Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 21. Februar 1992
Aktenzeichen: 6 U 100/91

(OLG Köln: Urteil v. 21.02.1992, Az.: 6 U 100/91)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.03.1991 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 0 578/90 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte verurteilt wird,es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000,00 DM, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung für X. -Papierwaren ein Umweltzeichen wie auf Seite 7 (= Seite 9 dieses Urteils) des nachstehend in Schwarz-Weiß-Ablichtung abgebildeten farbigen Originalprospekts (Bl. 15 - 18 d. A.) wiedergegeben, zu verwenden: Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beschwer der Beklagten durch dieses Urteil beträgt 50.000,00 DM.

Gründe

E n t s c h e i d u n g s g r ü n

d e

Die Berufung der Beklagten ist

zulässig. Der von ihr betroffene Teil der Klage ist - anders als

das der Berufung des Klägers zugrundeliegende Begehren - zur

Endentscheidung reif. Deswegen war gemäß § 301 Abs. 1 ZPO hierüber

durch Teilurteil zu befinden.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel

der Beklagten ohne Erfolg. Das Landgericht hat sie zu Recht unter

Hinweis auf §§ 3, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG verurteilt, es zu

unterlassen, das Umweltzeichen in der konkret beanstandeten Form im

Rahmen ihrer Werbung zu verwenden. Zur besseren Anpassung an die

konkrete Verletzungsform war im Urteilstenor allerdings auf den

gesamten Prospekt Bezug zu nehmen. Innerhalb des gesamten Kontextes

ist die angegriffene Darstellung geeignet, den Verkehr darüber in

die Irre zu führen, aufgrund welcher Umstände das Umweltzeichen für

das so beworbene Produkt verliehen worden ist.

Im Bereich der umweltbezogenen Werbung

besteht ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis der angesprochenen

Verkehrskreise hinsichtlich Bedeutung und Inhalt der verwendeten

Begriffe und Zeichen. An die gebotene Aufklärung der Verbraucher

sind deswegen strenge Anforderungen zu stellen, die sich im

Einzelfall nach der Art des Produktes und dem Grad und Ausmaß

seiner Umweltfreundlichkeit bestimmen (BGHZ 105, 277, 281). Das

Landgericht hat die in diesem Zusammenhang von der Rechtsprechung

erarbeiteten Grundsätze in dem angefochtenen Urteil zutreffend

aufgezeigt. Insoweit wird auf die erstinstanzlichen

Entscheidungsgründe verwiesen.

Im Streitfall hat die Beklagte das

Umweltzeichen in ihre Werbung einbezogen, indem sie ein Produkt,

das sie vertreibt, abgebildet hat, das seinerseits mit dem

"Umweltengel" versehen ist. Entgegen den Ausführungen der Beklagten

im Berufungsrechtszug muß sie sich deswegen grundsätzlich an den an

die Werbung mit diesem Zeichen zu stellenden Anforderungen messen

lassen. Daß ihr dies bei der werbenden Abbildung der jeweiligen

Erzeugnisse Schwierigkeiten bereiten mag, ändert hieran nichts.

Auf der vom Kläger beanstandeten Prospektseite 7 ist das

Umweltzeichen auf den abgebildeten Ausstattungen deutlich zu

erkennen und springt - schon wegen der anderen, leuchtend blauen

Farbe - dem Betrachter geradezu ins Auge. Deswegen ist

grundsätzlich Aufklärung darüber erforderlich, worauf die

Verleihung des Zeichens beruht. Dafür, daß dies im Streitfall

geboten ist, spricht nicht zuletzt der Umstand, daß sich im

Zusammenhang mit Schreibpapier die Umweltfreundichkeit eines

Produktes auch aus anderen Gesichtspunkten als dem der Herstellung

aus Altpapier, etwa auf Grund der Herstellungsweise, ergeben

kann.

Das auf der abgebildeten Verpackung

abgedruckte Umweltzeichen läßt wegen des kleinen Drucks mit bloßem

Augen nicht erkennen, aus welchem Grunde das Zeichen verliehen

worden ist. Da nicht davon ausgegangen werden kann, daß dem Verkehr

im einzelnen bekannt ist, welche Gründe für die Verleihung des

Zeichens maßgeblich waren, hatte die Beklagte insoweit für nähere

Aufklärung Sorge zu tragen. Soweit sie meint, besonderer Hinweise

auf den Anlaß für die Vergabe des "Umweltengels" bedürfe es

allenfalls dann, wenn die Werbung selbst auf Umweltgesichtspunkte

hinweise, aufgrund deren das Zeichen nicht verliehen worden ist,

ist dies der von ihr angezogenen Entscheidung des Senats in der

Sache 6 U 253/86 nicht zu entnehmen. Der Verbraucher ist vielmehr

zumindest immer dann näher über den Grund der Verleihung des

Zeichens zu informieren, wenn es über den konkreten

Verleihungsgrund hinaus hinsichtlich des beworbenen Produktes

weitere naheliegende Gesichtspunkte gibt, aufgrund deren der

Verkehr besondere Umweltfreundlichkeit des Erzeugnisses annehmen

könnte. Dies ist bei Schreibpapier zumindest auch im Hinblick auf

die Art der Herstellung - z. B. nicht chlorgebleicht, sondern

sauerstoffgebleicht - des betroffenen Produktes der Fall.

Die gebotene Aufklärung über den Grund

für die Verleihung des "Umweltengels" findet sich im Prospekt der

Beklagten nicht. Der neben der Produktabbildung angebrachte

Hinweis

"X- Green Line

Schreibmaschinenpapier

und Ringbucheinlagen

aus 100 % Altpapier"

trägt diesem Erfordernis nicht

hinreichend Rechnung. Zum einen kann nicht ohne weiteres

angenommen werden, daß der flüchtige Verbraucher den Text überhaupt

zur Kenntnis nimmt. Während das Umweltzeichen auch für den

flüchtigen Leser sehr gut zu erkennen und aus den bereits genannten

Gründen auffallend ist, handelt es sich bei dem danebenstehenden

Hinweis um dünn gedruckten Fließtext. Ob der Verkehr in dem Text

Aufklärung hinsichtlich des abgebildeten Umweltzeichens sucht, ist

überdies fraglich. Der Hinweis ist weder dem Zeichen räumlich

zugeordnet noch stellt er inhaltlich oder sprachlich eine

Beziehung zu dem "Umweltengel" her.

Die Beklagte macht schließlich geltend,

der Kontext des gesamten Prospekts verdeutliche hinreichend,

welcher Gesichtspunkt die Verleihung des Umweltzeichens veranlaßt

habe. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zum einen ist

erfahrungsgemäß davon auszugehen, daß der flüchtige Verbraucher den

- umfangreichen - Prospekt nicht von der ersten bis zur letzten

Seite vollständig liest und deswegen alle sachlichen Zusammenhänge

erfaßt. Vielmehr wird er die Werbung überfliegen und jeweils dort

"einhaken", wo er seinen eigenen Interessenbereich angesprochen

sieht, etwa bei der Seite "Für Zuhause" oder "Fürs Büro".

Zum anderen werden in dem Prospekt auch

weitere Umweltaspekte als der der Herstellung von Schreibpapier zu

100 % aus Altpapier angesprochen. Die Beklagte stellt unter der

Óberschrift

"Welche Ideen wir schon hatten"

gerade heraus, sie habe unter der Marke

"Green Line" alle Produkte zusammengefaßt, die "auf

unterschiedliche Weise" dazu beitrügen, daß die Umwelt weniger

belastet werde. Angesichts der verschiedenen Umweltaspekte, die in

dem Prospekt angesprochen sind, ergibt deswegen auch der gesamte

Kontext nicht ohne weiteres, daß sich das auf dem Schreibpapier

abgebildete Umweltzeichen allein auf die Herstellung des Produkts

aus Altpapier beziehen kann.

Die Kostenentscheidung war dem

Schlußurteil vorzubehalten, da sie davon abhängt, wie der Streit

über das weitere Klagebegehren ausgeht.

Die Entscheidung über die vorläufige

Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Beschwer der Beklagten war gemäß §

546 Abs. 2 ZPO festzusetzen.






OLG Köln:
Urteil v. 21.02.1992
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