. Deren Einzelteile werden regelmäßig in denselben Produktionsstellen fabriziert. Der Vergleich der von der Widersprechenden vorgelegten Prospekte mit der Anlage zur Anmeldung der jüngeren Marke zeigt, dass hydropneumatischen Speicher und Hydraulikzylinder in identischen Einsatzgebiete verwendet werden, nämlich in der Schifffahrt oder in der Seehydraulik (jüngere Marke) bzw. im Schiffsbau sowie im Off-Shore-Bereich auf Bohrinseln (Widerspruchsmarke). Der Markeninhaber hat im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt zunächst ausgeführt, dass es sich bei den von ihm beanspruchten duroplastisch beschichteten Zylindern um ganz spezielle Waren handle, weshalb allenfalls eine entfernte Warenähnlichkeit bestehe. Diese Auffassung hat er im Beschwerdeverfahren zu Recht nicht mehr aufrecht erhalten. Wie sich nämlich aus der Anlage zur Anmeldung der angegriffenen Marke ergibt, erfolgt die Beschichtung der Zylinder, um einen hohen Korrosionsschutz, hohe Dehnfähigkeit der Beschichtung und Resistenz gegen chemische Einflüsse zu erreichen und damit den besonderen Anforderungen in den genannten Einsatzgebieten mit starker Feuchtigkeitsbelastung gerecht zu werden. Die einander gegenüberstehenden Waren dienen insgesamt demselben Verwendungszweck und arbeiten, wie die Widersprechende zutreffend ausgeführt hat, nach demselben Wirkprinzip. Demzufolge liegen "hydropneumatische Speicher als Maschinenteile für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge" und "duroplastisch beschichteten Zylinder in der Klarwasserhydraulik, duroplastisch beschichteten Zylinder in anderen Druckmedien" im engsten Ähnlichkeitsbereich.

b) Keine Ähnlichkeit besteht dagegen zwischen der Dienstleistung "Materialbearbeitung" der jüngeren Marke und der Ware "hydropneumatische Speicher als Maschinenteile für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge", für die allein die Benutzung der Widerspruchsmarke nachgewiesen wurde. Zwar gehen sowohl die Markenrechtsrichtlinie als auch das Markengesetz davon aus, dass grundsätzlich eine Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen gegeben sein kann (BGH MarkenR 2000, 321 ff - Papagallo m.w.N.). Dienstleistungen sind aber generell weder mit den zu ihrer Erbringung verwendeten Waren und Hilfsmitteln noch mit den durch sie erzielten Ergebnissen, soweit sie Waren hervorbringen, ohne weiteres für ähnlich zu erachten. Vielmehr müssen für eine Feststellung der Ähnlichkeit besondere Umstände vorliegen (BGH a.a.O. - Papagallo). Diese sind nicht gegeben, denn der Verkehr unterliegt im vorliegenden Fall nicht der Fehlvorstellung, der Hersteller der Waren "hydropneumatische Speicher als Maschinenteile für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge", trete (auch) mit der Dienstleistung "Materialbearbeitung" im geschäftlichen Verkehr auf. Bei "Materialbearbeitung" handelt es sich nämlich darum, dass im Auftrag und für Rechnung Dritter anorganische oder organische Stoffe oder Gegenstände mechanisch oder chemisch verarbeitet oder umgewandelt werden. Regelmäßig erfolgen Warenproduktion einerseits und reine Materialbearbeitung andererseits in unterschiedlichen Betrieben. Lediglich auf dem Gebiet der für die Materialbearbeitung erforderlichen Maschinen gibt es Überschneidungen auf Hersteller- und Anbieterebene (vgl. Richter/Stoppel 12. Aufl. 2002, S. 389). Ansonsten handelt es sich bei der Materialbearbeitung um eine für die Warenherstellung erforderliche, unselbständige Produktionsstufe, die regelmäßig nicht für Außenstehende erbracht wird. Die Widersprechende hat nicht vorgetragen, dass auf dem Gebiet der Hydrauliktechnik produzierende Unternehmen üblicherweise selbständig neben der Herstellung und dem Vertrieb ihrer Spezialprodukte derartige Arbeiten für Dritte erbringen. Soweit sie auf ihre im Rahmen der Kundenbetreuung geleisteten Reparatur- und Servicedienstleistungen hingewiesen hat, erfolgt die damit u.U. einhergehende Materialbearbeitung ebenfalls als unselbständige Nebendienstleistung. Im Vordergrund steht die Pflege und der Erhalt des Produkts, nicht die umfassende Materialveränderung.

3. Den danach bei "duroplastisch beschichteten Zylindern in der Klarwasserhydraulik, duroplastisch beschichteten Zylindern in anderen Druckmedien" und "hydropneumatischen Speichern als Maschinenteile für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge" erforderlichen deutlichen Abstand hält die jüngere Marke nicht ein. Bezüglich der sich gegenüberstehenden Zeichen "Hydco" und "HYDAC" besteht unmittelbare schriftbildliche Verwechslungsgefahr.

a) Die Widerspruchsmarke verfügt über eine normale Kennzeichnungskraft. Die vom Markeninhaber zu den Akten gereichten Beispiele zeigen zwar, dass die Buchstabenkombination "HYD" häufig als Abkürzung für "hydraulisch" oder "Hydraulik" verwendet wird. Obwohl "hyd" nicht die offizielle Abkürzung ist, sondern "hydr." bzw. "Hydr.", ist der jeweilige Bezug ohne weiteres zu erkennen. Im Gegensatz zu der in ihrer Gesamtheit zu beurteilenden Widerspruchsmarke "HYDAC" wird aber in den Beispielsfällen "hyd" stets in Alleinstellung und zumeist in Verbindung mit einem weiteren Sachbegriff verwendet, auf den sich die Aussage "hydraulisch" oder "Hydraulik" bezieht. In allen Fällen ist die Eigenschaft von "hyd/Hyd" als Abkürzung deutlich erkennbar. Die Widerspruchsmarke erscheint demgegenüber als einheitlicher Gesamtbegriff "HYDAC", der keinerlei erkennbaren Aussagegehalt besitzt und damit auch bei den hier angesprochenen fachkundigen Verkehrskreisen als Phantasiebegriff aufgenommen wird. Daher weist er nach Ansicht des Senats durchschnittliche Kennzeichnungskraft auf (Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14, Rdn. 194 f.). Bloße Anklänge, an den Einsatzbereich können gegebenenfalls sogar die Einprägsamkeit eines Zeichens erhöhen (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2001, 49 ff - combit). Eine Schwächung durch Drittzeichen liegt ebenfalls nicht vor. Eine solche Schwächung, die einen Ausnahmetatbestand darstellt, setzt voraus, dass die Drittkennzeichen benutzt sind und im Bereich der identischen oder eng benachbarten Branchen oder Waren und in einem Umfang in Erscheinung treten, der geeignet erscheint, die erforderliche Gewöhnung des Verkehrs an die Existenz weiterer Kennzeichnungen des Verkehrs im Ähnlichkeitsbereich zu bewirken (BGH MarkenR 2001, 307 ff - CompuNet/ComNet - m.w.N.). Da zum einen für den Senat im Rahmen der Amtsermittlung keine Möglichkeit besteht, die Benutzungslage der Drittzeichen aufzuklären und zum anderen der Markeninhaber als Wettbewerber seiner Beibringungspflicht durch Vortrag zur Benutzungslage für die in seiner Sphäre liegenden Umstände nicht nachkam, indem er zur Benutzungslage vorgetragen hätte, ist der Sachverhalt nicht aufzuklären. Die materielle Beweislast trifft den Markeninhaber bzw der Sachverhalt ist nicht liquide. Die Annahme einer nachträglichen Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist daher nicht gerechtfertigt. Andererseits kann auch keine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu Grunde gelegt werden. Die von der Widersprechenden vorgetragenen Umsatzzahlen rechtfertigen es zwar, davon auszugehen, dass das Zeichen für Hydraulikspeicher im Inland ernsthaft benutzt worden ist. Für den Nachweis der Benutzung und die Inanspruchnahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft sind jedoch deutlich unterschiedliche Zahlen erforderlich. Die Kennzeichnungskraft muß auch präzise für die Waren glaubhaft gemacht werden, die im Identitäts- oder Ähnlichkeitsbereich liegen. Dies ist hier nicht geschehen. Die Ungenauigkeit der geografischen Zuordnung der Umsätze sowie der auf sämtliche Produkte und Einsatzbereiche weltweit bezogene Vortrag der Widersprechenden rechtfertigt es nicht, hinsichtlich der im Verfahren relevanten Waren "hydropneumatische Speicher als Maschinenteile für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge" von einer erhöhten Kennzeichnungskraft auszugehen.

b) Die jüngere Marke "Hydco" ist mit der Widerspruchsmarke "HYDAC" schriftbildlich verwechselbar. Die Ähnlichkeit von Wortzeichen ist anhand ihres klanglichen und schriftbildlichen Eindrucks sowie ihres Sinngehalts zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht in aller Regel bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH GRUR 2003, 1044, 1046 = WRP 2003, 1436 - Kelly). Bei Gegenüberstellung der beiden Zeichen in ihren registrierten Formen "HYDAC" und "Hydco" besteht auf Grund der unterschiedlichen Schreibweisen noch ein hinreichender Abstand. Denn die Widerspruchsmarke vermittelt auf Grund der verwendeten Versalien ein ruhiges, blockartiges und damit ein völlig anderes Bild als die jüngere Marke. Durch die Kleinschreibung nach dem übereinstimmenden Großbuchstaben "H" am Wortanfang entsteht in dem Wort "Hydco" eine deutliche Abstufung, die zusammen mit der sich abwechselnden Unter- und Oberlänge beim "y" und dem sich anschließenden "d" eine gegenüber der Widerspruchsmarke wesentlich unruhigere und weniger homogene Wirkung hervorruft. Allerdings sind beim schriftbildlichen Vergleich neben den registrierten Markenformen auch alle anderen verkehrsüblichen Schreibweisen zu berücksichtigen, weil der Verkehr an unterschiedliche Erscheinungsformen desselben Zeichens gewöhnt ist (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., 2003, § 9 Rn 138, 208 f m.w.N.). Danach können sich die Widerspruchsmarke und das angegriffene Zeichen in der für die jüngere Marke registrierten Schreibweise mit einem Großbuchstaben am Anfang und Kleinschreibung im Übrigen oder beide Zeichen in Kleinschreibung gegenüber stehen, also "Hydco" und "Hydac" bzw. "hydac" und "hydco", hier in der gängigen Schrift "Arial". Dann stimmen nur die drei Buchstaben am regelmäßig stärker beachteten Wortanfang völlig überein. Die nachfolgenden Wortenden bestehen mit "ac" und "co" jeweils aus rund geformten und damit äußerst ähnlichen, schwer unterscheidbaren Buchstaben. Gleiches gilt bei Verwendung z.B. der üblichen Schriftart "Times New Roman", was zu den Schriftbildern "Hydac" und "Hydco" führt bzw. zu "hydac" und "hydco". Hinzu kommt, dass die Stellung des in beiden Zeichen vorhandenen Buchstaben "c" in einer die Verwechslung fördernden Weise lediglich vertauscht ist. Da die Vergleichszeichen auf diese Weise einander schriftbildlich so stark angenähert sind, spielt es keine Rolle, dass es sich jeweils um relativ kurze Wörter handelt. Zu berücksichtigen ist auch, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Vergleichszeichen in der Regel nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnehmen und sie deshalb nicht miteinander vergleichen können, sondern sie aus der Erinnerung beurteilen. Auch bestehen die angesprochenen Verkehrskreise nicht ausnahmslos aus einschlägigen Fachleuten aus dem Bereich der Hydraulik, bei denen eine größere Kenntnis der auf dem Markt befindlichen Marken erwartet werden kann, ebenso eine größere Aufmerksamkeit gegenüber neuen Kennzeichnung (vgl. Ströbele/Hacker a.a.O., Rn. 154). Vielmehr sind in hohem Maße auch bloße Anwender hydraulischer Systeme oder Reparaturbetriebe betroffen, wie sich aus den möglichen Einsatzgebietern ergibt. Auch bei größeren Abnehmern, erst Recht bei ebenfalls in Betracht kommenden kleineren und mittleren Betrieben, müssen gegebenenfalls Personen Entscheidungen über Austausch- oder Ausbaubedarf treffen, die selbst nicht über das Unterscheidungsvermögen von Fachleuten verfügen. Im Übrigen können auch Fachkreise, obwohl sie in der Regel sorgfältig zu prüfen und zu unterscheiden gewohnt sind, Kennzeichnungen dann verwechseln, wenn diese wie im vorliegenden Fall einander sehr ähnlich sind (vgl. BGH GRUR 1982, 420 ff - BBC/DDC - m.w.N.).

Im Hinblick auf die hochgradige Ähnlichkeit der Waren "duroplastisch beschichtete Zylinder in der Klarwasserhydraulik, duroplastisch beschichtete Zylinder in anderen Druckmedien" und "hydropneumatischen Speicher als Maschinenteile für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge" und die bei Berücksichtigung möglicher Schreibweisen bestehende ebenfalls hochgradige Ähnlichkeit der beiden Marken liegt insgesamt eine beachtliche Gefahr von Verwechslungen zwischen der angegriffenen Marke "Hydco" und der Widerspruchsmarke vor. Der Beschluss der Markenstelle ist daher insoweit aufzuheben und die Löschung der jüngeren Wortmarke 399 62 843 "Hydco" für "duroplastisch beschichtete Zylinder in der Klarwasserhydraulik, duroplastisch beschichtete Zylinder in anderen Druckmedien" anzuordnen.

Grabrucker Baumgärtner Fink Cl






BPatG:
Beschluss v. 21.04.2004
Az: 29 W (pat) 95/02


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