Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 18. Februar 2013
Aktenzeichen: I-26 W 21/12 [AktE]

(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 18.02.2013, Az.: I-26 W 21/12 [AktE])

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 13.07.2012 gegen den Beschluss der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 11.05.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sowie die der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten.

Der Geschäftswert wird für die Beschwerdeinstanz auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Antragsgegnerin ist im Jahr 2007 in eine existenzbedrohende Krise geraten, nachdem sie bzw. von ihr beratene "Zweckgesellschaften" u. a. in hochspekulative und hochdiversifizierte Anlagen investiert hatten. Darüber hinaus hatte sie für das seinerzeit außerbilanzielle Conduit "S." Liquiditätslinien von mehr als x Mrd. Euro zugesagt. Die Risiken überstiegen bei weitem die Risikotragfähigkeit der Antragsgegnerin. Um die drohende Zahlungsunfähigkeit und Schließung der Bank zu vermeiden, wurde dann im Jahr 2007 gemeinsam mit der KfW Bankengruppe (KfW), der Bankenaufsicht und anderen Organisationen ein umfassendes Rettungskonzept erstellt und ein sog. "Risikoschirm" geschaffen. Der geänderte Geschäftsbericht 2006/2007 stellt fest, dass "zentraler Kritikpunkt Schwachstellen bei der Risikoanalyse, Risikosteuerung und dem Berichtswesen" gewesen seien. Auch seien erworbene Wertpapiere nicht ausreichend geprüft und analysiert worden. Aufsichtsrat und Vorstand wurden weitgehend ausgetauscht. Die Antragstellerin ist Aktionärin der Antragsgegnerin.

Im Zuge der Bewältigung der Krise übertrug die KfW am 29.10.2008 ihre Beteiligung am Grundkapital der Antragsgegnerin von rund 90,81 % auf die zum US-amerikanischen Finanzinvestor M. gehörende Gesellschaft MM. Im Zuge dieser Transaktion wurde unter dem 10./16.09.2008 eine Vereinbarung geschlossen, in der sich die KfW verpflichtete, die Antragsgegnerin in bestimmtem Umfang von Ansprüchen aus Rechtsstreitigkeiten bis zu einer Höhe von 1,1 Mrd. Euro freizustellen. Der Konzerngeschäftsbericht der Antragsgegnerin für das Geschäftsjahr 2010/2011 (Anlagenband Anlage AG 4, S. 64) führt hierzu aus:

"Die KfW hat die I. mit Vereinbarung vom 10./16.09.2009 in bestimmtem Umfang von Ansprüchen aus Rechtsstreitigkeiten und ähnlichen (einschließlich damit zusammenhängender Verfahrenskosten) freigestellt, die im Zusammenhang mit S. oder den J.-Gesellschaften wegen vor dem 29.10.2008 eingetretener Ereignisse gegen die I. gerichtet werden. Auch wenn die Freistellung betragsmäßig begrenzt ist, geht die I. davon aus, dass die Risiken aus aktuell geltend gemachten Rechtsstreitigkeiten durch die Freistellung im Wesentlichen gedeckt sind. Die I. unterliegt in diesem Zusammenhang umfangreichen Informations-, Auskunfts-, Mitwirkungs- und Handlungspflichten gegenüber der KfW. Ansprüche von Aktionären der I. oder Anlegern in Finanzinstrumente, die an die Entwicklung der I.-Aktien gekoppelt sind, sind nicht von der Freistellung erfasst.

Wenn die I. eine mit einem konkreten von der Freistellungsvereinbarung umfassten Anspruch im Zusammenhang stehende Verpflichtung aus der Freistellungsvereinbarung schuldhaft verletzt, erlischt unter bestimmten Voraussetzung der Freistellungsanspruch in Bezug auf diesen konkreten Anspruch. Der Vorstand erachtet das Risiko einer Pflichtverletzung als gering, da zur Sicherstellung der vertraglichen Verpflichtungen der I. die notwendigen Umsetzungsschritte für die Einhaltung eines vertragskonformen Verhaltens in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit der KfW detailliert bestimmt und schriftlich dokumentiert wurden."

Das Landgericht Düsseldorf hatte am 14.08.2009 die Bestellung eines Sonderprüfers gemäß § 142 Abs. 2 AktG angeordnet ((Aktenzeichen 31 O 38/09 (AktE)). Gegenstand der Sonderprüfung waren mögliche Pflichtverletzungen von Vorstand und Aufsichtsrat der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit den Umständen, die zur Krise der Antragsgegnerin geführt hatten. Das Oberlandesgericht bestätigte diese Anordnung am 09.12.2009. Im Juli 2009 wurde Anklage gegen den ehemaligen Vorstandsprecher, P., insbesondere wegen Marktmanipulationen, erhoben. P. wurde von der zuständigen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Düsseldorf im Juli 2010 zu einer Bewährungsstrafe von 10 Monaten verurteilt.

In dem Geschäftsbericht 2010/2011 ((Anlagenband Anlage AG 4, S. 8 f.) wird zur Geltendmachung etwaiger Schadenersatzansprüche gegenüber früheren Organen der Antragsgegnerin ausgeführt:

"Auch im abgelaufenen Geschäftsjahr hat sich der Aufsichtsrat - wie in den Geschäftsjahren zuvor - mit der Aufarbeitung der Krise der Gesellschaft beschäftigt. Dabei hat er das Interesse des Unternehmens, insbesondere im Rahmen der möglichen Geltendmachung etwaiger Schadenersatzforderungen zu berücksichtigen. Nach wie vor machen verschiedene Anspruchsteller in mehreren Gerichtsverfahren vermeintliche Forderungen gegen die Gesellschaft in beträchtlicher Höhe geltend. Es ist vor diesem Hintergrund auch weiterhin nicht auszuschließen, dass weitere Personen zukünftig vergleichbare Verfahren anhängig machen. Durch die Verfolgung etwaiger Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen vor der Krise der Bank amtierende Organmitglieder entstünde nach der Einschätzung des Aufsichtsrats das erhebliche Risiko, diesen Dritten die Mittel an die Hand zu geben, um ihrerseits unbegründete Forderungen zu behaupten und geltend zu machen. Bereits dadurch würde die Gesellschaft hohen Risiken ausgesetzt, zumal sie selbst im Fall des Obsiegens nicht annähernd den ihr entstehenden Verteidigungsaufwand ersetzt verlangen könnte. Unterläge die Gesellschaft in solchen Verfahren, wäre ein Regress bei etwaigen Verantwortlichen unter den gegebenen Umständen weitgehend illusorisch. All dies widerspricht dem Unternehmensinteresse. Daher hat der Aufsichtsrat im abgelaufenen Geschäftsjahr erneut von der Verfolgung etwaiger Ersatzansprüche im Zusammenhang mit der Krise der Bank abgesehen. Ungeachtet dessen wird der Aufsichtsrat sich aber auch im laufenden Geschäftsjahr mit der etwaigen Verfolgung von Schadenersatzansprüchen gegen die für die Krise der Gesellschaft verantwortlichen Personen unter Berücksichtigung des Unternehmensinteresse beschäftigen und die Interessenlage des Unternehmens regelmäßig überprüfen, um festzustellen, ob sie die Verfolgung etwaiger Ersatzansprüche im Zusammenhang mit der Krise der Gesellschaft zulässt."

Am 07.09.2011 fand eine Hauptversammlung der Antragsgegnerin statt. Die Antragstellerin verlangte die Zitierung maßgeblicher Passagen aus einem Gutachten der Rechtsanwaltskanzlei T. oder dieses Gutachten einzusehen. Der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin hatte das Gutachten eingeholt, um Ansprüche gegen frühere Organmitglieder der Antragsgegnerin wegen Pflichtverletzungen zu prüfen. Der Vorstand der Antragsgegnerin verweigerte jedoch Auskünfte über den Inhalt des Gutachtens. Darüber hinaus begehrten auf der Hauptversammlung verschiedene Aktionäre, u.a. auch der Vertreter der Antragstellerin, Auskunft über verschiedene Fragen, die sich im Wesentlichen darauf richteten, die Verantwortung der früheren Organmitglieder in Zusammenhang mit der Krise der Antragsgegnerin klären zu lassen. Der Vorstand der Antragsgegnerin verweigerte nähere Angaben zum Ergebnis der Prüfung der Pflichtverletzungen mit der Begründung, der Aufsichtsrat habe die Geltendmachung etwaiger Schadenersatzansprüche im Interesse des Unternehmens zurückgestellt, damit Dritte nicht die Möglichkeit erhielten, etwaige Erkenntnisse aus der Aufklärung und Verfolgung solcher Vorgänge zur Geltendmachung unbegründeter Forderungen zu nutzen, und so die Antragsgegnerin nicht hohen Risiken auszusetzen. Die Antragsgegnerin verweigerte auch detaillierte Angaben zur Freistellungsvereinbarung mit der KfW und verwies darauf, dass mit der KfW Vertraulichkeit vereinbart worden sei.

Wenige Tage nach der Hauptversammlung, am 16.09.2011, beendete die Antragsgegnerin mit einem Vergleich einen Rechtsstreit mit dem US-Versicherer G. und der französischen Investment Bank D. (jetzt: D.).

Die Antragstellerin hat geltend gemacht, dass die Antragsgegnerin verpflichtet sei, die von ihr gestellten Fragen in der Hauptversammlung umfassend zu beantworten. Die Auskünfte seien notwendig, um insbesondere beurteilen zu können, ob die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates zu entlasten seien. Es sei zweifelhaft, ob die Verwaltung der Antragsgegnerin ihrem gesetzlichen Auftrag nachkomme, auch Schadensersatzansprüche gegen ehemalige Organe zu verfolgen. Es bestünde auch keine Gefahr, dass Dritte aufgrund der Offenlegung des Gutachtens T. ggfs. Schadenersatzforderungen gegen die Antragsgegnerinnen richteten. So befasse sich das Gutachten nur mit "internen Pflichtverletzungen" der Vorstandsmitglieder gegenüber der Antragsgegnerin und nicht mit Pflichtverletzungen der Antragsgegnerin gegenüber außenstehenden Dritten. Es sei im Übrigen schon nicht ansatzweise dargelegt, welche Schadenersatzansprüche von dritter Seite drohen sollten. Die Antragsgegnerin sei auch verpflichtet, Auskunft über die Höhe der Freistellung der KfW in Bezug auf die Rechtsstreitigkeiten der G. und D. zu geben. Die Antragsgegnerin könne sich nicht auf eine angebliche und von der Antragstellerin bestrittene Geheimhaltungspflicht mit der KfW berufen. Im Übrigen begründeten vertraglich vereinbarte Geheimhaltungspflichten kein Recht, die Auskunft gegenüber Aktionären zu verweigern. Hinsichtlich des Auskunftsbegehrens zur Höhe der Freistellung durch die KfW in Bezug auf die Rechtsstreitigkeiten G. und D. entfalle das Rechtsschutzbedürfnis auch nicht dadurch, dass wenige Tage nach der Hauptversammlung ein Vergleich geschlossen worden sei. So ergebe sich aus der adhoc-Meldung gemäß § 15 WpHG vom 16.09.2011 (Anlagenband Anlage 6) keine umfassende Haftungsbegrenzung. Die Antragsgegnerin führe lediglich aus, dass die Antragsgegnerin davon ausgehe, dass "die Einigung keine finanzielle Belastung für die Bank darstellt und betrachtet ihre Rechtsrisiken infolge der Vereinbarung als deutlich verringert".

Die Antragstellerin hat beantragt,

I.

die Antragsgegnerin zu verpflichten, hinsichtlich von der Rechtsanwaltskanzlei T. in Vorbereitung auf die Aufsichtsratssitzung am 30.06.2010, 25.11.2010 und 10.03.2011 erstellten Gutachten und/oder schriftlichen Stellungnahmen in Bezug auf das Bestehen und die Geltendmachung von potentiellen Schadenersatzansprüchen gegen ehemalige Organmitglieder Auskunft zu erteilen,

II.

die Antragsgegnerin zu verpflichten, folgende Fragen zu beantworten:

- (1. Spiegelstrich): Welches Risiko besteht für die Antragsgegnerin bei einer Verfolgung etwaiger Ersatzansprüche der Antragsgegnerin gegen vor der Krise amtierende Organmitglieder der Antragsgegnerin bezüglich einer Inanspruchnahme durch Dritte trotz der Tatsache, dass die Antragsgegnerin zum einen von einer Unbegründetheit solcher Forderungen vermeintlicher Dritter ausgeht und zum anderen die KfW in einer erheblichen Größenordnung eine Freistellung gegenüber der Antragsgegnerin vornimmt€

- (2. Spiegelstrich): In welcher Höhe und aufgrund welcher Kriterien werden Rechtsverteidigungskosten von der KfW übernommen€

- (3. Spiegelstrich): In welcher Höhe ist die Freistellung seitens der KfW in Bezug auf die Rechtsstreitigkeiten mit der G. und D. noch bestehend€ In welchem Umfang ist aufgrund dieser Freistellung auch eine Kostenerstattung vorgesehen€

- (4. Spiegelstrich): Welchen Anspruchstellern und/oder potentiellen Anspruchstellern im In- und Ausland sieht sich die Antragsgegnerin ausgesetzt€

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat gemeint, dass der Auskunftsantrag hinsichtlich des Rechtsstreits mit der G. und D. bereits unzulässig sei, weil das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Denn der Rechtsstreit sei nach der Hauptversammlung durch einen Vergleich beendet worden. Die Antragstellerin habe auch kein Recht auf Einsicht in das Gutachten der Rechtsanwaltskanzlei T.. Die Antragsgegnerin hat ferner darauf verwiesen, dass ein Bekanntwerden des Inhalts des Gutachtens die Rechtsverteidigung erheblich erschweren und Klagen Dritter provozieren könne. So könne jede weitere Information zur damaligen Existenzkrise der Antragsgegnerin das Haftungsrisiko gerade in den USA erhöhen, selbst wenn die Informationen unter juristischen Aspekten nicht relevant seien. So würden in den USA Zivilprozesse überwiegend vor einer Laienjury verhandelt, bei der weitestgehend auf juristischtechnische Argumente verzichtet werde. Auch seien die Fragen teilweise an den Aufsichtsrat gerichtet worden, der aber anders als der Vorstand nicht zur Auskunft verpflichtet sei. Ferner seien die gestellten Fragen zur Beurteilung der Tagesordnungspunkte auf der Hauptversammlung nicht erforderlich. Auch zur Freistellungsvereinbarung mit der KfW könnten wegen einer bestehenden Geheimhaltungsvereinbarung keine Angaben gemacht werden. Wenn die Antragsgegnerin diese Geheimhaltungsvereinbarung verletzte, könne dies zum Verlust des Freistellungsanspruchs führen. Auch bestünden "ungeschriebene internationale Diskretionsgesetze", deren Verletzung eine Kontrahierungsunfähigkeit für die Antragsgegnerin bedeuten könnte. Die Antragsgegnerin dürfe auch die Nennung der Anspruchsteller verweigern, denen sie im In- und Ausland ausgesetzt sei. Durch die Bekanntgabe würde sich das Haftungsrisiko für die Antragsgegnerin und die KfW als Mithaftende deutlich erhöhen und so die Gefahr bestehen, dass die Antragsgegnerin die mit der KfW bestehende Freistellung verliere.

Das Landgericht Düsseldorf hat dem Auskunftsbegehren teilweise stattgegeben.

Hinsichtlich der Frage zum Gutachten der Rechtsanwaltskanzlei T. hat die 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf darauf verwiesen, dass die gestellte Frage den Aufsichtsrat betreffe, der insoweit nicht auskunftspflichtig sei. Der Inhalt des Gutachtens sei ein nicht auskunftspflichtiges Interna des Aufsichtsrates. Es sei anerkannt, dass sich das Auskunftsrecht gemäß § 131 Abs. 1 AktG nicht auf Vorgänge in Aufsichtsratssitzungen beziehe. Im Übrigen sei der Antrag nicht deckungsgleich mit der in der Hauptversammlung gestellten Frage.

Hinsichtlich des Antrages II. 1. und 2. Spiegelstrich (Risiko für die Antragsgegnerin bei Verfolgung etwaiger Ersatzansprüche gegen Organmitglieder, Übernahme von Rechtsverteidigungskosten durch die KfW) hat das Landgericht einen Auskunftsanspruch verneint. Die Fragen seien nicht an den Vorstand, sondern an den nicht zuständigen Aufsichtsrat gestellt worden seien.

Bezüglich des Antrages II. 3. Spiegelstrich (Freistellung durch KfW in Bezug auf Rechtsstreitigkeiten G. und D.) hat das Landgericht den Auskunftsanspruch für begründet erachtet. Durch den am 16.09.2011 geschlossenen Vergleich sei das Rechtsschutzbedürfnis für die Beantwortung der Frage nicht entfallen. So ziele die Frage darauf ab, zu ermitteln, ob und ggfs. inwieweit die gegen die Antragsgegnerin gerichteten Ansprüche von der Freistellungsvereinbarung mit der KfW umfasst seien. Durch den Vergleich werde jedoch lediglich die Höhe der Ansprüche endgültig festgelegt, nicht aber der Umfang der Freistellung durch die KfW.

Durch die Äußerung des Vorstandes in der Hauptversammlung, dass die

"Freistellung betragsmäßig begrenzt sei und Verfahrenskosten nur im Umfang dieser betragsmäßigen Begrenzung erstattet werden, und dass die Antragsgegnerin ihren Freistellungsanspruch verlieren könne, wenn der Aufsichtsrat das von der KfW übernommene Risiko erhöhe, in dem er im Rahmen einer gerichtlichen Anspruchsverfolgung Informationen über die Krise der Antragsgegnerin an die Öffentlichkeit bringt",

sei das Auskunftsersuchen nicht ausreichend beantwortet. Die Antwort lasse offen, ob etwaige Verpflichtungen der Antragsgegnerin gegenüber der G. und D. sowie zugehöriger Verfahrenskosten vollständig von der Freistellungsvereinbarung abgedeckt seien. Im Nichtabhilfebeschluss vom 10.09.2012 hat das Landgericht ergänzend darauf verwiesen, dass von der Antragsgegnerin auch nicht Auskunft über die Gesamthöhe der Freistellung verlangt werde, sondern lediglich Angabe der Höhe der Freistellung für die beiden genannten Rechtsstreitigkeiten. Die Formulierung im Geschäftsbericht 2010/2011 und die Erklärung in der Hauptversammlung, dass die mit den Klagen geltend gemachten Ansprüche durch die Freistellungsvereinbarung "im Wesentlichen" gedeckt seien, sei zu unbestimmt. Die Antragsgegnerin könne sich auch nicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen. Andernfalls könnten Organe einer Aktiengesellschaft durch Geheimhaltungssprachen über das den Aktionären zustehende Auskunftsrecht disponieren. Die Auskunftsverweigerung könne auch nicht auf § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG gestützt werden, weil nicht erkennbar sei, dass eine Offenbarung der gewünschten Angaben zu Nachteilen für die Antragsgegnerin führe. Der Verweis der Antragsgegnerin darauf, dass eine Missachtung "ungeschriebener internationaler Diskretionsgesetze" im Wirtschaftsleben bedeuten könne, dass die Antragsgegnerin durch die Auskunftserteilung künftig nicht mehr kontrahierungsfähig sei, greife nicht. So beruhe die Freistellungsvereinbarung auf besonderen Konstellationen, die nicht auf andere Rechtsgeschäfte übertragbar seien.

Hinsichtlich des Antrags II. 4. Spiegelstrich (Anspruchsteller und potentielle Anspruchsteller) hat das Landgericht den Auskunftsanspruch für teilweise begründet erachtet. Die Antragsgegnerin habe anzugeben, welchen Anspruchstellern im In- und Ausland, die nicht im Geschäftsbericht aufgeführt seien, sie sich derzeit ausgesetzt sehe und die sich bereits vorgerichtlich an die Antragsgegnerin gewandt hätten. Bislang habe die Antragsgegnerin allenfalls "große" Antragsteller genannt, die die Antragsgegnerin bereits verklagt hätten. Nachdem die Antragstellerin klargestellt habe, dass es ihr nicht um die Namen der sog. "Kleinanlegerfälle" gehe, schulde die Beklagte die Angaben der Namen der "großen Anspruchsteller", die vorprozessual an die Antragsgegnerin herangetreten seien. Hingegen sei die Antragsgegnerin nicht verpflichtet, die Namen potentieller Anspruchsteller zu nennen, denn dies könne zu erheblichen Nachteilen im Sinne des § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG führen. Durch die Nennung potentieller Antragsteller, solcher, die noch nicht mit Ansprüchen an die Gesellschaft herangetreten seien, könnten weitere Klagen provoziert werden.

Das Landgericht Düsseldorf hat die Beschwerde gemäß § 132 Abs. 3 Satz 2 AktG zugelassen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde vom 13.07.2012 und beantragt die vollständige Zurückweisung der Auskunftserzwingungsanträge (II. 3. und 4. Spiegelstrich).

Sie verweist darauf, dass hinsichtlich des Antrags II 3. Spiegelstrich (Höhe Freistellung KfW für Rechtsstreitigkeiten G. und D.) der Auskunftsanspruch erfüllt sei. Der Auskunftsanspruch der Antragstellerin sei qualitativ und quantitativ beschränkt. Eine genaue Bezifferung des Freistellungsanspruchs würde die Beurteilungsgrundlage für die Antragstellerin nicht verbessern. Entscheidend könne allein die Relation der Freistellung zu den Risiken aus den G.- und D. -Klageverfahren (aktueller Streitwert rund 1,9 Mrd. US-Dollar) sein. So sei bereits im Konzerngeschäftsbericht 2010/2011 darauf verwiesen worden, dass die Freistellung zwar betragsmäßig begrenzt sei, die I. aber davon ausgehe, dass die Risiken aus aktuell geltend gemachten Rechtsstreitigkeiten durch die Freistellung im Wesentlichen gedeckt seien. Dies gelte auch für die Risiken aus den Streitigkeiten mit der G. und D.. Hierin seien zweifelsfrei auch die Verfahrenskosten einbezogen.

Darüber hinaus habe der Vorstand die Auskunft gemäß § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG verweigern dürfen, weil die Erteilung der Auskunft geeignet sei, der Antragsgegnerin einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. So könne die Antragsgegnerin ggfs. ihren Freistellungsanspruch verlieren, wenn sie über den im Geschäftsbericht 2010/2011 abgedruckten Inhalt hinaus Angaben zum Inhalt der Freistellungsvereinbarung mache. Dieses Interesse sei höher zu bewerten, als das Interesse des Aktionärs an der Kenntnis weiterer Details. So sei die Vertraulichkeitsabrede ein originärer und nach dem Willen der KfW notwendiger Bestandteil des Freistellungsvertrages gewesen. In den Verhandlungen habe die KfW darauf bestanden, dass eine schuldhafte Verletzung der Vertraulichkeitsabrede mit einschneidenden Sanktionen, dem Verlust der Freistellungsansprüche, belegt werden sollte. Darüber hinaus ergebe sich aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, dass der Freigestellte im Rahmen seiner Treuepflicht auf die Interessen des Freistellenden Rücksicht zu nehmen habe. Er müsse alles unterlassen, was das Haftungsrisiko für den Freistellenden erhöhe. Würden etwa potentielle Anspruchsteller erfahren, in welcher Höhe die staatseigene KfW für Verbindlichkeiten der Antragsgegnerin mithafte, stünde ihnen faktisch eine zusätzliche Schuldnerin zur Verfügung. Dies könnte einen entscheidenden Anreiz zu einer Klageerhebung oder anderweitigen Rechtsverfolgung geben.

Die Antragsgegnerin sei auch nicht verpflichtet, die Anspruchsteller zu nennen, die an die Antragsgegnerin bereits herangetreten seien. So habe die Verwaltung der Antragsgegnerin in der Hauptversammlung betont, dass nennenswerte gegenwärtige Risiken allein von den "großen Klägern" drohten, die schon im Geschäftsbericht genannt worden seien. Der Auskunftsanspruch sei insoweit schon nicht erforderlich. Hinzu komme, dass darauf hingewiesen worden sei, dass die Risiken aus den aktuellen Rechtsstreitigkeiten im Wesentlichen durch die Freistellungsvereinbarung mit der KfW abgedeckt seien.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 11.05.2012 die gegnerischen Auskunftserzwingungsanträge vollständig zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Sie verweist hinsichtlich der Höhe der Freistellung durch die KfW darauf, dass die Antragsgegnerin keinerlei konkrete Angaben zum Umfang der Freistellung gemacht habe, sondern nur darauf verwiesen habe, dass die Risiken "im Wesentlichen" gedeckt seien. Die Reichweite dieses unscharfen Begriffs sei unklar. Zumindest müsse ein Prozentsatz genannt werden, anhand dessen der Umfang der Freistellung eingeschätzt werden könne.

Die Antragsgegnerin könne sich auch nicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen. So habe die Antragsgegnerin bislang nicht einmal die von ihr behauptete Vertraulichkeitsabrede substantiiert dargelegt, sondern lediglich Zeugen benannt, die etwas zu den Vorverhandlungen bekunden sollen. Es sei auch wenig glaubhaft, dass die KfW den Freistellungsvertrag ohne eine Vertraulichkeitsabrede nicht geschlossen hätte. Im Übrigen wäre eine Nennung der Deckungsbeträge auch keine schuldhafte Verletzung der Vertraulichkeitsabrede, weil die Antragsgegnerin gesetzlich zur Auskunft verpflichtet sei. Darüber hinaus erhöhe sich das Haftungsrisiko der KfW nicht, sondern bleibe gleich. Die Mithaftung sei auf einen Betrag von 1,1 Mrd. Euro "gedeckelt".

Darüber hinaus sei es auch erforderlich, von der Antragsgegnerin zu erfahren, welche Antragsteller sich bereits vorgerichtlich an die Antragsgegnerin gewandt hätten, um das Risiko und den "Vorwand für die Verweigerungshaltung" beurteilen zu könne. So sei es widersprüchlich, dass die Antragsgegnerin einerseits Einigungen mit namentlich bekannten "großen Anspruchstellern" darlege und behaupte, dass sich hieraus keine finanzielle Belastung ergeben, andererseits aber die Verfolgung möglicher Schadenersatzansprüche gegen ehemalige Organe der Antragsgegnerin mit dem Verweis auf weitere angebliche Anspruchsteller - vorwiegend in den USA - ablehne, weil hieraus existenzgefährdende Risiken für die Antragsgegnerin erwachsen könnten.

B.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 13.07.2012 ist unbegründet.

Die 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf hat die Antragsgegnerin mit Recht verpflichtet, Auskunft zu erteilen, in welcher Höhe die Freistellung der KfW in Bezug auf die Rechtsstreitigkeiten mit der G. und D. noch besteht und in welchem Umfang aufgrund dieser Freistellung eine Kostenerstattung vorgesehen ist. Darüber hinaus hat das Landgericht Düsseldorf zutreffend festgestellt, dass die Antragsgegnerin die großen Anspruchsteller zu benennen hat, denen sich die Antragsgegnerin gegenwärtig ausgesetzt sieht.

I.

Die Antragsgegnerin hat anzugeben, in welcher Höhe die Freistellung seitens der KfW in Bezug auf die Rechtsstreitigkeiten mit der G. und D. noch besteht und in welchem Umfang aufgrund dieser Freistellung eine Kostenerstattung vorgesehen ist.

Durch den Vergleich ist, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, das Rechtsschutzbedürfnis für den Auskunftsanspruch nicht entfallen. Der Antragstellerin geht es darum, zu erfahren, in welchem Umfang die Ansprüche von der KfW-Freistellungsvereinbarung umfasst sind. Durch den Vergleich ist jedoch lediglich die Höhe der Ansprüche endgültig festgestellt, ohne dass ersichtlich wäre, in welchem Umfang die KfW hierdurch mitverpflichtet ist.

Eine Auskunft muss zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung auf einer Hauptversammlung erforderlich sein (Hüffer, Aktiengesetz, 10. Aufl., § 131 Rdnr. 12). Hierbei kommt es auf den Standpunkt eines objektiv denkenden Aktionärs an, der die Gesellschaftsverhältnisse nur aufgrund allgemein bekannter Tatsachen kennt. Für ihn muss die begehrte Auskunft ein für seine Urteilsfindung wesentliches Element bilden (Hüffer, Aktiengesetz, 10. Aufl., § 131 Rdnr. 12 m. w. Nachw.). So können etwa Angaben über die Nebentätigkeiten von Organmitgliedern, Auskünfte über einzelne Positionen der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung oder etwa auch die fünf größten Verlustgeschäfte bei einem negativen Gesamtergebnis im Effektenbereich in der Höhe des doppelten Grundkapitals verlangt werden (vgl. die Nachweise bei Hüffer, Aktiengesetz, 10. Aufl., § 131 Rdnr. 18). Außerdem hat der Vorstand Auskunft über Art, Höhe und Bewertung von bilanziellen Risiken, insbesondere von Kreditrisiken, zu geben (Kubis in Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 131, Rdnr. 223 m. w. Nachw.). Auch unbedeutende Einzelgeschäfte können unter besonderen Umständen auskunftspflichtig werden.

Die Erforderlichkeit einer Auskunft ist hierbei unter Berücksichtigung des jeweiligen Tagesordnungspunktes zu prüfen (Kubis in Münchener Kommentar, 3. Aufl. 2013, § 131, Rdnr. 38). Das Auskunftsrecht kann dann in qualitativer Hinsicht eingeschränkt sein, wenn Informationen unerheblich sind. Der Detailierungsgrad der anzugebenden Informationen ist anhand der Beurteilungsrelevanz zu prüfen (Kubis in Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 131, Rdnr. 38). Für das Auskunftsrecht sind solche Maßnahmen relevant, die sich in nennenswertem Umfang auf die Vermögens-, Ertrags- oder Finanzlage der Gesellschaft auswirken (Kubis in Münchener Kommentar, 3. Aufl. 2013, § 131, Rdnr. 53).

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin die erforderliche Auskunft bislang nicht gegeben, sondern sich - trotz einer betragsmäßigen Begrenzung der Haftung durch die KfW - betont unklar darauf zurückgezogen, dass die Haftungsrisiken "im Wesentlichen" gedeckt seien. Der verwendete Begriff "im Wesentlichen" ist völlig unbestimmt und versetzt einen Aktionär nicht in die Lage, den Umfang der Freistellung durch die KfW auch nur annähernd einschätzen zu können. So kann mit der Bezeichnung "im Wesentlichen" nicht einmal davon ausgegangen werden, dass die Risiken weitgehend abgedeckt sind. Es fällt auf, dass andere mögliche Formulierungen, die eine stärkere Risikoübernahme durch die KfW nahelegen würden, etwa die Begriffe "überwiegend", "ganz überwiegend", "fast vollständig", "praktisch umfassend", "umfassend", "weit überwiegend", gerade nicht verwendet werden. Der Begriff "im Wesentlichen" mag vielmehr allenfalls nahelegen, dass eine Freistellung von mehr als 50 % gegeben ist.

Es ist nachvollziehbar, dass die Beantwortung der Frage für einen Aktionär von erheblicher Bedeutung ist, um die wirtschaftliche Situation der Antragsgegnerin einschätzen zu können. Hierzu hat die Antragstellerin ausführlich erläutert, dass die Angaben zur Prüfung benötigt werden, inwieweit frühere Organmitglieder der Antragsgegnerin sich haftbar gemacht haben könnten. Dies ist angesichts der mehr als existenzgefährdenden Situation, in der die Antragsgegnerin sich damals befunden hatte, plausibel. Es liegt auf der Hand, dass für diese Prüfung nähere Angaben zu den Hintergründen und dem Umfang der Freistellungsvereinbarung mit der KfW erforderlich sind.

Hierbei ist auch die Gesamtsituation zu berücksichtigen, in der sich die Antragsgegnerin damals befunden hatte. Soweit ersichtlich, stand durch den stark risikobehafteten Handel mit sogenannten "strukturierten Wertpapierportfolien" die Antragsgegnerin vor der Schließung, wenn nicht der Staat über die KfW und andere Organisationen im November 2007 einen "Risikoschirm" für die Antragsgegnerin geschaffen hätten. Dass hier hinreichende Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen von Vorstand und Aufsichtsrat gegeben sind, hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 09.12.2009 ausführlich dargelegt. So hat der 6. Zivilsenat festgestellt, dass Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass es bei den zu prüfenden Vorgängen zu groben Pflichtverletzungen durch den Vorstand und den Aufsichtsrat gekommen sei. So bestehe der Verdacht, dass Vorstand und Aufsichtsrat in grobem Maße satzungswidrig ihre Sorgfalts- und Überwachungspflichten in erheblichem Maße verletzt hätten. So hätte sich die Antragsgegnerin überhaupt nicht, allenfalls nur in eher geringem Umfang im sog. Subprime-Markt und Verbriefungsmarkt betätigen dürfen, weil dies dem Satzungszweck der Antragsgegnerin widersprochen habe. Darüber hinaus hat der 6. Zivilsenat Anhaltspunkte gesehen, dass der Vorstand bewusst übergroße Risiken eingegangen sei und so seine Pflichten grob verletzt habe. Es sei nicht substantiiert dargelegt worden, dass damals überhaupt ein wirksames internes Rating- und Bewertungssystem bei der Antragsgegnerin existiert habe. Auch sollen, so der Verdacht, wesentliche Kontrollaufgaben in unzulässiger Weise auf Zweckgesellschaften übertragen worden sein.

Diese Vorwürfe, die in besonderer Weise die Organisation des Unternehmens betreffen, richten sich gegen Vorstand und Aufsichtsrat der Antragsgegnerin. Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht eines Aktionärs zumindest irritierend, dass der Vorstand der I. auf der Hauptversammlung am 07.09.2011 erklärt hat, dass im Ergebnis "keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür erlangt worden seien, dass Mitglieder des Aufsichtsrates Pflichtverletzungen begangen hätten, die eine rechtliche Verfolgung rechtfertigten€" (Bl. 162 GA, Anlage AG 13,). Es ist nachvollziehbar, dass Aktionäre den Eindruck haben, dass durch den pauschalen Verweis auf mögliche Haftungsrisiken gegenüber Dritten, die sich aus einer Bekanntgabe von Informationen ergeben könnten, Auskünfte verweigert werden sollen. Es handelt sich bei den hier gestellten Fragen mit dem Ziel, die Verantwortung der früheren Organe der Antragsgegnerin klären zu lassen, daher auch nicht um bloße Mutmaßungen oder "Behauptungen ins Blaue". Es liegen vielmehr so erhebliche Anhaltspunkte für eine mögliche Haftung der Organe vor, dass die Einsetzung eines Sonderprüfers gerichtlich bestätigt worden ist. Die Antragsgegnerin ist daher verpflichtet, nähere Angaben darüber zu machen, in welcher Höhe die Freistellung seitens der KfW in Bezug auf die genannten Rechtsstreitigkeiten noch besteht. Insoweit ist es sachgerecht - wie von der Antragstellerin angeregt - das Freistellungsvolumen der KfW bzgl. der genannten Rechtsstreitigkeiten in Prozent, kaufmännisch gerundet auf 5 Prozentpunkte, anzugeben.

Die Antragsgegnerin hat auch kein Recht, die Auskunft gemäß § 131 Abs. 3 Satz 1 AktG zu verweigern.

Der Vorstand der Aktiengesellschaft kann die Auskunft gemäß § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG verweigern, wenn der Gesellschaft durch die Auskunft ein nicht unerheblicher Nachteil zugefügt wird. Es genügt die Eignung, einen Nachteil zuzufügen oder eine einigermaßen gewichtige Beeinträchtigung des Gesellschaftsinteresses (Hüffer, Aktiengesetz, 10. Aufl., § 131 Rdnr. 24). Es sind die Vor- und Nachteile für die Gesellschaft abzuwägen. So besteht auch bei einer möglichen und drohenden Nachteilszufügung dann kein Auskunftsverweigerungsrecht, wenn die Vorteile einer Auskunftserteilung die damit verbundenen Nachteile im Ergebnis zumindest aufwiegen. Dabei kann die Aufdeckung von Pflichtverletzungen der Verwaltung der Aktiengesellschaft ein dominierender Vorteil sein, der eine Auskunftspflicht begründen kann (BGH, Urteil vom 29.11.1982, II ZR 88/81, BGHZ 86, 1; Kubis in Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 131, Rdnr. 111; Hüffer, Aktiengesetz, 10. Aufl., § 131, Rdnr. 27). Haben Organe der Gesellschaft in größerem Umfang ihre Pflichten verletzt, überwiegt der Vorteil, Pflichtverletzungen aufzuklären, mögliche Nachteile für das Unternehmen, so dass in diesen Fällen ein Auskunftsverweigerungsrecht ausscheidet (BGH, Urteil vom 29.11.1982, II ZR 88/81, BGHZ 86, 1; Kubis in Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 131, Rdnr. 111). Der Vorstand darf nicht unter dem Vorwand, Nachteile von der Gesellschaft abwenden zu wollen, eigenes Fehlverhalten verschleiern (BGH, Urteil vom 29.11.1982, II ZR 88/81, BGHZ 86, 1; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.1991, 19 W 2/91 (AktE), AG 1992, 34).

Es ist von der Antragsgegnerin schon nicht ausreichend dargelegt, welche "nicht unerheblichen Nachteile" der Antragsgegnerin durch eine konkrete Angabe zur Höhe des Freistellungsumfangs entstehen sollten. Es bleibt unklar, ob überhaupt Schadenersatzansprüche der KfW aufgrund konkretisierender Angaben durch die Antragsgegnerin bestehen könnten. Die Antragsgegnerin hat nicht dargelegt, dass rechtsverbindlich eine Vertraulichkeitsabrede getroffen worden ist. Der Verweis auf die Vorverhandlungen, die Benennung zweier Zeugen hierfür, beweist nicht, dass die Vertraulichkeit auch vertraglich vereinbart und dass darüber hinaus gerade auch die von der Antragstellerin behaupteten möglichen Konsequenzen eintreten könnten. So ergibt sich aus dem Geschäftsbericht 2010/2011 (S. 64) lediglich, dass der Freistellungsanspruch "unter bestimmten Voraussetzungen" erlöschen könne. Außerdem wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass das Risiko einer Pflichtverletzung durch die I. als gering eingestuft werde.

Im Übrigen mussten die Beteiligten bei Abschluss der Freistellungsvereinbarung auch davon ausgehen, dass die Freistellungsvereinbarung schon aufgrund der damaligen Sondersituation, der drohenden Schließung der Bank und der damit verbundenen über die Antragsgegnerin hinausgehenden Bankenkrise, zumindest in Teilen auch der Öffentlichkeit und den Aktionären bekannt werden würden.

Aber selbst wenn eine verbindliche, mit Haftungskonsequenzen verbundene Vertraulichkeitsabrede getroffen worden sein sollte, wäre diese hier unerheblich, weil die Vereinbarung kein Auskunftsverweigerungsrecht begründen könnte.

Ein vertraglich vereinbartes Geheimhaltungsinteresse als Begründung für eine Auskunftsverweigerung ist nur dann anzuerkennen, wenn der Vorstand auch ohne eine solche Vereinbarung nach § 113 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG zur Verweigerung der entsprechenden Auskunft berechtigt wäre (vgl. BayObLG, AG 2000, 131; Landgericht Berlin, AG 1991, 34, 36; Kubis in Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 131, Rdnr. 112). Dies soll selbst dann gelten, wenn die Offenbarung der vereinbarungsgemäß geheimzugehaltenen Tatsachen zu einer Schadensersatzpflicht der Gesellschaft führen kann (Kubis in Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 131, Rdnr. 112).

Jedenfalls überwiegt aus den bereits dargestellten Gründen das Interesse an einer Aufklärung der Verantwortung der damaligen Organe der Antragsgegnerin gegenüber möglichen, hier nur eher abstrakt und pauschal dargestellten Nachteilen deutlich.

Es auch nicht ersichtlich, dass durch die Auskunft künftige Geschäfte der Antragsgegnerin wesentlich eingeschränkt werden könnten. Auskunftspflichten gegenüber den Aktionären einer Aktiengesellschaft gehören zum Wesen dieser Kapitalgesellschaft und sind gesetzlich normiert. Es ist im Übrigen nicht erkennbar, dass Aktiengesellschaften aufgrund der Auskunfts- und Berichtspflichten gegenüber Aktionären in besonderer Weise kontrahierungsunfähig wären. Ein Vertragspartner, der mit einer Aktiengesellschaft einen Vertrag eingeht, muss aufgrund der gesetzlichen Auskunftspflichten stets damit rechnen, dass an sich vertrauliche Vertragsbestandteile ggfs. Aktionären mitzuteilen sein können.

II.

Das Landgericht Düsseldorf ist auch mit Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin Auskunft darüber verlangen kann, welche Anspruch-

steller von wesentlicher Bedeutung die Antragsgegnerin im In- und Ausland aktuell vorgerichtlich in Anspruch nehmen. Die Antragsgegnerin hat diese Frage bislang nicht beantwortet, sondern lediglich die Anspruchsteller genannt, von denen die Antragsgegnerin bereits verklagt worden ist. Die Antragstellerin hat klargestellt, dass die sog. "Kleinanlegerfälle" nicht erfasst werden sollen.

Die Frage der Antragstellerin ist nachvollziehbar, denn der Vorstand hat in der Hauptversammlung darauf verwiesen, von der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen Pflichtverletzungen gegen frühere Organmitglieder vorerst abzusehen, weil die Antragsgegnerin "einer Vielzahl von Anspruchstellern und potentiellen Anspruchstellern im In- und Ausland gegenüberstehe". Auch hier ist die damalige Sondersituation der Antragsgegnerin zu berücksichtigen, die - möglicherweise aufgrund eines Fehlverhaltens von Vorstand und Aufsichtsrat - seinerzeit zur Schließung der Antragsgegnerin geführt hätte, wenn nicht von staatlicher Seite Unterstützung gewährt worden wäre. Wie bereits dargelegt, standen hier - wie sich aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 09.12.2009 ergibt - mehrere Verhaltensweisen von Vorstand und Aufsichtsrat im Raum, die den Verdacht grober Pflichtverletzungen nahelegen. Die Aktionäre und die Antragstellerin haben daher - sofern sie dies verlangen - Anspruch darauf, die näheren Umstände zu erfahren, weshalb von der Verfolgung etwaiger Ansprüche bislang abgesehen worden ist. Der Vorstand der Antragsgegnerin hat daher auch die Anspruchsteller zu nennen, die die Antragsgegnerin zwar noch nicht verklagt haben, aber bereits an sie herangetreten sind. Die Antragsgegnerin hat hierbei im Hinblick auf die Beurteilungsrelevanz lediglich die "großen" Anspruchsteller anzugeben, die Beträge von mehr als 5 Mio. Euro geltend machen.

III.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Dies entspricht dem billigen Ermessen, weil die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde unterlegen ist (vgl. § 132 Abs. 5 S. 7 AktG).

Der Geschäftswert für die Beschwerdeinstanz wird auf 10.000 Euro festgesetzt (5.000 Euro je Frage, § 132 Abs. 5 S. 5 AktG).






OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 18.02.2013
Az: I-26 W 21/12 [AktE]


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e494532bfb2b/OLG-Duesseldorf_Beschluss_vom_18-Februar-2013_Az_I-26-W-21-12-AktE




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