Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Mai 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 311/00

(BPatG: Beschluss v. 14.05.2002, Az.: 27 W (pat) 311/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Für die IR-Marke 647 363 siehe Abb. 1 am Endewird in Deutschland Schutz begehrt für "Klasse 18: Bourses, sacs à main, portemonnaie, portefeuilles, trousses de voyage, malles, beauty cases vides, parapluies, coffres de voyage, portedocuments; Klasse 25: Sandales, chaussures, bottes, pantoufles". Hiergegen ist Widerspruch eingelegt aus der prioritätsälteren Markeeingetragen unter der Nr 2 096 767 für "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen".

Die Markenstelle für Klasse 25 hat durch zwei Beschlüsse, von denen einer im Erinnerungsverfahren erging, den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass einander teils identische Waren gegenüberstünden (Schuhwaren), unterschieden sich die Marken in ihrem Gesamteindruck in einer Weise, dass eine Verwechslung nicht ernsthaft in Betracht komme. Eine Verwechslungsgefahr setze voraus, dass die Widerspruchsmarke auf ihren Wortbestandteil "FRUIT" verkürzt werde. Hiervon sei nicht auszugehen. Die Wortfolge "FRUIT OF THE LOOM" stelle sich als einheitlicher Gesamtbegriff dar, so dass nicht zu erwarten sei, dass sich ein noch relevanter Teil der angesprochenen Verkehrskreise allein an dem Wort "FRUIT" orientiere. Assoziative Verwechslungsgefahr liege nicht vor; dem Wort "FRUIT" allein komme kein Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zu. Die Erinnerungsbegründung ging etwa zwei Wochen vor Erlaß des Erinnerungsbeschlusses bei dem DPMA ein, gleichwohl ist im Beschluss ausgeführt, die Widersprechende habe ihre Erinnerung nicht begründet.

Die Widersprechende begehrt mit ihrer Beschwerde die Aufhebung der Beschlüsse der Markenstelle und die Schutzversagung. Sie bezieht sich im wesentlichen auf die im Erinnerungsbeschluß nicht berücksichtigte Erinnerungsbegründung. Sie meint, die Widerspruchsmarke werde von ihrem Wortbestandteil "FRUIT OF THE LOOM" geprägt, dessen wesentlicher Bestandteil das Wort "FRUIT" sei. Dies ergebe sich aus der außerordentlichen Bekanntheit der Widerspruchsmarke, deren Inhaberin einer der bekanntesten Hersteller von Unterwäsche und T-Shirts sei. Der Wortbestandteil "FRUIT" werde auch durch das Bildmotiv (Früchte) hervorgehoben. Marken mit dem Wortbestandteil "FRUIT" auf dem Warengebiet der Klasse 25 seien in Deutschland im wesentlichen nur für die Widersprechende und die mit dieser verbundene Firma Union Underwear geschützt. Deshalb werde der Verkehr Waren der Klasse 25 mit dem Bestandteil "FRUIT" dem Betrieb der Widersprechenden zuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke begehrt die Zurückweisung der Beschwerde.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet, weil die Markenstelle zutreffend eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG verneint hat.

Die Gefahr von Verwechslungen ist von mehreren Komponenten abhängig, die miteinander in Wechselbeziehung stehen, und zwar insbesondere von der Ähnlichkeit oder Identität der Marken, der Ähnlichkeit oder Identität der von ihnen erfassten Waren und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der betreffenden Waren unterschiedlich hoch sein kann (EuGH MarkenR 1999, aaO, RdNr 26).

Die einander gegenüberstehenden Schuhwaren sind identisch. Ob und in welchem Grad die übrigen Waren der international registrierten Marke zu solchen aus dem Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke ähnlich sind, kann dahinstehen. Denn die jüngere Marke hält zur Widerspruchsmarke selbst im Bereich identischer Waren einen ausreichenden Abstand ein.

Die Widerspruchsmarke weist für Schuhwaren normale Kennzeichnungskraft auf. Denn selbst wenn man wegen der unbestrittenen hohen Bekanntheit der Widerspruchsmarke für T-Shirts und Unterwäsche von einer insoweit erhöhten Kennzeichnungskraft und damit einem weiten Schutzumfang ausgeht, gilt dies zum einen nur für die Marke in ihrer Gesamtheit oder jedenfalls für die gesamte Wortfolge "FRUIT OF THE LOOM" und nicht für das Wort "FRUIT" in Alleinstellung. Zum anderen führt eine hohe Bekanntheit für die vorgenannten Waren nicht zu einer besonders hohen Kennzeichnungskraft und damit zu einem weiten Schutzumfang für Schuhwaren. Eine umfangreiche Benutzung für diese hat die Widersprechende nicht behauptet, so dass insoweit lediglich von der von Haus aus als normal anzusehenden Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen war.

Die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen ist zu verneinen. In bildlicher Hinsicht besteht aufgrund der graphischen Gestaltung der Widerspruchsmarke ohne weiteres erkennbar ein ganz wesentlicher Unterschied, so dass nicht damit zu rechnen ist, dass die angesprochenen Verbraucher die Marken miteinander verwechseln. Auch in klanglicher und in begrifflicher Hinsicht wird der Gesamteindruck der Widerspruchsmarke nicht allein und auch nicht überwiegend durch das Wort "FRUIT" bestimmt. Es besteht für die relevanten Verkehrskreise keine Veranlassung, aus dem Wortbestandteil dieser Marke, der einen Gesamtbegriff darstellt, das Wort "FRUIT" herauszulösen und und die Marke allein mit diesem Wort zu benennen, zumal dieses in keiner Weise kennzeichnungsstärker ist als "LOOM". Es gibt keinen Grund für die Annahme, dass für den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke die weiteren in dieser vorhandenen Bestandteile hinter den Wortbestandteil "FRUIT" zurücktreten; dies wäre aber Voraussetzung für eine Prägung der Marke allein durch dieses Element (BGH GRUR 2000, 233 - RAUSCH/ELFI RAUCH).

Auch assoziative Verwechslungsgefahr ist nicht gegeben. Zunächst ist hierbei zu berücksichtigen, dass insoweit auf fachlich orientierte oder zumindest interessierte Verkehrskreise abzustellen ist, die über eine beachtliche Branchenkenntnis verfügen und die einander gegenüberstehenden Marken sorgfältig prüfen (Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 9 RdNr 212). Unter Berücksichtigung dieser Branchenkenntnis ist davon auszugehen, dass diese Verbraucher der Widersprechenden den Gesamtbegriff "FRUIT OF THE LOOM" und nicht das Einzelwort "FRUIT" zuordnen, zumal die Widersprechende in ihrer stattlichen Anzahl von Marken offensichtlich nur zwei Marken führt, in denen nicht die gesamte Wortfolge "FRUIT OF THE LOOM" enthalten ist, die gleichzeitig auch ihr Firmenname ist. Demnach werden diese Verbraucher auch die gesamte Wortfolge als Stammbestandteil der Marken der Widersprechenden ansehen und nicht allein das Wort "FRUIT", das weder die Widerspruchsmarke prägt (so) noch in einer der Marken der Widersprechenden alleiniger Wortbestandteil ist.

Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

Hinsichtlich der Kosten verbleibt es bei der Regel des § 71 Abs 1 S 2 MarkenG. Gründe, hiervon abzuweichen, sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Dr. Schermer Schwarz Friehe-Wich Pü

Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/27W(pat)311-00.1.3.gif






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Beschluss v. 14.05.2002
Az: 27 W (pat) 311/00


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