Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. November 2004
Aktenzeichen: 14 W (pat) 361/03

(BPatG: Beschluss v. 05.11.2004, Az.: 14 W (pat) 361/03)

Tenor

Das Patent 101 64 013 wird in vollem Umfang aufrecht erhalten.

Gründe

I Die Erteilung des Patents 101 64 013 mit der Bezeichnung

"Verfahren zum Graphitieren von Kathodenblöcken"

ist am 3. April 2003 veröffentlicht worden.

Gegen dieses Patent ist am 3. Juli 2003 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist auf die Behauptung gestützt, der Gegenstand des Streitpatents beruhe gegenüber dem durch die Entgegenhaltung D1: WO 00/46426 A1 belegten Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ferner sei das beanspruchte Verfahren mangels unzureichender Offenbarung nicht ausführbar.

Patentanspruch 1 enthalte eine Maßangabe für den Abstand zwischen den Kathodenblöcken, nämlich 25 bis 150 mm, die ersichtlich nicht für alle Kathodenblöcke Gültigkeit habe. Denn an Hand der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Auszüge aus dem Internet könne belegt werden, dass man auf Grund der Vielzahl von möglichen Formen der Kathodenblöcke keinen einheitlichen Abstand fordern könne. Vielmehr bedürfe es weiterer Angaben zur Form und Größe der Blöcke, um den Umfang der Auflageflächen auf den leitfähigen Körpern bestimmen zu können, andernfalls übersteige die Zahl der Möglichkeiten, die Lehre des Patents nachzuarbeiten, das zumutbare Maß der Versuche. Mit den derzeitigen Angaben sei darüber hinaus unklar, wie die Stromdurchleitung durch die Blöcke erfolge. So könne bei einem mäanderförmigen Stromdurchgang lediglich eine Graphitierung an der Unterseite der Kathodenblöcke erwartet werden. Es fehlten weiterhin Ausführungen zur Gestaltung der Kontaktflächen, die Angabe der Auflage durch Gewichtskraft allein könne diese nicht ersetzen, zumal sich das Gewicht im Lauf der Carbonisierung ändere. Die aus der beschriebenen Anordnung resultierende seitliche Stromzuführung bedeute ferner eigentlich eine Quergraphitierung, die letztlich einen größeren Ofen erfordere. Ferner werde der Stromdurchgang in Folge des Anliegens der leitfähigen Körpers an der Schüttung und der Ofenwand und des sich daraus ergebenden hohen Widerstands sehr gering sein, was zu einem unerwünscht hohen Energieverbrauch beitrage. Insgesamt liefere das patentgemäße Verfahren daher keinen positiven Beitrag zum Stand der Technik.

Das Verfahren nach Anspruch 1 beruhe ferner auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil es sich vom Stand der Technik (D1) nur durch Aufliegen der Kathodenblöcke auf den leitfähigen Körpern unterscheide, während nach Entgegenhaltung D1 Blöcke und leitfähige Körper aufeinander folgend anlägen.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten.

Hilfsweise erklärt die Patentinhaberin die Teilung des Patents.

Nach Ansicht der Patentinhaberin beruht das Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents auf erfinderischer Tätigkeit. Es weiche von der aus (D1) bekannten Anordnung der Kathodenblöcke im Ofen ab, die zur Erreichung einer schlüssigen Verbindung axiale Druckkraft benötige und einen linearen Stromfluss erzeuge. Ferner sei die Anordnung zusätzlicher Wärmesenken nicht erforderlich und auch keine unterschiedliche Schüttung zur Wärmeableitung vorzusehen.

Mit den Angaben im Patentanspruch 1 sei überdies die Ausführbarkeit des Verfahrens gewährleistet, denn der Abstand zwischen den Kathodenblöcken erzeuge eine Unterbrechung des linearen Stromflusses, wobei die U-förmigen Kontaktkörper in Verbindung mit der Gewichtskraft einen mäanderförmigen Stromdurchgang erzwingen. In Folge dieses veränderten Stromflusses werde an den Enden der Kathodenblöcke eine niedrigere Temperatur als in der Blockmitte erzielt und damit eine geringere Graphitierung bzw ein höherer Widerstand an den Enden der Blöcke gegenüber ihrer Mitte erhalten.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Verfahren zum Graphitieren von Kathodenblöcken für die elektrolytische Gewinnung von Aluminium nach der Methode der Längsgraphitierung, dadurch gekennzeichnet, daß in einem Längsgraphitierungsofen die Kathodenblöcke so angeordnet sind, daß der Abstand ihrer Endflächen zwischen 25 und 150 mm beträgt, und daß der Stromübergang zwischen den einzelnen Kathodenblöcken durch leitfähige Körper vermittelt wird, und daß jeweils zwei Kathodenblöcke auf den leitfähigen Körpern derart aufliegen, daß der Kontakt zwischen den Kathodenblöcken und den leitfähigen Körpern durch die Gewichtskraft vermittelt wird, die auf die Kathodenblöcke wirkt."

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der Ansprüche 2 bis 5, welche besondere Ausführungsformen des Verfahrens nach Anspruch 1 betreffen, wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II 1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Satz 1 Ziff 1 PatG durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben und mit Gründen versehen, somit zulässig. Er hat jedoch keinen Erfolg.

3. Bezüglich der Offenbarung der erteilten und geltenden Ansprüche 1 bis 5 bestehen keine Bedenken; sie stimmen mit den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 bis 5 überein.

4. Das Verfahren nach Anspruch1 ist so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann es ausführen kann.

Als Fachmann ist ein Ingenieur mit Fachhochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung in der theoretischen und praktischen Weiterentwicklung von Elektroden für die elektrolytische Gewinnung von Aluminium anzusehen.

Der Patentanspruch 1 enthält zwar keine Angaben hinsichtlich der Form und Größe der Kathodenblöcke, um den Umfang der Auflageflächen auf den leitfähigen Körpern bestimmen zu können. Die Darstellung einer technischen Lehre ist indessen im Patentanspruch nach ständiger Rechtsprechung nicht in allen Einzelheiten erforderlich (Schulte PatG 6. Aufl, § 34 Rn 301). Die fehlenden Angaben kann der Fachmann auf Grund seines allgemeinen Fachwissens ohne Weiteres ergänzen. Gerade weil es sich bei der Längsgraphitierung von Kathodenblöcken um ein lange bekanntes Verfahren handelt und der Fachmann, wie die Internet-Ausdrucke der Einsprechenden belegen, die verschiedensten Formen und Größen der Blöcke kennt, kann er auf ein außergewöhnlich umfangreiches Fachwissen zurückgreifen, welches ihm ermöglicht, weitergehende Angaben zum Abstand der Blöcke hinsichtlich der Stromführung, der Wärmeableitung und der Ausgestaltung der Kontaktflächen zu ergänzen. Auch der Einwand der Einsprechenden, wonach die patentgemäße Anordnung der Kathodenblöcke nicht zu einer homogenen Durchgraphitierung der Blöcke über ihre gesamte Höhe führen könne und sich daraus beim Einbau Nachteile ergeben könnten, kann nicht überzeugen; ein falscher Einbau dürfte schon auf Grund der Geometrie der Kathodenblöcke, wie aus den übergebenen Internet-Auszügen ersichtlich, ausgeschlossen sein. Es wird dem Fachmann somit ein gangbarer Weg zur Lösung der Aufgabe aufgezeigt.

Im Ergebnis geben die im Anspruch 1 enthaltenen Angaben zum Abstand und der Anordnung der Kathodenblöcke, ergänzt durch die Beschreibung, dem Fachmann die entscheidende Richtung an, in die er gehen muss, um die patentgemäße Lehre nacharbeiten zu können.

5. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 ist -unbestritten- neu, da die Entgegenhaltung (D1) nicht alle Merkmale des Verfahrens nach Anspruch 1, wie die nachfolgende Erörterung zeigt, offenbart.

6. Das Verfahren zum Graphitieren von Kathodenblöcken nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aufgabe des Streitpatents ist es, ein abgewandeltes Verfahren zur Längsgraphitierung zur Verfügung zu stellen, wobei die Stromdichte in der Nähe der Enden der Kathodenblöcke gegenüber der in der Mittelzone vermindert wird [0011].

Gelöst wird die Aufgabe durch folgende Maßnahmen:

1. In einem Längsgraphitierungsofen werden die Kathodenblöcke so angeordnet, dass der Abstand ihrer Endflächen zwischen 25 und 150 mm beträgt;

2. der Stromübergang zwischen den einzelnen Kathodenblöcken wird durch leitfähige Körper vermittelt;

3. jeweils zwei Kathodenblöcke liegen auf den leitfähigen Körpern derart auf, dass der Kontakt zwischen den Kathodenblöcken und den leitfähigen Körpern durch Gewichtskraft vermittelt wird, die auf die Kathodenblöcke wirkt.

Für diese Verfahrensweise findet der Fachmann im Stand der Technik (D1) keine Anregung.

In D1 sind die seit langer Zeit bekannten Verfahren zur Herstellung von Kathodenblöcken nach der Quer- und Längsgraphitierung für die elektrolytische Herstellung von Aluminium beschrieben (S 5 Z 5 bis 29). Im Fall der Längsgraphitierung sind die Kathodenblöcke in Reihe und in einer Ebene aufeinander folgend unter Zwischenschaltung von leitfähigen Kontaktkörpern angeordnet (Fig 5 u 7 iVm S 5 Z 21 bis 29). Der Abstand zwischen den Kathodenblöcken wird in D1 durch leitfähige Körper überbrückt, die zum Zweck der Gewährleistung des -linearen- Stromdurchgangs, und im Unterschied zu einem tatsächlichen Abstand zwischen 25 und 150 mm gemäß obigem Merkmal 1, aneinander anliegen. Der über die Länge variierende Widerstand der Kathodenblöcke wird bei D1 durch eine spezielle Anordnung der die Kathodenblöcke umgebenden Schüttung erreicht, die die erforderliche Temperaturführung während der Graphitierung bewirkt (S 5/6 Brückenabsatz).

Die Entgegenhaltung enthält darüber hinaus keine Anregungen, jeweils zwei Kathodenblöcke auf den leitfähigen Körpern derart aufzulegen, dass der Kontakt zwischen den Kathodenblöcken und den leitfähigen Körpern durch Gewichtskraft vermittelt wird, die auf die Kathodenblöcke wirkt. Somit konnte der Fachmann auch keinen Hinweis aus D1 erhalten, die Lösung der Aufgabe durch eine Abkehr von der linearen Stromführung und deren Ersatz durch eine mäanderförmige Stromführung erzielen und dabei auf zusätzliche Wärmesenken und unterschiedliche Schüttungen verzichten zu können.

Nach alledem ist der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass dieser Anspruch Bestand hat.

Das Gleiche gilt für die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 5, die weitere, über platte Selbstverständlichkeiten hinausgehende Ausführungsformen betreffen.

Schröder Harrer Gerster Schuster Na






BPatG:
Beschluss v. 05.11.2004
Az: 14 W (pat) 361/03


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