Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Oktober 2002
Aktenzeichen: 30 W (pat) 2/02

(BPatG: Beschluss v. 21.10.2002, Az.: 30 W (pat) 2/02)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 9. November 1996 angemeldete Marke TROVAN ist am 12. März 1997 unter der Nummer 396 48 806 in das Markenregister eingetragen worden; sie ist nach Teillöschung des Warenverzeichnisses noch bestimt für "Pharmazeutische Präparate, nämlich ein verschreibungspflichtiges Antibiotikum zur Anwendung beim Menschen". Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 10. Mai 1997.

Widerspruch erhoben hat ua am 6. August 1997 die Inhaberin der seit dem 22. Februar 1990 für Waren der Klassen 7 und 9 u. a. "elektrische Apparate und Instrumente, nämlich kodierte Signal- und Sendegeräte sowie Abfrage- und Empfangsgeräte für die Identifikation von Gegenständen und Lebewesen" eingetragenen Marke 1 154 853 TROVAN. Deren Benutzung ist bestritten worden. Die Widersprechende hat Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegt.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts ist von einer Glaubhaftmachung der Benutzung für die genannten Waren ausgegangen, hat aber die Gefahr von Verwechslungen wegen fehlender Warenähnlichkeit verneint.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Sie hält insbesondere wegen der Anwendung von Transpondern auch am Menschen die Ähnlichkeit der Waren für gegeben. Zumindest bestehe Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne.

Der Widersprechende beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Oktober 2001 und vom 12. Juli 2000 die Löschung der Marke 396 48 806 TROVAN zu beschließen.

Die Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält mit näheren Ausführungen unter keinem Gesichtspunkt Warenähnlichkeit zwischen einem Antibiotikum und einem Identifizierungssystem für gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet.

Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke die nach § 43 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG kumulativ mögliche Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke uneingeschränkt und zulässig erhoben hat, können bei der Entscheidung über den Widerspruch nur die Waren berücksichtigt werden, für die von der Widersprechenden eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht worden ist (§ 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG). Selbst wenn zugunsten der Widersprechenden von einer Glaubhaftmachung der Benutzung im relevanten Zeitraum ausgegangen wird, so betrifft dies nur die eingetragenen Waren "elektrische Apparate und Instrumente, nämlich kodierte Signal- und Sendegeräte sowie Abfrage- und Empfangsgeräte für die Identifikation von Gegenständen und Lebewesen". Auf solche Produkte beziehen sich die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sowie die weiteren Unterlagen, nämlich auf Transponder bzw Transpondersysteme. Eine hierüber hinausgehende Benutzung macht die Widersprechende im Übrigen auch nicht geltend.

Zwischen diesen Waren der Klasse 9 der Widerspruchsmarke und dem von der angegriffenen Marke erfaßten verschreibungspflichtigen Antibiotikum zur Anwendung beim Menschen besteht keine Ähnlichkeit im Sinn von § 9 Abs 2 Nr 2 MarkenG.

Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist entscheidend, ob die beiderseitigen Waren in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte - so enge Berührungspunkte aufweisen, daß die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl Althammer/Ströbele MarkenG 6. Aufl § 9 Rdn 41 mwN).

Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Waren der angegriffenen Marke im Ähnlichkeitsbereich der benutzten Transponder/Transpondersysteme der Widerspruchsmarke liegen. Zwar mag es im Einzelfall Anhaltspunkte geben, die eine Annäherung zwischen ärztlichen Apparaten und Instrumenten und Arzneimitteln rechtfertigen (vgl Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl S 54). Aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise besteht im vorliegenden Fall für die Annahme einer auch nur entfernten Ähnlichkeit im Randbereich der Waren keine Veranlassung. Weder werden die Vergleichswaren von denselben Unternehmen hergestellt, noch weisen sie in ihrer stofflichen Beschaffenheit Übereinstimmungen auf oder dienen sie dem gleichen Verwendungszweck oder besitzen im Vertrieb oder Marktauftritt Berührungspunkte. Die beteiligten Verkehrskreise können damit nicht zu der Meinung gelangen, den beiderseitigen Waren sei der betriebliche Verantwortungsbereich gemeinsam (vgl Althammer/Ströbele aaO § 9 Rdn 41, 55). Vor diesem sachlichen Hintergrund vermag das von der Widersprechenden angeführte Beispiel, in dem sich kürzlich erstmals drei Menschen einen Computerchip haben "einpflanzen" lassen, zu keiner anderen Beurteilung zu führen. Selbst wenn dieser Chip über ein Informationssystem - neben anderen Angaben - die Information liefern mag, daß der Träger des Chips ein Antibiotikum benötigt, begründet dies keine medizinische Zweckbestimmung eines Erkennungssystems. Wie die von der Widersprechenden eingereichten Unterlagen zeigen, werden Transponder bei Herden- und Tierkontrollen angewandt, bieten eine Lösung für Herdenmanagement, Besitzerverfolgung, Krankengeschichte und Herkunft, wobei die Technologie Ohrmarken, Tätowierungen und Brandzeichen ersetzt; bei Gegenständen können nach weiteren Angaben in von der Widersprechenden vorgelegten Prospekten bei der Identifikation Barcodes durch Transponder ersetzt werden. Demgegenüber ist das Antibiotikum der angegriffenen Marke ein Wirkstoff, der Mikroorganismen im Wachstum hemmt oder abtötet und als solcher zur Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten verabreicht wird. Soweit die Widersprechende die Warenähnlichkeit daraus ableiten will, dass beide Produkte zu lebenserhaltenden Maßnahmen eingesetzt werden können, kann dem nicht gefolgt werden. Dieser allgemeine, auf zahllose Produkte passende Gesichtspunkt (etwa (Notruf-)Telefone, Decken o.ä.) schafft zwischen den Waren noch keine ausreichend enge Beziehung, die den Verkehr zu der irrigen Annahme verbleiben könnte, hinter den Produkten würden sich unter derselben Verantwortung stehende Unternehmen verbergen).

Es besteht auch keine Verwechslungsgefahr in dem Sinn, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Es liegen keine Umstände vor, die dem Verkehr die Annahme von wirtschaftlichen oder organisatorischen Verpflechtungen nahelegen (vgl Althammer/Ströbele aaO § 9 Rdn 227f).

Zu einer Kostenauferlegung besteht keine Veranlassung (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Dr. Buchetmann Winter Schramm Hu






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Beschluss v. 21.10.2002
Az: 30 W (pat) 2/02


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