Amtsgericht Köln:
Beschluss vom 19. November 2007
Aktenzeichen: 533 Ds 77/07

(AG Köln: Beschluss v. 19.11.2007, Az.: 533 Ds 77/07)

Tenor

wird die Erinnerung des Rechtsanwalts Stage gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 17.10.2007 kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe

Die Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.

Der Antrag auf Festsetzung einer weiteren Auslagenpauschale nach Ziff. 7002 VV RVG ist unbegründet und zu Recht durch den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Köln vom 17.10.2007 zurückgewiesen worden. Die Auslagenpauschale entsteht in jeder Angelegenheit nur einmal, vgl. Anmerkung zu Ziff. 7002 VV RVG. Da dem Erinnerungsführer bereits eine Auslagenpauschale für das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gewährt wurde, kann er eine weitere Auslagenpauschale für das gerichtliche erstinstanzliche Verfahren nicht verlangen. Denn das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren und das gerichtliche Verfahren erster Instanz stellen gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit dar. Das Gericht schließt sich in dieser in der Literatur nach Inkrafttreten des RVG streitig gewordenen Rechtsfrage der herrschenden Meinung an (OLG Saarbrücken, NStZ-RR 2007, 127; LG Köln, Beschluss vom 20.04.2005, 107-24/04; LG Koblenz, AGS 2006, 174; LG Düsseldorf Beschluss vom 10.06.2005, IX 1 Qs 66/05).

Unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist ein einheitlicher Lebensvorgang zu verstehen, innerhalb dessen sich die anwaltliche Tätigkeit abspielt, wobei es auf Art und Umfang des erteilten Auftrags ankommt. Ausgehend hiervon entsprach es unter der Geltung der BRAGO allgemeiner Auffassung, dass Ermittlungsverfahren und nachfolgendes gerichtliches Verfahren nur eine Angelegenheit darstellen, weshalb der Pauschsatz nach § 26 S. 2 BRAGO nur einmal gefordert werden konnte (vgl. nur LG JurBüro 1978, 230). Nach dem nunmehr maßgebenden RVG gilt nichts anderes.

Der Gesetzgeber des RVG hat in § 16 RVG bestimmte Tätigkeiten des Rechtsanwalts derselben Angelegenheit zugeordnet, bei denen es ohne diese Vorschrift zumindest zweifelhaft wäre, ob sie dieselbe Angelegenheit betreffen. Ferner hat er in § 17f RVG Tätigkeiten geregelt, die verschiedene bzw. besondere Angelegenheiten bilden. Eine ausdrückliche Regelung für das Verhältnis des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens zu dem sich an dieses anschließenden gerichtlichen Verfahren findet sich in diesen Bestimmungen nicht. Schon dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber von der bereits unter der Geltung der BRAGO für Rechtsanwälte einhellig vertretenen Auffassung, dass staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren und anschließendes gerichtliches Verfahren dieselbe Angelegenheit sind, ausgegangen ist. Hierfür spricht zudem die in § 17 Nr. 10 RVG getroffene Regelung. Danach bilden das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und ein nach dessen Einstellung sich anschließendes Bußgeldverfahren verschiedene Angelegenheiten. Einer solchen klarstellenden Regelung hätte es jedoch nicht bedurft, wenn das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und das gerichtliche Strafverfahren nach Auffassung des Gesetzgebers als verschiedene Angelegenheiten anzusehen wären. Denn in diesem Fall hätte es auf der Hand gelegen, dass dies für das Verhältnis des Ermittlungsverfahrens zu dem sich nach dessen Einstellung anschließenden Bußgeldverfahren erst Recht gilt (OLG Saarbrücken, NStZ-RR 2007, 217).

Auch der Umstand, dass in anderen Verfahren (Zivilsachen, FGG-Sachen, verwaltungs-, finanz- und sozialgerichtlichen Verfahren) die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts und die nachfolgende gerichtliche Tätigkeit zwei verschiedene Angelegenheiten auslösten, ändert daran nichts. Der Gesetzgeber hat hinsichtlich dieser Verfahren in § 17 RVG ausdrücklich eine Regelung dahin getroffen, dass das gerichtliche Verfahren und die ihm vorausgehenden, in der Vorschrift bezeichneten Verfahren verschiedene Angelegenheiten sind. Für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und das hieran anschließende gerichtliche Strafverfahren fehlt es demgegenüber an einer solchen ausdrücklichen Regelung. Es liegt insoweit auch keine Regelungslücke vor. Zudem fehlt es an der Vergleichbarkeit des Ermittlungsverfahrens mit den dem gerichtlichen Verfahren auf den anderen genannten Rechtsgebieten vorausgehenden Verfahren. Während die sonstigen außergerichtlichen Verfahren darauf abzielen, die Sache abschließend und möglichst ohne gerichtliche Hilfe abzuschließen, soll das Ermittlungsverfahren, wenn sich ein hinreichender Tatverdacht ergibt, in das gerichtliche Verfahren münden. Zwischen dem Ermittlungsverfahren und dem anschließenden strafgerichtlichen Verfahren besteht daher von Anfang an eine wesentlich engere Bindung als dies in anderen Rechtsgebieten bei den dort dem gerichtlichen Verfahren vorausgehenden Verfahren der Fall ist (OLG Saarbrücken, NStZ-RR 2007, 217).

, den 19.11.2007

Amtsgericht, Abt.






AG Köln:
Beschluss v. 19.11.2007
Az: 533 Ds 77/07


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