Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 20. April 2006
Aktenzeichen: 2 Not 15/05

(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 20.04.2006, Az.: 2 Not 15/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in einem Beschluss vom 20. April 2006 über die Auswahlkriterien bei der Besetzung von Notarstellen entschieden. Die Anträge der Antragsteller auf gerichtliche Entscheidung wurden zurückgewiesen und sie müssen die Kosten des Verfahrens tragen. Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners, die vier Stellen mit den Beigeladenen zu 1) bis 4) zu besetzen, weil sie höhere Punktzahlen erreicht haben, wurde als rechtmäßig angesehen. Die Antragsteller hatten sich fristgerecht für eine der ausgeschriebenen Stellen beworben und wurden nicht berücksichtigt. Sie argumentierten, dass die Auswahlkriterien nicht mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Einklang stehen und die Note im Zweiten Juristischen Staatsexamen höher gewichtet werden sollte. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die gesetzlichen Eignungskriterien für die Auswahlentscheidung angemessen sind und das Bundesverfassungsgericht lediglich eine stärkere Berücksichtigung der spezifischen fachlichen Eignung für das Notaramt gefordert hat. Die Gewichtung der Noten und der Fortbildung bei der Auswahlentscheidung wurde daher als rechtmäßig angesehen. Die Anträge der Antragsteller wurden als unzulässig oder unbegründet abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens sind von den Antragstellern zu tragen. Der Geschäftswert wurde auf 200.000,00 Euro festgesetzt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 20.04.2006, Az: 2 Not 15/05


Zu den Kriterien bei der Auswahl der Bewerber für das Amt eines Notars

Tenor

Die Anträge auf gerichtliche Entscheidung werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Geschäftswert wird auf 200.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A. Der Antragsgegner schrieb unter dem 01. Oktober 2004 für den Amtsgerichtsbezirk O1 vier Notarstellen (sog. €Altersstrukturstellen") aus (JMBI. Hessen 2004, S. 527). Die Antragsteller bewarben sich ebenso fristgerecht wie die Beigeladenen und weitere Bewerber für eine dieser ausgeschriebenen Stellen.

Die Bewerbungen der Antragsteller blieben erfolglos. Mit Schreiben vom 12. bzw. 13.9.2005 teilte der Antragsgegner ihnen jeweils mit, daß er die vier Stellen mit den Beigeladenen zu 1) bis 4) besetzen wolle, da diese Punktzahlen von 220,80 bis 248,45 Punkten erreicht hätten, während zugunsten des Antragstellers zu 1) nur 217,45 Punkte, des Antragstellers zu 2) 201,20 Punkte, des Antragstellers zu 3) 178,66 Punkte und des Antragstellers zu 4) 204,90 Punkte zu berücksichtigen seien.

Mit ihren am 13.10.2005 (Antragsteller zu 1), am 27.9.2005 (Antragsteller zu 2), am 13.10.2005 (Antragsteller zu 3) und am 14.10.2005 (Antragsteller zu 4) jeweils rechtzeitig eingegangenen Anträgen auf gerichtliche Entscheidung begehren die Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners, sie als Bewerber um eine der im JMBI. Hessen vom 01.10.2004 ausgeschriebenen Notarstellen im Amtsgerichtsbezirk O1 zu berücksichtigen, hilfsweise die Bewerbungen neu zu bescheiden.

Zur Begründung seines Antrags macht der Antragsteller zu 1) im wesentlichen geltend, daß insbesondere die Regelung in Abschnitt A II Ziffer 3 e) des Runderlasses vom 25.2.1999 in der Fassung vom 10.8.2004 nicht mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20.4.2004 (BVR 1450/01) im Einklang stehe. Er führt € neben weiteren Bedenken gegen den zitierten Runderlaß insbesondere aus, daß es die Bestenauslese erfordere, der Abschlußnote im Zweiten Juristischen Staatsexamen den höchsten Stellenwert einzuräumen. In diesem Zusammenhang sei es auch verfehlt, die Deckelung bei den beiden anderen Kriterien (Tätigkeit und Fortbildung) wegfallen zu lassen, weil hierdurch insbesondere der Teil der Bewerber, der keinen Zugang zu einer Notarvertretung habe, benachteiligt würde.

Der Antragsteller zu 2) hat ausgeführt, daß eine weitere Abschwächung des Merkmals ''Note im Zweiten Staatsexamen" im Verhältnis zu dem Zeitraum, um den das Examen zurückliegt, hätte vorgenommen werden müssen. Zum anderen sei das Merkmal "Fortbildung" überbewertet; es führe zur Begünstigung von Großkanzleien. Abzustellen sei demgemäß auf das Merkmal "Notarvertretung", welches der Antragsteller in seinem Fall nicht als richtig gewichtet ansieht. Er macht insoweit im wesentlichen geltend, daß der Runderlaß vom 25.02.1999 in der Fassung vom 10.08.2004 weder mit den gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen in §§ 4, 6 BNotO noch mit den Vorgaben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20.04.2004 in Einklang stehe.

Nach Ansicht des Antragstellers zu 3) verstoße die Neufassung des Runderlasses vom 10.08.2004 gegen das verfassungsrechtliche Gebot des Vorbehaltes des Gesetzes (Art. 19 Abs. 4, 20 GG), so daß die darauf gestützte Auswahlentscheidung schon deshalb rechtswidrig sei. Zum anderen ist er der Auffassung, die Note für das zweite Staatsexamen erfahre gegenüber der Bewertung der spezifischen fachlichen Eignung nunmehr eine zu geringe Gewichtung; im weiteren rügt er auch das Wegfallen der Kappungsgrenzen.

Der Antragsteller zu 4) rügt im wesentlichen, daß der Runderlaß vom 10.08.2004 weder mit den gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen in den §§ 4, 6 BNotO noch mit den Vorgaben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20.04.2004 in Einklang stehe, insbesondere nicht ausreichend dem Grundsatz der Bestenauslese Rechnung trage. Insbesondere hat er die Unterbewertung der im Zweiten Staatsexamen erzielten Note sowie die Aufhebung der Kappungsgrenzen bei den anderen zu berücksichtigenden Merkmalen angegriffen.

Der Antragsgegner, der die Zurückweisung der Anträge auf gerichtliche Entscheidung beantragt, vertritt die Auffassung, daß die im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorgenommene Änderung der Verwaltungsvorschrift für das Auswahlverfahren den Vorgaben dieser verfassungsgerichtlichen Entscheidung entspreche. Die nunmehr vorgenommene Gewichtung der zu berücksichtigenden Kriterien gewährleiste, daß notarspezifischen Qualifikationsmerkmalen bei der Auswahl die entscheidende Bedeutung zukomme, was insbesondere durch den Wegfall der Kappungsgrenzen im Fortbildungsbereich und bei den Urkundsgeschäften sowie durch die Möglichkeit der Vergabe von Sonderpunkten für besondere notarspezifische Tätigkeiten erreicht worden sei.

Nach der gesetzlichen Regelung in § 6 Abs. 3 BNotO, die vom Bundesverfassungsgericht gerade nicht beanstandet worden sei, sei die Note des zweiten Staatsexamens ein mitentscheidendes Kriterium für die Auswahlentscheidung. Das Bundesverfassungsgericht habe lediglich deutlich gemacht, daß der spezifischen fachlichen Eignung für das Amt des Notars im Verhältnis zur allgemeinen Befähigung für juristische Berufe auf der Grundlage des alten Runderlasses eine so untergeordnete Bedeutung zukäme, daß eine darauf gestützte Auswahlentscheidung nicht mehr mit Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art 33 Abs. 2 GG vereinbar sei. Die Aussagekraft der Note sei insoweit nicht nur im Hinblick auf einschlägige zusätzliche Qualifizierungen für das Notaramt zu relativieren, sondern auch angesichts der zeitlichen Distanz zum Staatsexamen, der Unterschiede in der Notengebung der einzelnen Bundesländer sowie den Veränderungen der Notengebung im zeitlichen Verlauf. Hieraus folge nicht, daß die Note mit einem geringeren Faktor zu bewerten sei, als dies der Runderlaß vorsehe. So habe es das Bundesverfassungsgericht in einer neueren Entscheidung gerade nicht beanstandet, daß eine Landesjustizverwaltung in einem konkreten Fall der Note des Staatsexamens maßgebliche Bedeutung beigemessen habe (vgl. BVerfG, ZNotP 2005, 397 ff). Mithin sei nach der Entscheidung vom 20.04.2004 nur dafür Sorge zu tragen gewesen, daß die spezifische fachliche Qualifikation für das Notaramt bei der Auswahlentscheidung ein weitaus größeres Gewicht erhalte , als das zuvor der Fall war. Genau diese Vorgabe sei aber in dem Runderlaß vom 10.08.2004 umgesetzt worden.

Im weiteren komme zwar der Fortbildung neben der Urkundstätigkeit für die Auswahlentscheidung großes Gewicht zu. Dies sei jedoch nicht zu beanstanden, weil nur notarspezifische und inhaltsverschiedene Fortbildungsveranstaltungen angerechnet würden. Der Hinweis auf die Möglichkeit der Qualifikation allein über eine Vielzahl von Fortbildungsveranstaltungen sei eher theoretischer Natur, zumal gerade im vorliegenden Verfahren die für die Stellenbesetzungen vorgesehenen Beigeladenen auch im Urkundsbereich hohe Punktzahlen erzielt hätten. Die höhere Bewertung zeitnäherer Fortbildungen sei sachlich auch nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts gerechtfertigt, zumal dies dem im öffentlichen Dienst anerkannten Grundsatz der besonderen Berücksichtigung zeitnaher Beurteilungen entspreche. Die starke Gewichtung der zeitjüngeren Fortbildungsnachweise stelle keine unangemessene Benachteiligung dar, da auch der insoweit betroffene Bewerber die Möglichkeit gehabt hätte, bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist weitere Fortbildungsveranstaltungen zu besuchen. Hinsichtlich der Gewichtung der Fortbildung gegenüber der praktischen Tätigkeit müsse berücksichtigt werden, daß die Zahl der Urkundsgeschäfte im Hinblick auf die Standardisierung und Verwendung von Textbausteinen sowie wiederholte ähnliche Geschäfte nur beschränkte Aussagekraft für die fachliche Qualifikation des Bewerbers aufweise, während dieser Effekt bei den Fortbildungsveranstaltungen deshalb nicht eintrete, weil inhaltsgleiche Veranstaltungen nicht berücksichtigt würden.

B. Die Anträge auf gerichtliche Entscheidung erweisen sich gemäß § 111 BNotO als statthaft; sie sind auch im Übrigen zulässig, da sie innerhalb der Monatsfrist des § 111 Abs. 2 BNotO und formgerecht gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 BNotO i.V.m. §§ 37, 39 BRAO bei dem nach § 111 Abs. 3 Satz 1 BNotO zuständigen Oberlandesgericht gestellt wurden.In der Sache führen die Anträge nicht zum Erfolg, da die mit Verfügung vom 13. September 2005 mitgeteilte Auswahlentscheidung der Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main nicht rechtswidrig ist und deshalb die Antragsteller nicht in ihren Rechten beeinträchtigt (§§111 Abs. 1 Satz 2 BNotO).Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BNotO richtet sich die Reihenfolge bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern nach der persönlichen und fachlichen Eignung unter Berücksichtigung der die juristische Ausbildung abschließenden Staatsprüfung und der bei der Vorbereitung auf den Notarberuf gezeigten Leistungen.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner zitierten Entscheidung vom 20. April 2004 zwar die gesetzlichen Eignungskriterien des § 6 Abs. 3 BNotO gebilligt, weil diese bei der Auswahl der Anwaltsnotare eine angemessene Berücksichtigung solcher Kenntnisse und Fähigkeiten erlauben, die sich speziell auf den Zweitberuf des Notars beziehen. Es hat jedoch zugleich festgestellt, daß die Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift nach der im Zeitpunkt dieser Entscheidung u. a. im Bundesland Hessen geltenden Fassung der Richtlinien zur Ausführung der Bundesnotarordnung nicht den Vorrang desjenigen Bewerbers mit der besten Eignung für das Notaramt gewährleisteten. Insbesondere wurde durch das Bundesverfassungsgericht beanstandet, daß der Inhalt der Verwaltungsvorschriften und deren Umsetzung durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine konkrete und einzelfallbezogene Bewertung der fachlichen Leistung des Bewerbers im Sinne einer Prognose über die Eignung für das angestrebte öffentliche Amt oder seine bessere Eignung bei der Auswahl aus einem Kreis von Bewerbern vermissen lassen. Die verfassungsgerichtliche Entscheidung fordert eine Neubewertung, bei welcher auch die von den Bewerbern von der Vorbereitung auf das angestrebte Amt des Notars gezeigten theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen differenziert zu gewichten sind. Diese beiden notarspezifischen Eignungskriterien müssen nach der Forderung des Bundesverfassungsgerichts mit eigenständigem höherem Gewicht als bisher im Verhältnis zu der praktischen Tätigkeit als Anwalt und dem Ergebnis des zweiten juristischen Staatsexamens in die Auswahlentscheidung einfließen (vgl. BVerfG a.a.O. sowie zur Umsetzung der verfassungsgerichtlichen Vorgaben BGH, Beschluß vom 28. November 2005 € NotZ 30/05). Um die Auswahlentscheidung als vereinbar mit Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 33 Abs. 2 GG erscheinen zu lassen, hat das Bundesverfassungsgericht somit ausdrücklich eine stärkere Berücksichtigung der spezifischen fachlichen Eignung für das Notaramt im Verhältnis zur allgemeinen Befähigung für juristische Berufe und zu den Erfahrungen aus dem Anwaltsberuf gefordert. Das Bundesverfassungsgericht hat des weiteren gemessen am Prinzip der Bestenauslese und dem Leistungsprinzip strukturelle Defizite des früheren, gekappten Punktesystems wegen eines Ungleichgewichtes zwischen den beiden Merkmalen der Befähigung und der fachlichen Eignung infolge der Punktzahlbildung sowie der gemeinsamen Gruppenbildung für Fortbildung und praktische Bewährung festgestellt, wobei dieser Effekt nach seiner Einschätzung noch dadurch verstärkt wurde, daß der Anwaltstätigkeit für die spezifische Eignungsprognose dasselbe Gewicht zukam wie der Fortbildung und der praktischen Bewährung im Notariat zusammen. Ferner hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu den Anforderungen an hinreichend aussagekräftige fachliche Beurteilungsgrundlagen ausgeführt, daß im öffentlichen Dienst bei der Beurteilung der Eignung vor allem zeitnahe Beurteilungen heranzuziehen seien (unter Verweis auf BVerfVG DVBI. 2004, 317 m.w.N.), die bei der Übernahme weiterer oder neuer Ämter auch auf diese zugeschnitten sein müßten und im Hinblick darauf beanstandet, daß der Bundesgerichtshof die Auswirkungen der Kappung dadurch verstärkt habe, daß er für weitere praktische Erfahrungen im Urkundswesen keine zusätzlichen Punkte anerkannte und hinsichtlich der Bewertung der Vorbereitungszeit keine Differenzierung zwischen lang zurückliegenden und jüngeren Lehrgängen zuließ.Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben trägt die Änderung des Hessischen Runderlasses über die Ausführung der Bundesnotarordnung in der Fassung vom 10. August 2004 Rechnung, in dem sie die Kappungsgrenze für die Bereiche der Fortbildung und der Urkundsgeschäfte als für das Notaramt fachbezogene Kriterien aufgehoben und für beide Bereiche mit der Dreijahresfrist eine zeitliche Differenzierung für die Bewertung vorgesehen hat.

1. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist zu den Einwendungen des Antragstellers zu 1) folgendes auszuführen:

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 20.04.2004 gerade dargelegt, daß das nach den Verwaltungsvorschriften der Länder bisher geregelte Auswahlverfahren nicht mit Art. 12 Abs. l i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG und dem daraus abzuleitenden Prinzip der Bestenauslese vereinbar sei, da der spezifisch fachlichen Eignung für das Notaramt im Verhältnis zur allgemeinen Befähigung für juristische Berufe und zu den Erfahrungen aus dem Anwaltsberuf keine ausreichende Bedeutung zukomme. Gerade die gemeinsame Kappungsgrenze für den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen und die Beurkundungstätigkeit, die im Ergebnis die praktische Einarbeitung als ersetzbar kennzeichne, weil die Höchstpunktzahl auch ohne jede Praxis erreicht werden könne, bewirke, daß bei der Auswahl ein erhebliches Defizit fachbezogener beruflicher Qualifikationsmerkmale in Kauf genommen werde. Vor diesem Hintergrund hat die Justizverwaltung die Insoweit maßgebliche Verwaltungsvorschrift für das Auswahlverfahren geändert und den Vorgaben der verfassungsgerichtlichen Entscheidung angepaßt.

Die nunmehr vorgenommene Gewichtung der einzelnen für die Auswahlentscheidung zu berücksichtigenden Kriterien gewährleistet, daß notarspezifischen Qualifikationsmerkmalen bei der Auswahl der Bewerber die entscheidende Bedeutung zukommt, was insbesondere durch den Wegfall der Kappungsgrenzen für die Punkte Im Fortbildungsbereich und bei der Urkundstätigkeit und die Möglichkeit der Vergabe von Sonderpunkten für besondere notarspezifische Tätigkeiten erreicht wird. Das Bundesverfassungsgericht hat demgegenüber an keiner Stelle die Art des Auswahlverfahrens auf der Grundlage der bestehenden gesetzlichen Regelung beanstandet. Es hat vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, daß § 6 Abs. 3 BNotO, deren Ausgestaltung der Runderlaß dient, eine einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers ermögliche, die in eine Prognose einmünde. Die angemessene Berücksichtigung von in den Notarberuf einführenden Tätigkeiten sowie die erfolgreiche Teilnahme an freiwilligen Vorbereitungskursen biete neben den in der Staatsprüfung gezeigten Leistungen eine ausreichende Prognosegrundlage. Daneben sei auch die Dauer der anwaltlichen Tätigkeit angemessen zu berücksichtigen (vgl. S. 32 ff der zitierten Entscheidung). Das Gericht hat an anderer Stelle noch ausgeführt, daß die Verwaltungsvorschriften der Länder in unbedenklicher Weise auf eine transparente, nachvollziehbare und an objektiven Kriterien ausgerichtete Entscheidung ebenso wie auf eine rechnerisch berücksichtigte Gewichtung des zweiten Staatsexamens und der in der Vorbereitung auf den Notarberuf gezeigten Leistungen abzielen. Nicht gewährleistet sei lediglich die ausreichende Bewertung der spezifischen fachlichen Eignung für das Notaramt (S. 36).

Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, daß gerade die vom Antragsteller beanstandete Regelung des Runderlasses den verfassungsgerichtlichen Vorgaben nicht genügen sollte. In der zitierten Entscheidung wird jedenfalls die frühere Regelung des Runderlasses, die in ihrer Formulierung in etwa der jetzigen Fassung der Ziffer 3 e) cc) entspricht, in keiner Weise beanstandet. Das Bundesverfassungsgericht hat vielmehr an anderer Stelle noch ausgeführt, daß herausragende Leistungen gegebenenfalls durch Sonderpunkte das ihnen gebührende Gewicht erhalten müßten. Daß in der jetzt vorliegenden Fassung des Runderlasses nicht jede sonderpunktfähige Leistung exemplarisch aufgeführt wird, macht sie nicht unbestimmt, da der Begriff der notarspezifischen Qualifikation durch die aufgeführten Beispiele und die gefestigte Rechtsprechung in diesem Bereich jederzeit bestimmbar und die vorgenommene Bewertung gerichtlich überprüfbar ist. Warum die Tatbestandsmerkmale der Ziffer 3 e), aa) und bb) für eine konkrete Ausfüllung zu unbestimmt seien, ist nicht nachvollziehbar. Hier wird auf eine konkrete Tätigkeit in einem bestimmten Umfang abgestellt, wobei sich der durchschnittliche Umfang einer Notarvertretertätigkeit nach dem statistisch ermittelbaren üblichen Geschäftsanfall eines Notars bemißt. Daß nicht jeder Bewerber die Möglichkeit hat, Notarvertretungen über einen längeren Zeitraum auszuüben, rechtfertigt es gerade wegen des zu beachtenden Grundsatzes der Bestenauslese nicht, dieses Kriterium gänzlich außer Acht zu lassen. Es dürfte unbestreitbar sein, daß eine längerfristige Tätigkeit als Notarvertreter in besonderem Maße geeignet ist, praktische notarielle Erfahrung zu sammeln und damit ein nicht unwichtiges Kriterium für die Beurteilung der fachlichen Leitung darstellt. Die insoweit im Runderlaß vorgenommene Bewertung mit 0,5 Punkten pro sechs Monate erscheint auch unter dem vorgenannten Gesichtspunkt angemessen.

Soweit der Antragsteller weiterhin geltend macht, daß unterschiedliche Schwierigkeiten bei den Beurkundungen bzw. deren Vorbereitung nicht berücksichtigt werden, kann er damit ebenfalls nicht gehört werden. Denn insoweit fehlt es an objektivierbaren und nachprüfbaren Kriterien, angesichts dessen, daß die insoweit in die Beurteilung nach Vorstellung des Antragstellers miteinzubeziehenden Tätigkeiten im Einzelfall oft nicht in nachprüfbarer Weise dokumentiert werden und sich damit einer nachträglichen Beurteilung entziehen. Dies läßt sich € wie in der mündlichen Verhandlung bereits erörtert € nach Ansicht des Senats auch nicht dadurch ersetzen, daß der amtierende Notar entsprechenden Bestätigungen/Bescheinigungen ausstellt. Denn insoweit wird der Boden einer objektiven, nachprüfbaren Feststellung verlassen, was im Ergebnis nicht dem Interesse des jeweiligen Bewerbers bzw. seiner Mitbewerber entsprechen dürfte.

2. Die Auffassung des Antragstellers zu 2), die Note für das zweite Staatsexamen erfahre gegenüber der Bewertung der spezifischen fachlichen Eignung nach wie vor eine zu starke Gewichtung, findet weder im Gesetz noch in der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine Stütze.

Nach der gesetzlichen Regelung in § 6 Abs. 3 BNotO, die vom Bundesverfassungsgericht gerade nicht beanstandet wurde, ist die Note des zweiten Staatsexamens ein mitentscheidendes Kriterium für die Auswahlentscheidung. Das Gericht hat lediglich deutlich gemacht, daß der spezifischen fachlichen Eignung für das Amt des Notars im Verhältnis zur allgemeinen Befähigung für juristische Berufe auf der Grundlage des alten Runderlasses eine so untergeordnete Bedeutung zukam, daß eine darauf gestützte Auswahlentscheidung nicht mehr mit Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art 33 Abs. 2 GG vereinbar war. Die Aussagekraft der Note war insoweit nicht nur im Hinblick auf einschlägige zusätzliche Qualifizierungen für das Notaramt zu relativieren, sondern auch angesichts der zeitlichen Distanz zum Staatsexamen, der Unterschiede in der Notengebung der einzelnen Bundesländer sowie den Veränderungen der Notengebung im zeitlichen Verlauf. Hieraus folgt nicht, daß die Note mit einem geringeren Faktor zu bewerten ist, als dies der Runderlaß vorsieht. So hat es das Bundesverfassungsgericht in einer neueren Entscheidung gerade nicht beanstandet, daß eine Landesjustizverwaltung in einem konkreten Fall der Note des Staatsexamens maßgebliche Bedeutung beigemessen hat (vgl. BVerfG, ZNotP 2005, 397 ff). Mithin galt es nach der Entscheidung vom 20.04.2004 nur dafür Sorge zu tragen, daß die spezifische fachliche Qualifikation für das Notaramt bei der Auswahlentscheidung ein weitaus größeres Gewicht erhielt, als das zuvor der Fall war. Genau diese Vorgabe ist aber in dem Runderlaß vom 10.08.2004 umgesetzt worden.

Soweit der Antragsteller geltend macht, daß auch die Bewertung der notarspezifischen Fortbildung unter mehreren Gesichtspunkten verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht genüge, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung vom 20.04.2004 gerade auch die gemeinsame Kappungsgrenze für den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen und die Beurkundungstätigkeit bemängelt, weil dadurch die Höchstpunktzahl auch ohne jede Praxis erreicht werden könne. Vor diesem Hintergrund erscheint es widersprüchlich, wenn der Antragsteller gerade der Wegfall der Kappungsgrenzen für die Punkte im Fortbildungsbereich und bei der Urkundstätigkeit kritisiert. Ihm ist zuzugeben, daß Fortbildungsveranstaltungen bei der Auswahlentscheidung neben der Urkundstätigkeit ein großes Gewicht, im Einzelfall sogar die entscheidende Bedeutung, zukommen kann. Da sie jedoch nur dann angerechnet werden, wenn es sich um Veranstaltungen handelt, in denen die erforderlichen Rechtskenntnisse den Teilnehmern unter Beachtung der besonderen Anforderungen und Gegebenheiten des Notarberufs nahegebracht werden, ist es nicht zu beanstanden, wenn dieses Kriterium für die Auswahlentscheidung neben der Urkundstätigkeit maßgeblich herangezogen wird. Soweit der Antragsteller darauf abstellt, daß ein Bewerber allein aufgrund der Vielzahl von Fortbildungsveranstaltungen ohne jede praktische Erfahrung einem Bewerber mit einer Vielzahl von Urkundsgeschäften und umfangreicher notarieller Tätigkeit vorgehen könnte, ist dies theoretisch zwar möglich, vorliegend aber gerade nicht der Fall, da die in Aussicht genommenen Mitbewerber auch im Urkundsbereich hohe Punktzahlen erzielt haben.

Allein die Möglichkeit, daß es für einzelne Bewerber aus finanziellen und/oder organisatorischen Gründen schwieriger ist, Fortbildungsveranstaltungen zu besuchen, stellt noch keinen Verstoß gegen Art. 3, 12, 33 Abs. 2 GG dar, da eine absolute Chancengleichheit weder gefordert noch gewährleistet werden kann.

Die weiter vertretene Auffassung, daß die Fortbildungsveranstaltungen gegenüber den anderen Kriterien zu stark gewichtet seien, greift schließlich ebenfalls nicht durch. Das Bundesverfassungsgericht hat in der oben zitierten Entscheidung doch gerade beanstandet, daß der spezifisch fachlichen Eignung für das Notaramt im Verhältnis zur allgemeinen Befähigung für juristische Berufe und zu den Erfahrungen aus dem Anwaltsberuf keine ausreichende Bedeutung zukomme; im Hinblick auf das Prinzip der Bestenauslese erscheint es daher zwingend, daß bei der Auswahlentscheidung im Zweifel den notarspezifischen Qualifikationsmerkmalen der Vorrang gebührt. Vor diesem Hintergrund dürfte die vorgenommene Gewichtung gegenüber der Examensnote und der Dauer der anwaltlichen Tätigkeit jedenfalls nicht sachwidrig sein. Hinsichtlich der Gewichtung gegenüber der praktischen Tätigkeit ist zu berücksichtigen, daß auch der Zahl der Urkundsgeschäfte nur eine beschränkte Aussagekraft für die fachliche Qualifikation eines Bewerbers beizumessen Ist. Die alleinige Beurkundung ohne Entwurfs- oder Vollzugstätigkeit bringt letztlich nur geringe Erfahrungswerte für den Notarvertreter mit sich. Die notarielle Praxis ist vielfach dadurch gekennzeichnet, daß die Mehrzahl der Verträge standardisiert und in Textbausteinen vorgegeben ist, so daß es oftmals lediglich der Einfügung der konkreten Daten bedarf. Vor diesem Hintergrund dürfte sich der Lerneffekt bei einer Beurkundung mit der Zahl der Urkundsgeschäfte jedenfalls nicht signifikant erhöhen, zumal sich die Art der beurkundeten Geschäfte vielfach wiederholen wird. Dieser Effekt tritt bei den Fortbildungsveranstaltungen nicht ein, da inhaltsgleiche Veranstaltungen nicht berücksichtigt werden. Deshalb erscheint die im Runderlaß vorgenommene Gewichtung der Fortbildungsveranstaltungen gegenüber den Urkundsgeschäften und die in diesem Bereich vorgenommen Abstufung verfassungsrechtlich unbedenklich. Die höhere Bewertung zeitnäherer Fortbildungen ist sachlich gerechtfertigt. Fortbildungskurse sollen gewährleisten, daß sich ein Bewerber im Hinblick auf eine spätere Notartätigkeit in ausreichendem Maße notarspezifische Kenntnisse und insbesondere einen Überblick über aktuelle Fragen der notariellen Praxis verschafft. Daß diesem Zweck durch zeitlich näher liegende Veranstaltungen eher Rechnung getragen wird, als durch länger zurückliegende, liegt auf der Hand. Darauf hat im Übrigen auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 20.04.2004 hingewiesen (S. 45). So ist es etwa im öffentlichen Dienst anerkannt, daß bei der Bewertung der Eignung eines Bewerbers vor allem zeitnahe Beurteilungen heranzuziehen sind (vgl. BVerwG, DVBl. 2004, 317 ff). Insofern dürfte die in dem Runderlaß festgelegte Grenze von drei Jahren auch angemessen und keinesfalls sachwidrig sein. Da dem Antragsteller durch die vorliegende Regelung gegenüber der vorangegangen gerade keine Punkte genommen wurden und diese Regelung sämtliche Bewerber gleichermaßen trifft, ist die getroffene Entscheidung auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht zu beanstanden. Soweit durch die jetzige Regelung Bewerber bevorzugt werden, deren Fortbildungskurse noch nicht so lange zurückliegen, ist dies im Interesse der gebotenen Bestenauslese hinzunehmen, wie das auch im vorliegenden Fall deutlich wird. Die in Aussicht genommenen Mitbewerber haben innerhalb der letzten drei Jahre und für den Zeltraum davor an mehr Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen (Dr. B: 51/61; Dr. C: 39 / 63; D: 39 / 69; E: 24 / 51), als der Antragsteller (5/51) und dementsprechend in diesem Bereich eine höhere Punktzahl erreicht. Soweit diese Fortbildungen erst nach der Bekanntmachung des geänderten Runderlasses am 01.09.2004 besucht wurden, folgt daraus keine unangemessene Benachteiligung des Antragstellers, da es auch ihm möglich war, bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist weitere Fortbildungsveranstaltungen zu besuchen. Soweit der Antragsteller schließlich geltend macht, daß seine langjährige Tätigkeit als ständiger Vertreter des Notars A nicht ausreichend bei der Besetzungsentscheidung berücksichtigt worden sei, kann dies auch nicht zum Erfolg verhelfen. Es wird keineswegs in Abrede gestellt, daß eine längerfristige Tätigkeit als Notarvertreter in besonderem Maße geeignet ist, praktische notarielle Erfahrung zu sammeln und damit ein nicht unwichtiges Kriterium für die Beurteilung der fachlichen Eignung darstellt. Die insoweit im Runderlaß vorgenommene Bewertung mit 0,5 Punkten pro sechs Monate erscheint aber auch unter dem vorgenannten Gesichtspunkt angemessen, zumal diese Tätigkeit letztlich auch bei der Bewertung der Urkundszahlen berücksichtigt wird. Denn ein ständiger Notarvertreter hat natürlich im weitaus größeren Umfang die Möglichkeit, Beurkundungen vorzunehmen, die ohne Begrenzung gezählt werden. Vor diesem Hintergrund erfolgt diesbezüglich schon eine doppelte Verwertung eines Kriteriums der fachlichen Eignung, so daß die Vergabe von weiteren 15 Sonderpunkten nach Abschnitt AII Ziffer 3 e) cc) nicht gerechtfertigt erscheint. Selbst wenn man dem Antragsteller jedoch weitere 15 Sonderpunkte zubilligen wollte, würde er noch nicht zu den punktstärksten Kandidaten gehören. Zu den besonders qualifizierenden Tätigkeiten und Leistungen gehört sicherlich auch eine Tätigkeit beim Deutschen Notarinstitut, da sich die Bewerber dort über einen längeren Zeitraum intensiv mit praktischen notariellen Problemfällen auseinandersetzen müssen. Zwar mag der Schwierigkeitsgrad der zu begutachtenden Fälle sicher differieren und es werden einzelne Probleme wiederholt auftreten. Dem wird jedoch durch eine restriktive Punktevergabe in diesem Bereich ausreichend Rechnung getragen (0,033 Punkte pro Gutachten).

Die vom Antragsteller dargestellten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sind, worauf er selbst zu Recht hinweist, für das Auswahlverfahren nicht von Bedeutung; sein Antrag war daher insgesamt zurückzuweisen.

3. Soweit der Antragsteller zu 3) meint, die Note für das zweite Staatsexamen erfahre gegenüber der Bewertung der spezifischen fachlichen Eignung nunmehr eine zu geringe Gewichtung, steht dies in Widerspruch zu den tragenden Gründen der oben zitierten verfassungsgerichtlichen Entscheidung. Darin war doch gerade deutlich gemacht worden, daß der spezifischen fachlichen Eignung für das Amt des Notars im Verhältnis zur allgemeinen Befähigung für juristische Berufe auf der Grundlage des alten Runderlasses eine so untergeordnete Bedeutung zukam, daß eine daraufgestützte Auswahlentscheidung nicht mehr mit Art. 12 Abs. l i.V.m. Art 33 Abs. 2 GG vereinbar war. In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß die Aussagekraft der Note nicht nur im Hinblick auf einschlägige zusätzliche Qualifizierungen für das Notaramt zu relativieren sei, sondern auch angesichts der zeitlichen Distanz zum Staatsexamen, der Unterschiede in der Notengebung der einzelnen Bundesländer sowie der Veränderungen der Notengebung im Laufe der Zeit. Mithin galt es dafür Sorge zu tragen, daß die spezifische fachliche Qualifikation für das Notaramt bei der Auswahlentscheidung ein weitaus größeres Gewicht erhielt, als das zuvor der Fall war. Genau diese Vorgabe Ist aber in dem Runderlaß vom 10.08.2004 umgesetzt worden.

Da der Faktor, mit dem die im Examen erreichte Punktzahl multipliziert wird, gleich geblieben ist, ist nach wie vor die erhebliche Bedeutung des Ergebnisses des zweiten Staatsexamens für die Auswahlentscheidung gewährleistet. Von einer "rechtfehlerhaften Überinterpretation" der Entscheidung kann vor diesem Hintergrund keine Rede sein.

Da das Bundesverfassungsgericht gerade die gemeinsame Kappungsgrenze für den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen und die Beurkundungstätigkeit beanstandet hat, weil dadurch die Höchstpunktzahl auch ohne jede Praxis erreicht werden könne, ist es widersprüchlich, wenn nunmehr gerade der Wegfall der Kappungsgrenzen für die Punkte in diesen Bereichen kritisiert wird. Zwar kann durch die jetzige Regelung Fortbildungsveranstaltungen bei der Auswahlentscheidung neben der Urkundstätigkeit ein großes Gewicht, im Einzelfall sogar die entscheidende Bedeutung zukommen. Da sie jedoch nur dann angerechnet werden, wenn es sich um Veranstaltungen handelt, In denen die erforderlichen Rechtskenntnisse den Teilnehmern unter Beachtung der besonderen Anforderungen und Gegebenheiten des Notarberufs nahegebracht werden, ist es nicht zu beanstanden, wenn dieses Kriterium für die Auswahlentscheidung neben der Urkundstätigkeit maßgeblich herangezogen wird. Zudem findet faktisch auch in diesem Bereich eine Kappung statt, da inhaltsgleiche Fortbildungsveranstaltungen nicht berücksichtigt werden, während etwa Urkunden unbeschränkt gezählt werden. Selbst wenn man in diesen Bereichen eine gemeinsame Kappungsgrenze von z.B. 120 Punkten eingeführt hätte, wäre die getroffene Auswahlentscheidung nicht anders ausgefallen; auch in dieser Konstellation hätte der Antragsteller noch einen Rückstand von über 26 Punkten zu dem nächsten Bewerber gehabt. Zwar hat der Antragsteller bei der hier zugrunde liegenden Berechnung eine wesentlich bessere Examensnote erreicht als der punktschwächste der in Aussicht genommenen Mitbewerber. Dieser verfügt jedoch über erheblich mehr praktische Erfahrung, u. a. war er über 15 Jahre als Notarvertreter tätig, hat also über einen sehr langen Zeitraum beanstandungsfrei faktisch wie ein Notar gearbeitet. Daß ein solcher Mitbewerber Im Sinne der Bestenauslese als besser geeignet eingestuft wird, dürfte wohl kaum als rechtswidrig zu qualifizieren sein.

Soweit der Antragsteller zu 3) schließlich darauf hinweist, daß allein eine benotete Fachprüfung die verfassungsrechtlich gebotene Bestenauslese ermögliche, ist darauf zu verweisen, daß es nicht in der Kompetenz des Senats liegt, eigene Auswahlkriterien an Stelle der von dem Antragsgegner verwendeten zu entwickeln. Nicht nachvollziehbar ist es allerdings, daß der Antragsteller auf der Grundlage seiner Argumentation die Aufhebung der Auswahlentscheidung und insbesondere eine Neubescheidung verlangt, denn eine benotete Fachprüfung, die allein nach seiner Auffassung eine verfassungskonforme Auswahlentscheidung ermöglicht, gibt es derzeit nicht und wird jedenfalls in naher Zukunft auch noch nicht eingeführt werden.

4. Soweit die Einwendungen des Antragstellers zu 4) betroffen sind, kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

Nach alledem waren die Anträge der Antragsteller auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 111 Abs. 4 Satz 2 BNotO i.V.m. § 201 Abs. 1 BRAO, die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes auf den §§ 111 Abs. 4 Satz 2 BNotO, 202 Abs. 2 BRAO, 30 Abs. 2 KostO.






OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 20.04.2006
Az: 2 Not 15/05


Link zum Urteil:
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