Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 21. Dezember 2012
Aktenzeichen: 6 U 129/12

(OLG Köln: Urteil v. 21.12.2012, Az.: 6 U 129/12)

Tenor

Die Berufung der Beklagten zu 1.) gegen das am 19.06.2012 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 743/11 - wird zurückgewiesen.

Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu 1.) zu tragen.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte zu 1.) darf die Vollstreckung des Unterlassungstenors durch Sicherheitsleistung in Höhe von 80.000,00 EUR und der Auskunft durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen dürfen die Parteien die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin ist ein im Jahr 1963 gegründetes italienisches Unternehmen, das sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Spielwaren befasst. Zu ihrem Angebot gehört auch ein sog. Puzzle-Teppich, der ermöglicht, ein teilweise oder vollständig zusammengesetztes Puzzle zur Lagerung mit Hilfe eines Filztuchs auf Rollen aufzuwickeln, ohne dass es zerfällt. Der europaweite Vertrieb des Puzzle-Teppichs erfolgte in den Jahren 2005 bis 2010 in jährlichen Stückzahlen von 150.000 bis 200.000 als Aktionsware des Discounters M. Im August 2011 bot M in seinen Häusern den Puzzle-Teppich der Beklagten zu 1.) an, die ebenfalls Spielwaren herstellt und vertreibt. Wie zuvor beim klägerischen Produkt erfolgte der Vertrieb als Aktionsware.

Wegen der Einzelheiten der Produktgestaltung und ihrer Verpackung wird auf die zur Akte gereichten Fotografien (Anlage K 2) und die im Original zur Akte gereichten Produkte nebst Verpackungen verwiesen. Hinsichtlich des wettbewerblichen Umfelds wird ebenfalls auf die von den Parteien zur Akte gereichten Fotografien (Anlagen K 3, BB 1) verwiesen.

Nach fruchtloser anwaltlicher Abmahnung hat die Klägerin die Beklagte zu 1.) und deren Geschäftsführer - die Beklagten zu 2.) und 3.) - unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes auf Unterlassung des Anbietens und/oder Inverkehrbringens von Puzzle-Teppichen, gemäß den eingeblendeten Abbildungen gestaltet in grüner Farbe mit drei roten Rollen, bestehend aus zwei Papp-Zylindern mit Kunststoff-Verschlussklappen und einem kürzeren Kunststoff-Zylinder sowie drei grünen Klettverschluss-Bändern, auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht sowie auf Erstattung der vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von 2.051,00 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen.

Das Landgericht, auf dessen Feststellungen verwiesen wird, hat die Beklagte zu 1.) bis auf eine geringe Teilabweisung beim Kostenerstattungsanspruch antragsgemäß verurteilt. Die Klage gegen die Beklagten zu 2.) und 3.) hat es abgewiesen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte zu 1.) mit Rechts- und Sachausführungen, auf die der Senat ergänzend Bezug nimmt, ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Sie ist der Ansicht, es fehle dem klägerischen Produkt, wie auch ein Blick auf das wettbewerbliche Umfeld offenbare, als bloßer Kombination von Standardelementen bereits an wettbewerblicher Eigenart. Zudem liege eine Nachahmung des Produkts nicht vor, da Abweichungen in der Gestaltung des Produkts vorhanden seien. Der Verkehr mache sich über die Herkunft eines Puzzle-Teppichs als bloßes "Hilfszubehör" auch angesichts seines Absatzes im Niedrigpreissegment keine Gedanken, zumal eine Täuschung bereits durch die anderweitige Verpackungsgestaltung ausgeschlossen sei.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass die Klägerin gegen die Beklagte zu 1.) einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch auf Unterlassen aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG sowie auf Schadensersatz, die hierfür erforderliche Auskunft und Ersatz von Abmahnkosten aus §§ 9 S. 1, 12 Abs. 1 S. 2 UWG, § 242 BGB hat. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

1. Der von der Beklagten zu 1.) angebotene und in Verkehr gebrachte Puzzle-Teppich stellt eine unlautere Nachahmung des klägerischen Produkts dar, deren Vertrieb die Klägerin nicht hinnehmen muss.

Der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses kann wettbewerbswidrig sein, wenn dieses von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die seine Nachahmung als unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je größer der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung begründen (st. Rspr., vgl. nur BGH, GRUR 2009, 1073 Tz. 10 - Ausbeinmesser; GRUR 2012, 1155 Tz. 19 - Sandmalkasten).

a) Die Parteien stehen zueinander in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis (§§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG), da sie mit ihren Produkten den identischen Markt für Spielzeug(-zubehör) bedienen. Da der Vertrieb beider Produkte als Aktionsware bei M und damit über den gleichen Absatzweg erfolgte, bestand zwischen ihnen im streitgegenständlichen Zeitraum sogar eine besonders intensive Konkurrenzsituation.

b) Der Puzzle-Teppich der Klägerin weist wettbewerbliche Eigenart auf. Diese liegt vor, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 2009, 1073 Tz. 10 - Ausbeinmesser; GRUR 2010, 80 Tz. 23 - LIKEaBIKE; GRUR 2010, 1125 Tz. 21 - Femur-Teil). Insoweit ist erforderlich, dass der Verkehr - anders als dies bei "Allerweltserzeugnissen" oder "Dutzendware" der Fall ist - auf die betriebliche Herkunft des Erzeugnisses Wert legt und gewohnt ist, aus bestimmten Merkmalen auf die betriebliche Herkunft zu schließen (BGH, GRUR 2009, 1073 Tz. 10 - Ausbeinmesser).

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Kombination der einzelnen Merkmale des Produkts der Klägerin (ein Teppich, zwei Zylinder mit Verschlusskappen, ein kürzerer Zylinder, drei Verschlussbänder mit Klettverschlüssen) in ihrer jeweiligen Farbe (grün, rot) und ihrem jeweiligen Material (Kunststoff, Pappe) der Produktgestaltung wettbewerbliche Eigenart verleiht. Es ist anerkannt, dass ein Zusammenwirken von Bestandteilen wettbewerbliche Eigenart begründen kann, selbst wenn den einzelnen Bestandteilen für sich genommen keine herkunftshinweisende Funktion innewohnt (vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Tz. 34 - LIKEaBIKE).

Der Puzzle-Teppich der Klägerin weist Auffälligkeiten auf, die eine Wiedererkennung und Herstellerzuordnung auf dem Markt ermöglichen. Das farbliche Design der Bestandteile ist bis auf die Teppichbodenoberfläche ausschließlich in den Farben Rot und Grün gehalten, so dass bei Einwickeln des grünen Teppichs auf die roten Zylinder ein kontrastierender Farbwechsel entsteht (vgl. zum Kontrast von grünen Farben der Gestelle und naturfarbenen Holzstufen BGH, GRUR 2007, 339, 343 - Stufenleitern). Ein einprägsames Merkmal stellen auch die beiden zylinderförmigen Rollen dar, die sich durch eine dritte Rolle miteinander verbinden lassen, so dass die Länge einer Rolle verdoppelt werden kann und damit - bei platzsparender Produktverpackung - auch das Aufrollen großer Puzzlespiele ermöglicht wird. Schließlich weist, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, auch die Gestaltung der Teppichbodenoberfläche einprägsame Besonderheiten auf, indem auf dieser unterschiedlich gestaltete Rahmenlinien für Puzzle verschiedener Größe abgebildet sind, die nach Stückzahlen (500, 1.000, 1.500, 2.000 Teile) am unteren rechten Rand nach innen verlaufend, flankiert von einem Puzzleteil, bezeichnet sind.

Der Annahme einer wettbewerblichen Eigenart des Puzzle-Teppichs steht auch nicht entgegen, dass die Produktgestaltung durch ihre technische Funktionalität bestimmt wird. Denn die wettbewerbliche Eigenart entfällt nur dann, wenn es sich bei den jeweiligen Gestaltungsmerkmalen um technisch notwendige Merkmale handelt, die zwingend zur Sicherung der Funktionalität verwendet werden müssen. Dementsprechend können auch Merkmale, die zwar technisch bedingt, aber frei wählbar oder austauschbar sind, einem Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart verleihen (BGH, GRUR 2010, 80 Tz. 27 - LIKEaBIKE; GRUR 2012, 1155 Tz. 27 - Sandmalkasten). Die Gestaltung des Puzzle-Teppichs mag zwar technisch bedingt sein, sie weist jedoch keine technische Notwendigkeit auf. Den Mitbewerbern verbleiben jenseits der Verwendung der Basisbestandteile Filzteppich, Rolle und Befestigungsband bei der Farb-, Form- und Materialgestaltung große Gestaltungsspielräume, ohne dass ein Qualitätsverlust zu befürchten wäre. So könnten die Proportionen von Matte und Rolle anders gewählt, die Rollen insgesamt aus Kunststoff gefertigt und andere als Klettverschlussbänder gewählt werden. Auch die Übernahme des klägerischen Systems von zwei Rollen mit Verbindungsstück ist nicht technisch zwingend.

Das wettbewerbliche Umfeld, das die beachtliche Zahl anderweitiger Gestaltungsmöglichkeiten belegt, mindert die wettbewerbliche Eigenart des klägerischen Produkts ersichtlich nicht. Wie vom Landgericht zutreffend betont, fehlt es jenseits der unbestrittenen Marktanteile der führenden Anbieter Ravensburger und Schmidt Spiele schon an Vortrag, in welchem Umfang die übrigen Anbieter auf dem deutschen Markt agieren. Ohne Nennung von Umsatz- oder Vertriebszahlen durch die insoweit beweisbelastete Beklagte zu 1.) kann ein relevanter Einfluss auf die Verkehrsanschauung aber nicht festgestellt werden.

Selbst wenn jedoch eine Marktpräsenz all jener Produkte unterstellt wird, schwächt dies die wettbewerbliche Eigenart des klägerischen Produkts durch deren Gestaltung nicht. Der Beklagten zu 1.) ist es nicht gelungen, den Puzzle-Teppich eines Mitbewerbers vorzulegen, der den gleichen Gesamteindruck hervorruft wie das Produkt der Klägerin. Insbesondere werden statt der Kontrastfarben Rot / Grün durchweg andere Farbkombinationen gewählt; auch finden sich bei keinem Mitbewerber das zweiteilige Rollensystem oder eine ähnliche Teppichoberfläche. Dass die Farbkombination Rot / Grün im Spielzeugbereich häufig zu finden sein mag, mindert die wettbewerbliche Eigenart des Klägerprodukts nicht. Im Unterschied zu üblicherweise in diesen Farben gehaltenen Filzunterlagen bei Glücksspielen (Roulette, Poker) sind die Farben auf mehrere Bestandteile (Teppich, Rolle, Befestigungsbänder) aufgeteilt; ein Ausschluss der Wettbewerber von der Nutzung der Farbkombination als solcher droht insoweit nicht.

Angesichts der vorhandenen gestalterischen Spielräume kann nicht etwa, wie die Beklagte zu 1.) meint, von einer rein funktionalen Kombination von Standardelementen ausgegangen werden. Dem Puzzle-Teppich, der vom Verkehr einheitlich wahrgenommen wird, liegt ein inhaltliches Konzept zu Grunde, das in seiner Gesamtheit funktional zusammenwirkt (vgl. zu Sachgesamtheiten BGH, GRUR 2012, 1155, Tz. 21 - Sandmalkasten). Seine Funktion als Zubehörprodukt, das als Aktionsware im Niedrigpreissegment angeboten wird, steht der Entwicklung wettbewerblicher Eigenart nicht entgegen, denn Qualitäts- und Gütevorstellungen verbinden die Käufer auch mit einem solchen Erzeugnis und seiner besonderen Gestaltung.

c) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Puzzle-Teppich der Klägerin auch eine gewisse Bekanntheit bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise erlangt hat, so dass sich die Gefahr einer Herkunftstäuschung in noch relevantem Umfang ergeben kann (vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Tz. 36 - LIKEaBIKE). Dafür sprechen die vom Landgericht festgestellten hohen jährlichen Vertriebszahlen, wobei der Absatz von 150.000 bis 200.000 Stück bei M zwar den europäischen Markt betreffen mag, aber keine begründeten Zweifel daran ersichtlich sind, dass von diesem in Deutschland stark vertretenen Discounthändler gerade auch im Inland beträchtliche Mengen des Klägerprodukts abgesetzt wurden.

d) Das streitgegenständliche Produkt der Beklagten stellt - unabhängig von der übereinstimmenden Produktbezeichnung "Puzzle-Teppich" auf der Verpackung - eine nahezu identische Nachahmung des klägerischen Produkts dar, was der Fall ist, wenn nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse die Nachahmung nur geringfügige Abweichungen vom Original aufweist und gerade die übernommenen Gestaltungsmittel diejenigen sind, die die wettbewerbliche Eigenart des Produkts ausmachen, für das Schutz beansprucht wird (vgl. BGH, GRUR 2010, 1125 Tz. 25 - Femur-Teil). Mit dem Teppich in grüner Farbe, den darauf befindlichen weißen Rahmenlinien und Zahlen, den aus zwei verschlossenen Papp- und einem Kunststoff-Zylinder bestehenden roten Rollen und den drei grünen Klettverschlussbändern verwendet die Beklagte die wesentlichen Gestaltungselemente, die dem Klägerprodukt wettbewerbliche Eigenart verleihen; im Gesamteindruck unterscheiden sich die unverpackten Produkte nur marginal. Um die von der Beklagten zu 1.) geltend gemachten Unterschiede in der Färbung der Einzelteile sowie in der Gestaltung der Teppichbodenoberfläche bezüglich Strichelung sowie Form und Position des flankierenden Puzzleteils zu erkennen, bedarf es einer analysierenden Betrachtung, auf die jedoch nicht abzustellen ist (BGH, GRUR 2010, 80 Tz. 39 - LIKEaBIKE). Denn die von dem Produkt angesprochenen Endverbraucher gewinnen ihre Auffassung in der Regel auf Grund eines Erinnerungseindrucks, in dem die übereinstimmenden Merkmale stärker hervortreten als die sich unterscheidenden (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 2007, 795 Tz. 34 - Handtaschen; GRUR 2010, 80 Tz. 41 - LIKEaBIKE).

e) Die Nachahmung der Beklagten zu 1.) ist auch geeignet, eine Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise über die betriebliche Herkunft des Puzzle-Teppichs herbeizuführen.

Unter Berücksichtigung des hohen Grades der Übernahme sind vorliegend keine erhöhten Anforderungen an die zur Wettbewerbswidrigkeit führenden besonderen Umstände zu stellen. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Produktgestaltung der Beklagten zu 1.) in der angegriffenen konkreten Form beim Betrachter den Eindruck begründet, beide Puzzleteppiche stammten vom gleichen Hersteller. Der Umstand, dass beide Produkte über denselben Vertriebsweg, nämlich als Aktionsware bei M, angeboten wurden und das Produkt der Beklagten zu 1.) dort das langjährig und auch noch im Vorjahr vertriebene Produkt der Klägerin ersetzt hat, steht dem nicht etwa entgegen, sondern verstärkt im Gegenteil die Gefahr einer Herstellerverwechslung, weil der Verbraucher die in Jahresabständen bei dem gleichen Discounthändler angebotenen Erzeugnisse eher demselben als unterschiedlichen Produzenten zuordnen wird.

Hinreichende geeignete und zumutbare Maßnahmen, um der durch die nahezu identische Produktgestaltung ausgelösten Gefahr einer Herkunftstäuschung zu begegnen, hat die Beklagte zu 1.) trotz bestehender Gestaltungsspielräume nicht ergriffen. Insbesondere wird die den Erzeugnissen selbst innewohnende Gefahr von Verwechslungen nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Käufer des Produkts der Beklagten zu 1.) diesem in der Kaufsituation in einer Umverpackung begegnen, die von der Verpackungsaufmachung des klägerischen Produkts abweicht. Die andere Verpackung vermag bereits nicht zu verhindern, dass Verbraucher, die das klägerische Produkt bei Bekannten unverpackt in Gebrauch gesehen haben, beim Kauf angesichts der Abbildungen des ihm so bekannt gewordenen Erzeugnisses auf der Verpackung annehmen, es handele sich um das identische, nun aber verpackte Produkt. Auch ein großer Teil derjenigen Verbraucher, die sich an eine Verpackung des im Vorjahr bei M angebotenen Produkts erinnern, werden aus Abweichungen des Verpackungsdesigns allenfalls auf eine Änderung der Produktaufmachung desselben Herstellers schließen, zumal die von der Beklagten zu 1.) verwendete Verpackung auf der Vorderseite überhaupt kein eigenes Herstellerkennzeichen erkennen lässt. Doch sogar diejenigen, denen das Fehlen des Herstellerkennzeichens der Klägerin auffällt, werden eher einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinn unterliegen, nämlich annehmen, dass das Produkt jetzt auf Grund ausdrücklicher Vereinbarungen zwischen Lieferant und Discounter in einer den Originalhersteller nicht mehr deutlich ausweisenden Sonderverpackung angeboten wird, als dass sie die nahezu identischen Produkte unterschiedlichen Herstellern ohne lizenzvertragliche Beziehungen zuordnen würden.

Der von der Beklagten zu 1.) angeführten Entscheidung "W" (BGH, GRUR 2001, 443, 445) lag ein wesentlich anderer Sachverhalt zu Grunde: Dort befanden sich auf beiden Verpackungen deutlich hervorgehobene Herkunftshinweise und die Gestaltung der auf den Packungen abgebildeten Waren wich voneinander ab. Zudem ging es um fertig verpacktes Speiseeis, bei dem sich der Verkehr vorrangig an der Produktbezeichnung und der Herstellerangabe orientiert. Mit den Kaufgewohnheiten bei Puzzle-Teppichen der hier in Rede stehenden Art ist dies in keiner Weise vergleichbar.

2. Die festgestellte Schadensersatzpflicht der Beklagten folgt - wie vom Landgericht richtig angenommen - aus § 9 S. 1 UWG i. V. m. § 276 Abs. 2 BGB, der Anspruch der Klägerin auf Auskunft über die für die Berechnung des Schadensersatzanspruchs erforderlichen Umstände aus § 242 BGB. Gegen den vom Landgericht bereits reduzierten Anspruch der Klägerin auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahngebühren aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG hat die Berufung keine spezifizierten Rügen vorgebracht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern beschränkt sich auf die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf einen konkreten Einzelfall. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 110.000,00 EUR (Beschluss vom 04.10.2012)






OLG Köln:
Urteil v. 21.12.2012
Az: 6 U 129/12


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